Umgang mit psychisch kranken Menschen aus der Perspektive der Gefahrenabwehrbehörden
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Umgang mit psychisch kranken Menschen aus der Perspektive der Gefahrenabwehrbehörden

  1. 142 Seiten
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Umgang mit psychisch kranken Menschen aus der Perspektive der Gefahrenabwehrbehörden

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Über dieses Buch

Das optimale Fachbuch für die neue Rechtslage2015 wurde das Unterbringungsgesetz Baden-Württemberg (UBG BW) durch das Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz (PsychKHG BW) abgelöst bzw. ergänzt. Die Erfahrungen zeigen, dass nach wie vor größere Unsicherheiten im Umgang mit der Rechtsmaterie bestehen, und das nicht nur bei der Polizei. Dies führt leider zu unnötig komplizierten Verfahren sowie zu unnötigen Belastungen aller Beteiligten.Das Fachbuch behandelt alle relevanten gefahrenabwehrrechtlichen Gegebenheiten im Umgang mit psychisch kranken Menschen. Es richtet sich in erster Linie an Bedienstete im Polizeivollzugsdienst, bei den Ortspolizei- bzw. Unterbringungsbehörden bzw. den anerkannten Einrichtungen.Richtiger Umgang mit psychisch kranken MenschenAus dem Inhalt: • Allgemeine Verhaltensempfehlungen im Umgang mit psychisch kranken Menschen• Eine Definition des psychisch kranken Menschen• Die Möglichkeiten der Unterbringungsbehörde im Rahmen des ordentlichen Unterbringungsverfahrens• Die Möglichkeiten der anerkannten Einrichtung (Psychiatrie) im Rahmen des außerordentlichen Unterbringungsverfahrens• Die Möglichkeiten der Polizei (OPB/PVD)• Die Bedeutung der ärztlichen "Einweisung"• HandlungsverpflichtungenDer Anhang beinhaltet zahlreiche relevante Gesetze, Verordnungen und Verwaltungsvorschriften, z.T. in Auszügen.Bundesweit anwendbarDie Darstellungen spiegeln die Gesetzeslage in Baden-Württemberg wider. Die angesprochenen Problemstellungen und damit einhergehende Unsicherheiten sind aber oft auf andere Ländergefahrenabwehrgesetze übertragbar.

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Information

Jahr
2016
ISBN
9783415057739

1. Einführung

Der Umgang mit psychisch kranken Menschen bzw. ihren Angehörigen ist für alle Beteiligte sehr anspruchsvoll. Seit Beginn der 80er Jahre ist die jährliche Zahl der Patienten, die gegen ihren Willen in eine psychiatrische Klinik eingewiesen wurden, bundesweit stark angestiegen. Pro Jahr werden in Deutschland mittlerweile etwa 140.000 Menschen nach den Psychisch-Kranken- bzw. den Unterbringungsgesetzen der Länder bzw. dem Bürgerlichen Gesetzbuch zwangsweise untergebracht. Laut einer bundesweiten Gegenüberstellung stiegen die Maßnahmen nach dem Unterbringungsgesetz in Baden-Württemberg von 2003 zu 2011 von 3180 auf 4364 Unterbringungen.1
2003 waren 90 % aller Unterbringungsfälle sog. Eilfälle2 und wurden in der Regel durch den Polizeivollzugsdienst im Rahmen der sog. Not-Vorführung in einer psychiatrischen Einrichtung vorgestellt.
Im Ergebnis dürfte dies bedeuten, dass man sich auch zukünftig mit dieser Themenstellung intensiv auseinandersetzen muss.
Die gefahrenabwehrrechtlichen Hauptanwendungsfälle der Not-Vorführungen sind nicht nur für den Polizeivollzugsdienst eine besondere Herausforderung, auch die Mitarbeiter der OPB und der UB können hier besonders gefordert sein. Das vermeintliche Geflecht von Zuständigkeiten der verschiedenen Partner, z. B. eines „einweisenden“ Arztes, des Amtsgerichtes, des Polizeivollzugsdienstes und der anerkannten Einrichtung (Psychiatrie) gilt es zu entwirren, um Rechts- bzw. Handlungsklarheit zu gewinnen.
Zum 01.01.2015 wurde das Unterbringungsgesetz Baden-Württemberg (UBG) durch das Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz (PsychKHG) abgelöst bzw. ergänzt. Ob sich für die Gefahrenabwehrbehörden hierdurch Veränderungen ergaben (was ab und an behauptet wird3), wird in den weiteren Ausführungen aufgelöst.
Ein Problem im Umgang mit psychisch kranken Menschen ist immer noch die sog. „Einweisungbzw.Zwangseinweisung“. Diese Begriffe sind sehr oft mit der falschen Vorstellung verbunden, dass ein Arzt hier eine Art Dispositionsmacht hat und die Polizei dieser „Einweisung“ nachkommen muss. Was auch ganz aktuell durch eine E-Mail, die dem Autor am 07.04.2016, 05.37 Uhr, übermittelt wurde, veranschaulicht wird:
Sehr geehrter Herr Schönstedt, ich habe eine Frage bezüglich o. g. Thematik, da die Problematik im Alltag immer wieder auftritt. Kann ein Arzt „zwangseinweisen“ oder nur das Gericht? Wird bei einer „Zwangseinweisung“ durch den Arzt mit der falschen Begrifflichkeit umgegangen, so dass es sich hierbei um ein Hilfeersuchen handelt, wenn die Polizei hinzugerufen wird? Vielen Dank für Ihre Antwort! Leider war es mir noch nicht möglich, Ihre Fortbildung zu besuchen. Die Thematik betrifft uns im täglichen Dienst. Mit freundlichen Grüßen, P G, PP X, Polizeirevier Y, Dienstgruppe Z
Dies wurde in einer früheren Veröffentlichung zu einem Schwerpunkt der Auseinandersetzung gemacht.4
Des Weiteren gehen u. a. Privatpersonen, Behördenmitarbeiter, Richter, Rettungsdienstmitarbeiter und Aufnahmeärzte vielerorts davon aus, dass Polizeibeamte vor der Not-Vorführung in die Psychiatrie ein Zeugnis eines Arztes beizubringen hätten. Manche Psychiatrien machen ihre Aufnahme von einem solchen Zeugnis abhängig.
Auch werden die Möglichkeiten des „relevanten“ Tätigwerdens der UB erörtert. Die Erfahrungen mit der behördlichen Praxis gehen mehrheitlich dahin, dass ein tatsächliches Agieren der nach dem PsychKHG originär zuständigen UB nämlich eher selten vorkommt.5, 6 Es gibt aber UB in Baden-Württemberg, die hier zeitnah agieren.
Leider hat sich vielerorts noch wenig geändert, obwohl das PsychKHG redaktionell einen „guten Weg“ eingeschlagen hat.
Die Erfahrungen zeigen, dass nach wie vor größere Unsicherheiten im Umgang mit der darzustellenden Rechtsmaterie vorhanden sind, und dies nicht nur bei der Polizei. Dies führt leider zu unnötig verkomplizierten Verfahren und auch zu unnötigen Belastungen für alle Beteiligte.
Das nachfolgende Beispiel (aus einem Beschrieb eines Polizeibeamten), das das gutgemeinte Zusammenwirken von vielen Akteuren beschreibt, soll noch einmal bewusst machen, wie wichtig Rechts- und Handlungssicherheit für alle Beteiligte ist:
Der Beschuldigte L hatte zum wiederholten Mal trotz bestehenden Hausverbots dort die Mitarbeiter belästigt und Geld gefordert. Als die Polizei eintraf, um das Hausverbot durchzusetzen, wurden die Beamten beleidigt. Darüber hinaus drohte der Beschuldigte Widerstand an. Er befand sich offensichtlich in einem psychischen Ausnahmezustand. Daher wurde er in Gewahrsam genommen und mit dem Ziel der Unterbringung zunächst bei der Dienststelle sistiert und wurde das Gesundheitsamt informiert. Frau Dr. R (Gesundheitsamt) teilte mit, dass sie sich um den entsprechenden Auftrag der unteren Verwaltungsbehörde LRA X kümmern würde. Da sich der Termin zur Untersuchung verzögerte, wurde eine richterliche Entscheidung über den Gewahrsam herbeigeführt. Richter S, AG X, bestätigte den Gewahrsam zum Zwecke der Unterbringung. Der Beschuldigte wurde zum Gesundheitsamt verbracht und dort von Frau Dr. R untersucht. Während der Untersuchung wurde die Ärztin vom Beschuldigten massiv beleidigt und angegriffen. Allerdings konnte der Angriff durch die Polizeibeamten abgewehrt werden, indem der Beschuldigte zu Boden gebracht wurde. Letztendlich übergab Frau Dr. R einen Untersuchungsbericht, in dem sie „erhebliche Fremdgefährdung attestierte. Sie empfahl die Begutachtung durch einen Arzt der psychiatrischen Einrichtung. Also wurde eine Streife mit dem Beschuldigen zur Psychiatrischen Abteilung des Krankenhaus Y entsandt. Während der Anfahrt rief Frau Dr. R an und teilt den Polizeibeamten mit, dass der zuständige Aufnahmearzt Dr. D in Y den Beschuldigten nicht aufnehmen werde. Sie habe mit ihm gesprochen; der Beschuldigte sei ihm zu gefährlich, dies könne er mit seinem Personal nicht leisten und überhaupt nehme er keine Straftäter auf; dafür seien die forensischen Psychiatrien zuständig. Dafür sollte ein Richterbeschluss eingeholt werden. Der Aufnahmearzt Dr. D schilderte auch, dass er einen solch gefährlichen Patienten seinem Personal und seinen Patienten nicht zumuten könne. Nachdem die Polizeibeamten den Aufnahmearzt fragten, wer außer einer anerkannten Einrichtung denn bitte einen gefährlichen psychisch kranken Menschen aufnehmen solle, schwenkte der Aufnahmearzt um und erklärte, dass er den Beschuldigten ja aufnehmen würde, wenn dieser das wolle. Dieser wollte aber nicht freiwillig in die Klinik. Daraufhin erklärte Dr. D, dass er keinen Grund sehe, den Beschuldigten aufzunehmen, da er jetzt ja friedlich sei und demnach keine Gefahr vorliege. Dr. D weigerte sich kategorisch, den Beschuldigten aufzunehmen. Daher wurde der Beschuldigte unverrichteter Dinge zurück zur Dienststelle verbracht. Hier wurde erneut Richter S telefonisch unterrichtet, um die Anordnung für den Gewahrsam bei der Polizei einzuholen, da sich an der Gefährlichkeit des Beschuldigten ja nichts geändert hatte. Richter S ließ durchblicken, dass er eine solche Verfahrensweise noch nicht erlebt habe und ordnete den Gewahrsam bis zum Folgetag um 10.00 Uhr an, um die Unterbringung in die Wege zu leiten. Am Folgetag wurde der Sachverhalt an Herrn Sch vom Landratsamt X übergeben. Dieser leitete das ordentliche Unterbringungsverfahren ein. Der zuständige Richter R teilte mit, dass grundsätzlich das (damalige) Unterbringungsgesetz einschlägig wäre. In diesem speziellen Falle – aufgrund einschlägiger Vortaten und eines offenen Haftbefehls – würde er jedoch vorschlagen, die Staatsanwaltschaft einzubinden und die vorläufige Unterbringung zu beantragen. Daraufhin wurde der Gewahrsam aufgehoben und dem Beschuldigten die vorläufige Festnahme erklärt.
Die nachfolgenden Ausführungen orientieren sich an den für den o. a. Personenkreis relevanten Themenstellungen. Es handelt sich um keinen Kommentar zum neuen PsychKHG, vielmehr um ein Fachbuch zu den gefahrenabwehrrechtlichen Gegebenheiten im Umgang mit psychisch kranken Menschen für Bedienstete im Polizeivollzugsdienst, den Ortspolizei- bzw. Unterbringungsbehörden bzw. den anerkannten Einrichtungen. Dieses Fachbuch soll hier eine Hilfestellung geben. Für jegliche Anregungen bin ich sehr dankbar.
Die Darstellungen spiegeln die Gesetzeslage in Baden-Württemberg wieder.7 Die hier angesprochenen Problemstellungen und damit einhergehende Unsicherheiten sind auf andere Ländergefahrenabwehrgesetze aber oft übertragbar.
Der Schwerpunkt der Aufgabenwahrnehmungen für den vorgenannten Personenkreis liegt auch im Gefahrenabwehrrecht.
Auf die Anforderungen aus der StPO (§§ 126a, 453c, 463) und dem StGB (§§ 63, 64) zur Unterbringung bzw. auf die zivilrechtlichen Regelungen im BGB (§§ 1631b, 1906) bzw. zum ThUG wird hier nicht weiter eingegangen. Hier soll nur ein knapper Überblick vermittelt werden (vgl. Ziff. 4, Schaubild 2).
Nachfolgend wird mit der Darstellung des ordentlichen Unterbr...

Inhaltsverzeichnis

  1. Cover
  2. Titel
  3. Impressum
  4. Inhaltsverzeichnis
  5. Abkürzungsverzeichnis
  6. 1. Einführung
  7. 2. Welche allgemeinen Verhaltensempfehlungen im Umgang mit psychisch kranken Menschen gibt es?
  8. 3. Welche Personengruppe ist eigentlich angesprochen? Eine Definition des psychisch kranken Menschen
  9. 4. Welche Gesetzesnormen werden im Kontext der Unterbringung von psychisch kranken Menschen immer wieder genannt?
  10. 5. Die Möglichkeiten der Unterbringungsbehörde im Rahmen des ordentlichen Unterbringungsverfahrens
  11. 6. Die Möglichkeiten der anerkannten Einrichtung (Psychiatrie) im Rahmen des außerordentlichen Unterbringungsverfahrens – die sog. fürsorgliche Aufnahme/Zurückhaltung
  12. 7. Welche Möglichkeiten hat die Polizei (OPB/PVD)?
  13. 8. Gestattet das Gefahrenabwehrrecht eigentlich ein praktikables Zusammenwirken von Polizei und Psychiatrie, also nach dem Polizeigesetz bzw. dem Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz?
  14. 9. Was bedeutet es eigentlich, wenn ein Arzt eine „Einweisung“ ausspricht?
  15. 10. Gibt es eine Handlungsverpflichtung für die Unterbringungsbehörde, die anerkannte Einrichtung bzw. die Polizei?
  16. 11. Schlussbetrachtung
  17. 12. Anhang: Relevante Normen (Auszüge)
  18. Stichwortverzeichnis
  19. Anzeigen