Das Kaffeehaus im Aischgrund (eBook)
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Das Kaffeehaus im Aischgrund (eBook)

  1. 300 Seiten
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Das Kaffeehaus im Aischgrund (eBook)

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Inhaltsverzeichnis
Quellenangaben

Über dieses Buch

Auf der Suche nach einem besseren Leben wandert Bauernsohn Michael Wegmann nach Amerika aus. 1867 kehrt er als gereifter Mann in seinen fränkischen Geburtsort zurück. Mit im Gepäck: ein Sack Kaffeebohnen, ein Klumpen Gold – und der Traum, in der Provinz ein außergewöhnliches Kaffeehaus zu eröffnen. Von den Einheimischen zuerst teils beneidet, teils belächelt, entwickelt sich Wegmanns Lokal bald zu einem Anziehungspunkt. Die unterschiedlichsten Menschen können hier ihre Erfahrungen miteinander teilen und sich ihren kargen Alltag mit Köstlichkeiten versüßen. Gesellschaftliche Umbrüche wie persönliche Tragödien werfen jedoch immer wieder ihre Schatten auf den Ort, an dem Geschichte und Geschichten sich treffen. Kann das Kaffeehaus die Wirren der Zeit überstehen und Wegmann sich seinen Lebenstraum bewahren?Der historische Roman für Franken – opulent, poetisch, episodenreich und dramatisch.

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Information

Jahr
2016
ISBN
9783869137452
 
1
Der Mann in den besten Jahren, der das Deck des Überseeseglers »Dorada« verließ, machte auf die Umstehenden den Eindruck eines aufgeräumten Menschen, eines Mannes mit Tatkraft und Schaffensgeist, der, nachdem er gerade den einen Kontinent hinter sich gelassen hat, nur darauf brennt, einen anderen Erdteil beherzt unter seine Füße zu nehmen.
Der mächtige Dreimaster war gerade mit viel Geschäftigkeit und Geschrei in den Hafen von Bremen eingelaufen, und dem Mann war die Mischung aus Herzklopfen und Handfreude anzumerken, mit der er seinen Lauf zielbewußt Richtung Innenstadt lenkte. Sein Blick verfolgte dabei aufmerksam die Kutschen, Fuhrwerke und Schiffsladungen, die wieselnden Passagiere, Kaufmänner, Seeleute und Hafenarbeiter – alles wurde gewissenhaft registriert und abgeschätzt. Der tabakbraune Vollbart verlieh seinem Auftreten Ernst und Bestimmtheit. Seine wachen Augen verrieten eine freundliche Aufgeschlossenheit für die vielfältigsten Erscheinungen dieser Welt. Fast pfiffig wirkte er in seiner Art, beim Tragen den lattengestützten Lederkoffer noch zu schwenken, als wäre es ein Kinderspiel, alle Habseligkeiten seines Lebens durch die Welt zu schleppen, um an einem ganz anderen Ort ein vollkommen neues Kapitel aufzuschlagen.
Unweit des Marktplatzes, beim stolzen Haus Schütting, nahe beim Roland mit Schild und Schwert, beim Rathaus und Dom, schien der Mann am Ziel seines Weges angelangt zu sein. Vor der Ladenfront einer Kolonialwarenhandlung hob er den Kopf und verschwand in dem hochgiebeligen Geschäftshaus mit den altehrwürdigen Fenstern. Als seine mittelgroße Gestalt wieder im Türrahmen auftauchte, folgte ihm ein älterer Kaufmann mit Vollbart und Glatze. Dann schüttelte man sich lange die Hände, bevor der Reisende seinen Koffer ergriff und sich einen zugebundenen Halbzentnersack über die Schulter warf. Dermaßen bepackt schlug er ohne Säumen seinen Weg zum Bahnhof ein, wo er vor dem Fahrkartenschalter seine Tragstücke absetzte, die Schultern einige Male hochzog und wieder herunterfallen ließ, in die geröteten, erhitzten Hände klatschte und dem knebelbärtigen Schalterbeamten hinter dem Schiebefenster sein Begehr zurief.
»Eine Fahrkarte für die Eisenbahn nach Nürnberg.«
»Bayern, wie?«
»Neustadt an der Aisch.«
»Wo soll denn das sein?«
»Auf halbem Weg zwischen Nürnberg und Würzburg.«
»Da müssen Sie sich in Nürnberg aber einen andern Zug suchen, für die Würzburger Linie.«
»Hauptsach, ich komm heim.«
»Die Würzburger Strecke ist funkelnagelneu. Da riecht man bestimmt noch den Lack und das Schmieröl überall. So etwa zwei Tage sind Sie da schon noch auf Achse.«
»Ein Kinderspiel, wenn man das große Wasser hinter sich hat.«
»Sie waren drüben, in Amerika?«
»Fünfzehn Jahre.«
»Was? Is ja ulkig. Scharenweise wandern hier die Leute Tag für Tag dorthin aus, als wär’s das gelobte Land, und Sie kommen wieder zurück – warum das denn?«
»Das ist eine lange Geschichte, werter Mann. Die wenn ich Ihnen erzähl, dann können S’ Ihren Schalter dicht machen, dann hocken wir zwei morgen früh noch da.«
»Was führen Sie denn da in dem Sack mit sich?«
»Kaffeebohnen. Fünfzig Pfund, köstlich geröstet. Soeben geholt im ersten Haus am Platz hier.«
»Warum schleppen Sie einen ganzen Sack Kaffeebohnen durch die halbe Welt? In Bayern gibt’s wohl noch keine?«
»Das hier sind ganz besondere Bohnen, erlesenste Qualität, mit denen will ich was ganz Bestimmtes anfangen.«
»Was denn, wo denn?«
»In Peppenhöchstädt.«
»Ach du liebes bißchen, wo ist das denn?«
»Ein kleines Seelennest, im Aischgrund.«
»In Bayern, was?«
»In Franken.«
»Na schön, von mir aus. Dort gibt’s nur Bier und noch keinen Bohnenkaffee, was? Dort brühen sie sich noch ihren Kraut- und Rübensud, nicht wahr?«
»Aus Gerste, Rüben und Zichorie.«
»Grundgütiger! Und deshalb tragen Sie also den Kaffee höchstpersönlich von Bremen in Ihr Kuhkaff dort?«
»Der halbe Zentner da ist ein Geschenk. Der Sohn des Kolonialwarenhändlers Böttcher ist ein guter Freund von mir gewesen, drüben überm Wasser, in Amerika.«
»Ja, wenn das so ist. Hier Ihr Billet.«
»Dankschön. Leben Sie wohl, guter Mann. Jetzt geht’s heim!«
»Alles Gute, Sie Heimkehrer. Eines kann ich Ihnen gleich sagen: Sie werden Ihre Rückkehr bestimmt noch bereuen!«
2
Am Bahnhof in Neustadt an der Aisch gab der Ankömmling seinen Koffer und den Halbzentnersack am Postschalter auf, nun hatte er die Hände und den Rücken frei. Er schnaufte tief ein und sah sich mit hungrigen Augen um. Die im ­Mittagslicht schimmernden Gleise hatten den Hutsberg mit seiner brandroten Tonerde aufgerissen wie ein Stück rohes Fleisch. Als er hinüberschaute zum Eichelberg, zum Schnappenstein, zu den Herrenbergen und zur Stübacher Steige, da erkannte er die Pforte zu seinem Aischgrund, der von hier aus breiter wurde, mit mehr Wald, mit leichteren Ackerböden. Die Häuser von Neustadt lagen vor ihm hingestreut in der Flußsenke wie Plätzchen in einer grasgrünen Porzellanschale. Seine Augen suchten die Stadtkirche, das Rathaus, das alte Schloß und die Stadttore. Fast kam es ihm vor, als könnte er die Rufe der Gerber und Wollweber, die Schläge der Zeugmacher und Nagelschmiede, das Geklapper der Pferdehufe und das Bellen der Hunde von drunten heraufhören in der frischen, klaren Herbstluft.
Der Horizont ganz weit unten bei Uehlfeld und Höchstadt flimmerte, als würden dort Schwärme von Dunstfischen durch die Lüfte fliegen. Alles wirkte so farbenfroh und nah, so greifbar, so verheißungsvoll. Wegmann spürte keine Müdigkeit mehr, nur ein elektrisches Pulsieren im Herzen, das ausströmte bis in Bauch und Haut. Ihm war es, als müßte er Türen aufreißen, Fenster öffnen, um einzutauchen ins Freie. Am liebsten hätte er den Wiesengrund mit ausgespannten Armen durchlaufen, hätte die in gewundenen Schleifen dahinschleichende Aisch überholen, sie antreiben und mit hin­eingeschleuderten Kieselsteinen weiterscheuchen mögen, daß die Karpfen, Barsche und Waller nur so auseinanderschießen würden. Von Herzen gern wäre er hinuntergerannt, hätte atemlos und mit stechenden Seiten verschnauft an einer schiefen Weide am Fluß, so sehr freute er sich mit einem Mal darauf, wieder heimzukehren in diesen so lieblich vor ihm liegenden Landstrich. Fünf Stunden Fußmarsch lagen noch zwischen ihm und seinem Kindheitsdorf. Nur noch fünf Stunden, bis er alle wiedersehen sollte, nach denen er sich jetzt so sehnte! Die Mutter, den Onkel, die Schwester. Nach den Abertausenden von Meilen in seinen Knochen und in seinem Kopf. Er setzte sich seinen hellen Hut wieder auf und machte sich auf den Weg, die staubige Landstraße den Aischgrund hinunter Richtung Dachsbach.
Durch die Bahnhofsstraße und durch das Windsheimer Tor gelangte er in die Stadt. Dort schaute er auf die gediegenen Geschäftshäuser, die gaffenden Bauern und Hausfrauen, die neugierigen Händler, Fuhrleute und Dienstboten auf der Straße, die plärrenden Mütter und Kinder vorm Diespecker Tor. Der Septembertag hatte noch einmal einen sommerblauen Himmel aufgespannt und überzog die Äcker und Wälder mit einem leuchtenden Schimmer. Die Farben von Reife und Ernte. Das satte Braun der Ackerböden, das Honiggelb und Weinrot im Laubwerk, das Feldgrau um die Krautbeete und Stauden, die fließenden Grüntöne der Wiesen und Kleefelder, der Rübenblätter und Hopfenreben. Versonnen im bunten Gewande, so hält der Weinmond seine Feier. Dieser Satz aus einem alten Hausbuch fiel Wegmann wieder ein.
Das Licht der späten Sonne spiegelte sich in den Scherben, die von einer Vogelscheuche herabhingen. Sonnenblumen streckten ihre strahlenden Gesichter zum Himmel. Als wären sie mit Schmalz eingerieben, so speckig glänzten die Erdschollen in den frisch gepflügten Feldern, wie Wellen im Ackermeer. Seine Sinne wollten alles sehen und aufsaugen, alles wahrnehmen und wertschätzen. So lange hatte sich Wegmann die Heimat im Geiste vorgestellt und ausgemalt – und nun sprang sie ihm beim Laufen und Schauen in Hülle und Fülle in die Augen, daß sie naß wurden und brannten.
In einem Wirtshaus in Diespeck hielt der Wanderer kurze Einkehr zum Vespern und Durstlöschen. Eine Brotzeit konnte man ihm servieren, Schwarzbrot und Preßsack, dazu eine geräucherte Bratwurst mit Gurken und Kren. Die drei Tage ohne richtigen Schlaf spürte er nun im Kreuz und in den Knochen, eine steinschwere Müdigkeit machte sich in ihm breit. Der Schankknecht musterte ihn mit unverhohlenem Argwohn. Ihm schien dieser Fremde im schlichten Werktagsanzug ein komischer Vogel zu sein, vielleicht ein Handeltreiber oder ein Stadtkrämer, aber solche redeten viel mehr. Der hier jedoch schaute nur als Kiebitz den vier kartelnden Zechkumpanen beim Schafkopfen zu, genoß schmunzelnd die derben Sprüche der Fuhrleute und blieb zugeknöpft und kurz angebunden über seinem Krug Bier.
»Trumpf! Hosen runter und raus mit deinem schlamperten Wenz!«
»An Trumpf kriegst, aber ohne die Schmier verreckst!«
»Raus mit der Hur aus’m Pfarrhof!«
»Wenns saudumm läfft, dann bricht dir die blanke Sau das Kreuz!«
»Ein Scheißblatt, von jedem Kaff ein krummer H...

Inhaltsverzeichnis

  1. Cover
  2. Inhalt
  3. 1
  4. 2
  5. 3
  6. 4
  7. 5
  8. 6
  9. 7
  10. 8
  11. 9
  12. 10
  13. 11
  14. 12
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  17. 15
  18. 16
  19. 17
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  21. 19
  22. 20
  23. 21
  24. 22
  25. 23
  26. 24
  27. 25
  28. 26
  29. 27
  30. 28
  31. 29
  32. 30
  33. Glossar
  34. Der Autor