Meine Seele war hungrig und fror
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Meine Seele war hungrig und fror

Eine Borderlinepatientin erzählt

  1. 56 Seiten
  2. German
  3. ePUB (handyfreundlich)
  4. Über iOS und Android verfügbar
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Meine Seele war hungrig und fror

Eine Borderlinepatientin erzählt

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Inhaltsverzeichnis
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Über dieses Buch

Die Autorin beschreibt offen und ungeschönt die Höhen und Tiefen ihres Lebens mit Essstörung, Depressionen und Borderline, schildert ihre Gefühle und Gedanken. Der Leser des Buches ist »mitten drin« und kann ihr Leben von der Kindheit bis ins Erwachsenenalter verfolgen. Eine wertvolle Lektüre für ähnlich Betroffene und deren Angehörige.

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Information

Jahr
2015
ISBN
9783864558627

20 – 21 Jahre (nach der Ausbildung)

Nach meinem Klinikaufenthalt fing ich in der Arbeit mit der Wiedereingliederung an. Eigentlich war ich bereit, gleich wieder voll zu arbeiten, aber meine Chefin meinte, dass ich langsam anfangen sollte. Sie gab sich verständnis- und rücksichtsvoll. Dennoch spürte ich tief im Inneren, dass etwas nicht stimmte. Aber ich verdrängte das Gefühl und nahm es nicht ernst.
Ich arbeitete auch in der Wiedereingliederung länger als vorgesehen und strengte mich an, alles recht zu machen. Doch offensichtlich genügte das nicht. Nach knapp vier Wochen, dem Ende der Wiedereingliederung bekam ich zur Antwort: »Du bist immer noch nicht gesund, du bekommst erstmal keinen Arbeitsvertrag.« Aber sie hatte mir den Vertrag doch versprochen! Diese Antwort war wie ein Stich ins Herz. Was heißt schon gesund? Vermutlich wird die Krankheit immer ein Teil von mir sein. Der Unterschied ist nur, ob die Krankheit mich im Griff hat oder ich die Krankheit im Griff habe.
Jedenfalls fühlte ich mich als Mensch abgewertet und schlecht. Ich hatte nicht genügt. Ich war ein Nichts. Verheult lief ich aus der Praxis. Ich hasste mich und mein Leben. Ich schrie herum und ging Rasierklingen kaufen. Noch im Auto ritzte ich mich. Das Blut tropfte. Ich band mit einem Haargummi Tempos um die Wunden. Alleinsein hielt ich nicht aus, aber nach Hause wollte ich auch nicht. Da ging ich zu Frau Bauer. Sie war da und hatte Zeit für mich. Sie verarztete und tröstete mich. Dann wollte sie mich in die Psychiatrie bringen, aber ich sagte, ich würde es alleine schaffen hinzugehen. Ich ging auch hin.
Dann kam gleich meine Therapeutin und Ärztin vom letzten Aufenthalt und gab mir 1 mg Tavor zur Beruhigung. Während ich erzählte, dissoziierte ich irgendwann. Sie wollte, dass ich auf die geschlossene Psychiatrie komme, aber ich wollte heim. Doch es nützte nichts. Sie ließ mich nicht gehen und drohte mit dem Richter, weil ich Suizidgedanken geäußert hatte. Dann rief ich daheim an und sagte, dass ich auf die Geschlossene komme. Viel mehr sagte ich nicht, denn ich war zu verwirrt und erschöpft, um groß zu reden. Als meine Mama kam, schlief ich. Ich wachte kurz auf und sagte, was los war. Sie tröstete mich. Dann schlief ich wieder ein.
Am nächsten Tag kannte ich fast niemanden mehr von der Station und ich hatte Erinnerungslücken. Meine Therapeutin von der psychosomatischen Station kam gleich an diesem Tag. Sie sagte, ich könnte nach ein paar Tagen auf der Geschlossenen entweder wieder auf die Station vom letzten Mal oder die Station für Borderline-Patienten. Ich glaubte, nicht recht zu hören, ich und Borderline? Das ist ja unverschämt, dachte ich. Mittlerweile bin ich sicher, dass sie Recht hatte.
Ich wollte lieber wieder auf die bekannte Station. Nach einer Woche war es dann soweit und ich durfte die Station wechseln. Doch die vielen Termine und Einflüsse setzten mir zu. Zu meinen »normalen« Dissoziationen kamen dissoziative Krampfanfälle. Sie dauerten von zwei bis zwanzig Minuten. Diese Anfälle strengten mich sehr an und ich fühlte mich danach, als hätte ich Sport gemacht. Das Gefühl, ständig neben mir zu stehen, nichts zu realisieren und zu spüren, hielt an. Vergeblich kämpfte ich dagegen. Meistens half nur ritzen. Blut sehen. Schmerzen, die ich kaum wahrnehmen konnte.
Ich ritzte mich mehrmals täglich und immer tiefer. Dafür schämte ich mich sehr und versorgte die Wunden anfangs selber. Sehr schlampig mit Klopapier und Haargummi darum. Ich hätte es besser gekonnt, aber ich war es mir nicht wert. Sollte es sich doch entzünden.
Oft dissoziierte ich so stark, dass ich meinen Mitpatienten Angst machte. Ich starrte vor mich hin, ohne zu zwinkern oder die Augen zu bewegen und reagierte nicht. Es dauerte, bis ich wieder »anwesend« war. Mit der Zeit wussten die Anderen, dass mir nichts passiert und waren nicht mehr so beunruhigt.
Wie beim ersten Mal schloss ich Freundschaften. Es waren auch noch einige vom letzten Aufenthalt da. Nach vier Wochen kam Caroline, eine ganz liebe Neunzehnjährige mit Bulimie und Anorexie, zu mir ins Zimmer. Ich freute mich und war ein bisschen froh, die Nervensäge und Besserwisserin von davor losgeworden zu sein.
Mir ging es jetzt ein bisschen besser und ich hatte nicht mehr täglich Krampfanfälle. Manchmal schaffte ich es auch einen Tag ohne ritzen. Außerdem durfte nun das Personal meine Wunden ordentlich versorgen. Jedoch ritzte ich mich, wenn ich es tat, ziemlich tief. Fast jedes Mal mussten die Wunden geklammert werden. Manchmal war ich auch hoffnungslos und dachte, es würde nicht mehr aufwärts gehen. Wenn ich mich nicht geritzt habe, wurde ich dagegen euphorisch und dachte, ich könnte ja auch nach Hause gehen. Natürlich war das Unsinn.
Mit der Zeit wurde mein Zustand stabiler, aber nur ganz langsam. In den Gruppengesprächen bekam ich noch öfters Krampfanfälle, wenn das Thema mich belastete. Und auch in anderen schwierigen Situationen.
Nach ca. sechs Wochen auf der offenen Station bekam ich einen ziemlichen Wutausbruch. Nicht dass ich Sachen kaputt gemacht oder herumgeschrien hätte, nein, das ist nicht meine Art, aber ich schickte meiner Chefin eine SMS voller Wut und Schmerz:
Geht es Ihnen jetzt gut ohne mich? Ich habe für die Arbeit gelebt und jetzt habe ich keinerlei Identitätsgefühl mehr. Wer bin ich? Was will ich? Wäre die Welt ohne mich nicht besser dran? Meine Seele ist ja eh schon tot, warum nicht auch noch mein Körper? Ich bin nicht gut genug, denn ich konnte die Zurückweisung nicht verhindern. In meiner Welt gibt es nur alles oder nichts, ganz oder gar nicht, gut oder böse und schwarz oder weiß. Gegensätze ziehen sich an und liegen oft nahe beieinander. Drei Jahre lang habe ich Sie idealisiert und »geliebt«, doch jetzt hasse ich Sie dafür, dass Sie mein Innerstes getötet haben. Wem kann ich noch vertrauen? Meiner Rasierklinge …
Ich dachte, sie würde mich verstehen oder wenigstens reagieren, wenn sie genauso leiden müsste wie ich. Eine Reaktion kam. Wenn auch eine mit negati...

Inhaltsverzeichnis

  1. Cover
  2. Titel
  3. Impressum
  4. Vorwort
  5. Gedanken, Feststellungen
  6. Jetzt
  7. Bis 4 Jahre
  8. 4 – 7 Jahre (Kindergartenzeit)
  9. 7 – 11 Jahre (Grundschulzeit)
  10. 11 – 13 Jahre (5. und 6. Klasse)
  11. 13 – 15 Jahre (7. – 8. Klasse)
  12. 15 – 17 Jahre (9. – 10. Klasse)
  13. 17 – 20 Jahre (Ausbildung zur ZFA)
  14. 20 – 21 Jahre (nach der Ausbildung)