Korruption
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Korruption

Wenn Eigennutz vor Gemeinwohl steht

  1. 112 Seiten
  2. German
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Korruption

Wenn Eigennutz vor Gemeinwohl steht

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Über dieses Buch

Korruption ist ein weltweites Problem, auch bei uns. Lukrative Aufträge, Genehmigungen oder Pässe werden mit Geld erschlichen. Der Schaden für die Volkswirtschaft und den Rechtsstaat ist immens, die Gerechtigkeit bleibt auf der Strecke. Ein Betriebswirtschaftler und ein Menschenrechtler erklären, warum Korruption uns allen schadet, was die christliche Ethik dazu sagt, und was man dagegen tun kann.

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Information

Jahr
2014
ISBN
9783775172271
I.Asoziale Marktwirtschaft

1. Einführung ins Thema

In Bayern spricht man von Amigos, in Köln vom Klüngel, in der Schweiz von Vetterliwirtschaft. Man spricht von Schmieren, Schieben, Salben, Ölen, Versorgen, Gefallen einfordern, davon, dass eine Hand die andere wäscht, und von parasitären Strukturen. Das klingt dabei allerdings oft eher verharmlosend. Korruption ist aber kein privates Problem und kein Kavaliersdelikt. Korruption kann töten, etwa wenn minderwertige Ersatzteile in Flugzeuge eingebaut werden, Entwicklungsgelder für Hungernde privat abgezweigt werden oder die Trinkwasserversorgung deswegen überteuert ist und Arme sie sich deswegen nicht leisten können. Von Korruption sind alle oder wenigstens sehr viele betroffen, auch wenn sie es meist nicht unmittelbar merken oder wissen. Alle sind davon betroffen, weltweit aber am meisten die Ärmsten der Armen, etwa wenn entscheidendes Geld für Trinkwasser, Nahrung, medizinische Versorgung und Bildung fehlt.
Die Weltbank schätzt, dass jedes Jahr mehr als eine Billion Dollar in korrupte Kanäle fließen. Die Beseitigung der extremsten Armut (Menschen, die von weniger als 1,25 US-Dollar am Tag leben) würde geschätzte 60 Milliarden US-Dollar pro Jahr kosten. Bei industriellen Großprojekten munkelt man selbst innerhalb von Deutschland, Österreich und der Schweiz von drei Prozent des Auftragswertes als Schmiergeldsumme. Internationale Manager gehen davon aus, dass Korruption die Projektkosten im Schnitt um zehn Prozent erhöht, es können aber auch bis zu 25 Prozent sein.
Immer neue Sensationsartikel und Prozesse bringen es an den Tag: Korruption und Bestechlichkeit greifen auch in den deutschsprachigen Ländern immer mehr um sich, im kleinen, im mittleren wie im ganz großen Bereich. Wie weit das gehen kann, zeigt das Beispiel, dass Rainer Barzels Kanzlerschaft wohl beim Misstrauensvotum im Deutschen Bundestag scheiterte, weil sich zwei CDU-Abgeordnete von der DDR hatten kaufen lassen – die Wende und die deutsche Wiedervereinigung brachten es ans Licht. »Noch in den 1980er-Jahren galt Korruption vornehmlich als ein nationales Problem der weniger entwickelten Staaten.«1 Dann erschütterte die Flick-Affäre die Republik.
Was uns einst nur aus dem globalen Süden oder aus Italien bekannt zu sein schien, wird mehr und mehr auch bei uns alltäglich. Der unbestechliche Beamte, einst Leitbild preußischer Disziplin, wird seltener und ist nicht mehr Leitbild etwa für Ausbildung oder Auswahlverfahren. Wenn auch die Richterschaft in Deutschland, Österreich und der Schweiz selbst noch weitgehend von Bestechungsfällen verschont geblieben ist, greift das »Schmieren« etwa bei Botschaften, bei Zoll und Polizei, in Behörden und Aufsichtsgremien immer mehr um sich, um vom Bereich der Wirtschaft einmal gar nicht zu sprechen.
Sicher gibt es auch gute Zeichen. So geben laut Eurobarometer statistisch gesehen null Prozent der Deutschen an, sie hätten mit Bestechung von Polizisten Erfahrung (in Österreich sind es zwei Prozent, die Schweiz wird nicht erfasst). In Lettland liegt die Zahl innerhalb der EU mit acht Prozent am höchsten.2 Aber leider stehen auf der anderen Seite auch in Deutschland Korruptionsaffären, die die Spitzen des Staates involvieren.
Die CDU-Spendenaffäre rund um das Jahr 1991 wurde 1999 aufgedeckt und erreichte schließlich auch den früheren Bundeskanzler Helmut Kohl, der 2000 als CDU-Ehrenvorsitzender zurücktrat. Er hatte sich zwar nicht persönlich bereichert, aber der CDU schwarze Gelder zukommen lassen, und verschweigt bis heute die Namen der Geber beharrlich. Sein Nachfolger als CDU-Vorsitzender, Wolfgang Schäuble, stolperte kurz darauf darüber, dass er fälschlich behauptete, er habe von alldem nichts gewusst.
Bundeskanzler Gerhard Schröder peitschte 2005 kurz vor seiner Abwahl die russische Ostsee-Gaspipeline durch, gab nach der Wahl – als er nur noch geschäftsführend im Amt war – unter Ausschluss der Öffentlichkeit einen großzügig ausgestatteten Milliardenkredit zum Bau einer Gaspipeline von Russland nach Deutschland (der dann jedoch nicht in Anspruch genommen wurde). Er erhielt wenige Wochen nach der Wahl von Wladimir Putin ein lukratives Aufsichtsmandat als Vorsitzender der Aktionärsversammlung der Pipelinegesellschaft North Stream AG, einer 51-prozentigen Tochter des russischen Staatskonzerns Gazprom. Außer medialem Naserümpfen geschah nicht viel. Bis heute sind Schröder und Putin enge Freunde. Immerhin dürfte Angela Merkel ihre fast triumphale Wiederwahl auch dem Umstand zu verdanken haben, dass sie nach Kohl und Schröder das mächtigste Amt in Deutschland offensichtlich von privater Vorteilsnahme – und sei es nur ein aufwendiger Lebensstil – frei hält. Die Vorgänge um Christian Wulff zeigen aber auch, wie sensibel die Öffentlichkeit in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern reagiert.
Bis zur Finanzkrise galt die Umgehung von Gesetzen, Regeln und Moral zum eigenen Vorteil sehr vielen Bundesbürgern als pfiffig und verständlich. Mit der Finanzkrise wurde aber offensichtlich, dass einige wenige unmoralisch Handelnde Millionen, ja Milliarden Menschen in ihrer Existenz gefährden können. Ein Mensch hat vielleicht eine Jacht mehr – meist am Ende noch nicht einmal das –, aber Millionen können plötzlich die Lebensmittelpreise nicht mehr bezahlen oder in der westlichen Welt ihr Haus nicht mehr abbezahlen.
Zwei ganz unterschiedliche Erfahrungen und Ereignisse waren für mich (Thomas) persönlich ein Einstieg in das Thema Korruption. 1979 war mein Rückflug von Jakarta, der Hauptstadt Indonesiens, ordentlich gebucht, bezahlt und bestätigt, ebenso der meiner Begleitperson. Als wir einchecken wollten, erfuhren wir, alle Plätze seien besetzt. Alle Proteste fruchteten nichts und so verbrachten wir eine unangenehme Woche des Wartens mitten in der Regenzeit. Zum Glück stellten uns Freunde eine Übernachtungsmöglichkeit zur Verfügung. Tag für Tag dasselbe: Alle Plätze waren belegt. Schließlich klärte mich mein im Land lebender Schwager auf: Beim Einchecken hat der Tisch zwei Ebenen. Oben legt man das Flugticket hin, darunter das Geschenk. Im Nu hatten wir unsere Plätze. Die Schalterbeamten erhalten von vornherein ein geringes Gehalt, weil sie es ja sowieso durch Korruption aufbessern – Garantie für einen fast endlosen Kreislauf. War es richtig – zumal als »fromme« Christen –, das erwartete Geschenk zu geben, oder hätten wir auf unbestimmte Zeit in Indonesien bleiben müssen? Heute gäbe es in Indonesien immerhin Stellen, wo man sich beschweren kann.
Das war vor 35 Jahren und wir waren froh, wieder im »verlässlichen«, vermeintlich korruptionsfreien Deutschland zu sein. Kurz darauf schrieb ich (Thomas) – damals noch Student – als Volontär einen Zeitungsartikel darüber, wie leicht es sei, an bestimmten Schulen meines Wohnortes Drogen zu erhalten. Zudem wüsste jeder, dass Drogenrazzien erfolglos seien, weil vorher immer eine Warnung erfolge. Kurz darauf wurde ich vom Drogendezernenten vorgeladen, der mich zwingen wollte, meine Quellen preiszugeben, und mich nicht wie einen Zeugen behandelte, sondern wie einen Verbrecher. Ich hatte das Empfinden, dass er selbst abhängig sei, und ahnte, dass er selbst die undichte Quelle war. Jedenfalls erstattete ich in meiner Ahnungslosigkeit umgehend Anzeige beim Landeskriminalamt, das mich dann intensiv über das Verhör verhörte. Einige Wochen später wurde der Drogendezernent zur Verkehrsschule versetzt – mehr habe ich nie erfahren. Diese beiden unterschiedlichen Ereignisse waren jedenfalls mein Einstieg in die Thematik.
Wir haben uns als Menschenrechtler das Thema Korruption vorgenommen, weil Korruption nicht nur selbst direkt Menschenrechte verletzt und nicht nur Menschenrechte verletzt werden, um Korruption zu verschleiern, sondern weil ein erheblicher Teil der Menschenrechtsverletzung erst durch Korruption ermöglicht wird oder die Strafverfolgung bei Menschenrechtsverletzungen wegen korrupter Justiz nicht funktioniert.
Der Vater des Pietismus, dem wir uns zurechnen, Philipp Jakob Spener (1635–1705), schrieb 1675 in seiner Hauptschrift »Pia Desideria« (»Fromme Wünsche«), wie schrecklich es sei, dass selbst Christen sich durch Korruption »Vorteile« verschafften, die »dem Nebenmenschen … beschwerlich sind, ja ihn gar unterdrücken und aussaugen«. Die alttestamentlichen Propheten sahen in der Bekämpfung von Korruption und Habgier den besten Weg zum Schutz der Armen und Rechtlosen. Dem können wir uns nur anschließen.
Drei Vorbemerkungen seien noch gemacht:
1. Ich, David, habe unter anderem in Polen studiert und habe Geschäftsbeziehungen zu China und Korea. Ich, Thomas, habe eine Professur in Rumänien und eine in Indien und kenne beide Länder gut. All dies sind Länder, in denen Korruption weit verbreitet ist, wenn auch in jedem Land wieder anders gelagert.
2. Mehr als die Hälfte der Beispiele stammen aus Deutschland, Österreich und der deutschsprachigen Schweiz, also den Herkunftsländern unserer deutschsprachigen Leser. (Liechtenstein haben wir nicht berücksichtigt.) Wir haben diese Beispiele jeweils durch einen kleinen kursiven Vorsatz gekennzeichnet, sodass man sie gut vom restlichen Text unterscheiden kann.
3. Bei den konkreten Beispielen, die wir anführen, handelt es sich in der Regel um Fälle, wo es zu rechtmäßigen Verurteilungen kam und die deswegen offengelegt wurden. Deswegen liegen etliche der Fälle schon einige Jahre zurück.

2. Macht, Machtmissbrauch, Gewaltenteilung

Wer kontrolliert die Macht?

»Macht korrumpiert, absolute Macht korrumpiert absolut.«3 Dies ist ein verkürzter Ausspruch des britischen Historikers Lord Acton (1834–1902) vor 150 Jahren. Acton glaubte als Christ, dass Menschen böse sind und man niemand wirklich trauen kann: »Mein Dogma ist die generelle Bosheit der Menschen mit Autorität.«4 Deswegen müsse Macht geteilt, zeitlich beschränkt und kontrolliert werden. Seit dem 17. Jahrhundert war aus der Lehre von der Erbsünde immer stärker die politische Lehre von der Gewaltenteilung gefolgert worden, die sich bis zu Johannes Calvin (1509–1564) zurückverfolgen lässt. Es wird heute oft vergessen, dass die Gewaltenteilung wesentlich der Korruptionsbekämpfung dienen sollte.
Man muss also nicht warten, bis im Einzelfall jemand korrupt wird, sondern alle Systeme von vornherein so anlegen, dass sie mit Korruption rechnen und ihr von Anfang an wehren. Sicher, viele Menschen sind nicht korrupt, aber sie werden sich an solchen Präventionsmaßnahmen, Überprüfungen und Strafen nicht stören. Alle anderen aber sollten von Anfang an wissen, dass Korruption erwartet und deswegen von vornherein konsequent angegangen wird.
Habgier macht korrupt, wenn sie mit Macht gekoppelt ist, andere auszubeuten und sich unrechtmäßige Vorteile zu verschaffen. Habgierige und korrupte Einstellungen führen zu korruptem Verhalten, die wiederum korrupter machen und den ganzen Charakter zerstören. Der Erfolg schreit nach Wiederholung, die Hemmschwellen fallen, nicht nur in Bezug auf die Korruption selbst. Die Notwendigkeit der Gewaltenteilung gilt nicht nur für die Politik, sondern für alle Lebensbereiche. Wo einzelne Konzerne wie Google zu mächtig werden und ihre Macht nicht mehr teilen müssen, sind Machtmissbrauch, Manipulation und Korruption in großem Stil die Folge.
Macht spielt in allen Formen des menschlichen Zusammenlebens eine zentrale Rolle. Ohne Macht lässt sich nichts organisieren, gestalten und zum Guten verändern. Aber Macht bedeutet immer auch, dass man die Handlungsmöglichkeiten eines anderen beschränkt. Um der Freiheit der Menschen willen darf dies nur geschehen, wenn es unvermeidlich, durchdacht und begründet und zum Nutzen aller geschieht. Macht darf nicht dazu da sein, auf Kosten der Freiheit anderer egoistische Interessen zu verfolgen.
»Ob Macht konstruktiv oder destruktiv wirkt, hängt entscheidend davon ab, ob sie, wie der Individualpsychologe Fritz Künkel (1889–1956) unterschieden hat, ›sachbezogen‹ oder ›ichhaft‹ eingesetzt wird. ›Sachbezogen‹ ist der Einsatz von Macht dann, wenn die dahinterstehende Intention gemeinschaftsfördernd ist, also etwa, wenn es darum geht, etwas aufzubauen, Entwicklungen voranzubringen, Ideen zu verwirklichen, aber auch, etwas Wertvolles zu verteidigen. Dagegen ist er ›ichhaft‹, wenn die Intention gegen die Gemeinschaft gerichtet ist – also etwa, wenn sie benutzt wird, um sich über andere zu stellen, andere klein zu machen, Wertvolles zu zerstören. Die Umgebung spürt diesen Unterschied sofort und reagiert darauf. Konstruktive Machtausübung wird oftmals kaum wahrgenommen, oder sie wird als eine ›wohlwollend ordnende Hand‹ empfunden und begrüßt. Der entwertende Charakter der ichhaften Machtausübung hingegen polarisiert Unternehmen.«5

Korruption – Beispiele aus Deutschland, Österreich und der Schweiz

Hier einige kleine und ganz große Beispiele für Korruption quer durch die deutschsprachigen Länder.
Beispiel Berlin/Dresden – Amtliche Dokumente: In Berlin mussten jüngst 2000 Menschen ihren Führerschein zurückgeben und neu erwerben, da jahrelang TÜV-Mitarbeiter Fahrschülern gegen Bares bei den mündlichen Prüfungen halfen. In Dresden besorgte...

Inhaltsverzeichnis

  1. Umschlag
  2. Titel
  3. Impressum
  4. Inhaltsverzeichnis
  5. Kurz und bündig …
  6. I. Asoziale Marktwirtschaft
  7. II. Korruption: Folgen, Rechtslage, Bekämpfung
  8. III. Korruption – Sicht der Bibel
  9. IV. Ratschläge und weiterführende Literatur
  10. Weitere Titel aus der Reihe »kurz und bündig«