Kommunales Gefahrenabwehrrecht in Niedersachsen
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Kommunales Gefahrenabwehrrecht in Niedersachsen

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Kommunales Gefahrenabwehrrecht in Niedersachsen

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Inhaltsverzeichnis
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Über dieses Buch

In Niedersachsen nehmen Polizei und Verwaltungsbehörden gemeinsam die Aufgabe der Gefahrenabwehr war. Dieses Buch rückt die Rolle der Kommunalverwaltungen ins Zentrum der Betrachtung. Auch wenn in einer hoch spezialisierten Welt der Gesetzgeber durch Erlass spezieller Gesetze weite Bereiche geregelt hat, darf die Bedeutung des allgemeinen Gefahrenabwehrrechts für die kommunale Verwaltungspraxis nicht unterschätzt werden. Dieses Werk, herausgegeben von einem praxiserfahrenen und kompetentem Autorenteam, zeichnet die aktuellen Rechtsentwicklungen nach. Es ist sowohl für Studierende und Lehrgangsteilnehmerinnen und Lehrgangsteilnehmer als auch für Praktiker geeignet.

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Information

Jahr
2016
ISBN
9783786909866
1DAS GEFAHRENABWEHRRECHT
1.1Einordnung ins Rechtssystem
Das Gefahrenabwehrrecht ist Teil des öffentlichen Rechts, und zwar des besonderen Verwaltungsrechts. Es gliedert sich in das allgemeine Gefahrenabwehrrecht, welches vor allem im Nds. SOG niedergelegt ist, und in das besondere Gefahrenabwehrrecht, welches sich in zahlreichen Spezialgesetzen des Landes und des Bundes (z. B. NBauO, NGastG, StVO) befindet1.
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Im besonderen Gefahrenabwehrrecht finden sich vor allem zusätzliche Eingriffsnormen. Diese werden hier gelegentlich als Beispiele herangezogen, um allgemeine Strukturen des Nds. SOG zu verdeutlichen und aufzuzeigen, dass man mit dem Rüstzeug des allgemeinen Gefahrenabwehrrechts auch mit Spezialnormen aus anderen Gesetzen leicht umgehen kann.
1.2Geschichtliches
Das Gefahrenabwehrrecht wird oft auch unter dem Begriff ›Ordnungsrecht‹ oder ›Polizeirecht‹ geführt. Über den griechischen Begriff »politeia« (Verfassung des antiken städtischen Gemeinwesens) ist der Begriff der »guten Policey« im Sinne einer guten Ordnung des Gemeinwesens zum ersten Mal im 15. Jahrhundert in Deutschland nachgewiesen. Damalige Polizeiordnungen regelten eine Vielfalt von Verhaltensnormen zur guten Erhaltung des Gemeinwesens, darunter auch Maße und Gewichte, Religionsausübung und erbrechtliche Vorschriften. Seit dem Beginn des 18. Jahrhunderts diente der Begriff »Polizei« erstmals der Benennung von bestimmten Behörden. Auch der materielle Polizeibegriff (also die Aufgaben und Inhalte der Polizeibehörden) wurde enger: Im Zuge der Aufklärung wurde begonnen, die Wohlfahrtsfürsorge herauszunehmen, sodass sich die Gefahrenabwehr immer mehr als Hauptaufgabe herausbildete.
So fand sich auch im § 10 Teil II Titel 17 des Allgemeinen Preußischen Landrechts (ALR) vom 1.6.1794 folgender Polizeibegriff, dort hieß es: »Die nöthigen Anstalten zur Erhaltung der öffentlichen Ruhe, Sicherheit und Ordnung, und zur Abwendung der dem Publiko, oder einzelnen Mitgliedern desselben bevorstehenden Gefahr zu treffen, ist das Amt der Polizei.« Die immer noch vorhandene Wahrnehmung der Wohlfahrtspflege durch die Polizei beendete das Preußische OVG im Jahre 1882 mit dem sogenannten Kreuzberg-Urteil2. Dort erklärte das Gericht eine polizeiliche Bauverordnung für ungültig, die die Bauhöhe begrenzte, um die Sicht auf das Kreuzbergdenkmal freizuhalten, und zwar mit der Begründung, dass dies eine Aufgabe der Wohlfahrtspflege sei, die nicht in die Kompetenz der Polizei falle. In der weiteren Entwicklung fiel auch die öffentliche Ruhe aus dem Aufgabenbereich der Polizei weg.
In der Weimarer Reichsverfassung von 1919 wurde durch teilweise »polizeifeste« Grundrechte eine Beschränkung der landesrechtlichen Polizeigewalt erreicht, da diese Grundrechte nur durch die Weimarer Reichsverfassung (WRV) oder die Reichsgesetzgebung eingeschränkt werden konnten. Mit der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten 1933 existierte der rechtsstaatliche Polizeibegriff dann nicht mehr. Die Polizeigewalt ging auf das Reich über. Der materielle Polizeibegriff wurde im Sinne der nationalsozialistischen Ideologie aufgeweicht. Die formell weiterhin bestehende Generalklausel wurde so ausgelegt, dass nicht mehr nur eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung zu Maßnahmen ermächtigte, sondern jedes Verhalten oder jeder Zustand, der schädlich für die »Volksgemeinschaft« war. Die Polizei konnte also mit einer Ermächtigungsgrundlage arbeiten, die faktisch keine bestimmten Tatbestandsvoraussetzungen hatte. Es wurde eine Geheime Staatspolizei (Gestapo) errichtet, die für die Ausforschung »staatsgefährdender Bestrebungen« und die Verwaltung der Konzentrationslager zuständig war. Ihre Verfügungen und Angelegenheiten waren verwaltungsgerichtlich nicht überprüfbar.
Nach 1945 wurde durch die Besatzungsmächte eine sogenannte »Entpolizeilichung« der Verwaltung eingeleitet. Die Aufgaben von Polizei und Verwaltungsbehörden wurden getrennt. Nunmehr waren die kommunalen Verwaltungsbehörden (z. B. Ordnungsämter) für die Aufgaben der Gefahrenabwehr zuständig, wogegen die Polizei die Aufgaben des Vollzuges übernahm. In Niedersachsen gilt seit 1951 das Nds. Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (Nds. SOG) in wechselnder Benennung als Nds. Gefahrenabwehrgesetz (NGefAG).
In der Vergangenheit hat es hinsichtlich des allgemeinen Gefahrenabwehrrechts unterschiedliche Rechtsentwicklungen in den einzelnen Bundesländern gegeben. Dies entspricht zwar dem föderalen Gedanken, kann aber Probleme für den Verwaltungsvollzug hervorrufen. Dies ist insbesondere zu befürchten, wenn es bei bestimmten Großereignissen (z. B. Castor-Transporten) zu Ländergrenzen überschreitenden Polizeieinsätzen kommt. Aber auch für den Bürger können Irritationen eintreten, wenn seine Aktivitäten sich nicht allein auf den Bereich eines Bundeslandes erstrecken. Die ständige Konferenz der Innenminister hat daher zweimal Anregungen für eine Vereinheitlichung der Gesetzgebung gegeben. Zu nennen sind hier der Musterentwurf eines einheitlichen Polizeigesetzes (ME 1976) sowie der Vorentwurf zur Änderung des Musterentwurfes (1986). Diese Vorgaben haben dann dafür gesorgt, dass es über einen längeren Zeitraum hinweg weitgehend vergleichbare Regelungen und insbesondere Befugnisse der Behörden zur Gefahrenabwehr gab. In den letzten Jahren ist nun aber eine Entwicklung zu beobachten, die einen Trend zur weiteren Differenzierung des Gefahrenabwehrrechts zu begründen scheint. Es bleibt daher abzuwarten, ob die Innenminister erneut die Initiative ergreifen, um durch Weiterentwicklung des Musterentwurfes einen Beitrag zur Vereinheitlichung des Polizei- und Ordnungsrechts zu leisten.
1.3Verteilung der Gesetzgebungskompetenz
Gefahrenabwehr ist eine staatliche Aufgabe. Es obliegt dem Gesetzgeber, durch rechtliche Vorgaben diesen Aufgabenbereich zu gestalten. Dem Grundgesetz ist zu entnehmen, wie die Kompetenz, Gesetze zu erlassen, zwischen den Ländern und dem Bund verteilt ist (vgl. Art. 70 ff. GG).
So haben nach Art 70 Abs. 1 GG die Länder das Recht der Gesetzgebung, soweit das Grundgesetz nicht dem Bund Gesetzgebungsbefugnisse verleiht. Das Recht der Gefahrenabwehr ist nicht als eigenständiges Themenfeld in den Kompetenzkatalogen des Grundgesetzes aufgenommen worden. Gleichwohl sind dem Bund in weitem Umfange Gesetzgebungskompetenzen zugewiesen worden, von denen er ausreichend Gebrauch gemacht hat. Diese Kompetenzzuweisungen finden sich entweder in den Katalogen über die ausschließliche Gesetzgebung (Art. 73 Abs. 1 Nr. 1, 3, 5, 6, 9 a, 10 GG) oder die konkurrierende Gesetzgebung [(Art. z. B. 74 Abs. 1 Nr. 11 (Gewerberecht), Nr. 19 (Gesundheitsrecht), Nr. 22 (Straßenverkehrsrecht), Nr. 24 (Abfall- und Immissionsrecht) GG].
Im Bereich der ausschließlichen Gesetzgebung verbleibt den Ländern nur dann noch eine Befugnis zur eigenen Gesetzgebung, wenn und soweit sie hierzu ausdrücklich in einem Bundesgesetz ermächtigt worden sind (Art. 71 GG). Im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung können die Länder nur dann eigene rechtliche Regelungen setzen, solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungskompetenz noch keinen Gebrauch gemacht hat (Art. 72 Abs. 1 GG). So weist beispielsweise Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG dem Bund die Regelungskompetenz für den Straßenverkehr, das Kraftfahrwesen sowie die Erhebung und Verteilung von Gebühren oder Entgelten für die Benutzung öffentlicher Straßen mit Fahrzeugen zu. Mit dem Straßenverkehrsgesetz und den dazu ergangenen Rechtsverordnungen (u. a. StVO, FeV, StVZO) hat der Bund umfassend diesen Sachbereich geregelt. Für die Länder verbleibt damit kein eigener Gestaltungsspielraum mehr. So wäre es beispielsweise dem Land verwehrt, durch Rechtsverordnung eine Geschwindigkeitsbegrenzung (Tempo 120) auf Autobahnen im Land festzulegen.
Neben den ausdrücklich im Grundgesetz genannten Gesetzgebungskompetenzen des Bundes gibt es für den Bund darüber hinaus auch ungeschriebene Gesetzgebungskompetenzen. Bereits frühzeitig hat das Bundesverfassungsgericht3 anerkannt, dass dem Bund, unter dem Gesichtspunkt des Sachzusammenhangs, Regelungsbefugnisse für den Bereich der Gefahrenabwehr zuzuerkennen sind. In diesem Zusammenhang wird von der sog. Annexkompetenz gesprochen. »Normen, die der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung dienen, sind (…) jeweils dem Sachbereich zuzurechnen, zu dem sie in einem notwendigen Zusammenhang stehen.«4 Besondere Bedeutung kommt dieser ungeschriebenen Kompetenz insbesondere für das Recht der Wirtschaft (Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG), das Gesundheitswesen (Art. 74 Abs. 1 Nr. 19 GG), das Verkehrswesen (Art. 74 Abs. 1 Nr. 22 GG) und das Umweltrecht (Art. 74 Abs. 1 Nr. 24, 29 GG) zu. Die Grenze dieser (ungeschriebenen) Kompetenz ist dort zu sehen, wo die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung der alleinige und unmittelbare Gesetzeszweck ist.
Trotz weitreichender spezieller bundesrechtlicher Vorgaben im Ordnungsrecht obliegt es den Ländern, ein eigenes allgemeines Gesetz zur Gefahrenabwehr zu erlassen. Zudem können dort die Materien geregelt werden, die nicht von den Kompetenztiteln des Bundes erfasst werden. Auch der Landesgesetzgeber Niedersachsen hat bisher umfassend von seiner Regelungskompetenz Gebrauch gemacht (siehe Übersicht).
Abb.: Gefahrenabwehrrechtliche Gesetze des Landes
Besonderes Gefahrenabwehrrecht5
Allgemeines Gefahrenabwehrecht
Nds. Abfallgesetz (NAbfG)
Nds. Gaststättengesetz (NGastG)
Nds. Bauordnung (NBauO)
Nds. Gesetz über das Halten von Hunden (NHundG)
Nds. Brandschutzgesetz (NBrandSchG)
Nds. Gesetz über Hilfen und Schutzmaßnahmen für psychisch Kranke (Nds. PsychKG)
Nds. Rettungsdienstgesetz
Nds. Versammlungsgesetz (NVersG)
Nds. Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (Nds. SOG)
1.4Die Funktion des Gefahrenabwehrrechts, Eingriff in Grundrechte
Das Gefahrenabwehrrecht regelt, unter welchen Voraussetzungen die Kommunen Gefahren von Personen und Sachen abwehren können. Dabei geht es regelmäßig um den Schutz bestimmter Rechte und Rechtsgüter. Dies sind rechtlich geschützte Interessen einzelner Menschen oder Rechtspersonen (Individualrechte wie Eigentum, allg. Handlungsfreiheit; Individualrechtsgüter wie Leben, Gesundheit) und der Gesellschaft als solcher (Universalrechtsgüter wie Bestand des Staates, Sicherheit des Geldverkehrs).
Wenn nun ein Rechtsgut bedroht ist, spricht man von einer Gefahr (§ 2, Abs. 1 a) Nds. SOG). Es ist Aufgabe der zuständigen Behörde, diese durch geeignete Maßnahmen (§§ 11 ff. Nds. SOG) abzuwehren. Dies tut sie, indem sie gegenüber einem oder mehreren Verantwortlichen (veraltet: Störer) (§§ 6 ff. Nds. SOG) ein Tun oder Unterlassen vorschreibt. Damit greift sie selbst wiederum in Freiheitsgrundrechte des Verantwortlichen ein. Dabei muss sie im Ermessen (§§ 4 f. Nds. SOG, § 40 VwVfG) zwischen den von der Gefahr bedrohten Rechtsgütern und den einzuschränkenden Freiheitsgrundrechten des Verantwortlichen abwägen.
Beispiel:
Herr Harms besitzt in Varel ...

Inhaltsverzeichnis

  1. Titelseite
  2. Titelblatt
  3. Copyright
  4. Vorwort
  5. Inhalt
  6. Literaturverzeichnis
  7. Abkürzungsverzeichnis
  8. 1 Das Gefahrenabwehrrecht
  9. 2 Der Gefahrenbegriff
  10. 3 Handlungsformen (Maßnahmen der Gefahrenabwehr)
  11. 4 Eingriffsbefugnisse
  12. 5 Das Opportunitätsprinzip, Ermessensausübung
  13. 6 Verantwortlichkeit
  14. 7 Datenerhebung und Datenverarbeitung
  15. 8 Kommunale Zuständigkeiten
  16. 9 Der Vollzug
  17. 10 Der Verwaltungszwang
  18. 11 Rechtsschutz gegen Maßnahmen der Gefahrenabwehrbehörden
  19. 12 Fallbearbeitungen
  20. 13 Der ordnungsrechtliche Bescheid – Praxismuster
  21. 14 Die ordnungsrechtliche Rechtsverordnung – Praxismuster
  22. 15 Anhang