Paula-Irene Villa
»Frauen«
Warum es sie gar nicht gibt und man trotzdem über sie redet
Klar kann man heute über Frauen reden. Auch schreiben. Also über »Frauen«. So geht es schon, das Reden und Schreiben über Frauen – »Frauen« in Anführungszeichen. Warum das? Weil es die Frauen nicht gibt. Das mag sich versponnen oder elitär anhören (und als Diffamierung taugt die Kombination, elitär-versponnen, zum allseits beliebten Schenkelklopfer), ist es aber nicht. Im Gegenteil.
Warum also sollte es die Frau oder die Frauen nicht geben? Und warum kann man nicht – ohne Weiteres – davon schreiben? Diese Anführungszeichen nerven. Sie verkomplizieren, machen stolpern. Und genau darum geht es bei den Anführungszeichen: Sie nötigen zur Distanz, sie heben den Begriff aus dem Fluss der unbedachten, darin besonders wirkmächtigen Routinesprache, um ihn so zum Thema der Sprache, des Sprechens zu machen. In »Frauen« ist die Aufforderung enthalten, sich über »Frauen« Gedanken zu machen und sich auf die Möglichkeit einzustellen, dass nicht so sehr diese, sondern dieser Begriff zum Thema der Rede wird.
Das nervt. Es verhunzt die Sprache, sagen manche. Es verkompliziert unnötig, sagen andere. Es lenkt vom Eigentlichen ab, sagen auch welche. Ein Sprachspiel also, das der Würde des stimmigen Sprech- und Schreibflusses nicht angemessen ist und sich letztlich mehr zur Zurschaustellung der eigenen Oberschläue denn dazu eignet, etwas auf den Begriff zu bringen.
Womöglich stimmt das – auch. Eventuell und unter Umständen. Je nach Kontext und Effekt. Wer kontrolliert schon die Rede, die allgemeine, die der anderen, auch die eigene? Wer weiß schon, was er redet und was sie sagt, wenn doch alle an der Rede mitreden? Wenn ich schriebe: »Sie weiß nicht, was sie sagt« – wissen Sie dann, wen ich meine und wie ich das meine? Und wer sie ist? Das generische Femininum? Die Frau, an und für sich? Sie, die eine konkrete Person? Genau. Es ist nicht klar. Und so verhält es sich auch mit Frau. Es kann sein, dass die »Frauen« auch zum distinguierten Sprachspiel taugen. Die »Männer« erst recht übrigens. Aber dieser Mehrwert verweist auch darauf, dass die Uneigentlichkeit Sinn ergibt. Sonst wäre es nicht als Schlaumeierei tauglich.
Die Frau in Anführungszeichen
Was ist nun also mit der Uneigentlichkeit der »Frau«? Warum Anführungszeichen? Weil es keine fixierbare Eigentlichkeit gibt, kein So-seiendes-Frausein. Weil es die Frau nicht als Ontologie gibt. Frau ist eine soziale Konstruktion. Die »Frau« ist die eine Seite einer Geschlechterdifferenzierung, die aus Biologischem wie Kulturellem besteht. Besser, weil genauer entlang der soliden Forschung gesprochen: die aus physiologischen, somatischen und bedingt verfügbaren Dimensionen in und durch deren kulturelle Deutung in sozialen Praxen besteht, die ihrerseits historisch geworden, institutionell gerahmt und auch Gegenstand andauernder politischer, jurist...