Ökobilanz (LCA)
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Ökobilanz (LCA)

Ein Leitfaden für Ausbildung und Beruf

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Ökobilanz (LCA)

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Using a consistent case study, this book shows the practical steps involved in creating a life cycle analysis (LCA) according to the international standards ISO EN 14040 and 14044. At once a textbook and handy guide.

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Information

Verlag
Wiley-VCH
Jahr
2012
ISBN
9783527659920

1

Einleitung

Heute ist die Ökobilanz (LCA) eine über die Normen ISO EN 14040 und 14044 definierte Methode, um Umweltaspekte und -wirkungen von Produktsystemen zu analysieren. An diesen Normen orientiert sich daher auch die Vorstellung der Methode in den Kapiteln 2 bis 5 im vorliegenden Buch. Im Vorfeld werden in diesem Kapitel die Rahmenbedingungen und der Weg der Methodenentwicklung vorgestellt.

1.1 Was ist eine Ökobilanz?

1.1.1 Definition und Abgrenzung

Der Begriff Ökobilanz wurde unseres Wissens erstmals 1984 in der Packstoffstudie des damals so benannten Schweizer Bundesamts für Umweltschutz1) benutzt. Diese Studie hatte einen großen Einfluss auf die weitere Entwicklung der Ökobilanzierung, vor allem im deutschsprachigen Raum (s. Abschnitt 1.2), und daraus resultiert der auch in die Umgangssprache eingedrungene Name für eine Methode, die englisch mit Life Cycle Assessment (LCA) viel besser bezeichnet ist. Die Eindeutschung „Lebenszyklusanalyse“ hat sich in den offiziellen Normen nicht durchgesetzt, wird aber gelegentlich gebraucht. Weil das Wort Ökobilanz vielfach auch für betriebliche Umweltbilanzen benutzt wird, hat man im Zuge der Normung beim DIN (Deutsches Institut für Normung) die genauere Bezeichnung „Produkt-Ökobilanz“ bzw. „produktbezogene Ökobilanz“ erwogen, schließlich aber in der mit Österreich und der Schweiz abgestimmten deutschsprachigen Fassung der Norm wieder fallengelassen.
In der Einleitung der internationalen Rahmennorm ISO 14040 2) wurde die Ökobilanz wie folgt definiert:
„Die Ökobilanz ist eine Methode zur Abschätzung der mit einem Produkt verbundenen Umweltaspekte und produktspezifischen potentiellen Umweltwirkungen … Die Ökobilanz-Studie untersucht die Umweltaspekte und potentiellen Umweltwirkungen im Verlauf des Lebenswegs eines Produktes (d. h. von der Wiege bis zur Bahre) von der Rohstoffgewinnung, über Produktion, Anwendung bis zur Beseitigung.“
Ähnlich wie die International Standard Organization (ISO) hatte bereits 1993 die Society of Environmental Toxicology and Chemistry (SETAC) im „Code of Practice“3) die Ökobilanz (LCA) definiert.
Ähnliche Definitionen finden sich weiterhin im Grundsatzpapier des DINNAGUS4) und in den Richtlinien, die im Auftrag der skandinavischen Umweltminister erarbeitet wurden, den „Nordic Guidelines“5)
Die bewusste Beschränkung der Ökobilanz auf die Analyse und Auswertung der von den Produktsystemen ausgehenden Umweltwirkungenbringt es mit sich, dass die Methode nur einen, nämlich den ökologischen Pfeiler der Nachhaltigkeit quantifiziert6) (vgl. Kapitel 6). Die Ausgliederung der ökonomischen und sozialen Faktoren grenzt die Ökobilanz (LCA) von der Produktlinienanalyse (PLA) und ähnlichen Methoden7) ab. Die Abgrenzung erfolgte, um die Methode nicht zu überfrachten, wohl wissend, dass eine Entscheidung z. B. im Bereich der Entwicklung nachhaltiger Produkte diese anderen Faktoren nicht außer Acht lassen kann und soll8).

1.1.2 Der Lebensweg eines Produkts

Der zentrale Gedanke einer Analyse von der Wiege bis zur Bahre (cradle-to-grave), also des Lebenswegs, ist stark vereinfacht in Abb. 1.1 dargestellt. Ausgangspunkt zum Aufbau des Produktbaumes ist in diesem Bild die Herstellung des Endproduktes und die Nutzungsphase. Die weitere Aufschlüsselung der Kästchen in Abb. 1.1 in einzelne Prozesse, sog. Prozessmodule, die hier nur angedeutete Einbeziehung der Transporte, der verschiedenen Formen der Energiebereitstellung, der Hilfsstoffe usw. machen aus dem einfachen Schema selbst bei scheinbar einfachen Produkten sehr komplexe „Produktbäume“ (verschiedene Rohstoffe für Materia lien und Energiebereitstellung, Zwischenprodukte, Hilfsstoffe, Abfallmanagement mit verschiedenen Beseitigungsarten und Recycling).
Abb.1.1 Stark vereinfachter Lebensweg eines (materiellen) Produkts.
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Die miteinander verbundenen Prozessmodule (der Lebensweg oder Produktbaum) bilden ein System, in dessen Mittelpunkt ein Produkt, ein Prozess, eine Dienstleistung oder – in der allgemeinsten Formulierung – eine menschliche (ökonomische) Tätigkeit (human activity9)) steht. In der Ökobilanz werden Systeme analysiert, die eine spezielle Funktionerfüllen und dadurch einen Nutzen haben. Daher ist auch der Nutzen eines Systems der eigentliche Vergleichsmaßstab für Produktvergleiche und die einzig korrekte Basis für die Definition einer „funktionellen Einheit“10).

1.1.3 Die funktionelle Einheit

Neben der Analyse „von der Wiege bis zur Bahre“, also dem Denken in Systemen, Lebenswegen oder Produktbäumen, ist die „funktionelle Einheit“ der zweite grundlegende Begriff der Ökobilanz und soll daher bereits an dieser Stelle anhand eines einfachen Beispiels erläutert werden:
Der Nutzen einer Getränkeverpackung ist neben dem Schutz des Füllgutes vor allem die Transport- und Lagerfähigkeit. Als funktionelle Einheit definiert man hier meist die Bereitstellung von 1000 Liter Flüssigkeit in einer Weise, dass der Nutzen technisch erfüllt wird. Diese Funktion kann nun beispielsweise von
  • 5000 0,2-L-Beuteln,
  • 2000 0,5-L-Glasmehrwegflaschen,
  • 1000 1-L-Einwegverbundkartons,
  • 500 2-L-PET-Einwegflaschen
erfüllt werden, wobei die konkreten Verpackungsbezeichnungen willkürlich gewählt wurden. Zum Vergleich der Verpackungssysteme muss also der Lebens weg von 5000 Beuteln, 2000 Glasmehrwegflaschen, 1000 Kartons und 500 2-Liter-Einwegflaschen analysiert und verglichen werden, also vier Systeme, die in grober Näherung denselben Nutzen erfüllen.
Dass der Nutzen dabei nicht immer genau gleich ist (Bequemlichkeit, z. B. Gewicht, Benutzerfreundlichkeit, Ästhetik, Konsumverhalten, Eignung einer Verpackung als Werbeträger und andere Nebennutzen von Verpackungssystemen), braucht bei diesem einfachen Beispiel nicht zu stören. Wichtig ist die Feststellung, dass Systeme mit vergleichbarem Nutzen, nicht aber die Produkte selbst verglichen werden11). Dadurch kann man auch materielle Produkte (Güter) mit Dienstleistungen vergleichen, sofern diese denselben oder einen sehr ähnlichen Nutzen haben. Produkte werden in der Ökobilanz als „Güter und Dienstleistungen“ (goods and services) definiert. Da auch bei Dienstleistungen Energie gebraucht wird, Transportleistungen erbracht werden usw., kann man auch Dienstleistungen als Systeme definieren und mit materiellen Produktsystemen auf der Basis eines äquivalenten Nutzens (quantitativ über die funktionelle Einheit) vergleichen.

1.1.4 Die Ökobilanz als Systemanalyse

Die Ökobilanz basiert, anders ausgedrückt, auf einer vereinfachten Systemanalyse. Die Vereinfachung besteht in einer weitgehenden Linearisierung (vgl. Systemgrenzen und Abschneidekriterien in Abschnitt 2.2). Die real immer vorliegende Vernetzung vieler Teile der Lebenswege von Produkten führt beim Versuch der Modellierung oft zu äußerst komplexen Zusammenhängen, die entsprechend schwierig zu handhaben sind. Es gibt allerdings Möglichkeiten, Schleifenbildungen und andere Abweichungen von der linearen Struktur z. B. durch iterative Näherungen oder mit Hilfe der Matrizenmethode12) zu behandeln.

Beispiel
Es geht bei der Ökobilanz nicht um den Vergleich von Produkten, sondern von Produktsystemen. Was ist damit gemeint?
Bei Handtuchspendern gibt es beispielsweise die Varianten „Papierhandtücher“ und „Stoffrolle“. Die Stoffrolle muss gewaschen werden, um ihre Funktion zu erfüllen. Das bedeutet, der Waschvorgang (Waschmittel, Wasser- und Energieverbrauch) ist Teil des Produktsystems und muss sicherlich berücksichtigt werden. Zum Waschen werden Waschmaschinen benötigt. Muss nun auch die Produktion der Waschmaschinen berücksichtigt werden? Zur Produktion von Waschmaschinen wird z. B. Stahl benötigt. Stahl wird aus Eisenerz gemacht, dieses muss transportiert werden usw. Es müssen offensichtlich Grenzen gesetzt werden, da sich an jedes noch so kleine Produkt das gesamte industrielle System anknüpfen lässt. Andererseits darf nichts Wichtiges vergessen werden.

Die Systemanalyse sowie die sinnvolle Auswahl und Definition der Systemgrenzen ist daher ein wichtiger und arbeitsaufwändiger Schritt in jeder Ökobilanz (vgl. Kapitel 2).
Die Betrachtungsweise „von der Wiege bis zur Bahre“ hat vor allem den Vorteil, dass bloße Verschiebungen der Umweltbelastung (sog. trade-offs), z. B. bei Substitutionen, leicht erkannt werden können: Es nützt nichts, wenn ein Umweltproblem scheinbar dadurch gelöst wird, dass an anderen Orten, später oder in anderen Lebenswegabschnitten oder Umweltmedien zusätzliche Probleme auftreten, oder ein völlig unangemessener Energie- und Ressourcenverbrauch mit der Maßnahme verbunden ist. Solche Maßnahmen sind Scheinlösungen. Damit soll nicht bestritten werden, dass in Einzelfällen, vor allem bei akuter Gesundheitsgefährdung (z. B. bei der Substitution von Gefahrstoffen), solche suboptimalen Lösungen getroffen werden müssen.

Beispiel
Da die fossilen Rohstoffe knapper werden, ist die Substitution der Rohstoffbasis durch nachwachsende Rohstoffe Gegenstand von Forschung und Entwicklung. So wurden beispielsweise in einer Ökobilanz Varianten von Loose-fill-Packmitteln untersucht, z. B. Chips aus Polystyrol und aus Kartoffelstärke13). Die Prozesse zur Herstellung der beiden Produkte „von der Wiege bis zur Bahre“ sind grundsätzlich unterschiedlich und müssen sorgfältig analysiert werden. So ist beispielsweise bei der Rohstoffgewinnung pflanzlicher nachwachsenden Rohstoffen das Agrarsystem mit Anbau, Pflege und Ernte zu berücksichtigen, im anderen Fall die Erdölförderung. Auch andere Lebenswegabschnitte der Loose-fill-Packmittel unterscheiden sich grundsätzlich je nach Rohstoffbasis. Ob die Substitution der Rohstoffbasis für ein Produktsystem einen ökologischen Vorteil bietet oder nicht kann mit einem Blick nicht erkannt werden.

1.1.5 Ökobilanz (LCA) und betriebliche Umweltbilanz

Die Gefahr der Problemverschiebung besteht immer dann, wenn zu enge räumliche oder zeitliche Systemgrenzen gewählt werden. Dies ist oft bei alleiniger Durchführung einer betrieblichen Umweltbilanz (oft etwas irreführend „Betriebs-Ökobilanz“ oder gar „Ökobilanz“ ohne erklärenden Zusatz genannt) der Fall. Wenn man z. B. die Systemgrenze mit dem Firmenzaun gleichsetzt, wird man dem Grundgedanken der Ökobilanz nicht gerecht: Es werden weder die Produktion angelieferter Waren noch die Entsorgung der Produkte berücksichtigt. Auch zum ordnungsmäßigen Betrieb gehörende Transporte (just in time), Auslagerung von Aktivitäten (outsourcing) und Teile der Abfallentsorgung, z. B. bei Benutzung kommunaler Kläranlagen, werden nicht erfasst.

Beispiel
Scheinbare Verbesserung durch Auslagern von Aktivitäten
Ein Hersteller von Feinkostsalaten wollte seine Produkte nicht allein mit geschmacklichen und gesundheitlichen Argumenten bewerben, sondern auch Umweltaspekte herausstellen. Dazu wurden in einer betrieblichen Umweltbilanz die Daten zum Energie- und Wasserverbrauch in der Weise erhoben, dass eine Zuordnung zu den unterschiedlichen hergestellten Salaten möglich war. Beim Kartoffelsalat fiel auf, dass der Wasserverbrauch außerordentlich hoch war. Der Grund war schnell gefunden, Kartoffeln sind üblicherweise mit Erde behaftet und müssen gewaschen werden. Dieses Waschwasser wurde dem Kartoffelsalat zugerechnet. Einige Wochen später war der Wasserverbrauch pro kg Kartoffelsalat drastisch gesunken. Das war allerdings nicht das Ergebnis einer technischen Innovation der Waschanlage, sondern das Waschen war an einen anderen Betrieb abgegeben worden und daher fiel das Waschwasser in der betrieblichen Umweltbilanz nicht mehr an.

Dennoch ist die Erstellung einer betrieblichen Umweltbilanz für viele Zwecke nützlich, zum Beispiel als Datenbasis eines Umweltmanagementsystems14).
Eine einfache Überlegung zeigt, dass betriebliche Umweltbilanzen auch für Produkt-Ökobilanzen die Datenbasis darstellen: Jeder Prozess zur Herstellung eines Produktes, z. B. 500 g Kartoffelsalat im Schraubdeckelglas, findet an einem bestimmten Ort in einem bestimmten Betrieb statt. Wenn Daten, z. B. zum Energie- oder Wasserverbrauch des Systems „1000 Schraubdeckelgläser mit je 500 g Kartoffelsalat mit Gurke, Ei und Joghurtsoße“, ermittelt werden sollen, muss jeder an Herstellung und Transport des verpackten Produktes beteiligte Betrieb sowie Betriebe, die an der Entsorgung der Verpackung beteiligt sind, die jeweils dort ablaufenden Prozesse so analysiert haben, dass sie auf das Produkt zuzurechnen sind. Das ist nicht trivial: So produziert ein landwirtschaftlicher Betrieb in der Regel nicht nur Milch, die Molkerei nicht nur Joghurt, der Glashersteller fertigt Gläser für unterschiedliche Kunden usw. Wenn allerdings alle Betriebe, die an der Produktion beteiligt sind (Akteurskette), bereits eine Betriebs-Ökobilanz mit produktzurechenbaren Daten hätten, könnten diese Ergebnisse zusammengefügt werden. Die produktbezogene Datenerfassung ist allerdi...

Inhaltsverzeichnis

  1. Cover
  2. Series Page
  3. Title Page
  4. Copyright Page
  5. Vorwort
  6. 1: Einleitung
  7. 2: Festlegung des Ziels und des Untersuchungsrahmens
  8. 3: Sachbilanz
  9. 4: Wirkungsabschätzung
  10. 5: Auswertung, Berichterstattung und kritische Prüfung
  11. 6: Von der Ökobilanz zur Nachhaltigkeitsanalyse
  12. Anhang 1: Lösungen zu den Übungen
  13. Anhang 2: Beispiel: Standardberichtsbogen zum Strommix Deutschland aus UBA 2000, Materialsammlung S. 179 ff.
  14. Liste der Akronyme
  15. Stichwortverzeichnis