Die Farben der Schwalbe
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Die Farben der Schwalbe

  1. 268 Seiten
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Die Farben der Schwalbe

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Inhaltsverzeichnis
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Über dieses Buch

Marius Daniel Popescu schlägt in diesem Buch einen Bogen zwischen der Kindheit in Rumänien und der Gegenwart in der Schweiz, wo sein Erzähler als Plakat­kleber und Journalist arbeitet. In Rumänien steht das Begräbnis der Mutter im Mittelpunkt, das Erinnerungen an das "Land der Einheitspartei" auslöst.In Lausanne nimmt die innige, spielerische (auch sprachspielerische) Beziehung des Erzählers zu seiner Tochter den grössten Raum ein. Zwischen den beiden Welten entsteht ein berührendes Spannungsfeld, das von der sprachlichen Verve des Autors zusammengehalten wird, der das Leben, wo es auch stattfinden mag, durch eine Art Zeitlupe betrachtet, unter der die kleinen Gesten, Bewegungen und zum Teil scheinbar völlig banal erscheinenden Puzzlestücke des Alltags vergrössert und stark verlangsamt erscheinen, was eine merkwürdig hypnotische Wirkung auf die Leserin und den Leser ausübt. Yla M. von Dach hat übersetzt.Marius Daniel Popescu hat für dieses Buch 2012 den Schweizer Literaturpreis erhalten (Originaltitel: "Les Couleurs de l'hirondelle", Éditions Corti).Die DIE FARBEN DER SCHWALBE ist das zweite Buch, das übersetzt vorliegt. ("Die Wolfssymphonie" erschien 2013 im Engeler-Verlag in der Übersetzung von Michèle Zoller.)Der Titel war nominiert für die Hotlist 2017 (die besten Bücher aus unabhängigen Verlagen).

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Information

Du stehst vor dem Leichenhaus des städtischen Krankenhauses, bei dir sind deine Cousine und dein Onkel, ihr steht da und sprecht von der Toten, die ihr hier abholt. »An jenem Tag war sie nicht draußen gewesen wie sonst, die Nachbarn hatten sie nicht, auf ihren Stock gestützt, langsam durch die Allee gehen sehen«, du schaust den Pritschenwagen an, mit dem ihr vom Land hierhergereist seid, du siehst seine rostige Ladefläche, ihr steht alle drei neben diesem Wagen, den sich dein Onkel von einem Freund geliehen hat. »Sie war krank, aber es ging ihr gut mit den Medikamenten, manchmal weigerte sie sich wochenlang, ihre Pillen zu nehmen, sie sagte, was sie noch in dieser Welt halte, seien der liebe Gott und ihre Enkelin.« Ihr steht an, um eure Tote abzuholen, ihr seid an dritter Stelle vor dem Haupteingang des Leichenhauses, du schaust eine nach der anderen die Betonstufen der Treppe an, die du bald wirst hochsteigen müssen, um die sterbliche Hülle deiner Mutter abzuholen. »Mindestens hat sie nicht gelitten, sie ist ganz plötzlich gestorben, sie hat nicht noch wochen- oder monatelang vor sich hinvegetieren müssen.« Deine Cousine beginnt zu weinen und du nimmst sie in die Arme, du drückst sie an deine Brust, du hörst ihr Schluchzen, du spürst die Krämpfe in ihrem Körper, und über ihren Kopf hinweg siehst du, wie der Hausmeister des Krankenhauses das große rostige Tor aufmacht, um einen Wagen des städtischen Bestattungsunternehmens hinauszulassen: Er trägt abgenutzte, ölverschmierte Arbeitshandschuhe, er schiebt zuerst den metallenen Riegel zurück, er zieht im Rückwärtsgehen den linken Torflügel ins Innere des Krankenhausgeländes, er hebt ihn über die Asphalthöcker, er schiebt ihn bis an die Wand seines BacksteinWachhauses. »Ihre Nachbarin von unten hat uns angerufen, sie hatte zwei Tage gewartet, sie glaubte, deine Mutter sei bei uns zu Besuch.« Deine Cousine weint und du schließt sie in die Arme, sie sagt, deine Mutter sei ihre Lieblingstante gewesen, du lehnst mit dem Rücken gegen die seitliche Bordwand des Pritschenwagens, du siehst den Hausmeister des Krankenhauses, du schaust ihm zu, du siehst seine Bewegungen, er öffnet den zweiten Flügel des rostigen Tors, du siehst vier Hunde auf den Gehsteig hinauslaufen. »Es ist gut, dass du deine Mutter beerdigen kommst, es gibt Leute, die im Ausland arbeiten und die nicht nach Hause kommen, um ihre Eltern zu beerdigen.« Der Hausmeister nimmt die vier herrenlosen Hunde bei seinem Pförtnerhäuschen auf, du denkst an deine Mutter, du sagst in deinem Kopf herrenlos, ausgesetzt, im Stich gelassen, du denkst an Kinder, die von ihren Eltern ausgesetzt wurden, du denkst an Eltern, die von ihren Kindern im Stich gelassen wurden, du denkst an die Tausende von Hunden, die in deinem Land jedes Jahr ausgesetzt werden, du denkst an diese Hunde, die Zuflucht finden, wo sie können, du spürst, dass deine Cousine sich beruhigt, sie löst sich aus deinen Armen.
Du siehst vier Männer, die einen geschlossenen Sarg tragen, sie steigen die Treppe des Leichenhauses hinunter, sie machen kleine Schritte, sie reden miteinander, du verstehst ihre Worte nicht, sie tragen den Sarg zum Wagen, mit dem sie ihren Toten wegbringen wollen, dein Blick liegt jetzt auf einem kleinen, verfallenen Gebäude, »das ist der Verbrennungsofen des Krankenhauses, er ist explodiert, sie dürfen die Teile der menschlichen Körper, die nach den Operationen anfallen, nicht mehr hier verbrennen«, sagt deine Cousine, du denkst an deine Mutter, die du in ein paar Augenblicken als Tote sehen wirst.
Der Hausmeister schließt das Metalltor wieder, er ruft die Hunde, die auf dem Gehsteig herumschnüffeln, du denkst an diese Hunde, an die man die Reste aus der Krankenhauskantine verfüttert, dein Onkel sieht, dass du die Hunde anschaust, er sagt: »Diese Hunde haben es gut hier, beim Hausmeister, sie haben zu essen und niemand jagt sie weg, in unserem Land gibt es viele Leute, die schlechter leben als diese streunenden Hunde, es gibt Leute, die nichts zu essen haben, es gibt Leute, die im Winter zu Hause nicht heizen können.«
Du wirst deine Mutter als Tote sehen und du siehst sie in deiner Erinnerung, wie sie in der Allee stand, wo du sie zum letzten Mal lebendig gesehen hast, sie stützt sich auf ihren Holzstock und die Tränen laufen ihr übers Gesicht, du fährst wieder ins Ausland, wo du arbeitest, du hast ihr ein paar Geschenke mitgebracht und ein wenig Geld gegeben, du hast ihr Früchte und Gemüse gebracht, du hast ihr Fleisch und Konserven gekauft, du hast ihr auch eine Flasche Wein gegeben; sie weint und winkt dir mit der Hand, du siehst sie durch die Fensterscheibe des Autos, das anfährt, dein Onkel, der am Steuer sitzt, erzählt dir, »meine Schwester hat eine gute Rente im Vergleich zu mir, mit den Lebensmitteln, die du ihr gebracht hast, kann sie zwei Wochen lang leben, deine Mutter trinkt gern ein Glas Rotwein zum Essen«. Du spürst die Hand deines Onkels auf deiner Schulter, die Tränen laufen ihm übers Gesicht und er sagt zu dir: »Geh deine Mutter holen, sie haben gerufen, wir sind dran, wir müssen hinein und unsere Tote holen, geh, hol sie, damit wir sie begraben können, ich komme nicht mit, ich habe sie schon tot in ihrer Wohnung gesehen, ich will sie nicht mehr in diesem Zustand sehen«, du wendest dich nach rechts, du beginnst zur Eingangstreppe des Leichenhauses hinüberzugehen, du spürst, wie sich die Hand deines Onkels von deiner Schulter löst, du siehst deine Cousine, die neben dir geht, du steigst die erste Stufe der Betontreppe hoch, »da sie im ersten Stock wohnte, sind wir mit einer Leiter auf ihren Balkon gestiegen, die Rollläden waren nicht hinuntergelassen, und so haben wir durch das Zimmerfenster gesehen, wie sie tot im Bett lag«, jeder Schritt, den du machst, ist langsam, du hast den Eindruck, auf der Stelle zu treten, du schaust deine Cousine an, die dich begleitet, sie grüßt einen Mann, der im Leichenhaus arbeitet, sie hat die Sterbeurkunde deiner Mutter in der Hand, du steigst die zweite Treppenstufe hoch, »mit dem Polizisten und den beiden Feuerwehrleuten haben wir beschlossen, eine Scheibe einzuschlagen, um nicht die Wohnungstür aufbrechen zu müssen, als wir ins Zimmer kamen, war es von starkem Verwesungsgeruch erfüllt, das Gesicht deiner Mutter war schwarz, wegen des Bluts, sie hat wohl eine Herzattacke gehabt«, du siehst den dunklen Korridor, auf den du jetzt zugehst, du suchst in deinem Gedächtnis nach dem Gesicht deiner Mutter du findest es auf einem Foto mit dir du bist in ihren Armen und hast den Kopf zu ihrem Hals gebeugt deine Mutter muss dreißig Jahre alt sein und du vierjährig auf diesem Foto, du gehst weiter, »im Zimmer hat es heftig gestunken, und ihr Körper war voller Eiter, der ausfloss und die Decke befleckte, auf die wir sie gelegt hatten, um sie wegzubringen«, deine Cousine ist dir vorausgegangen, sie sucht den Chef des Leichenhauses, du folgst ihr, du hörst sie sprechen, du verstehst nicht, was sie sagt, du steigst weiter die Treppe hoch, »sie war seit zwei Tagen tot, ein ganzes Grüppchen Männer und Frauen sahen uns zu, als wir sie auf der Decke zur Ambulanz trugen«, du bist jetzt im dunklen Korridor, ein Mann wartet vor einer Tür auf dich, sagt, »hier!«, und zeigt auf diese graue Tür, deine Cousine steht neben ihm, du siehst, wie sie zur Seite treten, sie machen dir Platz, du öffnest die Tür, links siehst du den Leichnam eines Mannes auf einem Betontisch, er ist angezogen und trägt Schuhe, eine Binde hält ihm den Unterkiefer fest, auf dem Betontisch rechts siehst du ein mit schwarzem Blut beflecktes Laken, du weißt jetzt, dass unter diesem Laken deine Mutter liegt, du gehst auf sie zu, du spürst die Kälte dieses Raums, du bleibst ein paar Zentimeter vom Tisch entfernt stehen, du legst deine rechte Hand auf das Laken, du spürst durch dieses Laken hindurch den Bauch deiner toten Mutter, mit der linken Hand hebst du den Stoffteil weg, der ihr Gesicht bedeckt.
Ihre Haut ist schwarz und dein Blick nähert sich den Umrissen des Gesichts deiner Mutter, deine linke Hand legt sich auf ihre Stirn, mit der rechten hebst du das schmutzige Laken ganz weg und du siehst deine Mutter tot und nackt auf diesem Betontisch liegen, deine Mutter hat einen Tonziegel unter dem Nacken, dieser Ziegel stützt ihren Kopf wie ein Kopfkissen, du siehst die lange Narbe der Autopsie, du bückst dich zu ihr hinunter und küsst sie auf die Wange, du riechst den Leichengeruch vermischt mit dem Geruch nach Formalin; eine Männerstimme spricht zu dir: »Rühr’ sie nicht an, das ist voller Krankheitskeime!«, der Mann zeigt auf ein gusseisernes Waschbecken und sagt, du sollst dir die Hände mit dem Spezialprodukt waschen, das in der Seifenschale steht, er sagt, dass du den Leichnam deiner Mutter jetzt wegschaffen musst, er sagt, er sei nicht verpflichtet, dir zu helfen, den Leichnam deiner Mutter in den Sarg zu legen, du fragst dich, wie du es anstellen wirst, um den Leichnam deiner Mutter ganz allein in den Sarg zu bringen, du denkst, dass du deine Mutter in die Arme nehmen und sie ein paar Schritte bis zum Sarg tragen wirst, den dein Onkel zum Eingang dieses Kühlraums gebracht hat, du willst deine Mutter in die Arme nehmen, um sie zum Sarg zu tragen, du trittst zu ihr hin, du hörst deine Cousine sagen, »was machst du?!«, du sagst, dass das Personal des Leichenhauses dir nicht helfen will, den Leichnam deiner Mutter in den Sarg zu legen, sie sagt, »sie wollen Geld, man muss ihnen Geld geben, sie wollen ihr Trinkgeld und dann helfen sie dir, du wirst sehen«, du antwortest, »gib ihnen Geld, ich weiss nicht, wie das geht, in diesem Leichenhaus«, du siehst sie aus dem Kühlraum hinausgehen, du siehst sie mit einem Mann und einer Frau sprechen, deine Cousine holt Geld aus ihrer Handtasche, du siehst die Hände deiner Cousine, die dem Mann und der Frau, die im Leichenhaus arbeiten, Geldscheine in die Hände drückt.
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Sie kommt aus ihrem Zimmer, geht durch die Diele der Wohnung, tritt über die Schwelle zur Küche, geht zum Schrank, der zwischen dem Spülbecken und dem Kochherd steht, öffnet die obere Schranktür, nimmt einen kleinen Teller heraus, schließt die Schranktür, dreht sich um, stellt den Teller auf den Tisch, geht um den Tisch herum, öffnet die Tür des Kühlschranks, nimmt den Käse aus der unteren Schublade, legt das Stück Käse auf den kleinen Teller, geht zur Besteckschublade, öffnet die Holzschublade, nimmt ein Messer, schließt die Schublade, kommt wieder zum Tisch, nimmt den Käse in die linke Hand und schneidet langsam zwei feine Scheiben Greyerzerkäse ab, die sie auf den Teller fallen lässt; sie legt das Messer ins Spülbecken, legt den Rest des Käses wieder in den Kühlschrank, nimmt den Teller mit den zwei feinen Käsescheiben, geht in ihr Zimmer, stellt den Teller auf ihren Schreibtisch, nimmt den Zahn, der ihr gestern ausgefallen ist, von der Ecke des Möbels und legt ihn auf den Teller neben den Käse, den sie für die Maus abgeschnitten hat.
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Du sitzt am Computer und schreibst, du erzählst eine Geschichte, du schreibst auf, was du erlebt hast, als du acht Jahre alt warst, als du in die dritte Klasse gingst, du erinnerst dich an deine Kindheit, du erinnerst dich an deine Klassenkameraden und du erzählst, welche Spiele ihr in den siebziger Jahren spieltet. Du schreibst und sagst dir, dass du ein Buch schreiben wirst mit deinen Klassenkameraden als Figuren, du hörst Schritte hinter dir, du drehst dich auf deinem Rolldrehstuhl um, du siehst sie neben dir stehen und hörst sie sagen, »Papa, willst du mit mir Schule spielen?«. Du nimmst sie in die Arme, sie sagt, »warte, ich setz mich dir auf den Schoß«, du nimmst sie auf den Schoß, du gibst ihr einen Kuss, du drückst sie an dich, du erklärst ihr, »ich bin am Schreiben, ich kann jetzt nicht mit dir spielen«, sie fragt, »was schreibst du?«, und du antwortest, »ich schreibe gerade, wie ich mit meinen Klassenkameraden Bockspringen gespielt habe, als ich so alt war wie du«. Sie sagt, »ach so! darüber schreibst du also!«. Du legst deine Arme um sie, du gibst ihr Küsschen auf die Stirn, auf die Nase, die Wangen, die Ohren, sie sagt, »das kitzelt«, du sagst, dass du auch die Geschichten ihrer Spiele aufschreiben möchtest, der Spiele, die sie mit ihren Klassenkameraden spielt, sie antwortet, »ich möchte mit dir Schule spielen, und ich bin die Lehrerin!«. Du sagst, dass du deine Geschichte noch nicht fertig geschrieben hast, du sagst, dass du schon lange nicht mehr geschrieben hast und dass du mindestens etwa zehn Seiten schreiben musst vor dem Abendessen, sie sagt, »aber du spielst mit mir Schule und dann kannst du wieder an deinen Computer zurück und an den Schulgeschichten mit deinen Klassenkameraden weiterschreiben«. Du gibst ihr ein Küsschen auf den Hals, sie lacht, sie sagt, »komm, wir spielen einen Augenblick lang Schule!«, du willst mit dem Schreiben weitermachen, du schlägst ihr vor, so weiterzuschreiben, mit ihr auf dem Schoß, »nein, ich will nicht, du hast mir schon lange versprochen, dass du mit mir Schule spielst«, du antwortest: »Gut, okay, ich werde mit dir Schule spielen, aber nicht gleich, wir spielen ein bisschen später Schule.« Sie fragt: »Ein bisschen später, was heißt das, wann?« Du merkst, dass deine Tochter dich braucht, du sagst zu ihr: »Später, in einer halben Stunde, geht das für dich?« Sie verlässt ihren Platz auf deinem Schoß, schaut dir in die Augen und sagt: »Ich komme dich in einer halben Stunde holen«, und geht in ihr Zimmer. Du schreibst weiter auf dem Computer, du erinnerst dich an das Spiel Bockspringen, das ihr im riesigen Schulhof deiner Kindheit spieltet, du sagst dir, dass nur die Jungen Bockspringen spielten, du sagst dir, dass sich die Mädchen nicht an diesem Spiel beteiligten, du schreibst, »es brauchte mindestens vier Leute, um das Spiel Bockspringen zu beginnen, manchmal waren wir fünf, sechs oder sieben, nur selten spielten wir zu acht oder zu neunt, aber in diesen Fällen war das Spiel am lustigsten«. Du schreibst, du blätterst in deinem Gedächtnis und hältst auf den Seiten mit dem Spiel Bockspringen inne: Du siehst den Jungen, der sich bücken, sich vorbeugen musste, damit die anderen über ihn hinwegspringen konnten, du sagst dir, dass all diese Jungen eine schwarze Uniform trugen, die speziell für die Schule vorgesehen und von euren Eltern gekauft worden war. »Der Junge, der gebückt dastand, und über den man hinwegspringen musste, ließ den Ansturm seiner Kameraden würdig über sich ergehen, denn dieses Spiel war bei Weitem nicht das härteste, das wir im Schulhof spielten: Es gab mehrere Runden von Sprüngen, die der gebückte Junge, Bock oder Ziege genannt, ertragen musste, er m...

Inhaltsverzeichnis

  1. Cover
  2. Titel
  3. Impressum
  4. Widmung
  5. Inhalt
  6. Die Farben der Schwalbe
  7. Der Autor
  8. Die Übersetzerin