Hilfe, Jesus, ich bin Jude
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Hilfe, Jesus, ich bin Jude

Ein Leben zwischen den Welten

  1. 240 Seiten
  2. German
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Hilfe, Jesus, ich bin Jude

Ein Leben zwischen den Welten

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Inhaltsverzeichnis
Quellenangaben

Über dieses Buch

Anatoli Uschormirski wird 1959 in Kiew geboren und wächst als Sohn jüdischer Eltern in der Ukraine auf. Als Jugendlicher beginnt er die Geschichte seiner Familie und seiner jüdischen Herkunft zu erforschen und macht eine furchtbare Entdeckung: Verschleiert als "Umsiedlungsmaßnahme" wurden 1941 alle sich in Kiew befindenden Juden aufgefordert, sich in Babi Jar einzufinden, einer Schlucht nahe Kiew. In einem grausamen Massaker wurden binnen weniger Tage 33.771 Juden hingerichtet - darunter auch einige von Anatolis Verwandten. Er beginnt die Deutschen zu hassen, bis ein Ereignis sein Leben verändert. Dadurch findet er zu seiner jüdischen Identität - und zum Glauben an den Messias Jesus. Heute lebt er selbst in Deutschland und setzt sich für Versöhnung zwischen Deutschen und Juden ein. Die spannende Biografie eines beeindruckenden Lebens.Inklusive 16-seitigem Bildteil

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Information

Jahr
2016
ISBN
9783775173261

ANHANG ZU VERSCHIEDENEN THEMEN

Die Bibel zur Frage des Generationenfluchs

Oft wird folgende Bibelstelle zitiert, um zu zeigen, dass der Fluch von Generationen auf uns lastet: »Ich bin der Herr, dein Gott, der dich aus der Sklaverei in Ägypten befreit hat. Du sollst außer mir keine anderen Götter haben. Du sollst dir kein Götzenbild anfertigen von etwas, das im Himmel, auf der Erde oder im Wasser unter der Erde ist. Du sollst sie weder verehren noch dich vor ihnen zu Boden werfen, denn ich, der Herr, dein Gott, bin ein eifersüchtiger Gott! Ich lasse die Sünden derer, die mich hassen, nicht ungestraft, sondern ich strafe die Kinder für die Sünden ihrer Eltern bis in die dritte und vierte Generation. Denen aber, die mich lieben und meine Gebote befolgen, werde ich bis in die tausendste Generation gnädig sein.« (2. Mose 20,2-6)
Ich denke, wir dürfen die Worte über die Strafe für die Kinder für die Sünden ihrer Eltern nicht auf die Menschen beziehen, die aufrichtig ihre Sünden bekannt und Vergebung erlangt haben. In diesen Versen geht es vor allem um die Strafe ungläubiger Kinder, deren Eltern es nicht gelungen ist, sie im Glauben zu erziehen. Diese Kinder sind ihrer Überzeugung nach in ihrer Gottlosigkeit geblieben. Aber diese Bibelstelle sagt nichts darüber, was passiert, wenn der Nachkomme eines Gottlosen sich bekehrt, Buße tut und nach Gottes Geboten lebt. Meines Erachtens wird die Strafe Gottes, die über einer solchen Person hängt, in dem Moment aufhören, und der Segen Gottes wird das Leben solcher Menschen begleiten.
Man muss nur bedenken, wie hoch die Teschuwa (Umkehr) im Judentum geachtet wird. Rabbi Awahu hat gesagt: »An einem Ort, da Umkehrende stehen, können vollkommen Bewährte nicht stehen, denn es heißt: ›Frieden, Frieden, den Fernen und den Nahen, denn ich werde mein Volk heilen‹, spricht der Herr«36 (Jesaja 57,19), also dem Fernen zuerst und dann erst dem Nahen. Das bedeutet, dass der Mensch, der eine Bekehrung erlebt hat, höher geschätzt wird als ein Gerechter. Man muss verstehen, dass in der jüdischen Tradition die Teschuwa als Dimension betrachtet wird, die Gott vor Anbeginn der Welt geschaffen hat.
Wir haben hier nicht genug Platz, um längere Bibelzitate aufzuführen. Lesen Sie bitte aufmerksam Hesekiel 18,5-21. Das ist dasselbe Thema! Höchstwahrscheinlich war die Lehre über den Generationenfluch zu einer Tradition im damaligen Israel geworden.
Der Prophet Hesekiel spricht ganz klar darüber, dass die Strafe in dem Moment aufhört, wenn der Nachkomme des Gottlosen eine Teschuwa macht, also umkehrt. Und umgekehrt, wenn der gottlose Sohn nichts von Gott und seinen Geboten hören will, dann beginnt der Fluch seine Wirkung in seinem Leben. Gott hat es mit Personen zu tun und achtet auf die Entscheidung des Einzelnen.
Auch bestätigt die Schrift, dass ein solches Prinzip auch Teil des Neuen Bundes ist. »Man wird dann auch nicht mehr sagen: ›Die Eltern essen unreife Trauben und die Kinder bekommen davon stumpfe Zähne.‹ Nein, jeder wird nur für die bösen Taten bestraft werden, die er selbst begangen hat – es sollen ausschließlich diejenigen stumpfe Zähne bekommen, die selbst die unreifen Trauben gegessen haben. ›Es wird der Tag kommen‹, spricht der Herr, ›an dem ich einen neuen Bund mit dem Volk Israel und mit dem Volk Juda schließen werde‹« (Jeremia 31,29-31).
Die Bibel berichtet uns von Menschen, die durch eine Teschuwa (Umkehr) einen solchen Generationenfluch zerstört haben, und zwar ohne spezielle Rituale und Austreibung von Dämonen. So lesen wir von der göttlichen Anordnung: »… Ammoniter oder Moabiter und ihre Nachkommen dürfen nicht einmal in der zehnten Generation in die Versammlung des Herrn aufgenommen werden; sie sollen nie aufgenommen werden« (5. Mose 23,4). Dann lesen wir im Buch Rut, wie eine Moabiterin durch ihre Umkehr und ihr Bekenntnis zum Gott Israels sogar in die Geschlechtsregister des Messias aufgenommen wurde. Sie wurde zur Urgroßmutter des Königs David. Und was für ein Generationenfluch lag auf ihrem Volk! Aber dieser Generationenfluch wurde durch ihre Teschuwa auf einmal zerstört.
Gott schenkt uns die Freiheit, unser Leben nach unserem eigenen Willen aufzubauen: »Heute dürft ihr wählen, ob ihr den Segen oder den Fluch wollt!« (5. Mose 11,26). Es hat sich nichts in diesem Sinne im Neuen Bund verändert: Gott achtet unsere Willensfreiheit. Wie einer von meinen geistlichen Lehrern sagte: »Im Paradies und in der Hölle werden nur freiwillige Menschen sein.«
Gott hat einen Willen und ist interessiert daran, dass Menschen umkehren. Er unterliegt keinen Gesetzen. Man muss ihn nicht mit bestimmten Ritualen besänftigen. Ein Gott, der selbst keinen Generationsfluch ohne Vorbedingung zerstören könnte, würde eher einem Gott gleichen, der sich einem Karma unterordnet. Doch der Gott Israels ist anders. Er hat genug Macht, um unsere Sünden zu vergeben. Er kann das Gesetz von Ursache und Wirkung brechen, sobald jemand umkehrt.
Einer der Freunde Hiobs, Elifas, hat diese Vorstellung von Gott. »Wenn Gott nicht einmal seinen Engeln vertraut und ihnen ihre Fehler vorhält, wie viel weniger wird er denen vertrauen, die in Lehmhäusern wohnen« (Hiob 4,18-19)! Der Gott, an den Elifas glaubt, ist launisch und despotisch. Solche Leute wie Elifas mussten sich von Gott korrigieren lassen: »Nachdem der Herr seine Rede an Hiob beendet hatte, sagte er zu Elifas aus Teman: ›Ich bin zornig auf dich und deine beiden Freunde, denn ihr habt nicht richtig von mir gesprochen, im Gegensatz zu meinem Diener Hiob‹« (Hiob 42,7).
Im Neuen Testament gibt es kein Programm aus fünf, sieben oder zehn Schritten, um geistliche Freiheit zu erlangen. Jesus sagt: »Ihr werdet die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch frei machen. Nur dann, wenn der Sohn euch frei macht, seid ihr wirklich frei« (Johannes 8,32.36). In Jesus haben wir die Befreiung von allen Flüchen, die auf uns lagen: »Doch Christus hat uns vom Fluch des Gesetzes gerettet; am Kreuz nahm er den Fluch auf sich. Denn in der Schrift heißt es: ›Verflucht ist jeder, der an einem Holz hängt‹« (Galater 3,13). Das ist die gute Nachricht: Wenn wir mit Jesus für die Sünde sterben, dann haben wir Macht über die Sünde. Selbstverständlich müssen wir mit der Sünde kämpfen und sie besiegen. Aber dieser Sieg erfolgt nicht durch Rituale oder Austreibung bestimmter Dämonen, sondern durch den Gehorsam dem Wort Gottes gegenüber und durch das Tun seines Willens.

Warum deuten Juden und Christen Jesaja 53 unterschiedlich?

Welche Messias-Erwartungen hatten die Juden? Gibt es überhaupt in der hebräischen Bibel Stellen, die auf den Messias hinweisen? Viele Christen würden zunächst Jesaja 53 nennen. Und Juden?
Im Volk Israel lebte die Erwartung nach einem Messias, der einmal das jüdische Volk und die ganze Welt erlösen würde. Diese Messiaserwartung wurde aus der Thora und später aus den Propheten konkretisiert. Die sogenannten »Gottesknechtlieder« aus dem Buch Jesaja wurden vom orthodoxen Mainstream als messianisch gedeutet. Später entstand als Antwort auf die christliche Botschaft eine andere Deutung dieser Jesaja-Stellen. Der dort beschriebene Knecht Gottes wurde als Volk Israel gedeutet. Allerdings waren die Meinungen bis ins späte Mittelalter gespalten.
Doch dann belagerten 1096 die Kreuzritter das jüdische Viertel in Worms. Der Bischof von Worms bot den Juden Schutz unter der Bedingung, dass sie sich taufen ließen. Fast alle Juden verzichteten auf dieses freundliche Angebot. 800 Juden wurden umgebracht. In Worms befand sich eine der größten jüdischen Jeschiwas (Hochschulen) der damaligen Zeit, die von der großen jüdischen Autorität Raschi (Rabbi Schlomo ben Jizchak) gegründet worden war. Seine Thorakommentare sind bis heute für orthodoxe Juden maßgebend.
Zu dieser Zeit lebte Raschi schon in Troyes (Frankreich), aber die Jeschiwa in Worms blieb sozusagen sein erstgeborenes Kind. Als Raschi von den Horden der Kreuzritter hörte, die die jüdischen Gemeinden im Rheintal plünderten, fielen ihm die Worte aus Jesaja 53,5 ein: »Doch wegen unserer Vergehen wurde er durchbohrt, wegen unserer Übertretungen zerschlagen. Er wurde gestraft, damit wir Frieden haben. Durch seine Wunden wurden wir geheilt!« Raschi sagte: »Das ist die Erfüllung von Jesaja 53. Unser Volk leidet wegen der Vergehen anderer Völker!« – Von da an war das die geläufigste Deutung des Gottesknechts im Buch Jesaja.
Wir sehen das heute anders. Im Gottesknecht sehen wir den Messias Jesus, der für die Sünden Israels (!) und für die Sünden der ganzen Welt gelitten hat. Aber wer von uns würde sich anmaßen und sagen: »Raschi lag damals falsch mit seiner Deutung!« Außerdem interpretiert die jüdische Exegese Texte ganz anders als die christliche. Es gibt im Judentum mehrere Möglichkeiten, eine Bibelstelle zu deuten. Und ist das Schicksal Jesu nicht in vielem dem Schicksal des jüdischen Volkes gleich?
Allein im Rheintal wurden in den ersten Monaten des ersten Kreuzzuges mehr als 12 000 Juden ermordet. Dann folgte die blutige Inquisition der römisch-katholischen Kirche. Im 13. Jahrhundert wurden Juden der Hostienschändung beschuldigt und galten als Verursacher des Schwarzen Todes, der Pest. Im 14. Jahrhundert kam diese schreckliche Epidemie nach Europa, die Millionen Opfer forderte. Es starben aber erstaunlich wenige Juden. Warum? In den scheinbar langweiligen Texten der Bibel, im dritten Buch Mose, stehen alle Reinheitsvorschriften, die Gott dem jüdischen Volk gab. Diese Hygienekultur wurde von ihnen seit Jahrhunderten befolgt und nach Europa gebracht. Am Ende nützte es ihnen doch nichts. Sie wurden beschuldigt, durch Vergiftung von Brunnen die Pest in ganz Europa verbreitet zu haben. Sie waren angeblich mit dem Teufel im Bunde! Dieser Gedanke setzte sich in den Köpfen und Herzen derer fest, die die Juden damals verfolgten. Zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges erreichte diese Verfolgung ihren Höhepunkt.
1492 wurde Spanien erneut katholisch und damit begann die größte Vertreibung der Juden im Mittelalter. Juden mussten entweder sterben oder Christen werden. Wer das nicht wollte, musste fliehen, ohne Geld, ohne Hoffnung, einfach ins Blaue. Es gereicht den modernen Katholiken zur Ehre, dass sich die katholische Kirche für all diese Verbrechen entschuldigt und darüber Buße getan hat. Die orthodoxe Kirche hielt es leider nicht für nötig, sich für die Verfolgung von Juden zu entschuldigen.

Zur Frage der »Fischer und Jäger«

Es gibt in der hebräischen Bibel viele prophetische Bücher. Manche endzeitlich geprägte Exegeten versuchen, aktuelle Weltereignisse anhand der biblischen Prophetie zu deuten. Manchmal klappt es, manchmal nicht. Diese Bemühungen werden oft als moderne Offenbarung gesehen. In Wirklichkeit erweisen sie sich als ein frommer Wunsch, um den eigenen Wünschen eine biblische Basis zu geben. Dies ist bei der Theorie über die »Fischer und Jäger« der Fall.
»Aliyah« ist ein hebräisches Wort, das ganz einfach »hinaufgehen« bedeutet. Gemeint ist damit die Rückkehr aller Juden ins Gelobte Land. Heute gibt es etwa 14 Millionen Juden auf der Welt. Die Hälfte von ihnen lebt in Israel. Die israelische Regierung plant, innerhalb der nächsten zehn Jahre eine weitere Million Juden nach Israel zu bringen. Vor der Gründung des Staates Israel war die Meinung, dass der Messias die zerstreuten Juden sammeln und ins Land zurückbringen würde, weit verbreitet. Heute gehen die Meinungen in diesem Punkt auseinander. Gemäß dem großen jüdischen Gelehrten Ramban bzw. Nachmanides (Rabbi Mosche Ben Nachman) ist das Leben im Land Israel so viel wert wie alle anderen Mitzvot (Gebote). Trotzdem leben viele Juden in Amerika und in westlichen Ländern und glauben, dass sie nicht nach Israel zurückkehren sollten, bis der Messias kommt.
Etliche christliche Organisationen helfen den Juden bei der Aliyah. Einige nennen die Einwanderung einen heiligen Ruf und zitieren dabei viele Schriftstellen, die von der Wiederherstellung Israels sprechen, um ihren Standpunkt zu untermauern. Dabei wird die Rückkehr ins Land mehr betont als die Rückkehr zur Treue dem Gott Israels gegenüber durch das Hören auf das Evangelium ihres Messias. Wo liegt die Wurzel dieser Akzentverschiebung?
Die Entstehung des Staates Israel 1948 hat die christliche Welt in Aufregung versetzt. Das biblische Volk, das von vielen christlichen Theologen abgeschrieben wurde, ist aus der Asche des Holocaust auferstanden und in sein Land zurückgekehrt. Besonderes Interesse wurde bei den Christen geweckt, denen das Wort Gottes und besonders die biblische Prophetie Wegweiser sind. Einige sahen in diesem Geschehen die Erfüllung der alttestamentlichen Prophetie, andere sind noch weitergegangen und versuchten die Schrift so zu interpretieren, wie es ihnen am Herzen lag.
Ein typisches Beispiel dafür ist die gegenwärtige Lehre über »Fischer und Jäger«. Grundlage dieser Lehre ist eine Auslegung des Textes aus Jeremia 16,16: »›Erst einmal aber schicke ich viele Fischer, die sie fangen sollen‹, spricht der Herr. ›Ich sende zahlreiche Jäger aus, die sollen sie über alle Berge und Hügel hinweg jagen und in den Höhlen aufstöbern.‹« Viele Menschen verstehen heute diesen Text so: Um die Juden wieder in das Land zurückzuführen, benutzt Gott zuerst »Fischer«, also Christen, die es gut meinen und die Juden zur Aliyah motivieren. Für die Juden, die sich nicht mit guten Argumenten motivieren lassen, sind dann die »Jäger« zuständig. Unter »Jäger« versteht man böse Menschen, die die Juden zwingen, nach Israel zu fliehen. Von dieser Interpretation ausgehend, verstehen sich Christen natürlich als »Fischer« und setzen alles daran, um Juden zu helfen, ins Gelobte Land zurückzukehren. Sie mieten riesige Schiffe und sammeln große Gelder für diesen Zweck. Diese aufrichtige Hilfe ist zu begrüßen. Allerdings möchte ich zeigen, dass diese redlichen Bemühungen und die Theologie, auf die sie sich stützt, mit dem Text von Jeremia nichts zu tun haben. Um den Text richtig zu verstehen, müssen wir ihn in seinem Kontext lesen.
Jeremia war ein Prophet, der sehr stark Gottes kommendes Gericht über sein Volk betonte. Er durfte weder heiraten noch Kinder haben. Dadurch wollte Gott zeigen, dass die kommende Katastrophe alle normalen Beziehungen unterbrechen und verändern würde. In Kapitel 16 wird dieses Thema fortgesetzt. Die Verse 1-11 sind das Urteil Gottes über sein Volk wegen Götzendienst, Untreue und Hartnäckigkeit. In den nächsten Versen ist die Rede ganz klar von der Gola, der Verbannung: »Und ihr seid sogar noch schlimmer als sie! Jeder tut nur das, was sein böses Herz ihm eingibt, keiner hört auf mich. Deshalb will ich euch aus diesem Land hinauswerfen und euch wegführen lassen in ein fremdes Land, das ihr nicht kennt und das auch eure Vorfahren nicht kannten. Dort könnt ihr gern fremde Götter anbeten – ich will dann ohnehin kein Erbarmen mehr mit euch haben« (Jeremia 16,12f). Damit erfüllt Gott, was er seinem Volk in der Thora vorausgesagt hat (5. Mose 28,64). Die darauf folgenden zwei Verse sind auf dem ersten Blick etwas irritierend: »Aber eines könnt ihr mit Sicherheit wissen: ›Es kommt die Zeit‹, spricht der Herr, ›da wird keiner mehr beim Schwören sagen: ›So wahr der Herr lebt, der das Volk Israel aus Ägypten geführt hat.‹ Stattdessen werden sie sagen: ›So wahr der Herr lebt, der das Volk Israel aus dem Land im Norden zurückgebracht hat und aus all den anderen Ländern, in die er es vertrieben hatte‹. Denn ich werde sie in das Land zurückbringen, das ich ihren Vorfahren gab« (Jeremia 16,14f).
Es ist sehr wichtig, diese Verse nicht als selbstständige Prophetie zu definieren. Im Grunde genommen geht es hier immer noch um die Vertreibung. Der Verfasser drückte folgenden Gedanken aus: Diese Vertreibung wird schrecklicher sein als die Knechtschaft in Ägypten, und deshalb ist die darauf folgende Rückführung viel bedeutender als die Rückführung aus Ägypten.
Die Worte »aber eines könnt ihr mit Sicherheit wissen« am Anfang von Vers 14 sind sehr wichtig, weil sie die folgenden Verse mit den vorigen verbinden. Mit anderen Worten ausgedrückt, meint der Prophet: Ihr seid viel schlimmer als eure Väter, die in Ägypten Gott vergessen haben. Und deshalb verbanne ich euch ganz weit von eurem Land. Die Rückführung wird viel bedeutender als die Rückführung aus Ägypten. Deshalb darf man die Erwähnung der Rückführung nicht als eine selbstständige Prophezeiung betrachten, sondern sie wird nur darum erwähnt, um die Last der Vertreibung zu unterstreichen.
Nun kommen wir zum wichtigsten Vers, der so viele Gemüter erregt: »›Siehe, ich will viele Fischer aussenden‹, spricht der Herr, ›die sollen sie fischen; und danach will ich viele Jäger aussenden, die sollen sie fangen auf allen Bergen und auf allen ...

Inhaltsverzeichnis

  1. Umschlag
  2. Haupttitel
  3. Impressum
  4. Widmung
  5. Inhaltsverzeichnis
  6. Ein Geschenk Gottes für uns!
  7. Hilfe, ich bin ein Jude!
  8. Gibt es Gerechtigkeit?
  9. Gott redet durch Menschen
  10. Auf der Suche nach der Wahrheit
  11. Auswanderung nach Deutschland
  12. Das neue Leben in Deutschland
  13. Mein neuer Auftrag in Deutschland
  14. Als Mitarbeiter beim »Evangeliumsdienst für Israel«
  15. Eine neue Perspektive: messianische Jugendfreizeiten
  16. Gott spricht in mein Leben hinein
  17. Eine neue Berufung wird sichtbar
  18. Anhang zu verschiedenen Themen
  19. Was hat der Kirchentag mit messianischen Juden zu tun?
  20. Bildteil
  21. Anmerkungen
  22. Leseempfehlungen