Selbst wenn du mich vergisst
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Selbst wenn du mich vergisst

Mein Eheglück mit einem Mann ohne Kurzzeitgedächtnis

  1. 352 Seiten
  2. German
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  4. Über iOS und Android verfügbar
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Selbst wenn du mich vergisst

Mein Eheglück mit einem Mann ohne Kurzzeitgedächtnis

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Über dieses Buch

Nach einer Tumoroperation verliert Laura Storys Mann sein Kurzzeitgedächtnis. Zwar kennt er seine Frau, doch weiß er nicht, dass sie verheiratet sind. Täglich stellt er dieselben Fragen und muss alles neu lernen. Alltägliche Dinge sind unmöglich – Filmabende, Gespräche über Vorträge und Erlebnisse. Ihr Leben ist vom Verzicht geprägt. Doch Laura gibt nicht auf und kämpft für ihren Mann, ihre Ehe und ihren Alltag. Dabei begegnet sie Gott in ihren Fragen, Zweifeln und Tälern, und findet so zu einer engeren Beziehung mit Jesus. Mit Gottes Hilfe wagen die beiden schließlich, eine Familie zu gründen. Die packende Geschichte, die all jenen Mut macht, die mit zerplatzten Träumen leben müssen.

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Information

Jahr
2018
ISBN
9783775174107

1.

Unerwartete Anrufe

Der Anruf, der mein ganzes Leben veränderte, erreichte mich an einem Tag im Februar 2006 um die Mittagszeit. Ich war mit zwei meiner Kollegen auf einer christlichen Konferenz in St. Louis. Sie saßen auf den vorderen Sitzen unseres Mietwagens, ich auf dem Rücksitz. Das Radio lief. Wir waren gerade auf dem Weg zu einem Panera-Schnellrestaurant, um dort zu Mittag zu essen. Als ich mein Handy einschaltete, war auf meiner Mailbox eine Nachricht von meinem Mann Martin. Ich rief ihn zurück. Was er mir zu berichten hatte, sollte unser Leben und das Leben der Menschen, die uns am nächsten standen, dramatisch verändern.
Wir alle sind oft nur einen Anruf von etwas entfernt, das unser ganzes Leben verändert: Von einem Testergebnis, einer Affäre, dem Tod eines geliebten Menschen, dem Verlust unseres Jobs oder tausend anderen möglichen Geschehnissen, die unsere Hoffnung in Scherben zerspringen lassen. In solchen Momenten denken wir, dass das Leben, wie wir es bisher kannten, vorüber ist. Die Wahrheit ist, dass nur gerade ein Leben begonnen hat, das wir bisher noch nicht kannten.
Im Sommer 2005 waren Martin und ich ein Jahr verheiratet. Wir wohnten mietfrei in Greenville in South Carolina ganz in der Nähe einer Gemeinde, in der wir den Sommer über arbeiteten. Wir hatten gerade erst unsere Sachen zusammengepackt und unser Haus verkauft, weil wir vorhatten, im Herbst nach Savannah in Georgia zu ziehen, damit Martin dort das SCAD – das Savannah College of Art and Designbesuchen konnte. Martin war jahrelang der Campusdirektor eines Collegedienstes gewesen und hatte dort eine Bibelschule geleitet. Außerdem arbeitete er in den Bereichen Grafikdesign und Webentwicklung für das Wofford College. Ich hatte die Bibelschule abgeschlossen und machte ein bisschen Musik, engagierte mich in verschiedenen Diensten und half Martin bei der Bibelschule, wovon nichts besonders gut bezahlt wurde. Wir planten, uns in Savannah Jobs zu suchen und – sobald Martin das College abgeschlossen hatte – wieder in die Nähe unserer Eltern nach Spartanburg zu ziehen. Der Collegeabschluss würde es Martin ermöglichen, einen gut bezahlten Job als Grafikdesigner zu finden, sodass ich zu Hause bleiben und mich um die Kinder kümmern konnte, die wir eines Tages haben wollten. Das war unser Plan für ein perfektes Leben.
Dieser wurde zum ersten Mal durchkreuzt, als Martins Freund John Roland uns aus Atlanta anrief. »Hey, ich weiß, das ist verrückt«, sagte John zu Martin, »aber wenn ihr bereit wärt, nach Atlanta zu ziehen, hätte ich in meiner Gemeinde einen Job für Laura.«
John arbeitete in der Perimeter-Gemeinde im nördlichen Randbezirk Atlantas. Die Gemeinde suchte einen Lobpreisleiter. Darüber hinaus teilte John uns mit, dass das SCAD in Atlanta vor Kurzem einen neuen Campus eröffnet hatte. Wenn wir nach Atlanta ziehen würden, könnte Martin sein Studium dort fortsetzen und ich hätte einen Job. Zuletzt hatte ich in einem mexikanischen Restaurant in einer Bluegrass-Band Bass gespielt. Mit anderen Worten: Ich besaß keine herausragenden Fähigkeiten, und ein Job in der Gemeinde in Atlanta hörte sich deutlich besser an als ein Job als Kellnerin in Savannah.
Martin reichte mir das Telefon.
»Erzähl mir mehr über den Job«, sagte ich.
John erklärte mir, welche Aufgaben auf mich zukämen. Zu diesen gehörte die Auswahl der Lieder für die Gottesdienste, die Koordination der ehrenamtlichen Mitarbeiter und die Ausbildung von Mitgliedern für das Lobpreisteam. All das hatte ich noch nie gemacht. Natürlich hatte ich Musik als Hauptfach gehabt und in einer Tourband, die auf Freizeiten und Jugendveranstaltungen auftrat, Bass gespielt, aber ich sang grundsätzlich nur, wenn ich keine andere Wahl hatte, weil unsere Sängerin uns verlassen hatte oder krank geworden war. Außerdem wusste ich nichts darüber, wie man den Lobpreis in einer Gemeinde leitet.
»Und die Gemeinde sucht jemanden, der Lobpreislieder schreiben kann«, fuhr John fort.
Deshalb rief John mich also an! Um zu vermeiden, dass wir bei unseren Auftritten Gebühren für gecoverte Titel bezahlen mussten, war jeder in unserer Band dazu angehalten, Lieder zu schreiben. Auch ich hatte ein paar geschrieben, einschließlich eines mit dem Titel »Indescribable« (deutscher Titel: Von den Gipfeln der Welt). Ein Jahr zuvor hatte mich ein leitender Angestellter einer Plattenfirma angerufen und mich gefragt, ob sie mein Lied auf der CD eines Lobpreisleiters aus Texas – einem Mann namens Chris Tomlin – veröffentlichen durften. Ich stimmte zu und Tomlins Label brachte »Indescribable« als Single heraus. Neuerdings wurde das Lied häufig im Radio gespielt.
Außer meinen Freunden, meiner Familie und John wusste niemand, dass dieses Lied aus der Feder des blonden Mädchens stammte, das donnerstags in dem mexikanischen Restaurant Bass spielte. Bis es von irgendjemandem als Lobpreislied bezeichnet wurde, hatte ich es aufgrund der vielen fünfsilbigen Wörter im Refrain nicht einmal als solches betrachtet. Aber ganz gleich, wie gut das Lied ankam, qualifizierten mich weder meine Fähigkeiten als Komponistin noch die Tatsache, dass ich in einer Bluegrass-Band Bass spielte, dafür, in einer Gemeinde den Lobpreis zu leiten.
»John, ich habe ein paar Lieder geschrieben, aber wenn es um die Leitung des Lobpreises geht …«, begann ich in der festen Absicht, sein Angebot abzulehnen.
»Wir bieten ein festes Gehalt einschließlich Krankenversicherung«, fügte er hinzu.
»Moment mal – hast du Krankenversicherung gesagt?«, fragte ich.
»Ja, und eine Altersvorsorge.«
Ich war keine große Leuchte in Mathematik, aber ich brauchte nicht lange, um das Gehalt mit den zusätzlichen Vergünstigungen zu überschlagen und es mit dem zu vergleichen, was ich in dem mexikanischen Restaurant verdiente – nämlich nichts außer kostenlose Burritos sowie Chips und Salsa, so viel ich wollte.
»Wie ich schon sagte – wenn es um die Leitung des Lobpreises geht, bin ich sehr froh, dass du mich gefragt hast. Ich wäre begeistert, die Lobpreisleiterin eurer Gemeinde zu sein«, sagte ich.
Nachdem Martin und ich darüber gebetet hatten, stand fest, dass wir diesen Weg einschlagen würden. Martin würde in Atlanta aufs College gehen und ich würde im Herbst bei der Perimeter-Gemeinde anfangen.
Im Juni und Juli reisten Martin und ich einige Male nach Atlanta, um nach einer Wohnung zu suchen. Mein zukünftiger Chef Randy Schlichting – einer der Pastoren der Perimeter-Gemeinde – sowie die anderen Mitarbeiter taten alles, um uns das Gefühl zu geben, willkommen zu sein. Obwohl ich nicht wusste, wie meine zukünftige Aufgabe genau aussehen würde, konnte ich es kaum erwarten, damit anzufangen.
Zur selben Zeit war jedoch noch etwas anderes im Gange, von dem ich nicht wusste, ob ich mit jemandem darüber sprechen sollte. Der Juli ging vorüber, es wurde August und der 1. September, an dem ich meinen neuen Job antreten sollte, rückte näher, als mir plötzlich klar wurde, dass ich den Umzug nicht wie geplant durchführen konnte. Ich schloss die Tür des Gemeindebüros, in dem ich arbeitete, und wählte Randys Nummer. Wie immer, wenn ich ihn anrief, schien er sich zu freuen, von mir zu hören.
»Freust du dich schon darauf, zu uns zu kommen?«, fragte er.
»Ähm, ich muss mit dir reden«, stammelte ich, unsicher wie viel ich ihm erzählen sollte. »Ich weiß nicht, ob es wirklich das Beste ist, wenn Martin und ich nach Atlanta ziehen und ich diesen Job annehme.«
Seit einigen Monaten litt Martin unter ungewöhnlichen Symptomen. Er war vergesslicher als sonst. An manchen Tagen wollte er nichts anderes tun als schlafen. Dann gab es wieder Tage, an denen er überhaupt nicht schlief. Sein Herz raste, ihm brach der Schweiß aus und ihm wurde übel, als hätte er eine Panikattacke. Die Symptome hatten im März begonnen und dann wieder nachgelassen, doch im August waren sie zurückgekehrt. Obwohl wir vier verschiedene Ärzte aufgesucht hatten, konnte keiner von ihnen feststellen, was die Ursache dieser Symptome war.
Ich machte eine Pause, während ich nach den richtigen Worten suchte. »Mit meinem Mann stimmt etwas nicht. Wir wissen nicht, ob es körperlich, emotional oder psychisch bedingt ist. Wir wissen nur, dass irgendetwas nicht in Ordnung ist …«
Mehr konnte ich nicht sagen, weil Randy mich unterbrach: »Dann ist es das Beste, wenn ihr eure Sachen in einen Möbelwagen packt und direkt nach Atlanta kommt. Sobald ihr hier seid, werden wir veranlassen, dass dein Mann untersucht wird und man herausfindet, woran er leidet. Wir lassen euch nicht nur nach Atlanta kommen, damit du unsere Lobpreisleiterin sein kannst; wir lassen euch nach Atlanta kommen, weil ihr jetzt ein Teil der Perimeter-Gemeinde seid. Du und Martin kommt hierher und wir werden uns um eure Familie kümmern.«
»Okay, wir kommen«, sagte ich und legte auf. Während des Telefonats war es mir noch gelungen, meine Tränen zurückzuhalten, doch jetzt strömten sie meine Wangen hinab. Erschöpft ließ ich meinen Kopf gegen die Lehne meines Sessels sinken. Alles wird gut. Und das wurde es auch. Für eine Zeit lang.
Im August zogen wir nach Atlanta, ich trat meinen Job an und Martin begann mit der Schule. In unserer Ehe lief alles großartig, und mit dem Umzug schienen auch Martins Symptome zu verschwinden. Mein Job, meine Kollegen und die Menschen in der Perimeter-Gemeinde wuchsen mir sehr schnell ans Herz. Ich las Bücher darüber, wie man ein Lobpreisteam leitet, und verbrachte viel Zeit damit, von den Pastoren in der Gemeinde zu lernen. Dennoch gab es immer noch vieles, das ich nicht wusste. Die Leitung der Perimeter-Gemeinde erwies sich im Hinblick auf meine Ausbildung als sehr großzügig und regte mich dazu an, einige Konferenzen zu besuchen, die im kommenden Februar stattfinden sollten.
Dieser Sommer war der erste, den Martin und ich nicht mit unseren Eltern verbrachten, aber sie besuchten uns in Atlanta und wir reisten nach South Carolina, sooft es unser Zeitplan erlaubte. Als die Urlaubszeit vorüber war, war Martin ständig erschöpft. Zuerst glaubte ich, er würde nur zu viel arbeiten. Neben der Schule hatte er noch einen Job in einem Coffeeshop. Er ist nur müde, dachte ich. Doch schon bald schlief er während der Bibelschule oder, noch schlimmer, während der Gottesdienste ein. Das war mir sehr peinlich, und wenn wir am Sonntagnachmittag nach Hause kamen, ließ ich ihn das auch wissen.
»Ich weiß, dass du müde bist, aber du kannst doch nicht schlafen, während ich den Lobpreis leite, und schon gar nicht, während mein Chef predigt!«
Er entschuldigte sich und gelobte Besserung.
Dann begann dasselbe bei gesellschaftlichen Ereignissen. Wir waren bei jemandem eingeladen und er schlief ein, während der Gastgeber eine Geschichte erzählte. Einige Wochen später tauchte er auf einer Party nicht auf, weil er eingeschlafen war. Eines Abends hatten wir uns zum Abendessen verabredet und er kam nicht. Ich versuchte, ihn auf dem Handy zu erreichen. Als er sich schließlich meldete, sagte er: »Ich wollte mich nur zehn Minuten auf die Couch setzen, aber ich bin eingeschlafen.«
Ich war frustriert. »Wir wollten uns vor zwei Stunden treffen. Wenn du ein Nickerchen machen wolltest, warum hast du keinen Wecker gestellt?«
»Ich hatte nicht vor, ein Nickerchen zu machen. Ich bin einfach eingeschlafen.«
Nach diesem Abend lehnte ich alle Einladungen ab, weil ich es satt hatte, Entschuldigungen für ihn zu finden.
Als wir frisch verheiratet waren, erzählten wir uns jeden Abend, wenn wir im Bett lagen, gegenseitig von unserem Tag und beteten füreinander. Doch jetzt war Martin, kaum dass er im Bett lag, auch schon eingeschlafen. Ich erzählte ihm gerade noch, wie mein Tag verlaufen war, und dann hörte ich ihn auch schon schnarchen.
»Martin! Du hörst mir überhaupt nicht zu!«, sagte ich und stieß ihn an.
»Es tut mir leid. Es tut mir so leid. Bitte erzähl es mir noch einmal.«
Aber noch bevor ich ein Wort sagen konnte, schnarchte er schon wieder.
Martin war immer ein tatkräftiger Mensch gewesen, der vor Energie strotzte. Er war Sportler, erhielt als Student für seine sportlichen Leistungen eine hohe Auszeichnung und bekam dadurch ein akademisches Stipendium für das College. Ich konnte mich an keine Zeit erinnern, in der er nicht hart gearbeitet hatte. Aber jetzt erkannte ich ihn nicht wieder.
Gelegentlich sprach ich mit einem engen Freund oder einem Familienmitglied darüber, dass Martin nicht mehr derselbe war wie vor unserer Hochzeit. »Er schläft ständig«, klagte ich. »Ich bitte ihn um eine Kleinigkeit, wie die Spülmaschine auszuräumen, und am nächsten Morgen sagt er mir, dass er es vergessen hat. Letzten Sonntag ist er eingeschlafen, während er sich ein Fußballspiel angesehen hat!« Dann lachten sie und sagten etwas wie: »So sind die Männer.«
Aber Martin war noch nie wie andere Männer gewesen. In seinem ersten Semester am SCAD hatte er in allen Fächern mit »sehr gut« abgeschlossen. Aber jetzt hatte er zu kämpfen. Wenn er gegen acht von seinem Job in dem Coffeeshop nach Hause kam, fing er an, seine Hausarbeiten zu machen, und schlief am Tisch ein. Bald blieb ich nachts auf und drängte ihm eine Tasse Kaffee nach der anderen auf, während ich ihm half, sich auf seine Prüfungen vorzubereiten. Aber nichts, was ich tat, konnte ihn wachhalten. Schließlich bekam er erst für seine Arbeiten und dann auch in den Prüfungen ein »Ungenügend«. Er versagte nicht nur in seinen Kursen; er versagte auch im Leben.
Mein Vater und mein Bruder nahmen ihn einmal mit zum Skifahren. Als sie zurückkamen, sagte mein Vater: »Martin ist im Skilift eingeschlafen.«
Es passierten noch mehr seltsame Dinge. Martin war 24 Jahre alt, aber er hatte nochmals einen Wachstumsschub. Innerhalb von neun Monaten wuchs er um 3,8 Zentimeter. Wir hatten in South Carolina vier Ärzte aufgesucht und auch mein Vater war Arzt. Aber keiner von ihnen hatte etwas feststellen können. Martin war einmal scharfsinnig und schnell gewesen, doch jetzt war er lethargisch. Das fiel auch einigen von unseren Freunden auf, die ihre ganz eigene Erklärung dafür hatten.
»Er ist nur faul«, sagte ein Mann.
»Er braucht Seelsorge«, sagte eine der Frauen.
Eines Tages zog mich jemand aus der Gemeinde zur Seite und sagte: »Ich weiß, ihr seid erst seit Kurzem verheiratet und niemand, der frisch verheiratet ist, möchte das hören, aber ich glaube, dein Mann könnte unter einer Geisteskrankheit leiden.«
Bevor wir nach Atlanta zogen, hatte ich einem oder zwei engen Freunden von Martins früheren Symptomen erzählt. Sie versuchten, mich mit Geschichten aus ihrem Umfeld zu trösten. »Das hört sich an wie der Mann meiner Schwester. Er leidet unter Schizophrenie!« Oder: »Ich habe einen Freund, bei dessen Vater eine manisch-depressive Erkrankung diagnostiziert wurde!« Schließlich dachte ich, Martin könnte vielleicht wirklich eine psychische Erkrankung haben, und der Gedanke ängstigte mich.
Die Perimeter-Gemeinde ist sehr groß und verfügt über einen enormen Seelsorgedienst. Wir wussten nicht, was es war, was Martin brauchte – Hilfe, um seine Faulheit zu überwinden, Seelsorge oder gar ärztliche Behandlung –, aber schließlich kamen wir überein, dass wir mit jemandem reden mussten. Martin wusste, dass etwas nicht in Ordnung war, und war ziemlich beunruhigt. Wir beide machten uns langsam Sorgen, dass er Depressionen haben könnte. Der Psychologe Clay Coffee stellte Martin eineinhalb Stunden lang Fragen, während ich mich auf das Schlimmste gefasst machte. Aber Clay kam zu dem Schluss, dass Martin nicht an einer Geisteskrankheit litt.
»Ich glaube, es ist ganz einfach«, sagte Clay. »Du bist deprimiert, weil du nicht wach bleiben kannst und Schwierigkeiten hast, dir Dinge zu merken. Ich weiß, du erwartest, dass ich dir jetzt sage, dass es ein me...

Inhaltsverzeichnis

  1. Umschlag
  2. Haupttitel
  3. Impressum
  4. Widmung
  5. Zitat
  6. Inhalt
  7. 1. Unerwartete Anrufe
  8. 2. Eine innere Begegnung in der äußeren Mongolei
  9. 3. Wenn Gott nicht tut, worum wir ihn bitten
  10. 4. Sei nicht überrascht, wenn sich Schwierigkeiten auftun
  11. 5. Komplikationen
  12. 6. Durchkreuzte Pläne
  13. 7. Gemeinde in Aktion
  14. 8. Ein neues Leben
  15. 9. Neuer Kummer
  16. 10. Warum?
  17. 11. Zwiespältige Gefühle
  18. 12. Die Furcht, verwundbar zu sein
  19. 13. Du brauchst nicht alle Antworten
  20. 14. Lass Gott deine Geschichte gebrauchen
  21. 15. Sehnsüchte
  22. 16. Auferstandene Träume
  23. 17. Der Segen von »Blessings«
  24. 18. Überreicher Segen
  25. 19. Eine bessere Zerbrochenheit
  26. 20. Geliebtes Durcheinander
  27. Danksagung
  28. Vergiss nicht!
  29. Über die Autorin
  30. Leseempfehlungen