Jungen fördern in der Schule
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Jungen fördern in der Schule

  1. 101 Seiten
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Jungen fördern in der Schule

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Inhaltsverzeichnis
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Über dieses Buch

Jungen gelten heute gemeinhin als Bildungsverlierer: dümmer als Mädchen, problematischer und infolge dessen benachteiligt. Das muss nicht so sein, wenn Lehrerinnen und Lehrer als Profis fürs Lernen die Herausforderungen durch Jungen nicht fürchten, sondern annehmen.Viele Lehrkräfte fragen sich, wie sie angemessen und gut mit Jungen umgehen können. Reinhard Winter, einer der bekanntesten Autoren zu Jungen- und Männerthemen, verspricht ihnen in diesem Spickzettel für Lehrer: "Durch die Lektüre bekommen Sie Einblicke ins Männliche der Jungen und können sie verstehen. Sie verbessern Ihre Beziehung zu Jungen und Ihr Handeln mit ihnen. Sie gewinnen an Professionalität und können besser differenzieren. Sie erzielen bessere Ergebnisse, gewinnen mehr Freude am Unterricht mit Jungen und empfinden mehr berufliche Zufriedenheit."

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Information

Jahr
2018
ISBN
9783849781644

1Jungen in der Schule: Szenen und Themen

Wendet man den Blick auf Jungen in der Schule, werden bestimmte Themen und Schwierigkeiten immer wieder genannt. Solche Häufungen belegen einerseits, dass dies mit dem Männlichsein der Jungen zu tun hat, und andererseits, dass es nicht individuelle, sondern Gruppenprobleme der Jungen sind, die sich selbstverständlich auch bei vielen einzelnen Jungen zeigen.
Ihre schlechteren Noten- und Versetzungsstatistiken sind dabei nur das Ende einer Schulgeschichte, die sich in zahlreiche Einzelaspekte aufspaltet. Sicher ist, dass es nicht das eine Jungenproblem gibt, das sich mit dem entsprechenden Handwerkszeug zügig eliminieren ließe. Wer solchen schlichten Argumenten – wie z. B. die »Verweiblichung« der Schule sei der Grund allen Übels – folgt, wird mit Jungen nicht weit kommen. In der Breite der Wahrnehmungen wird deutlich, dass es sich um eine multifaktorielle Ursachen- und Problemlage handelt. Schnelle und einfache Lösungen sind nicht zu erwarten.

1.1Typische Szenen

In jeder Schule lassen sich »typische« Szenen beobachten (aber auch sehr viele untypische!). In Gesprächen mit Jungen, Lehrkräften und Eltern kommen Themen zur Sprache, die sich häufen und dabei helfen, Probleme von Jungen mit der Schule zu erschließen. Solche Geschichten prägen unser Denken und wirken wieder auf die Jungen zurück. Nähern wir uns der Wahrnehmung von Jungen in der Schule mit einer Übung:
Assoziationsübung – »Kind A und Kind B im Vergleich«
Kind A ist im Unterricht ruhig, aufmerksam und konzentriert, passt auf, beteiligt sich, ist rücksichtsvoll, freundlich zu den Lehrkräften, kooperativ mit anderen Kindern und löst Konflikte verbal.
Kind B dagegen verhält sich im Unterricht unruhig und stört, ist frech, laut, vergisst Hausaufgaben oder Schulsachen. Bei Konflikten mit anderen Kindern wird es schnell laut und heftig, es kommt auch mal zum Körpereinsatz.
Welches Geschlecht würden Sie diesen fiktiven Kindern zuschreiben? Was denken Sie: Welches Kind unterrichten Lehrkräfte lieber? Und woher kommen Ihre Assoziationstendenzen?
Die folgenden Beschreibungen und Beobachtungen zeigen, woran es bei den Jungen hängt, aber auch, was gehen kann, wenn man eine Beziehung zu ihnen aufbaut, sie versteht und erreicht. Hier sind nur einige der typisch-untypischen Beispiele1 aus Schulen:
Bei einem Projekttag zum Jungenthema lautet die Aufgabe: Die Jungen sollen eine Reihe mit ihren Namensschildern bilden zu der Frage, wer in der Klasse von den Lehrerinnen und Lehrern am meisten Aufmerksamkeit bekommt und wer am wenigsten. Das Ergebnis: Auffällige und eher leistungsschwache Jungen werden stark beachtet; die drei leistungsstärksten Jungen erhalten dagegen am wenigsten Aufmerksamkeit, werden aber von den anderen Jungen kritisiert und »gedisst«. Dies ist ein typisches Ergebnis, sowohl für das Lehrer-, wie fürs Peer-Verhalten. Es besteht dringender Handlungsbedarf.
Frau Mehlmann kommt nach der Pause ins Klassenzimmer, es geht nur mäßig turbulent zu, das war hier schon anders, hat sich aber allmählich entwickelt. Die meisten Jungen sitzen an ihren Tischen, Sebastian setzt sich gleich hin, als er die Lehrerin reinkommen sieht. Mirko steht auf dem Tisch und demonstriert Posing-Stellungen; ein paar Mädchen und Jungen schauen ihm zu, kichern, schielen aber auch zu Frau Mehlmann: Was wird sie tun? Sie sagt laut und deutlich »Guten Morgen«, nimmt Blickkontakt mit den sitzenden Schülern auf, die zu ihr schauen, bemerkt dabei Raoul und sagt zu ihm: »Wieder gesund? Schön, dass du wieder da bist!«, und dann zu allen gerichtet: »Gut, fangen wir an«, und mit einem ganz kurzen Blick zu Mirko: »Setz dich hin.« Mirko setzt sich, der Unterricht beginnt.
In einem Workshop mit Jungen aus einer siebten Klasse beschweren sie sich bitter über ihre Musiklehrerin, bei der sie ständig den Unterricht stören und regelrecht Randale machen: »Wir sind ihr egal, die interessiert sich überhaupt nicht für uns. Die merkt es nicht mal, wenn sich einer im Schrank versteckt, die macht einfach ihren langweiligen Unterricht, egal, ob einer zuhört oder nicht.«
Eine Lehrerin erzählt von ihrer Erfolgsgeschichte mit der »schrecklichen 7b«, einer schlimmen Klasse, die in der ganzen Schule regelrecht verschrien ist. Sie kannte die vielen Jungen und wenigen Mädchen in dieser Klasse bisher nur vom Hörensagen, aber irgendwie fand sie es interessant, dass das halbe Lehrerzimmer ständig über diese Klasse sprach. Sie bekommt die 7b als Klassenlehrerin mitten im Schuljahr, weil die bisherige Lehrkraft pensioniert wurde. Am Anfang muss sie viel investieren, sie nutzt die Klassenlehrerstunde, arbeitet phasenweise geschlechtergetrennt in »Jungen-« und »Mädchenkonferenzen«. Dann wieder teilt sie die Klasse in zwei Gruppen, sie bezieht die Eltern mit ein und vermittelt ihnen: Wir können es nur gemeinsam schaffen. Immer wieder entstehen gute Kontaktmomente, es zeigt sich, dass doch auch einige stabile, mitarbeitswillige Jungen dabei sind – auf sie stützt sie sich. Sie berät die Eltern eines ganz schwierigen Jungen und veranlasst, dass diese eine Familientherapie beginnen. Insgesamt war dies harte Arbeit, in der sie sich auch emotional zeigt, wenn sie sich freut, weil etwas gelingt, oder ärgert, wenn alles aus den Fugen gerät. Allmählich bilden sich Ansätze von Bindung und Gemeinschaft. Als Belohnung gibt es ein erlebnispädagogisches Projekt mit Übernachtung im Freien. Immer stärker entwickeln sich dann Kontakte, Beziehungen zur Lehrerin, und auch das Gefüge unter den Schülern verändert sich und wird besser. Nach einem guten Jahr hat sie das Gefühl, dass sie jetzt »über den Berg« sind.
Jede dieser Facetten aus dem Schulalltag mit Jungen enthält eine allgemeine und eine geschlechterspezifische Seite. Dabei werden Schwierigkeiten sowohl von Jungen, als auch mit Jungen erkennbar. Gleichermaßen zeigen sich Bedürfnisse und Notwendigkeiten, die in der Arbeit mit Jungen im Schulalltag berücksichtigt werden wollen.

1.2Typisch! Schwierigkeiten von und mit Jungen in der Schule

Probleme von und mit Jungen in der Schule sind nicht angeboren und auf dem Y-Chromosom gespeichert, sondern sie entstehen und werden gemacht. Auch wenn Jungen problematisches Verhalten zeigen, sind sie dafür nur bedingt verantwortlich, denn sie werden geprägt von Erwachsenen, mit denen sie umgeben sind, von anderen Jungen, von Medien und kommerziellen Produkten.
Es gibt keine typischen Schwierigkeiten, die bei allen Jungen vorkommen. Allerdings zeigt sich eine ganze Reihe von Problemen in Bezug auf Jungen in der Schule, die gehäuft auftreten, die von Jungen und von Eltern oder Lehrkräften oft geschildert werden und die mir in der Arbeit in Schulen immer wieder auffallen und die den Lehrkräften und Jungen das Leben in der Schule schwer machen:
Eltern und Jungen beklagen häufig den offensichtlichen und mittlerweile fast schon sprichwörtlichen Männermangel in den Schulen und vermuten, dass sich dahinter ein Teil der Ursachen verbirgt, die zu Schwierigkeiten für Jungen in der Schule führen
Vielen Lehrkräften fällt dagegen zuerst die Unruhe ein, die viele Jungen ausstrahlen, ihr Bewegungsdrang und ihr Handeln-Wollen, dass sie etwa im Computerraum sofort loslegen und schnell aktiv werden – und dass Schule auf die dahinterliegende Bedürfnisse keine Antworten hat, außer die Idee, die körperliche Aktivität in den Sportunterricht zu verlagern und ansonsten den Jungen das Ausleben ihres Bewegungsdrangs weitgehend zu verbieten.
Auch normabweichendes Verhalten wird mit Jungen assoziiert – von Störungen im Unterricht bis zu Regelverstößen. Die Lehrkräfte werten dies nicht als normales Handeln, sondern legen es den Jungen als Bösartigkeit aus, was die Beziehung zu ihnen stört.
Zum Klagelied in Schulen zählt zudem die Lust vieler Jungen am Rangeln und Raufen, am auch körperlichen Messen, am Wettstreit in unzähligen Disziplinen, am Prahlen mit Wissen und Kompetenzen. Die meisten sehen darin nur eine Störung und bezeichnen jede Form von Aggression undifferenziert als Gewalt. Deshalb bieten die Schulen keine Räume an, in denen Schüler ihre Spaßkämpfe spielerisch ausleben können, sondern verhängen Generalverbote: »Kein Raufen auf dem Schulhof«; »Rennen verboten«; »Werfen verboten«; »Ballspiele verboten«.
Im Vergleich mit Mädchen ist aber auch das Wohlbefinden vieler Jungen in der Schule schlechter: Sie gehen nicht so gern hin, manche fühlen sich nicht sicher, wieder andere langweilen sich in der Schule.
Vielen Jungen fehlt bei den Lehrkräften die Prägnanz, sie erleben die Schule als diffus, weil Lehrkräfte einen Nebel verbreiten, der sie verwirrt. Stattdessen brauchen Jungen klare, persönliche Autorität: mit einer nahen Beziehung zu Jungen, mit gutem Kontakt und Interesse an ihnen – Lehrkräfte, die sich behaupten und die Regeln durchsetzen können.
Jungen zeigen ihr Bedürfnis nach Beziehung zu den Lehrkräften, nach positiver Autorität, auch in Konflikten und Formen der Abgrenzung. Viele Lehrerinnen und Lehrer reagieren darauf allergisch abweisend mit Beziehungsabbruch, sie bezeichnen dies als respektlos und wünschen sich »anständige«, harmonische Lehrkraft-Schüler-Beziehungen. Beziehungsabbrüche lassen das Interesse von Jungen an der Schule sinken, sie sind weniger gebunden und entfremden sich von der Schule.
Männlichkeitsausdrücke und -experimente von Jungen werden in der Schule überaus kritisch wahrgenommen und kommentiert. »Kleine Macker«, »Machos«, »Paschas«, die mit Männlichkeit protzen und nur Dominanzstreben zeigen. Männlichkeitskritik ist sicher notwendig, aber solange sie ohne Alternativen bleibt, sind Jungen auf schlichte Angebote aus Medien und Kommerz angewiesen. Symptomatisch ist auch die Frage: Wäre es vorstellbar, dass mit ähnlichen Begriffen über Mädchen geredet wird, die sich weiblich geben (z. B. »Tussis«, »aufgetakelt«, »Püppchen«)? Wohl kaum.
Vor allem Jungen nehmen Lehrkräfte oft so wahr, dass diese alle Jungen »über einen Kamm scheren«, dass zu viel von »den« Jungen gesprochen wird (im Sinne von: alle Jungen), dies gerne auch in einer Gegenüberstellung zu Mädchen. Dadurch übt man auf verschiedene Jungen mit unterschiedlichen Bedürfnissen und Verhaltensweisen einen homogenisierenden Druck aus. Vor allem die eher leisen Jungen oder Opferseiten von Jungen werden dabei übersehen. Auch gelingendes Verhalten »schwieriger« Jungen wird übergangen – überspitzt gesagt: Die Jungen sind immer alle gleich!
An vielen Stellen zeigen sich erschreckende Tendenzen der Schulentfremdung bei Jungen, die sich in der Schule nicht »abgeholt« oder auch »als Jungen« angesprochen fühlen. Die Schule bekommt oft ein schlechtes Im...

Inhaltsverzeichnis

  1. Cover
  2. Titel
  3. Impressum
  4. Inhalt
  5. Einleitung
  6. 1 Jungen in der Schule: Szenen und Themen
  7. 2 Was Jungen männlich macht
  8. 3 Zielhorizont der Jungenbildung in der Schule
  9. 4 Ansätze und Interventionen – sieben Vorschläge
  10. 5 Risiken, Nebenwirkungen und Ausblicke
  11. Literatur
  12. Über den Autor