Schutzbauwerke gegen Wildbachgefahren
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Schutzbauwerke gegen Wildbachgefahren

Grundlagen, Entwurf und Bemessung, Beispiele

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Schutzbauwerke gegen Wildbachgefahren

Grundlagen, Entwurf und Bemessung, Beispiele

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The book brings together the basics and rules for design, detailing, structural design and construction of structures for protection against wild torrents. It includes a functional and constructive classification of the most important types of structure and completed examples.

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Information

Jahr
2012
ISBN
9783433601822
1
Einführung
Naturgefahren sind Ereignisse in der Natur, die zu einer Bedrohung des Menschen, der Umwelt, von Sachwerten und Einkünften führen können.1) Sie können ihren Ursprung in der Atmosphäre (atmosphärische Naturgefahren) oder in der Erdkruste (geogene Naturgefahren) haben. Die Wirkungen von Naturgefahren werden u. a. an der Häufigkeit des Auftretens (Eintrittswahrscheinlichkeit), an der Intensität (Stärke) bzw. dem Zerstörungspotenzial (Schadenswirkung) bemessen. Naturgefahren führen nur sehr selten zu einer Katastrophe. Von einer Naturkatastrophe spricht man erst, wenn das Naturereignis so stark ist, dass Menschen und Sachwerte substanziell und großräumig geschädigt werden. Bei Eintritt einer Naturkatastrophe kann sich die Bevölkerung des betroffenen Gebietes in der Regel nicht mehr aus eigener Kraft helfen und benötigt Hilfe von außen. Eine wichtige Rolle im Zusammenhang mit Naturgefahren wird zukünftig der Klimawandel spielen, gleichzeitig führt die dynamische, wirtschaftliche und soziale Entwicklung der Gesellschaft zu einer Vervielfachung der Schadenspotenziale.
In Gebirgsregionen kommt aufgrund der naturräumlichen Gegebenheiten dem Schutz vor Naturgefahren eine besondere Bedeutung zu. Alpine Naturgefahren treten in Einzugsgebieten vonWildbächen und Lawinen ebenso wie in Georisikogebieten auf und werden durch engergiereiche Prozesse ausgelöst, die mit hoher Geschwindigkeit ablaufen. Hochwasser, Muren, Steinschlag, Fließlawinen, Staublawinen, Felssturz, Rutschungen, Hangbewegungen und Erosion können katastrophale Ereignisse mit extremem Zerstörungspotenzial auslösen. Sie sind durch den raschen Eintritt (fehlende Vorwarnzeit) und die Bewegung großer Massen von Feststoffen (Fels, Geröll, Schotter, Schlamm, Holz) oder Schnee gekennzeichnet. Dieser Beitrag bezieht sich auf die von Wildbächen ausgehenden Naturgefahren und die diesen Prozessen entgegen wirkenden Schutzbauwerke.
Ein Wildbach ist ein natürliches, dauernd oder zeitweise fließendes Gewässer mit streckenweise großem Gefälle sowie rasch und stark wechselnden Abflussverhältnissen. Schnell ansteigende und kurze Zeit dauernde Hochwasserereignisse erodieren große Mengen von Feststoffen aus dem Einzugsgebiet und dem Bachbett, transportieren und lagern diese innerhalb oder außerhalb des Bachbettes oder im Vorfluter ab. Das Einzugsgebiet eines Wildbaches umfasst das von diesem und seinen Zuflüssen entwässerte Niederschlagsgebiet (Sammelgebiet), außerdem schließt es auch den Ablagerungsbereich des Wildbaches (Schwemmkegel) ein. Zu den Wildbachprozessen zählen rasch anschwellendes Hochwasser und der damit verbundene Abtrag (die Mobilisierung), der Transport und die Ablagerung von Feststoffen.
1) Im Gegensatz dazu gibt es Gefahren, die von durch den Menschen errichteten Anlagen (Staudämme, Atomkraftwerke, Chemiewerke, Verkehrsanlagen) ausgehen.
Wildbachprozesse können Risiken für Menschen, den Lebens und Siedlungsraum, sowie Verkehrswegen, Versorgungslinien, Infrastruktureinrichtungen und Kulturgütern erhöhen. Diese Risiken entsprechen im weiteren Sinne der Möglichkeit, dass aus den Vorgängen während eines Ereignisses ein Schaden entstehen kann bzw. im engeren Sinne dem Ausmaß (der Intensität) und Wahrscheinlichkeit des Auftretens eines möglichen Schadens. Zu berücksichtigen ist das Risiko, dem eine einzelne Person ausgesetzt ist (Individualrisiko), und das Risiko, dem die Gemeinschaft als Ganzes ausgesetzt ist (Kollektivrisiko). Der Schutz umfasst die Gesamtheit aller Maßnahmen, welche das bestehende Risiko vermindern. Mit der Durchführung von Schutzmaßnahmen kann die Sicherheit vor Wildbachgefahren erhöht werden. Das Ausmaß der Schutzmaßnahmen orientiert sich am Schutzbedarf (Schutzbedürfnis), das ist jenes Bedürfnis nach Sicherheit vor den drohenden Gefahren, welches von den Betroffenen objektiv oder subjektiv wahrgenommen wird. Der objektive Nachweis des Schutzbedarfs erfolgt durch die Darstellung der gefährdeten Gebiete in Gefahrenzonenplänen, Gefahrenhinweiskarten oder Risikokarten.
Die Wildbachverbauung umfasst die Gesamtheit aller Maßnahmen, die in oder an einem Wildbach oder in seinem Einzugsgebiet ausgeführt werden, um insbesondere das Bachbett und die angrenzenden Hänge zu sichern, Hochwasser und Feststoffe schadlos abzuführen und die Wirkung von Hochwasserereignissen auf ein zumutbares Ausmaß zu senken (Tabelle 2). Sie zählt zu den aktiven Schutzmaßnahmen jene Maßnahmen, die dem Naturereignis entgegenwirken, um die Gefahr zu verringern oder um den Ablauf eines Ereignisses zu beeinflussen oder dessen Eintretenswahrscheinlichkeit wesentlich zu verringern. Man unterscheidet Maßnahmen, die die Ereignisdisposition beeinflussen und solche, die direkt auf den Prozess einwirken.
Ergänzung finden Verbaumaßnahmen durch passive Schutzmaßnahmen: das sind jene Maßnahmen, die zu einer Reduktion des Schadens führen sollen, ohne den Ablauf des Naturereignisses zu beeinflussen. Sie nehmen Einfluss auf die Schadensempfindlichkeit der Schutzgüter oder umfassen unmittelbare Gegenmaßnahmen (Notmaßnahmen) im Fall des Eintritts eines Schadensereignisses. Die Wirkung von Schutzmaßnahmen ist permanent, wenn sie zu jeder Zeit und auf Dauer besteht, und temporär, wenn sie nur vorübergehend oder zeitlich begrenzt besteht.
Tabelle 1. Ursachen von Naturgefahren und Gefahrenarten (atmosphärische und geogene Naturgefahren) (nach [151])
Ursachen Arten
Tektonische Naturgefahren Erdbeben, Vulkanausbrüche, andere vulkanische Gefahren
Massenbewegungen Hangerosion, Hanganbrüche, Hangrutschungen, Großhangbewegungen, Steinschlag, Felsstürze, Bergstürze, Muren, Lahars (vulkanische Aschemuren)
Klimatische/meteorologische Naturgefahren Tropische Zyklonen, Tornados, Orkane, Hurrikans, Sandstürme, Blizzards (Winterstürme), Blitzschlag, Starkniederschlag (Starkregen, Hagel, Schneefall), Frost, Dürre
Hochwasser Überschwemmungen, Sturzfluten, Feststofftransport (Geschiebe, Holz), Gletscherseeausbruch
Sturm Sturmfluten, Tsunamis
Feuer Waldbrand, Brände im Busch- und Grasland
Schneegefahren Staublawinen, Fließlawinen, Eissturz, Gletschervorstöße
Tabelle 2. Systematik der Schutzmaßnahmen gegen Wildbachgefahren
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Bild 1. Übersicht über ausgewählte Schutzbauwerke gegen alpine Naturgefahren
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Die Maßnahmen der Wildbachverbauung umfassen die Unterbindung der Geschiebebildung und den Rückhalt von Verwitterungsprodukten, die Verbesserung des Wasserhaushalts und die unschädliche Ableitung des Wassers und des Geschiebes in Wildbacheinzugsgebieten, die Beruhigung und Begrünung von Bruch- und Rutschungsflächen (Sicherung des Böschungsfußes, Hangentwässerung, Aufforstungs- und Bodenbindungsmaßnahmen), Maßnahmen, die der drohenden Entstehung von Runsen und Rutschungen entgegenwirken sowie die Betreuung und Instandhaltung der Wildbacheinzugsgebiete und der Maßnahmen der Wildbachverbauung. Zudem umfassen sie Sofortmaßnahmen, die bei Hochwasser- und Erosionsereignissen der unmittelbaren Vermeidung von Schäden dienen oder deren Ausweitung entgegenwirken [210].
Eine systematische Verbauung von Wildbächen wird im Alpenraum seit ca. 1870 durchgeführt. In großem Umfang werden Schutzbauwerke (Anlagen) gegenwärtig in fast allen Alpenländern (Deutschland, Frankreich, Italien, Liechtenstein, Österreich, Schweiz, Slowenien) aber auch in anderen von Naturgefahren besonders betroffenen Staaten wie Chile, China, Japan, Kanada, Norwegen, Russland, Südkorea, Taiwan oder Venezuela errichtet. Besondere Bedeutung haben Wildbachschutzbauwerke in jenen Regionen, in denen aufgrund einer intensiven Raumnutzung durch den Menschen Siedlungen und Verkehrswege in erheblichem Umfang in gefährdeten Zonen liegen.
Die Konzeption und Bemessung dieser Bauwerke stellt aufgrund der von ihnen ausgehenden Schutzwirkung besondere Anforderungen an den Planer und erfordert umfassende Kenntnisse der in den Einzugs- und Risikogebieten ablaufenden Prozesse sowie der Einwirkungen auf die Bauwerke. Obwohl sich die Wildbachverbauung zu einer bedeutenden Ingenieurdisziplin entwickelt hat, sind Normen und Standards, die den Stand der Technik für die Planung und Ausführung der Bauwerke allgemeingültig abbilden, nur lückenhaft vorhanden. Für die Schweiz liegt zur Dimensionierung von Wildbachsperren in Beton und Stahlbeton eine Richtlinie des Eidgenössischen Amts für Straßen- und Flussbau [66] aus dem Jahr 1973 vor. Für Deutschland regelt die DIN 19 663 [55] Begriffe, Planung und Bau der Wildbachverbauung. In Österreich wurde das System der Wildbachverbauung vor allem aus der Praxis des Forsttechnischen Dienstes heraus entwickelt, das System der Schutzbauwerke und ihrer Wirkungen geht vor allem auf die Arbeiten von Leys [133, 134, 136–138], Aulitzky [12], Hampel [81], Kronfellner-Kraus [127], Üblagger [209] und Kettl [116, 117] zurück, die Bemessung der Bauwerke erfolgte entsprechend den von Czerny [34, 43] entwickelten Standards. Für die nicht von diesen Planungsstandards abgedeckten Bereiche finden in der Praxis die einschlägigen Normen der Hydrologie, des Wasserbaus, des konstruktiven Betonbaus und der Geotechnik Anwendung.
Der offensichtliche Mangel an spezifischen technischen Normen für die Wildbachverbauung ist primär auf die bis heute bestehenden Unsicherheiten bei der Festlegung der Prozessabläufe und Einwirkungen auf die Bauwerke zurückzuführen. Beispielsweise konnte trotz intensiver Forschung und Entwicklung noch kein allgemeingültiger Standard für die Einwirkung von Muren auf Bauwerke entwickelt werden, ebenso waren die für die Standsicherheitsnachweise von Schutzbauwerken relevanten Lastfälle (Einwirkungskombinationen) bisher nur in Grundzügen bekannt. Die größte Unsicherheit besteht jedoch in der Festlegung des Bemessungsereignisses (BHQ) für Schutzbauwerke, bedingt durch die schwierige Abschätzbarkeit der Häufigkeit und Intensität von Niederschlag, Abfluss und Feststofftransport in Wildbacheinzugsgebieten. Die Unsicherheiten haben großen Einfluss auf die Ergebnisse der Bauwerksbemessung und relativieren die Qualität „exakter“ Nachweisverfahren.
Erst in jüngster Zeit werden wieder intensive Bemühungen für eine umfassende Standardisierung (Normung) der Grundlagen für Planung, Errichtung und Betrieb von Schutzbauwerken (Anlagen) der Wildbachverbauung unternommen. Die Ergebnisse einer systematischen Aufbereitung dieser Grundlagen durch die Autoren wird Eingang in die für Österreich geltenden ON-Regeln „Schutzbauwerke der Wildbachverbauung“ ONR 24 800 (Begriffsbestimmungen und Klassifizierung) [157], ONR 24 801 (Statische und dynamische Einwirkungen) [158], ONR 24 802 (Bemessung und konstruktive Durchbildung) [159] und ONR 24 803 (Betrieb, Überwachung und Instandhaltung) [160] finden, die die erste umfassende Norm für den Bereich der Wildbachverbauung darstellen wird. Darin wird auch ein für Wildbachschutzbauwerke geeignetes Sicherheitskonzept entwickelt, welches auf dem in der europäischen Normung festgelegten Teilsicherheitskonzept basiert.
In diesem Beitrag werden die wichtigsten Grundlagen und Regeln für die Planung, Konstruktion, Bemessung und Errichtung von Schutzbauwerken der Wildbachverbauung zusammengefasst. Der Beitrag gibt einen Überblick über die grundlegenden Wildbachprozesse und die davon ausgehenden Einwirkungen, enthält eine funktionale und konstruktive Systematik der Schutzbauwerke, stellt die Grundlagen des Entwurfs und der Bemessung (hydrologisch, hydraulisch, statisch) dar, fasst die wichtigsten Bautypen der Wildbachverbauung, ihre Bauteile und Funktionsorgane zusammen und enthält ausgeführte Beispiele. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf den Sperrenbauwerken (Querwerken) der Wildbachverbauung. Der letzte Abschnitt 8 behandelt auch die Erhaltung und Lebensdauer von Schutzbauwerken.
2
Wildbachsystematik
2.1 Wildbacheinzugsgebiet
Das Einzugsgebiet eines Wildbaches umfasst die Fläche des von ihm entwässerten Niederschlagsgebietes (Sammelgebiet) und den Ablagerungsbereich (Ablagerungsgebiet).
Die Wildbäche des Hochgebirges sind durch einen kurzen und steilen Lauf charakterisiert. Das Sammelgebiet ist zumeist deutlich durch eine Schluchtstrecke vom Ablagerungsgebiet getrennt (Bild 2 A).
Bild 2. (A) Wildbach des Hochgebirges; (B) Wildbach des Berg- und Hügellandes (nach Weinmeister [215])
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Die Wildbäche des Berg- und Hügellandes weisen einen langen Lauf mit geringem Gefälle auf. Das Sammelgebiet ist vom Ablagerungsgebiet nicht scharf getrennt. Oft fehlen diesen Bächen deutlich ausgeprägte Schwemmkegel, dafür treten in diesen Geschiebeumlagerungsstrecken auf (Bild 2 B).
2.1.1 Sammelgebiet
Das Sammelgebiet wird entsprechend den oberirdischen Wasserscheiden als orografisches oder entsprechend den natüsrlichen Verhältnissen als hydrografisches Einzugsgebiet bezeichnet. Das hydrografische Einzugsgebiet ist jenes Gebiet, dem der Abfluss aufgrund der natürlichen Verhältnisse tatsächlich entstammt, es kann durch oberirdische oder unterirdische Zu- oder Ableitungen in seiner Größe vom orografischen Einzugsgebiet abweichen.
2.1.2 Ablagerungsgebiet
Mur- oder Schwemmkegel1) können sich dort entwickeln, wo ein Wildbach mit einer deutlichen Gefällsminderung, oft über eine Steilstufe (Konfluenzstufe), in ein Haupttal mündet und die Sedimentation des mitgeführten Geschiebes zumindest kurzfristig ermöglicht (Bild 3). Der Übergang vom Sammel- zum Ablagerungsgebiet wird als Kegelspitze oder als Kegelhals, sofern sich der Ablagerungskegel bereits bis in das Zubringergerinne oberhalb der Steilstufe erstreckt, bezeichnet. Schließt an das Kegelgerinne noch ein Bachabschnitt in den Ablagerungen des Vorfluters an, so wird dieses Gerinne bis zur Mündung in den Vorfluter als Tallauf bezeichnet.
Bild 3. Schematisches Längsprofil durch einen Ablagerungskegel (nach Hübl [98])
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Im Allgemeinen weisen Ablagerungskegel einen etwa halbkreisförmigen Grundriss, konvexe Querschnitte und ein konvexes, konstant fallendes oder konkaves Längsprofil auf. Die Kegel können sich meist nicht ungestört aufbauen, sondern werden – vor allem in alpinen Tallagen – von den Vorflutern und Nachbarkegeln beeinflusst. Sie sind daher einem zeitlichen Wandel unterworfen, der sich in der Morphologie der Kegel dokumentiert. Phasen mit einem Geschiebeüberangebot führen zu einer Erhöhung des Kegels, währenddessen Phasen mit einem Geschiebedefizit eine Zerschneidung der Kegeloberfläche verursachen (Bild 4).
Bild 4. Entwicklungsstadien von Ablagerungskegeln (nach Hübl [98])
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Das Kegelgerinne kann – entsprechend dem Entwicklungsstadium des Kegels – in den Kegel eingetieft sein. Im Längsprofil schneidet dann die Gerinnesohle die Kegeloberfläche meist in der mittleren bis oberen Kegelhälfte, man erhält den Verschneidepunkt. An diesen Punkt schließt bachabwärts der aktive (rezente) Ablagerungsbereich an. Fehlt das eingetiefte Kegelgerinne, beginnt der aktive Ablagerungsbereich bereits an der Kegelspitze oder am Kegelhals (proximaler Kegelbereich). Nicht mehr in die Kegelbildung einbezogene Flächen werden als inaktive (fossile) Kegelablagerungsbereiche bezeichnet. Eine Unterschneidung des Kegelfußes (distaler Kegelbereich) durch denVorfluter führt zu Erosionskehlen. Eine Tieferlegung des Vorflutniveaus bedingt eine Einschneidung des Kegelgerinnes in den Kegel.
Um den dominanten kegelbildenden Prozesstyp bestimmen zu können, wird in den letzten Jahren vermehrt die sogenannte Melton-Nummer verwendet. Dabei wird das Gefälle des Ablagerungskegels dem mit der Wurzel der Sammelgebietsfläche normierten spezifischen Höhenunterschied gegenübergestellt.
Je kleiner das Einzugsgebiet oder je größer die Reliefenergie, umso steiler ist das Kegelgefälle. Hook/Rohrer [91] führen diesen Zusammenhang auf den Abfluss, unterschiedliche Feststoffkonzentrationen und eine Überprägung durch fluviatile Prozesse zurück. Relationen für alpine Einzugsgebiete finden sich in Marchi/Tecca [143] und Bardou [16].
2.1.3 Umlagerungsstrecke
Die Umlagerungsstrecke ist ein Abschnitt eines Wildbaches, in dem Geschiebe in unterschiedlichen Mengen zug...

Inhaltsverzeichnis

  1. Cover
  2. Title page
  3. Copyright
  4. Vorwort
  5. 1: Einführung
  6. 2: Wildbachsystematik
  7. 3: Systematik der Schutzbauwerke
  8. 4: Entwurf und Konstruktion von Schutzbauwerken
  9. 5: Bemessungs- und Berechnungsgrundlagen
  10. 6: Hydraulische Bemessung
  11. 7: Statische Berechnung und Bemessung
  12. 8: Erhaltung und Lebensdauer von Schutzbauwerken
  13. 9: Ausblick und Danksagung
  14. 10: Literatur
  15. Stichwortverzeichnis