Teil 1
TEHG
§ 1 Zweck des Gesetzes
Zweck dieses Gesetzes ist es, für die in Anhang 1 Teil 2 genannten Tätigkeiten, durch die in besonderem Maße Treibhausgase emittiert werden, die Grundlagen für den Handel mit Berechtigungen zur Emission von Treibhausgasen in einem gemeinschaftsweiten Emissionshandelssystem zu schaffen, um damit durch eine kosteneffiziente Verringerung von Treibhausgasen zum weltweiten Klimaschutz beizutragen.
Bearbeiter: Martin Fleckner
I. Zweck des TEHG
1. Programmsatz
Mit diesem das TEHG einleitenden Paragraphen umschreibt der Gesetzgeber als Programmsatz10, welcher Zweck mit dem Gesetz verfolgt wird. Zweck des Gesetzes ist es, für bestimmte Tätigkeiten, durch die in besonderem Maße Treibhausgase emittiert werden, die Grundlage für einen Emissionshandel zu schaffen. Durch die Erwähnung des gemeinschaftsweiten Emissionshandelssystems wird auf die unionsrechtliche Herkunft verwiesen. Genannt wird das zentrale Ziel des Gesetzes und damit die Grundidee des Emissionshandels, nämlich durch dieses Instrument eine kosteneffiziente Verringerung von Treibhausgasen zu erreichen und damit zum weltweiten Klimaschutz beizutragen.
Durch das TEHG wird die Richtlinie 2003/87/EG umgesetzt und zugleich werden die rechtlichen und institutionellen Voraussetzungen für die Einführung des gemeinschaftsweiten Emissionshandelssystems in Deutschland geschaffen.11
In einer Fußnote in der dem Gesetz vorgestellten Überschrift findet sich bereits der Hinweis, dass dieses Gesetz der Umsetzung der Richtlinie 2003/87/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Oktober 2003 über ein System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten in der Gemeinschaft und zur Änderung der Richtlinie 96/61/EG des Rates (ABl. L 275 vom 25.10.2003, S. 32), die zuletzt durch die Richtlinie 2009/29/EG (ABl. L 140 vom 05.06.2009, S. 63) geändert worden ist und der Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt (ABl. L 376 vom 27.12.2006, S. 36) dient.
2. Grundlagengesetz
Das TEHG stellt die gesetzliche Grundlage für die Umsetzung der europarechtlichen Vorgabe zur Schaffung des gemeinschaftsweiten Emissionshandelssystems in Deutschland dar und ist daher nicht alleinige Rechtsquelle des Emissionshandels in Deutschland. Es wird durch zahlreiche europarechtliche und nationale Normen ergänzt. Auf europäischer Ebene sind dieses insbesondere die Richtlinie 2003/87/EG, der Beschluss der Kommission 2011/178/EU zur Festlegung EU-weiter Übergangsvorschriften zur Harmonisierung der kostenlosen Zuteilung12, die Monitoring-Verordnung (EU) Nr. 601/2012 der Kommission13, die Register-Verordnung (EU) Nr. 389/2013 der Kommission14 und die EU-Auktionsverordnung (EU) Nr. 1031/2010 der Kommission.15 Damit werden europarechtlich die Voraussetzungen für das Emissionshandelssystem allgemein, die Zuteilung von kostenlosen Zertifikaten, die Überwachung und Berichterstattung der verursachten Emissionen durch die Betreiber, das Europäische Emissionshandelsregister und die Versteigerung von Zertifikaten geschaffen. Der deutsche Gesetzgeber hat neben dem TEHG die Zuteilungsverordnung 2020 über die Zuteilung von Treibhausgas-Emissionsberechtigungen in der Handelsperiode 2013 bis 2020, die Emissionshandelsverordnung 2020 zur Durchführung des TEHG in der Handelsperiode 2013 bis 2020 und das Projekt-Mechanismen-Gesetz erlassen.
3. Ziel des Emissionshandelssystems
Das Emissionshandelssystem zielt auf die Verringerung der Treibhausgasemissionen in der Atmosphäre der Erde auf ein Niveau, das eine gefährliche anthropogene Beeinträchtigung des Klimas verhindert und dessen Endziel der Schutz der Umwelt ist.16 Hintergrund dieses Ziels ist die naturwissenschaftliche Erkenntnis, dass der weltweit zu beobachtende Anstieg der Durchschnittstemperaturen seine Ursache im vom Menschen verursachten und seit Beginn der Industrialisierung stark angestiegenen Ausstoß von Treibhausgasen hat.17 Das TEHG dient damit dem Umweltschutz im Allgemeinen und dem Klimaschutz im Besonderen. Beim Handel mit Emissionen werden den Verursachern von Emissionen bestimmte Emissionsmengen zugeteilt. Verursacher, die ihre Emissionen unter ihren Emissionsanteil senken, können den Überhang an andere verkaufen, die Mühe haben, ihr Ziel durch eigene Minderungen, zu erreichen. Dieses ermöglicht ein kostengünstiges Erreichen des Gesamtziels und schafft Anreize für Investitionen in umweltverträgliche Technologien.18 Dem voraus geht die Festsetzung einer Gesamtemissionsmenge (Cap), die von allen am System teilnehmenden Verursachern nicht überschritten werden darf.
Die Entscheidung, welche Treibhausgase vom Emissionshandel umfasst sein sollen und welche Tätigkeiten im besonderen Maße Treibhausgase emittieren und deshalb in den Emissionshandel einbezogen werden, ist europarechtlich vorgegeben.19 Welche Tätigkeiten in den Emissionshandel einbezogen werden ist letztlich eine politische Entscheidung, der europäische Emissionshandel war aber von Anfang an darauf ausgelegt, schrittweise weitere Treibhausgase und Tätigkeiten mit aufzunehmen.
Aus der Gesetzesformulierung ergibt sich, dass das Emissionshandelssystem einen Beitrag zum Klimaschutz leisten soll und daher nicht das einzige Instrument zur Reduzierung des Treibhausgasausstoßes in Deutschland ist.20 Tatsächlich werden vom Anwendungsbereich des TEHG etwa die Hälfte der in Deutschland verursachten Treibhausgasemissionen erfasst.
Ein weiteres Kriterium, das die Zweckbestimmung erwähnt, ist das der Kosteneffizienz. Der Gesetzgeber des TEHG wertet den Emissionshandel als ein kosteneffizientes Instrument, mit dem genau definierte Reduktionsziele erreicht werden können.21 Die gesetzliche Erwähnung der Kosteneffizienz hat nicht zur Folge, dass die einzelnen emissionshandelsrechtlichen Vorschriften so auszulegen wären, dass negative Auswirkungen auf die wirtschaftliche Entwicklung und die Arbeitsmarktlage minimiert werden müssten.22 Der Gesetzgeber gibt damit lediglich eine Begründung, warum er sich gerade für den Emissionshandel als Instrument entschieden hat. Entsprechendes gilt für die Erwähnung, dass das Emissionshandelssystem gemeinschaftsweit geschaffen wird.
II. Praktische Bedeutung
Einen regelnden Inhalt im engeren Sinn weist die Norm nicht auf. Auch wenn sich bereits der Verweis auf die in Anhang 1 Teil 2 genannten Tätigkeiten findet, durch die in besonderem Maße Treibhausgase emittiert werden, verbindet sich damit noch keine individualisierbare Regelung. Erst die erneute Erwähnung der Tätigkeiten in Anhang 1 Teil 2 und in § 2 Abs. 1 TEHG führt dazu, dass diesen beschreibbare Pflichten auferlegt werden. Praktische Bedeutung erlangt der Programmsatz für die Auslegung anderer Vorschriften im TEHG, bei denen im Zweifel diejenige gewählt werden muss, die dem Ziel des Gesetzes, nämlich zum weltweiten Klimaschutz durch Verringerung der in die Atmosphäre abgegebenen Treibhausgase beizutragen, am ehesten entspricht.23
§ 2 Anwendungsbereich
(1) 1Dieses Gesetz gilt für die Emission der in Anhang 1 Teil 2 genannten Treibhausgase durch die dort genannten Tätigkeiten. 2Für die in Anhang 1 Teil 2 genannten Anlagen gilt dieses Gesetz auch dann, wenn sie Teile oder Nebeneinrichtungen einer Anlage sind, die nicht in Anhang 1 Teil 2 aufgeführt ist.
(2) 1Der Anwendungsbereich dieses Gesetzes erstreckt sich bei den in Anhang 1 Teil 2 Nummer 2 bis 31 genannten Anlagen auf alle
1. Anlagenteile und Verfahrensschritte, die zum Betrieb notwendig sind, und
2. Nebeneinrichtungen, die mit den Anlagenteilen und Verfahrensschritten nach Nummer 1 in einem räumlichen und betriebstechnischen Zusammenhang stehen und die für das Entstehen von den in Anhang 1 Teil 2 genannten Treibhausgasen von Bedeutung sein können.
2Satz 1 gilt für Verbrennungseinheiten nach Anhang 1 Teil 2 Nummer1 entsprechend.
(3) 1Die in Anhang 1 bestimmten Voraussetzungen liegen auch vor, wenn mehrere Anlagen derselben Art in einem engen räumlichen und betrieblichen Zusammenhang stehen und zusammen die nach Anhang 1 maß...