Blender im Job

Vom klugen Umgang mit narzisstischen Chefs, Kollegen und Mitarbeitern

Bärbel Wardetzki

• Verlag: Scorpio Verlag
• Jahr: 2015
• ISBN:
  9783958030169
• Auflage: 1
• Thema: Psychology
• Thema: Applied Psychology

Grandios, selbstherrlich, egoman: Narzissten in der ArbeitsweltViele zwischenmenschliche Konflikte am Arbeitsplatz entstehen durch narzisstische Manöver, die dazu dienen, das Selbstwertgefühl zu erhöhen und damit das Gegenüber zum Claqueur für die eigene Großartigkeit zu degradieren oder es als inkompetenten Idioten zu entwerten.Geblendet von der eigenen Kompetenz und Größe verlieren diese Menschen den Kontakt zum anderen und konzentrieren sich nur auf den Erhalt ihrer Position und Macht. Dahinter lauert unsichtbar die Angst, nicht gut genug zu sein und womöglich zu versagen. Eine gleichwertige Arbeitsbeziehung ist unter diesen Umständen erschwert bis völlig aussichtslos.

III

VOM KLUGEN
UMGANG
MIT NARZISSTISCHEN
MENSCHEN

Was passiert, wenn wir narzisstisch strukturierten Menschen begegnen?

Bei Vorträgen und in Seminaren wird mir immer wieder dieselbe Frage gestellt: »Wie soll ich umgehen mit meinem narzisstischen Vorgesetzten oder meinen narzisstischen Kollegen?« Die Betroffenen sind hilflos und verzweifelt im täglichen Umgang mit ihren narzisstischen Chefs/Kollegen und sehen keinen Ausweg mehr. Hilfe tut not, denn die Qualen können mitunter unerträglich werden und im schlimmsten Fall krank machen.

In einem Seminar formulierten die Teilnehmerinnen ihre Reaktion auf narzisstische Chefs und Kollegen wie folgt:

	Ich traue mich nicht, meine Meinung zu sagen.
	Meine Chefin ist so dominant, ich werde bei ihr zum kleinen Mäuschen.
	Ich passe mich immer den Vorstellungen meiner Kollegen an und weiß gar nicht mehr, wer ich selber bin und was ich denke.
	Ich lasse mir die Arbeit aus den Händen nehmen, denn mein Mitarbeiter kann es sowieso besser.
	Wenn mein Chef abwesend ist, bin ich bei mir, aber kommt er in mein Büro, achte ich nur darauf, dass alles für ihn passt.
	Ich habe Angst, mit meiner Kollegin in Kontakt zu treten, weil ich nicht weiß, was dann wieder passiert.

Das sind Beispiele für minderwertig-angepasste Reaktionen auf ein narzisstisches Gegenüber, das dominant, teilweise herrisch, abweisend, kalt und unempathisch erlebt wird. Durch die Orientierung am anderen und dessen vermeintlichen Vorstellungen versuchen die Betroffenen, nicht negativ aufzufallen und Ablehnung zu vermeiden. Doch die Rechnung geht nicht auf, denn sie sind gefangen im fremden Selbst des narzisstischen Gegenübers. Unsere Reaktion auf narzisstische Menschen hängt stark von unserer Persönlichkeit ab. Je nachdem, wie selbstwertstark wir sind, werden wir mehr oder weniger Schwierigkeiten im Kontakt mit ihnen haben.

Charakteristika narzisstischer Beziehungen

Das Auffällige an narzisstischen Beziehungen ist die Unmöglichkeit, »einfach« so sein zu können, wie man ist, und stattdessen in einer bestimmten Weise sein zu müssen. Man orientiert sich mehr an den Vorstellungen des anderen als an sich selbst. Auch hat man in narzisstischen Beziehungen häufig »irgendwie« das Gefühl, falsch zu sein oder etwas falsch zu machen. Umso mehr versucht man sich anzupassen.

Der Paartherapeut Jürg Willi hat die spezielle Beziehungsthematik unter der Bezeichnung »narzisstische Kollusion« bereits Mitte der 70er-Jahre für Paare in Zweierbeziehungen beschrieben. Ich möchte diesen Begriff auch für die Arbeitsbeziehung verwenden. Unter Kollusion versteht Willi das gemeinsame Konfliktthema eines Paares. Übertragen auf die Arbeitssituation geht es um das Konfliktthema zwischen uns und dem narzisstischen Chef/Chefin, dem Kollegen/der Kollegin oder dem Mitarbeiter/der Mitarbeiterin. Wird es nicht gelöst, dann sind beide Seiten davon absorbiert und agieren entsprechend konflikthaft. So kann beispielsweise vor lauter Kampf, Unterordnung, Entwertung und Kränkung die Arbeit leiden. Das Denken und Verhalten der Akteure ist dann im Wesentlichen auf den emotionalen Konflikt gerichtet und weniger auf den Arbeitsinhalt. Für viele ist es sogar schwer, sich weiterhin auf ihre Tätigkeit zu konzentrieren, weil ihre Seele so verwundet ist und sie ihre ganze Energie einsetzen müssen, um sich zu schützen und die Konfliktsituation aushalten zu können.

Das narzisstische Konfliktthema kreist um die Fragen:

	Wer muss sich für wen aufgeben und wie viel Individualität und Autonomie kann gelebt werden?
	Dürfen wir uns abgrenzen oder müssen wir immer einer Meinung sein?
	Inwieweit muss ich den anderen in seinem Selbstgefühl aufwerten oder inwieweit kann ich mir beim anderen ein besseres Selbst entlehnen?^66

Daraus ergeben sich drei wesentliche Merkmale narzisstischer Beziehungen:

	Sie sind nicht gleichwertig angelegt, sondern immer charakterisiert durch ein Oben und Unten, einen Herrscher und einen Beherrschten, ein Überlegensein und ein Unterlegensein. Die Frage ist, wer oben und wer unten steht. In hierarchischen Strukturen ist die Antwort von außen vorgegeben, wie ich es am Beispiel der Ärzteschaft beschrieben habe. Aber auch in flacheren Hierarchien wird der grandios narzisstische Partner die Überlegenheit suchen und den anderen möglichst kleinhalten und von ihm Selbstaufgabe fordern. Für Autonomie, Selbstbestimmung und Individualität ist dann kein Raum.
	Sie neigen zu Konfluenz (Eins-sein). Damit ist das Zusammenfließen zweier Personen gemeint, die dadurch nicht mehr zu unterscheiden sind. Sie werden quasi eins. Konfluenz zeigt sich in der Vorstellung, immer einer Meinung sein zu müssen, nicht zu kritisieren und sich nicht abweichend von der Erwartung des narzisstischen Menschen zu verhalten. Anderssein, Distanz und Abgrenzung geben Anlass zu Konflikten und Kränkungen.
	Es besteht der Wunsch, durch den anderen in seinem eigenen Selbstwert erhöht zu werden, was zu ausbeuterischen Beziehungsmustern führt. Denn dann geht es nicht um die Person, sondern nur um ihre Funktion, das eigene Selbstbild positiv zu stärken. Insofern interessiert dann auch nicht das Fühlen, Denken und Wollen des anderen, sondern nur, ob er die Aufgabe erfüllt, den eigenen Selbstwert zu stärken.

Typologie von Reaktionsmustern

Es gibt eine Reihe von Reaktionsmustern auf narzisstische Menschen. Sie unterscheiden sich dadurch, ob sie:

	sich narzisstischen Chefs/Kollegen unterordnen oder unabhängig und autonom bleiben
	mit ihnen konfluent werden oder sich distanzieren und abgrenzen
	dem narzisstischen Menschen das Selbstwertgefühl stärken oder darauf angewiesen sind, es selbst gestärkt zu bekommen

Die Reaktion auf narzisstische Menschen ist so vielfältig, wie es Menschen sind. Wie wir uns in narzisstischen Beziehungen fühlen, ob wir uns unterordnen und konfluent werden oder nicht, hängt davon ab, wie selbstsicher wir sind.

Die Selbstbewussten

Am einfachsten haben es die, die wenig empfänglich sind für narzisstische Manöver. In der Regel sind das Menschen mit einem stabilen Selbstwertgefühl und einem positiven Narzissmus. Sie sind nicht so sehr auf die Bestätigung von außen angewiesen, denn sie haben einen guten Kontakt zu sich selbst und wissen daher auch um ihre Stärken und Schwächen. Durch die Wahrnehmung ihrer Wünsche, Ziele und Bedürfnisse, können sie autonom entscheiden, was ihnen wichtig ist und was sie erreichen wollen. Damit machen sie sich relativ unabhängig von der Beachtung und Anerkennung durch die narzisstischen Kollegen und Chefs. Der Maßstab ihres Handelns ist nicht die Zustimmung von außen, sondern die eigene Zufriedenheit. Die stellt sich ein, wenn sie ihre Ziele erreichen und ihre Grundbedürfnisse erfüllt sind.

Ein selbstbewusster Mensch wird sich seine Autonomie nicht so schnell nehmen lassen, er wird seine Meinung vertreten, sich abgrenzen und seine Ziele und Wünsche nicht verleugnen. Er hört mehr auf sich selbst, als sich darüber Gedanken zu machen, was der andere von ihm denkt und wie er ihn findet. Das schützt ihn vor dem narzisstischen expanded self und macht ihn frei, sich zu verhalten, wie es ihm passt. Er gibt seine Identität nicht für den n...

Inhaltsverzeichnis

• Cover
• Titelblatt
• Urheberrecht
• Inhalt
• Einleitung
• I. Narzissmus – Ein Schillernder Begriff
• II. Narzissmus In Der Arbeitswelt
• III. Vom Klugen Umgang Mit Narzisstischen Menschen
• Danksagung
• Literatur
• Anmerkungen