Hans Peter Haselsteiner - Biografie
eBook - ePub

Hans Peter Haselsteiner - Biografie

  1. 208 Seiten
  2. German
  3. ePUB (handyfreundlich)
  4. Über iOS und Android verfügbar
eBook - ePub

Hans Peter Haselsteiner - Biografie

Angaben zum Buch
Buchvorschau
Inhaltsverzeichnis
Quellenangaben

Über dieses Buch

Ob als wortgewaltiger liberaler Politiker, umtriebiger Unternehmer, Kunstförderer, Philantrop oder privater Konkurrent der ÖBB - Hans-Peter Haselsteiner ist seit Jahrzehnten eine fixe Größe im öffentlichen Leben Österreichs. Er baute ein mittelständisches Unternehmen zu einem der größten Baukonzerne Europas aus, engagiert sich in der Politik und unterstützt Hilfsprojekte in ganz Europa. Während der Name aber immer wieder in den Schlagzeilen auftaucht, ist über den Menschen Haselsteiner wenig bekannt. Diese Biografie hat es sich zur Aufgabe gemacht, die zahlreichen Facetten dieser komplexen Persönlichkeit einzufangen.

Häufig gestellte Fragen

Gehe einfach zum Kontobereich in den Einstellungen und klicke auf „Abo kündigen“ – ganz einfach. Nachdem du gekündigt hast, bleibt deine Mitgliedschaft für den verbleibenden Abozeitraum, den du bereits bezahlt hast, aktiv. Mehr Informationen hier.
Derzeit stehen all unsere auf Mobilgeräte reagierenden ePub-Bücher zum Download über die App zur Verfügung. Die meisten unserer PDFs stehen ebenfalls zum Download bereit; wir arbeiten daran, auch die übrigen PDFs zum Download anzubieten, bei denen dies aktuell noch nicht möglich ist. Weitere Informationen hier.
Mit beiden Aboplänen erhältst du vollen Zugang zur Bibliothek und allen Funktionen von Perlego. Die einzigen Unterschiede bestehen im Preis und dem Abozeitraum: Mit dem Jahresabo sparst du auf 12 Monate gerechnet im Vergleich zum Monatsabo rund 30 %.
Wir sind ein Online-Abodienst für Lehrbücher, bei dem du für weniger als den Preis eines einzelnen Buches pro Monat Zugang zu einer ganzen Online-Bibliothek erhältst. Mit über 1 Million Büchern zu über 1.000 verschiedenen Themen haben wir bestimmt alles, was du brauchst! Weitere Informationen hier.
Achte auf das Symbol zum Vorlesen in deinem nächsten Buch, um zu sehen, ob du es dir auch anhören kannst. Bei diesem Tool wird dir Text laut vorgelesen, wobei der Text beim Vorlesen auch grafisch hervorgehoben wird. Du kannst das Vorlesen jederzeit anhalten, beschleunigen und verlangsamen. Weitere Informationen hier.
Ja, du hast Zugang zu Hans Peter Haselsteiner - Biografie von Wolfgang Fürweger im PDF- und/oder ePub-Format sowie zu anderen beliebten Büchern aus Negocios y empresa & Biografías de negocios. Aus unserem Katalog stehen dir über 1 Million Bücher zur Verfügung.

Information

Jahr
2014
ISBN
9783800079230

TEIL II

Politiker, Bankier,
Eisenbahner
und Kunstfreund

Der liberale Politiker

Am 4. Februar 1993 gab es in Österreich einen innenpolitischen Paukenschlag. Die damalige stellvertretende FPÖ-Bundesobfrau und Dritte Nationalratspräsidentin Heide Schmidt gab mit vier ihrer Abgeordneten-Kollegen – Ex-Verteidigungsminister Friedhelm Frischenschlager, Hans-Helmut Moser, Klara Motter und Thomas Barmüller – ihren Austritt aus der FPÖ und die Gründung einer neuen Partei bekannt: des Liberalen Forums (LIF). Die fünf Vertreter des liberalen Flügels des sogenannten Dritten Lagers protestierten damit gegen das Volksbegehren »Österreich zuerst«, das als »Ausländer-Volksbegehren« in die Geschichte einging und schärfere Einwanderungsgesetze zum Ziel hatte. Nie zuvor in der Zweiten Republik hatte es so scharfe Proteste gegen eine politische Initiative gegeben: Alle anderen Parteien, Gewerkschaften, Kirchen und Künstler stiegen auf die Barrikaden. Die als Anti-FPÖ-Initiative gegründete Plattform SOS Mitmensch, deren Sprecher der Künstler und Kulturmanager André Heller wurde, rief zu einer großen Protestkundgebung auf. Am 23. Jänner 1993 beteiligten sich mehr als eine halbe Million Menschen an einem Lichtermeer in der Wiener Innenstadt – es war dies die größte Kundgebung der Zweiten Republik. Auf der anderen Seite legte der damalige FPÖ-Obmann Jörg Haider sein gesamtes politisches Gewicht in das Volksbegehren und polarisierte damit das Land.
Die Abspaltung des liberalen Flügels unter Heide Schmidt machte zwar national und international Schlagzeilen, war aber eigentlich keine große Überraschung mehr, wie die Politikwissenschaftlerin Barbara Liegl im ihrem Beitrag über das Liberale Forum im »Handbuch des politischen Systems Österreichs« ausführte: Vielmehr sei die Spaltung »zur politischen Notwendigkeit geworden, da die inhaltliche und personelle Entwicklung der FPÖ in Richtung nationalsoziale Partei die Liberalen in die totale Isolation gedrängt hatte. Das ›innerparteiliche Erpressungspotenzial‹, sprich der Einfluss auf die politische Richtung der Partei, war den Liberalen völlig abhanden gekommen.«
Der damalige Nationalratspräsident Heinz Fischer (SPÖ) genehmigte den fünf ausgetretenen FPÖ-Nationalräten die Bildung eines eigenen Parlamentsklubs, womit ihnen automatisch Parteien- und Klubförderungen und die Bezahlung von Personal und Infrastruktur zustanden. Erstmals in der Zweiten Republik gab es damit fünf Parteien im Nationalrat.

Der Quereinsteiger

Hans Peter Haselsteiner war zwar kein Gründungsmitglied des Liberalen Forums, wie das oft falsch berichtet wird, zählte aber zu den Männern der ersten Stunde. Im Sommer 1993 deklarierte er sich öffentlich als Sympathisant und finanzieller Unterstützer der neuen Partei: »Ich finde, Heide Schmidt ist eine tolle Frau.« Im Oktober 1993 wurde er zum Kärntner Landessprecher des LIF. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Industrielle bereits eine bunte politische Vergangenheit hinter sich: Für die einen galt er als SPÖ-nahe, da er vor allem im Kärnten immer wieder im Dunstkreis der SPÖ aufgetaucht war – etwa bei der Übernahme des Zellstoffwerks Magdalen in den Achtzigerjahren, mehr dazu später. Die angebliche SPÖ-Nähe war nicht weiter überraschend, da die Sozialdemokraten bis 1989 Kärnten mit absoluter Mehrheit regiert hatten, sodass jeder Unternehmer, der sich um öffentliche Aufträge bewarb, nicht umhinkam, Kontakte zu SPÖ-Politikern aufzunehmen und zu unterhalten. Gleichzeitig pflegte Haselsteiner auch mit FPÖ-Obmann Jörg Haider freundlichen Umgang. Weder der SPÖ noch der FPÖ war der Bauunternehmer aber jemals wirklich nahegestanden – Haider sei ihm als Wolf im Schafspelz immer zu unheimlich gewesen. Tatsächlich war er vor seinem Engagement für das Liberale Forum Mitglied der ÖVP gewesen, wenn auch nur für kurze Zeit. Politisch geprägt hatten ihn in diese Richtung wie erwähnt seine Mutter und der legendären Tiroler Landeshauptmann Eduard Wallnöfer. Auch mit dem damaligen Kärntner Landeshauptmann, dem ÖVP-Politiker Christof Zernatto, war Haselsteiner befreundet.
Was bewog den Bauunternehmer 1993 dazu, nun aktiv in die Politik zu gehen? »Ich habe der Aufforderung durch Heide Schmidt nicht widerstehen können, einen eigenen Beitrag zu leisten.« Das Liberale Forum bezeichnete er als »große neue Chance für unsere Gesellschaft«. Vorteile für sein Unternehmen »strebe ich nicht an«. Gleichzeitig betonte er: »Ich hoffe jedoch, dass daraus auch keine Nachteile erwachsen. Ich habe mit meiner Familie und meinen engsten Mitarbeitern alles abgesprochen und werde daher die für die Politik notwendige Zeit aufbringen.« Als sein wichtigstes Thema nannte Haselsteiner Wirtschaftsfragen, gefolgt von sozialen Aufgaben sowie Umwelt und Ökologie. »Grün sind wir alle, die Frage ist nur, wie viel grün wir uns leisten können.« Das sei gerade für einen Bauunternehmer eine besondere Herausforderung. In Kärnten wolle er ausgleichend und vermittelnd wirken: »Es ist kein Fehler, mit dem Landeshauptmann befreundet zu sein, mit der SPÖ sprechen zu können und Jörg Haiders Fähigkeiten anzuerkennen. Wir werden nichts schenken und nicht schmeicheln, aber eine minimale Konsensbereitschaft muss vorhanden sein.« Heide Schmidt sah in der unternehmerischen Tätigkeit keinen Widerspruch zur politischen Tätigkeit des neuen liberalen Landessprechers – im Gegenteil: Sie lobte ihn als Vorzeigepolitiker und Industriellen: »Es kann nicht angehen, dass die Industrie einerseits die Politik immer kritisiert, sich andererseits die Industriellen allerdings auf den Standpunkt zurückziehen, sie hätten keine Zeit. Der Zeitaufwand ist ein Problem der persönlichen Organisation.«
Haselsteiner wurde auch Spitzenkandidat für die Kärntner Landtagswahl, die im Frühjahr 1994 stattfand. An seiner Seite zogen völlig unbekannte liberale Kandidaten in die Wahlschlacht. Auf der anderen Seite traf er aber auf einen bekannten Kollegen und Mitbewerber: Der Villacher Bauunternehmer Robert Rogner war als parteiloser Quereinsteiger neben Jörg Haider das Zugpferd der FPÖ. Haselsteiner schloss es in diesem Wahlkampf übrigens trotz seiner guten Kontakte zu Jörg Haider dezidiert aus, diesen im Landtag zum Landeshauptmann zu wählen. Schließlich sei Haider dort bereits einmal abgewählt worden. Zur Erinnerung: 1991, nach zwei Jahren im Amt, entschlüpfte dem FPÖ-Obmann im Landesparlament ein Lob für die »ordentliche Beschäftigungspolitik« im Dritten Reich. Die Entrüstung ob dieser verbalen Entgleisung war groß. Obgleich sich Haider offiziell entschuldigte, setzten ihn SPÖ und ÖVP mit einem Misstrauensantrag ab und kürten ÖVP-Mann Zernatto zu seinem Nachfolger. Drei Jahre später kam Haselsteiner dann aber nicht in die Verlegenheit, für oder gegen Haider stimmen zu müssen. Denn mit nur 2,5 Prozent der Wählerstimmen war das Liberale Forum weit vom Einzug in den Landtag entfernt.

Wahlkampf gegen das Kammernsystem

Der Bauindustrielle blieb trotz des desaströsen Ergebnisses Landessprecher und wurde auf Bitte von Heide Schmidt Kärntner Spitzenkandidat für die Nationalratswahl, die im Oktober 1994 stattfand – also ein gutes halbes Jahr nach der Kärntner Landtagswahl. Außerdem übernahm er die Funktion des Wirtschaftssprechers der Bundespartei und wurde auch deren Finanzreferent, was an sich logisch war, da er der größte Spender der Partei war. Im Nationalratswahlkampf fiel der Neo-Politiker vor allem mit Kritik an Kammerfunktionären und der Sozialpartnerschaft auf, wie sie knapp 20 Jahre später in übersteigerter Form ein weiterer Industrieller und politischer Quereinsteiger übte: Frank Stronach. Haselsteiner war im Ton zwar viel gemäßigter, im Inhalt deckten sich die beiden aber: Der Bau-Tycoon verlangte schon 1994 die Abschaffung der Sozialpartnerschaft, die er als »überholtes Konzept« geißelte: »Ich glaube, die Kammerfunktionäre vertreten vor allem ihre ureigenen Interessen und tragen herzlich wenig zu einer Verbesserung der Situation für Österreichs Unternehmen bei. Die Sozialpartner müssen entmachtet und unser Parlament muss wieder zu einem wirklichen Arbeitsparlament gemacht werden. Derzeit verkommt der Nationalrat zu einer Ratifizierungsanstalt der Regierung und der Sozialpartner, deren Abstimmungssklaven sich jede Proporzabmachung aufs Aug’ drücken lassen.« Auch das österreichische Mietrecht, das traditionell den Mietern eine stärkere Stellung gibt als den Vermietern, war dem liberalen Bauunternehmer ein Dorn im Auge: Die Gesetzeslage sei ein »Unglück für den Wohnbau«, da sie privates Kapital abschrecke.
Bei der Nationalratswahl 1994 – der ersten für das Liberale Forum – kam die Partei auf sechs Prozent und erreichte damit elf der 183 Mandate. Diesen politischen Erfolg verdankte sie vor allem den Wählern in den großen Städten, während sie bei jenen in ländlichen Regionen kaum punkten konnte. In Kärnten blieb das LIF sogar noch unter dem ohnehin bereits schlechten Ergebnis der Landtagswahl. Dennoch zog Haselsteiner über die Bundesliste in den Nationalrat ein.
Eine Anekdote am Rande: Am Wahltag hätte er es fast nicht geschafft, seine Stimme abzugeben. Er war erst kurz nach 16.30 Uhr von einer Geschäftsreise zurückgekehrt und mit seiner Wahlkarte im Gepäck auf dem Klagenfurter Flughafen gelandet. In der Meinung, im nächstgelegenen Lokal wählen zu können, eilte er nach St. Georgen am Sandhof, einem Ortsteil des Klagenfurter Stadtteils Annabichl. Dort wurde jedoch seine Wahlkarte nicht angenommen: »Sie müssen ins Rathaus wählen gehen!« Mit Vollgas raste Haselsteiner ins Stadtzentrum. Gerade noch rechtzeitig gab er um 16.55 Uhr seine Stimme ab – fünf Minuten vor Wahlschluss.

Im Nationalrat

Sein neues politisches Amt als Nationalrat brachte für den Bauunternehmer einige persönliche Veränderungen. So verlegte er seinen Hauptwohnsitz, den er davor in Bozen (Südtirol) gehabt hatte, wo seine Söhne zweisprachig aufwuchsen, wieder zurück nach Österreich. Und er trat im November 1994 als Vorstandsvorsitzender der Bau Holding zurück, um sich um seine politische Funktion kümmern zu können. Er werde dem Unternehmen jedoch als Konsulent weiterhin zur Verfügung stehen, erklärte er. Diese Rolle nahm er so ernst, dass in den folgenden Monaten und Jahren zumindest medial kaum zu merken war, dass er nicht mehr an der Spitze des Konzerns stand. Sein Nachfolger in dieser Funktion wurde offiziell Erwin Soravia, langjähriger Wegbegleiter und Bau-Holding-Aktionär.
Haselsteiner wurde als Wirtschaftssprecher des LIF Mitglied des Industrie- und Budgetausschusses des Nationalrats. Am Beginn seiner parlamentarischen Tätigkeit kämpfte er mit seinem Fraktionskollegen Helmut Peter, dem Besitzer des weltberühmten Hotels Im Weissen Rössl am Wolfgangsee, weiterhin gegen Kammerstaat und Zwangsmitgliedschaft in den Standesvertretungen. »Wir wollen nicht das Zerschlagen der Kammern, aber wir wollen ihnen den parteipolitischen Boden unter den Füßen entziehen«, so Peter. Die echten politischen Diskussionen und Entscheidungen würden nicht im Parlament und den Ausschüssen geführt, sondern de facto in den Kammern. Laut LIF gab es Mitte der Neunzigerjahre bundesweit mehr als 1 000 Gremien, Fachgruppen und Innungen: »Wie erstarrt das System ist, zeigt mein eigener Fall in Kärnten«, erklärte Haselsteiner: »Dort bin ich der einzige Bauindustrielle. Damit das System aber nicht ad absurdum geführt wird, sind auch die in Kärnten ansässigen Filialen von anderen Baukonzernen zu den Wahlen (gemeint sind die Wirtschaftskammerwahlen – Anm.) zugelassen.« Obgleich es in ganz Kärnten nur mehr drei Hutmacher gebe, reserviere man ihnen auch in Kärnten eine ganze Innung. »Die Kammern sind nie reformiert worden, sind eigentlich pleite und gehören saniert«, polterte Haselsteiner: »Quasireformen hat es nur dort gegeben, wo Missstände so deutlich geworden sind, dass ihnen nichts anderes übrig geblieben ist.«
Bereits nach wenigen Monaten befand sich die österreichische Politik wieder voll im Wahlkampf: Im Mai 1995 hatte der spätere Bundeskanzler Wolfgang Schüssel den als Vizekanzler glücklos agierenden Erhard Busek als ÖVP-Obmann abgelöst. Er kündigte an, Nummer eins im Land werden zu wollen, und ließ wenige Wochen nach seiner Kür wegen Uneinigkeiten beim Budget die Koalition mit der SPÖ platzen. Gewählt wurde eine Woche vor Weihnachten. Das Liberale Forum schickte abermals Haselsteiner als Kärntner Spitzenkandidaten ins Rennen. Mit seiner Prominenz und Eloquenz spielte er dieses Mal im liberalen Wahlkampf auch bundesweit eine zentrale Rolle und vertrat seine Partei etwa in der »Elefantenrunde«, der TV-Debatte aller Parteichefs. In diesem Wahlkampf wurde er aber auch erstmals durch eine Affäre aus seiner unternehmerischen Tätigkeit belastet: Das Hochkochen eines Bauskandals rund um die Karawanken Autobahn (A 11), in dem eine Tochter der Bau Holding eine zentrale Rolle spielte, fiel in der zweiten Hälfte des Jahres 1995 wohl nicht zufällig mit dem näher rückenden Wahltermin zusammen – mehr dazu später. Am Wahlabend musste das Liberale Forum ein leichtes Minus von 0,45 Prozent zur Kenntnis nehmen, was ein Mandat kostete, schaffte aber mit 5,5 Prozent erneut den Einzug in den Nationalrat und blieb sogar 0,7 Prozent bzw. ein Mandat vor den Grünen.
In seiner zweiten Legislaturperiode fiel Haselsteiner unter anderem mit einer Forderung nach Abschaffung der anonymen Sparbücher auf, was dem Versuch gleichkam, eine heilige Kuh der Österreicher schlachten zu wollen. Die Diskussion muss vor dem Hintergrund des 1995 erfolgten EU-Beitritts gesehen werden. Brüssel hatte sich von Anfang an am strengen österreichischen Bankgeheimnis und den anonymen Sparbüchern gestoßen. Haselsteiners Argument gegen anonyme Sparbücher: Sie böten seit Einführung der Kapitalertragsteuer (KESt) ohnehin keinerlei Vorteile mehr. »Grund der Anonymität war ja, die Einkommensteuer zu umgehen. Seit die KESt automatisch von jedem Sparbuch, ob anonym oder nicht, abgebucht wird, hat das Geheimhalten der Identität keinen Sinn mehr.« Das ist zwar prinzipiell richtig, aber wenn es ums Geld geht, hört bei den meisten Österreichern die Logik auf. Der Kampf gegen die anonymen Sparbücher ist nur ein Beispiel für die Minderheitenpositionen, die das LIF einnahm und die der Partei letztlich zum Verhängnis wurden. Da half es wenig, dass Haselsteiner als Ersatz für die Anonymität der Sparbücher ein schärferes Bankgeheimnis forderte. Mit dem zweiten Teil seiner Botschaft kam er nicht mehr durch.
Seine Rolle sah er auch im Überwachen der Budgetpolitik der neuerlichen SPÖ-ÖVP-Regierung. Seine berechtigte Kritik an der Schuldenpolitik fand zwar ob der Prominenz des Bauindustriellen in den Medien reichlich Gehör, Wirkung zeigte sie aber nicht. Das Schuldenmachen ging munter weiter. Und echte Strukturreformen in der Verwaltung, wie sie schon damals alle Experten und auch das Liberale Forum einforderten, wurden nicht angegangen.
Aufhorchen ließ Haselsteiner auch mit der Forderung nach Abschaffung der Pflichtversicherung im Gesundheitsbereich. Stattdessen sollte eine Versicherungspflicht eingeführt werden, bei der sich jeder – so wie in Deutschland – seine Krankenkasse selbst aussuchen könne. Der Wettbewerb unter den Kassen würde die Bürger entlasten, argumentierte der Liberale. Auch seinen Kampf gegen die »anachronistische Sozialpartnerschaft« führte er weiter. Und: Er zeigte sich von Anfang an als Befürworter des Euro, dessen Einführung er schon 1997 für eine »politisch kluge Entscheidung« hielt.

Beförderung und Rückzug aus der Politik

1996 wurde Haselsteiner stellvertretender Klubobmann. Auf seinem Türschild stand »Clubobfrau-Stellvertreter«, was damals unter den männlichen Abgeordneten noch zu einigem Schmunzeln und Kopfschütteln führte. Die Funktion an der Seite von Heide Schmidt übernahm er von Friedhelm Frischenschlager, der bei der Europawahl ein Mandat für die Liberalen errungen hatte und nach Brüssel wechselte. Der Ex-Verteidigungsminister blieb aber Schmidts Stellvertreter in der Partei. Im Herbst 1997 wurde Haselsteiner dann sogar De-facto-Vorsitzender des LIF. Damals kandidierte Schmidt für das Amt des Bundespräsidenten – die Wahl fand am 19. April 1998 statt – und zog sich dazu aus dem parteipolitischen und parlamentarischen Tagesgeschäft weitgehend zurück.
Der Bauindustrielle war damals sogar als offizieller Parteichef im Gespräch – allerdings nur für den eher unwahrscheinlichen Fall, dass die Liberalen-Chefin die Präsidentschaftswahl gewinnen sollte. Am 13. Mai 1998 leg...

Inhaltsverzeichnis

  1. Cover
  2. Über dieses Buch
  3. Inhalt
  4. Einleitung
  5. Teil I: Der Strabag-Mann
  6. Teil II: Politiker, Bankier, Eisenbahner und Kunstfreund
  7. Teil III: Ein Mann mit vielen Gesichtern
  8. Lebenslauf
  9. Personenregister
  10. Sachregister
  11. Bildnachweis
  12. Biografie des Autors
  13. Impressum