Geist & Leben 1/2022
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Geist & Leben 1/2022

Zeitschrift fĂŒr christliche SpiritualitĂ€t

Verlag Echter, Christoph Benke, Christoph Benke

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  1. 112 pages
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À propos de ce livre

GuL 95 (2022), Heft 1 Januar-MĂ€rz [1-112]n. 502NotizStefan Kiechle SJVom Sterben der Orden [3-4]NachfolgeBischof Manfred ScheuerAuf dem Weg der ZĂ€rtlichkeit.Eine besondere Seite von Papst Franziskus [6-14]Hermann KĂŒgler SJSexualitĂ€t, SpiritualitĂ€t und zölibatĂ€re Keuschheit [15-22]Andreas SchmidtMenschwerdung Gottes - in uns allen.Reflexionen ĂŒber die Gotteskindschaft [23-28]Nachfolge | KircheMartin BlayFreilegen oder Formen?Zur Unterscheidung geistlicher Stile [29-36]Thomas Neulinger SJGeistlicher werden.Spirituelle Bildung im Priesterseminar - ein Entwurf [37-43]Charles WrightDer Kampf eines spirituellen Meisters.Dom AndrĂ© Loufs verspĂ€teter RĂŒckzug [44-49]Nachfolge | Junge TheologieKatja VogesIm Dialog mit Abdullah Saeed.Wahrheitssuche als Basis interreligiöser Begegnung [50-56]ReflexionRolf KĂŒhnChristologie als alltĂ€gliche Ästhetik [58-66]Michael RosenbergerDas Geistliche als Allmende.PlĂ€doyer fĂŒr mehr Anthropologie der SpiritualitĂ€t [67-75]Christoph BöttigheimerHört Gott meine Bitten?Das Bittgebet als Kristallisationspunkt bedrĂ€ngender Glaubensfragen [76-84]LektĂŒreGeorg LauscherDie Weltkugel - das gemeinsame Haus.Eine Betrachtung, von Papst Franziskus inspiriert [86-94]Joachim SchnĂŒrleZukunftsweisend auch nach 550 Jahren?Das "Kleine ABC" des Thomas von Kempen [95-102]Buchbesprechungen [103-110]

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Informations

Éditeur
Echter Verlag
Année
2022
ISBN
9783429065577
Édition
1
Sous-sujet
ReligiĂłn

Reflexion

R

Rolf KĂŒhn | Freiburg i.Br.
geb. 1944, Lic. theol., Dr. phil., Privatdozent, Leiter der Forschungsstelle fĂŒr jĂŒngere fanzösische Religionsphilosophie, UniversitĂ€t Freiburg i.Br.

Christologie als alltĂ€gliche Ästhetik

In immer wieder neuen Verwandlungen und Akzentuierungen malten das Mittelalter und auch noch Renaissance wie Barock unzĂ€hlige Marienszenen, Geburt, Taufe, Versuchung, Geißelung, Tod, Auferstehung und Himmelfahrt Christi. Diese Ereignisse wurden niemals so gesehen, wie sie auf den GemĂ€lden oder als Glasfenster und Skulpturen erscheinen. Woher und warum diese Vielfalt, wenn nicht, um etwas zum Ausdruck zu bringen, das sich als originĂ€re Wirklichkeit des Glaubens bereits verwirklicht hat? Erneut soll dann ĂŒber ein glĂ€ubiges Sehen die Freude, aber auch Schmerz, Verzweiflung und Zuversicht in der inneren Gewissheit des je eigenen Lebens erprobt werden. Insofern vermag das Heil nicht aus der kĂŒnstlerischen Ästhetik selbst zu stammen, denn wenn sie dessen Gegebenheit auch verdeutlichen kann, setzt sie es als Ursprung bereits voraus. Jede Ästhetik spricht letzte Erfahrungen des Menschseins an, so dass sie gar nicht anders kann, als eine ursprĂŒngliche Ästhetik in Anspruch zu nehmen. Wir verstehen daher Ästhetik nicht nur im Sinne der Kunstwissenschaft als eine Ă€sthetische Disziplin, sondern als ursprĂŒnglichen Zusammenhang von unserer leiblichen Sinnlichkeit und der Offenbarung Gottes im inkarnierten Christus. Als Sohn ist Christus nicht nur das Bild der Herrlichkeit Gottes, sondern gleichzeitig jene Wirklichkeit, in der sich jegliches menschliche Dasein als Leben aus dem göttlichen Ursprung wiederzuerkennen vermag. Neben ihrer AffinitĂ€t zur Botschaft des Neuen Testaments besitzt daher eine phĂ€nomenologisch originĂ€re Analyse ebenfalls eine AffinitĂ€t zur Ästhetik der Gestalt Christi1, welche in frĂŒheren Zeiten unter dem Begriff der Idea Christi diskutiert wurde.2 Aber diese „Idee Christi“ ist eben nicht nur ein transzendentaler Spiegel des Wesens des Menschen in seiner Freiheit und in seinem Gehorsam, wie es in der Neuzeit dann Maurice Blondel und Karl Rahner vor allem herausgestellt haben.3 Vielmehr ist diese Idee des Gottessohnes in der doxa ursprĂŒnglicher Offenbarungspraxis eine Wirklichkeit, deren Ă€sthetisches Potential ergriffen werden kann, um unsere alltĂ€gliche Existenz in der Gesamtheit ihrer ErfahrungsabgrĂŒndigkeit aufscheinen zu lassen.
Eine Ästhetik des Heils, eine Ästhetik der originĂ€ren Wirklichkeit Christi wirkt in all jenen radikalen Umkehrungen, wie sie sich exemplarisch in den Berichten der Krankenheilung und SĂŒndenvergebung durch den inkarnierten Christus im Neuen Testament erheben lassen – mit anderen Worten als die ursprĂŒngliche Ermöglichung eines je neu geborenen Lebens, wodurch dieses sich in allem, durch Gott selbst verlebendigt, unmittelbar berĂŒhrt weiß. Erst damit gelangt eine Ă€sthetisch geprĂ€gte Existenz als Offenheit fĂŒr das je kreativ Neue zu ihrer Verwirklichung. Denn sie weiß als Gewissheit im ursprĂŒnglich affektiven Sinne, dass die Seligkeit des Lebens nicht nur zu glauben ist, sondern die tiefste Wirklichkeit des Lebens schlechthin bildet. Es ist jener Glanz der Herrlichkeit, wie er sich ĂŒber das gesamte Leben Jesu spannt, um die Unmittelbarkeit des Willens oder des Reiches Gottes im jeweilig befreienden Vollzug zu sein.

Jesu „schöne Werke“

Jesu einzelne Worte und Taten als kala erga, mithin mehr als „schöne Werke“ oder Gesten denn als magieĂ€hnliche Wunder gesehen, wie schon Simone Weil hervorhob4, sind die jeweilige Manifestation dieser doxa, in der sich alle irdische Wirklichkeit schöpferisch verĂ€ndert. Erst dadurch ist die Ă€sthetische Verwandlung der Erscheinung der Welt durch die Kunst keine Illusion mehr, sondern vielmehr berechtigte RĂŒckbesinnung auf den nicht zerstörbaren Ursprung, den jeder Ă€sthetische Glanz verheißt, nĂ€mlich die Selbstverherrlichung Gottes in seinem und unser aller Leben. Diese ZusammenhĂ€nge eines Ă€sthetisch phĂ€nomenologischen Erscheinens werfen ein erhellendes Licht auf den kunstgeschichtlich eindeutigen Vorgang, dass mit dem ZurĂŒcktreten des ÜbernatĂŒrlichen als PrĂ€senz Gottes ein auch immer stĂ€rkerer Naturalismus und Realismus sich in der Kunst etablierte, um letztlich derselben jede Möglichkeit einer Versöhnung – wie etwa bei Adorno – abzusprechen.
Genau solch originĂ€re Versöhnung impliziert jedoch die zuvor genannte Idea Christi, da hierbei ein Mensch in der Sichtbarkeit seiner einmaligen Gestalt sowie in der verborgenen Wirklichkeit seines absoluten Lebensursprungs alle Menschen umfasst. Damit vermag er sie effektiv zu reprĂ€sentieren, das heißt ontologisch wie soteriologisch in sich zu grĂŒnden, ohne sie als jeweilige SingularitĂ€t durch eine göttliche Totalisierung aufzuheben.

Kant: Christus als „Urbild“ aller Menschen

Was wir hier mit einer originĂ€ren Ästhetik als Grund aller Einzelerscheinungen zum Ausdruck bringen wollen, lĂ€sst sich unter anderem bei Kant als Freiheitsproblematik ablesen, wenn er seine Religionsschrift in einem seltsamen SchwebeverhĂ€ltnis zu den Werken seiner theoretischen und praktischen Kritik sowie aber auch zur Analyse der Urteilskraft hĂ€lt. In seiner „Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft“ tritt Christus nĂ€mlich als das „Urbild“ aller Menschen in gehorsamer Unterwerfung unter das Leiden zur ErfĂŒllung des Willens Gottes im Sinne eines Vorbilds fĂŒr das freie Subjekt schlechthin auf: „Der Mensch kann sich keinen Begriff von dem Grade und der StĂ€rke einer Kraft, dergleichen die einer moralischen Gesinnung ist, machen, als wenn sie mit Hindernissen ringend und unter den grĂ¶ĂŸtmöglichsten Anfechtungen dennoch ĂŒberwindend sich vorstellt.“5
Gewiss bleiben wir hier im Rahmen einer idealistischen Vorstellungsanalyse als Vernunftkritik. Aber dabei geht es eben nicht nur um eine rational moralische VerkĂŒrzung der Christusfigur, sondern um den Ă€sthetischen Grundsachverhalt, wie die Freiheit des Subjekts sich konkret in ihrer je eigenen, von ihr selbst hervorgebrachten Vorstellung ergreifen kann. Denn daraus soll eine Praxis dieser Freiheit selbst erwachsen – und dies durchaus in einem ursprĂŒnglich religiösen Sinne der sittlichen Vollendung durch das Gute. „Sich eine Kraft vorzustellen“ ist radikal phĂ€nomenologisch jedoch letztlich nicht möglich, weil das originĂ€re Wesen der Kraft eine unsichtbar lebendige Hervorbringungsmacht voraussetzt. Diese tritt als solche niemals in den Sichtbarkeitsraum der Welt ein. Es ist also ein anderer Weg zu suchen, sich mit dem angeschauten „Bild Christi“ zu identifizieren, um daraus fĂŒr das eigene Handeln eine gleich starke Kraft zu entwickeln. Diese Kraft muss der sichtbaren Handlung als deren innere Affektion vorausliegen – und genau dies ist das Ă€sthetische Moment fĂŒr die gesuchte Entsprechung von Urbild und menschlicher SubjektivitĂ€t. Somit geht es bei der Wahl eines solchen Bildes darum, praktisch die rein immanente Kraft als sich bĂŒndelnde Anstrengung ĂŒber die Motivation zu erproben.
Denn kein Gesetz verleiht mit seiner Norm zugleich auch jene Kraft, entsprechend den Intentionen eines solchen Gesetzes zu handeln. Insofern ist auch die Urteilskraft in jeder bestimmten Situation an eine ursprĂŒngliche Affektion gebunden, welche die praktische Einheit von Empfinden, Erkenntnis, Entscheidung und Handeln erlaubt. Das Ă€sthetische Urbild im christologischen Sinne durchzieht folglich in dieser Hinsicht all diese Erkenntnis- und Willensleistungen als originĂ€r gegrĂŒndetes Freiheitsgeschehen. Es lĂ€sst sie effektiv werden, damit sich das Bilden der jeweiligen Vorstellung als Werden der Freiheit aus der Offenheit der immanenten Kraft selbst heraus erweist. Die kantische „Gesinnung“ umschreibt damit mehr als nur den von keiner empirischen Triebfeder infizierten „reinen Willen“. Denn sie bewirkt das Herausbilden einer konkreten Freiheitsgestalt, welche mit dem Urbild des denkbar freiesten Handelns selbst identisch ist – mit dem Willen oder dem Reich Gottes als solchem. Wenn also bereits in einer kritizistischen Philosophie ein konkretes Bild auftaucht, welches nicht nur „viel zu denken gibt“, ohne eine begriffliche Äquivalenz erreichen zu können6, sondern die grĂ¶ĂŸtmögliche Freiheitsrealisierung selbst umfasst, dann kann dies zumal fĂŒr eine lebensphĂ€nomenologische Betrachtung gelten. Hierin gibt die Urbildlichkeit Christi kein nur mehr metaphorisch vorgestelltes Modell ab, sondern macht die lebendige IdentitĂ€t derselben Wahrheit im inkarnierten „Ur-Sohn“ sowie in jedem lebendig Gezeugten als „Kind Gottes“ selbst aus. Diese Ästhetik beinhaltet dann eine ebenso unmittelbare wie originĂ€re Kraft schlechthin, welche in ihrer reinen Immanenz ihren eigenen Ursprung in sich trĂ€gt – nĂ€mlich die Herrlichkeit Gottes als stets effektiv verlebendigendes Erscheinen.

Christi Handeln im Neuen Testament

Solche doxa versagt sich keineswegs der konkretesten Wahrnehmung, sondern ist als Ästhetik der Herrlichkeit Gottes darin anwesend, um die eigentlich lebendige VerĂ€nderungskraft zu bilden. Das zeigt sich an den vielfĂ€ltigen Formen des BerĂŒhrens, die Jesus selbst ausĂŒbte oder an sich geschehen ließ. Seine alltĂ€gliche Existenz ist nicht nur von Hunger und Durst, MĂŒdigkeit und Wachen durchzogen, um am Ende seines Lebens Ă€ußerste Qual, DemĂŒtigung und Verzweiflung zu erfahren. Vielmehr berĂŒhrt er die Kranken, indem er ihnen – wie auch den Kindern – seine Hand auflegt oder sogar seinen Speichel zur Heilung eines Taubstummen benutzt (Mk 7,33f.): „Er nahm ihn beiseite, von der Menge weg, legte ihm die Finger in die Ohren, und berĂŒhrte dann die Zunge des Mannes mit Speichel, blickte zum Himmel auf, seufzte und sagte zu dem Taubstummen: Effata, das heißt: öffne dich.“ Ähnliche affektiv starke Szenen unter leiblicher BerĂŒhrung und innerem Seufzen wiederholen sich bei der blutflĂŒssigen Frau, welche innerhalb einer großen Menge nur sein Gewand berĂŒhrte, um gesund zu werden: „Im selben Augenblick fĂŒhlte Jesus, dass eine Kraft (dynamin) von ihm ausströmte, (
) und er wandte sich um in dem GedrĂ€nge und fragte: Wer hat mein Gewand berĂŒhrt?“ (Mk 5,30f.) Diese dynamische Kraft, welche sich im BerĂŒhren wie BerĂŒhrtwerden manifestiert, ist ein Korrelat jener Vollmacht (exousia), mit der Jesus ĂŒberhaupt heilt und spricht. Daher stellt die dynamis Jesu nicht nur eine bloß virtuelle Möglichkeit dar, sondern den „Erst-Lebendigen“ selbst in seinem originĂ€ren Wesen (ousia) – und dies unter Einbeziehung seiner je unmittelbaren Sinnlichkeit als Inkarnationswirklichkeit.7
Nimmt man die ĂŒbrigen Evangelien hinzu, so erweitert sich das BerĂŒhren durch Gesalbtwerden, KĂŒssen und Benetzen der FĂŒĂŸe Jesu mit TrĂ€nen seitens einer „SĂŒnderin“ (Lk 7,37ff.). Jesus wĂ€scht selbst die FĂŒĂŸe seiner JĂŒnger (Joh 13,1ff.) oder lĂ€sst sich nach der Auferstehung von Thomas anfassen, indem dieser seine Hand in Jesu Seite legt (Joh 20,27f.). Auch wenn gerade die neutes-tamentlichen Osterberichte davon motiviert sind, durch ihre Darstellungsweise einem bloß geistigen VerstĂ€ndnis der Auferweckung zuvorzukommen und eine tatsĂ€chliche Auferstehung des Fleisches zu bekunden8, so drĂ€ngt sich doch weiterhin der Gesamtbefund auf, dass die subjektive Sinnlichkeit in ihrer rein phĂ€nomenologischen Ursprungswirklichkeit zum konkreten Vollzug der Offenbarungswirklichkeit Christi als Vollmacht und Kraft der doxa Gottes selbst gehört. Wir können hier nicht alle leiblichen, affektiven wie emotionalen Äußerungen Jesu im Detail aufzĂ€hlen, etwa seine Freude ĂŒber die Schönheit der Lilien des Feldes, die kostbarer als Salomo in dessen Pracht sind (Mt 6,28f.), oder auch die stille PrĂ€senz der Frauen, welche ihn mit seinen JĂŒngern auf den Wanderungen von Dorf zu Dorf begleiten, um ihm zu dienen (Mt 27,55). Dabei lĂ€sst sich indirekt erkennen, dass ein erotisches Empfinden bei solcher Begleitung nicht ausgeschlossen sein muss, denn sonst hĂ€tte Jesus kaum einen solchen Satz sprechen können, wie er bei der Auseinandersetzung um die Ehescheidung fĂ€llt: „Wer eine Frau nur lĂŒstern ansieht, hat schon Ehebruch mit ihr begangen.“ (Mt 5,28)

Das Fleisch Christi berĂŒhren

Richtet man den Blick auf die effektiven GefĂŒhle Jesu, um in ihnen eine inkarnatorische Entsprechung zwischen originĂ€rer Heilsherrlichkeit und leiblicher Vollzugswirklichkeit zu entdecken, dann lĂ€sst sich zu keiner anderen Schlussfolgerung gelangen, als dass im Neuen Testament eine GesamtĂ€sthetik vorliegt. Diese schließt in ihrer originĂ€ren Sinnlichkeit grundsĂ€tzlich kein...

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