1.
Das Kapitel geht auf diese Themen ein und beantwortet folgende Fragen
âą Was versteht man unter Selbstwirksamkeit und Selbstkonzept, und welche Bedeutung haben beide fĂŒr das Lernen ?
âą Wie kann man die Selbstwirksamkeit von SchĂŒlerinnen und SchĂŒlern stĂ€rken und ein positives Selbstkonzept fördern â und insgesamt auf ein « dynamisches Selbstbild » hinarbeiten, das Zukunftsoffenheit und Weiterentwicklung verspricht ?
⹠Wie erkennen wir eine unterminierte Selbstwirksamkeit oder ein problematisches Selbstkonzept ? Welche Kinder und Jugendlichen sind gefÀhrdet ? Was können wir tun ?
âą Welche gesellschaftlichen Entwicklungen machen eine hohe Selbstwirksamkeit und ein positives Selbstkonzept so wichtig, und wie wirkt das kulturelle Umfeld auf beide ?
« Wir sind, ein jeder von uns, reicher, als wir glauben. »
Nach Michel de Montaigne (1533â1592)
« What is really important is the state of mind from which you do it. »
Marina AbramoviÄ (* 1946)
SELBSTWIRKSAMKEIT UND SELBSTKONZEPT
Wir alle wissen aus unserer tĂ€glichen Erfahrung, dass das Selbstvertrauen fĂŒr uns Menschen in fast allen Lebenslagen eine entscheidende Rolle spielt. Wenn wir uns sicher fĂŒhlen, gehen wir optimistischer durchs Leben. Was auf uns zukommt, scheint uns dann leichter zu bewĂ€ltigen. Wir haben mehr Mut, etwas Neues auszuprobieren, etwas zu wagen, unserem Leben eine neue Richtung zu geben oder etwas in Angriff zu nehmen, vor dem wir grossen Respekt haben.
Es erstaunt deshalb nicht, dass es eine riesige Anzahl von Ratgebern zum Thema gibt[1] und dass das Netz voll von gutgemeinten RatschlĂ€gen ist: « Selbstvertrauen aufbauen: 20 Power-Tipps fĂŒr den Alltag » oder « 108 Tipps fĂŒr ein starkes Selbstbewusstsein » sind nur zwei davon. So problematisch und vereinfachend die Anleitungen oft sind, so deutlich widerspiegeln sie die Wichtigkeit der Thematik â einer Thematik, die speziell fĂŒr das Lernen von grösster Bedeutung ist.
Wir werden uns der Frage, wie man Selbstvertrauen aufbaut, ĂŒber die psychologischen Begriffe der Selbstwirksamkeit und des Selbstkonzepts annĂ€hern. Damit befinden wir uns einerseits auf einem evidenzbasierten Boden und schaffen die notwendige Differenz. Andererseits bewegen wir uns im Bereich von Konzepten, die fĂŒr die PĂ€dagogik nachvollziehbare Hinweise liefern, wie das gefördert werden kann, was umgangssprachlich mit Selbstvertrauen gemeint ist.
Es sind technische, gesellschaftliche und didaktische Entwicklungen, auf die wir in diesem Kapitel hinweisen werden und die ganz neue Anforderungen an Kinder und Jugendliche stellen â Anforderungen, welche SchĂŒlerinnen und SchĂŒler mit einer stabilen Selbstwirksamkeit und einem gĂŒnstigen Selbstkonzept besser meistern werden. Selbstwirksamkeit und Selbstkonzept sind fĂŒr das schulische Lernen, fĂŒr das berufliche Vorankommen und fĂŒr das Wohlbefinden in unserer Zeit fundamental.
1. Kann man aus einem Fiat einen Ferrari machen ?
Nachdem Eltern in einem GesprĂ€ch zum Ăbertritt von der Primar- in die Sekundarschule höhere Erwartungen formuliert haben, sagt eine Kollegin/ein Kollege zu den Eltern: « Aus einem Fiat kann man eben keinen Ferrari machen! » Welche Fragen gehen Ihnen zu dieser Situation durch den Kopf ? Welche Position nehmen Sie dazu ein ? Wie wĂŒrden Sie als Mutter oder Vater im ĂbertrittsgesprĂ€ch in dieser die Situation reagieren ?
2. « Ich kann alles lernen â das kann ich nie lernen! »
Gibt es in Ihrer Biographie ein erfolgreiches Lernerlebnis, nach dem Sie das GefĂŒhl hatten: « Jetzt kann ich alles lernen in dieser Welt! ». Oder ein Erlebnis in Schule, Familie, Sport, Musik oder Freizeit: « Das, was der oder die kann, das kann ich sicher auch! » Oder umgekehrt: « Was der oder die kann, werde ich niemals können. » Was war ausschlaggebend fĂŒr Ihre EinschĂ€tzungen ? Tauschen Sie sich mit einer Kollegin oder einem Kollegen ĂŒber diese Fragen aus! Gibt es einzelne Erlebnisse oder lĂ€nger andauernde Konstellationen, die Ihr Selbstvertrauen im schulischen Lernen positiv oder negativ beeinflusst haben ?
3. Wie schĂ€tzen Sie Ihre SchĂŒlerinnen und SchĂŒler ein ?
Nehmen Sie Ihre Klassenliste zur Hand oder vergegenwĂ€rtigen Sie sich die SchĂŒlerinnen und SchĂŒler Ihrer letzten Praktikumsklasse anhand eines Klassenspiegels. Versuchen Sie eine EinschĂ€tzung: Glauben die SchĂŒlerinnen und SchĂŒler daran, aus eigener Kraft Schwierigkeiten, denen sie begegnen, bewĂ€ltigen zu können ? Markieren Sie mit:
Setzen Sie zudem ein Ausrufezeichen, wenn Sie annehmen, dass die Deklaration oder die SelbsteinschĂ€tzung der SchĂŒlerinnen und SchĂŒler wesentlich von der effektiven LeistungsfĂ€higkeit abweichen. Welches Fazit ziehen Sie aus den Beobachtungen ? Haben Sie bereits Ideen, wie unsichere SchĂŒlerinnen und SchĂŒler im Glauben an sich selbst gestĂ€rkt werden könnten ?
4. Spring ich vom Drei-Meter-Brett oder bleib ich unten ?
« Spring ich vom Drei-Meter-Brett oder bleib ich unten ? » Sammeln Sie zehn Fragen aus verschiedenen Lebensbereichen und Altersklassen, die auf Situationen und Entscheidungen verweisen, welche RĂŒckschlĂŒsse auf Selbstwirksamkeit und Selbstkonzept ermöglichen...