Warum ich (k)ein Moralist bin
eBook - ePub

Warum ich (k)ein Moralist bin

Eine kleine Begriffsbiografie

  1. 16 Seiten
  2. German
  3. ePUB (handyfreundlich)
  4. Über iOS und Android verfügbar
eBook - ePub

Warum ich (k)ein Moralist bin

Eine kleine Begriffsbiografie

Angaben zum Buch
Buchvorschau
Inhaltsverzeichnis
Quellenangaben

Über dieses Buch

"Die Moral ist für den Menschen da, nicht der Mensch für die Moral." (William K. Frankena)Ein "Moralist" zu sein kann laut Rainer Erlinger drei Dinge bedeuten: Erstens, sich direkt oder indirekt der philosophiegeschichtlichen Strömung des Moralismus um Francois de La Rochefoucauld verbunden zu fühlen. Zweitens, moralischen Hochmut auszuüben und seine Umwelt erziehen zu wollen. Drittens, schlicht über Moral zu sinnieren. Für jede dieser Definitionen liefert Erlingers Essay eine plausible Erklärung, ob es sich nun lohnt, Moralist zu sein oder nicht.

Häufig gestellte Fragen

Gehe einfach zum Kontobereich in den Einstellungen und klicke auf „Abo kündigen“ – ganz einfach. Nachdem du gekündigt hast, bleibt deine Mitgliedschaft für den verbleibenden Abozeitraum, den du bereits bezahlt hast, aktiv. Mehr Informationen hier.
Derzeit stehen all unsere auf Mobilgeräte reagierenden ePub-Bücher zum Download über die App zur Verfügung. Die meisten unserer PDFs stehen ebenfalls zum Download bereit; wir arbeiten daran, auch die übrigen PDFs zum Download anzubieten, bei denen dies aktuell noch nicht möglich ist. Weitere Informationen hier.
Mit beiden Aboplänen erhältst du vollen Zugang zur Bibliothek und allen Funktionen von Perlego. Die einzigen Unterschiede bestehen im Preis und dem Abozeitraum: Mit dem Jahresabo sparst du auf 12 Monate gerechnet im Vergleich zum Monatsabo rund 30 %.
Wir sind ein Online-Abodienst für Lehrbücher, bei dem du für weniger als den Preis eines einzelnen Buches pro Monat Zugang zu einer ganzen Online-Bibliothek erhältst. Mit über 1 Million Büchern zu über 1.000 verschiedenen Themen haben wir bestimmt alles, was du brauchst! Weitere Informationen hier.
Achte auf das Symbol zum Vorlesen in deinem nächsten Buch, um zu sehen, ob du es dir auch anhören kannst. Bei diesem Tool wird dir Text laut vorgelesen, wobei der Text beim Vorlesen auch grafisch hervorgehoben wird. Du kannst das Vorlesen jederzeit anhalten, beschleunigen und verlangsamen. Weitere Informationen hier.
Ja, du hast Zugang zu Warum ich (k)ein Moralist bin von Rainer Erlinger im PDF- und/oder ePub-Format sowie zu anderen beliebten Büchern aus Philosophy & Ethics & Moral Philosophy. Aus unserem Katalog stehen dir über 1 Million Bücher zur Verfügung.

Information

Jahr
2013
ISBN
9783867743495
Rainer Erlinger
Warum ich (k)ein Moralist bin
Eine kleine Begriffsbiografie
Wer möchte schon »Moralist« sein? Moralist – eine Bezeichnung, die irgendwie angestaubt klingt, bieder, ein wenig nach moralinsauer, belehrend, spaßfeindlich. Oder – wenn man historisch denkt – nach einer mehr oder weniger fest umschriebenen Gruppe von Autoren um das 17. Jahrhundert herum. Andererseits steckt das Wort »Moral« darin, und das hat gerade Konjunktur. Ein moralischer Mensch möchte man schon sein, aber es scheint schwierig, die Frage, ob oder warum man »Moralist« oder eben keiner sein möchte, eindeutig zu beantworten.
Was ist ein Moralist?
Ein Zweifelsfall also? »Maßgebend in allen Zweifelsfällen« konnte man früher (1967) im Duden lesen, vielleicht kann er helfen, die Verwirrung aufzulösen. Die Zeiten der rigorosen Rechtschreibregeln sind ja – bis auf ein paar Ausnahmen von Orthografiemoralisten (oder wären das dann in Analogie zur Bildung des Wortes Moralisten »Orthografisten«?) – glücklicherweise vorbei. In vielen Fällen macht der Duden nur noch Vorschläge. Aber er verfolgt den Anspruch, sich nach dem Sprachgebrauch zu richten1 und kann vielleicht deshalb am besten wiedergeben, was das Wort »Moralist« heute bedeutet und wie es gebraucht wird.
Tatsächlich verzeichnet der Duden in seiner Onlineversion zwei Bedeutungen des Begriffs:
»Moralist, der
1. (bildungssprachlich) jemand, der, besonders als Literat, Philosoph o. Ä., den Moralismus (1) vertritt
2. (oft abwertend) jemand, der alle Dinge in übertriebener Weise moralisierend (2) beurteilt«.
Folgt man den Verweisen, heißt es weiter:
»Moralismus, der
1. Haltung, die die Moral als verbindliche Grundlage des zwischenmenschlichen Verhaltens anerkennt
2. übertreibende Beurteilung der Moral als alleiniger Maßstab für das zwischenmenschliche Verhalten«
bzw.:
»moralisieren
1. (bildungssprachlich) die Moral betreffende Betrachtungen anstellen
2. (oft abwertend) Moral predigen«.2
Nimmt man die im Duden fehlende fachspezifische Bedeutung3 des Moralismus als Strömung in der Philosophiegeschichte hinzu, zeichnen sich demnach drei unterschiedliche Bedeutungen ab: der »Moralist« als Angehöriger der Gruppe der europäischen Moralisten, allen voran die französischen François de La Rochefoucauld und Michel de Montaigne, aber auch Baltasar Gracián, Baldassare Castiglione oder Thomas Browne – oder, heute, als Anhänger der entsprechenden Auffassungen und Denkweisen. Der »Moralist« als Moralprediger, Moralapostel, der seine Mitmenschen drangsaliert, erziehen und belehren will. Und schließlich ganz allgemein der »Moralist« als Mensch, der sich mit Moral beschäftigt. Und weil es sich um drei ziemlich unterschiedliche Positionen handelt, muss ich die Frage, warum ich (k)ein Moralist bin, für die drei Positionen unterschiedlich beantworten.
Warum ich (k)ein Moralist bin
Für mich – um angesichts der persönlichen Fragestellung in der Überschrift ausnahmsweise eine persönliche Betrachtungsweise an den Anfang zu stellen – ist ein »Moralist« in erster Linie ein Angehöriger der Gruppe der europäischen oder französischen Moralisten des 17. und 18. Jahrhunderts. Da ich im 20. Jahrhundert geboren bin, müsste mein Geburtsdatum eigentlich schon als Begründung ausreichen, kein Moralist zu sein. Andererseits kann man auch heute noch Kantianer oder Aristoteliker sein, über 200 beziehungsweise 2000 Jahre nach deren Tod. Man muss also nur den Begriff des Moralisten ein wenig erweitern auf diejenigen, die sich in der Denktradition der klassischen Moralisten sehen, und schon ist die Frage wieder offen.
Und wie die Überschrift dieses Abschnitts mit dem in Klammern gesetzten »k« zeigt, wird sie das für mich auch bleiben. Warum? Weil einige der Moralisten zwar wunderbare Autoren waren und vor allem auch scharfsinnige Beobachter – für beides kann man und kann ich sie nur bewundern –, das alles aber meines Erachtens mit Moral wenig zu tun hat. Womit dann? Die Enzyklopädie Philosophie und Wissenschaftstheorie formuliert dazu: »Das gemeinsame Anliegen der genannten ›M.[Moralisten]‹ ist die Erziehung des Menschen, vor allem über seine Gefühle und Leidenschaften zu Selbsterkenntnis, Weltklugheit und Glück.«4
Nichts gegen Selbsterkenntnis (ob die immer zu Glück führt, sei dahingestellt), Weltklugheit und Glück – im Gegenteil. Dasselbe gilt für Gefühle und Leidenschaften. Problematisch hingegen ist die Erziehung dazu. Die Texte der Moralisten richten sich an Erwachsene, und dem Versuch, Erwachsene zu erziehen, stehe ich tendenziell skeptisch gegenüber. Nicht nur weil Erziehung eine Entmündigung beinhaltet, sondern weil der Erziehende gegenüber dem zu Erziehenden eine erhöhte Position einnimmt, was leicht in Richtung Überheblichkeit geht. Für gewöhnlich ist Friedrich Nietzsche in Fragen der Moral ein, nennen wir es vorsichtig, schwieriger Gewährsmann, hier aber »trifft er ins Schwarze«: »Larochefoucauld und jene anderen französischen Meister der Seelenprüfung […] gleichen scharf zielenden Schützen, welche immer und immer wieder ins Schwarze treffen – aber ins Schwarze der menschlichen Natur. Ihr Geschick erregt Staunen, aber endlich verwünscht vielleicht ein Zuschauer, der nicht vom Geiste der Wissenschaft, sondern der Menschenfreundlichkeit geleitet wird, eine Kunst, welche den Sinn der Verkleinerung und Verdächtigung in die Seelen der Menschen zu pflanzen scheint.«5
Mit dieser Einordnung, dem Treffer ins Schwarze der menschlichen Natur, kann Nietzsche sich sogar auf La Rochefoucauld selbst berufen, der das Vorwort zur ersten Auflage seiner Maximen und Reflexionen im Jahre 1665 folgendermaßen beginnt: »Ich zeige dem Publikum hier unter dem Titel ›Betrachtungen oder Moralische Maximen‹ ein Bild des menschlichen Herzens, das wahrscheinlich nicht jedem gefällt, weil man es zu ähnlich und zu wenig geschmeichelt finden wird.«6
»Betrachtungen oder Moralische Maximen« – diese Formulierung zeigt einen Gegensatz auf. Moral beinhaltet eine normative Komponente, sie sagt, was gut und was schlecht ist, wie man sich verhalten soll. Ganz im Gegensatz zu Betrachtungen, die, wenn das primäre Betrachten, also das Beobachten, die Wahrnehmung durch Augenschein gemeint ist, nur den Ist-Zustand wiedergeben, nicht aber das Sollen.7 Erst wenn man an Betrachtungen im weiteren Sinne denkt, das Nachdenken über einen Ist-Zustand, können auch normative, moralische Aspekte mit auftauchen.
Wie verhält es sich damit bei La Rochefoucauld? Das soll ein Blick auf drei der ...

Inhaltsverzeichnis

  1. Cover
  2. Verlag
  3. Benutzerhinweise
  4. Rainer Erlinger
  5. »Warum ich (k)ein Moralist bin«
  6. Über den Autor
  7. Impressum