1 Einleitung
Aus dem ursprünglichen Drei-Stoff-System des Betons mit Gesteinskörnungen, Zement und Wasser ist durch Hinzukommen von Zusatzmittel und Zusatzstoffen ein Fünf-Stoff-System geworden.
Legt man Bewehrungsstahl in den Beton, wird aus dem unbewehrten Beton bewehrter Beton bzw. Stahlbeton. Heute können dies Stahlfasern bei einer Reihe von Anwendungen sein, d.h. eine „Stahleinlage“ kann direkt in den Betonmischer oder Fahrmischer gegeben werden, sodass die Bewehrung mit dem Fahrmischer auf die Baustelle kommt. Eine geniale Idee, die aber noch nicht in vollem Umfang genutzt wird, im Vergleich zu anderen Betonen. Für den Hausbauer werden die Vorteile von Stahlfaserbeton als „fertig armierter Beton“ u.a. in [57] beschrieben.
Die DAfStb-Richtlinie „Stahlfaserbeton“ [16] hat lange auf sich warten lassen, ist seit dem Jahre 2011 bauaufsichtlich eingeführt und kann angewendet werden. Die Anforderungen, die sich für den Betonhersteller und den Verwender von Stahlfaserbeton ergeben, werden in den folgenden Ausführungen zusammengefasst und erläutert.
Die Ausführungen sollen Herstellern und Verwendern Hinweise geben und zeigen, welche Schritte unternommen werden müssen, um einen Stahlfaserbeton nach DAfStb-Richtlinie anbieten und einsetzen zu können.
Auch der Planende erhält Informationen darüber, wie beim Stahlfaserbeton Betonhersteller und Anwender arbeiten und welche Informationen der Betonhersteller benötigt, sodass ein Stahlfaserbeton nach DAfStb-Richtlinie „Stahlfaserbeton“ hergestellt, geliefert und eingebaut werden kann. Denn bereits in der Planungsphase werden Entscheidungen getroffen, die wichtige Grundlagen für den Einsatz eines Stahlfaserbetons nach DAfStb-Richtlinie sind.
Dargestellt und erläutert wird die Schnittstelle zwischen allen Beteiligten: Planer, Betonlieferant und Bauunternehmen. So sollte es mithilfe des vorliegenden Buchs möglich werden, dass Betonlieferanten – wenn Stahlfaserbetone unter Angabe von Leistungsklassen ausgeschrieben sind – Beton mit den entsprechenden Eigenschaften anbieten können, ohne den Ausschreibenden nach den Stahlfasermengen zu fragen, die dem Beton zuzugeben sind.
Die Ausarbeitungen in diesem Buch basieren auf der DAfStb-Richtlinie „Stahlfaserbeton“ Ausgabe 03/2010. Berücksichtigt wurde ebenfalls der Entwurf der Überarbeitung der Richtlinie mit Stand 07/2012 [15]. Dieser Entwurf ist im Bemessungsteil dem Eurocode 2 (DIN EN 1992-1-1 NA) angepasst und die Teile 2 und 3 sind in einigen Details korrigiert worden, die sich aus der praktischen Umsetzung der Richtlinie des Jahres 2010 ergeben haben und auch den Bearbeitungsstand der Überarbeitung der EN 206 (02/2012) berücksichtigen.
2 Einleitung zur DAfStb-Richtlinie „Stahlfaserbeton“
2.1 Allgemeines
Die Normenwerke für Beton wie die DIN EN 1992-1-1, die DIN EN 206-1, die DIN EN 13670 sowie die entsprechenden nationalen Anwendungsnormen der DIN 1045 ff und die weiterführenden Richtlinien des Betonbaus beziehen sich auf die Entwicklung der letzten Jahrzehnte in der Betontechnik. So begann die nennenswerte Zugabe von Zusatzstoffen erst in den sechziger Jahren, doch durch findige Ideen und dann folgende intensive Forschungstätigkeit wurden die Möglichkeiten – u.a. Flugasche dem Beton zuzugeben – deutlich ausgeweitet. Zunächst waren dazu allgemeine bauaufsichtliche Zulassungen sowohl für die Flugasche als auch für die Betonzusammensetzung erforderlich. Heute gehört der Einsatz von Betonzusatzstoffen zum Alltag in der Betontechnologie und bedarf nur noch in Ausnahmefällen bauaufsichtlicher Zulassungen, da viele Erfahrungen aus der Praxis in die Normung des Betonbaus eingeflossen sind, z.B. in DIN EN 450 ff.
Eine ähnliche Entwicklung vollzog bzw. vollzieht sich bei den Fasern. Aus den allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassungen ist eine Stoffnorm für Fasern in mehreren Teilen entstanden, die DIN EN 14889ff. In dieser Norm sind im Teil 1 Begriffe, Festlegungen und Konformität zu Stahlfasern geregelt und im Teil 2 Begriffe, Festlegungen und Konformität zu Kunststofffasern.
Die Stahlfasern können nach den Festlegungen der Norm als Betonausgangsstoff eingesetzt werden. Für den Einsatz von Fasern nach Teil 2 sind in Deutschland noch bauaufsichtliche Zulassungen für die Verwendung im statisch relevanten Bereich erforderlich.
Im derzeitigen Regelwerk der DIN EN 206-1/DIN 1045-2 ist nur das Zumischen von Fasern, die DIN EN 14889ff entsprechen, möglich. Die Fasern werden heute nicht mehr zu den Zusatzstoffen gezählt, sondern werden als eigener Betonausgangsstoff geführt. Damit ist der Beton von einem „Drei-Stoff-System“ über ein „Fünf-Stoff-System“ zu einem „Sechs-Stoff-System“ geworden.
Die Bemessung und Qualitätssicherung bei der Herstellung und Anwendung im Betonbau sind im weitesten Sinne nicht in einer Anwendungsnorm für Stahlfaserbeton geregelt. Die DAfStb-Richtlinie „Stahlfaserbeton“ greift dies auf und beschreibt für eine Vielzahl von statisch relevanten Bauteilen die Anwendungsregeln. Hierbei werden die Eigenschaften genutzt, die durch die Stahlfasern im Beton erreicht werden können. Im Bild 2.1 ist anschaulich dargestellt, wie der Belastungsdehnungsverlauf von einem Beton, Stahlbeton und einem Stahlfaserbeton im Allgemeinen aussehen kann.
Ausführlich werden die Anwendungen und Grundlagen in den folgenden Abschnitten beschrieben.
Bild 2.1: Kraft-Dehnungs-Diagramm für verschiedene Betonarten [91]
Auf der Grundlage des DBV-Merkblatts „Stahlfaserbeton“ des Jahres 2001 [22] und den Erfahrungen aus den Bauteilzulassungen wurde die DAfStb-Richtlinie „Stahlfaserbeton“ [16] erarbeitet. Die Bauteilzulassungen wurden bis zum Erscheinen der DAfStb-Richtlinie „Stahlfaserbeton“ auf der Grundlage des erwähnten DBV-Merkblatts [22] erstellt. Zum besseren Verständnis und für Auslegungsfragen wurde im Jahre 2004 noch eine Beispielsammlung für Stahlfaserbetonbauteile erarbeitet [19]. In der genannten Beispielsammlung wurden Anwendungsfälle, u.a. für Einfeldbalken, Durchlaufträger, Deckenplatte, Bodenplatte, querkraftbeanspruchter Plattenbalken, Tunnelinnenschale, Kellersohlplatte sowie Kelleraußenwände ausführlich beschrieben und Festlegungen für die Stahlfaserbetone nach DBV-Merkblatt aufgeführt und erläutert.
Die erarbeiteten Bauteilzulassungen lagen zu diesem Zeitpunkt für Bodenplatten, Wände, Fertiggaragen und vorgespannte Balken und Träger vor. Die bauaufsichtliche Einführung der DAfStb-Richtlinie „Stahlfaserbeton“ im Jahre 2011ermöglicht nun, dass die Anwendung in Bodenplatten und Wänden nicht mehr in Zulassungen geregelt sein müssen. In [16] wird auf die Erfahrungen aus den Bauteilzulassungen eingegangen.
Die technischen Regeln zum Stahlfaserbeton erschließen diesem Baustoff weite Anwendungsfelder. Die Umsetzung in die Praxis wird lediglich durch Unsicherheiten vieler planender und bemessender Ingenieure gehemmt.
2.2 Aufbau der DAfStb-Richtlinie „Stahlfaserbeton“
Die Mehrzahl der Richtlinien des Deutschen Ausschusses für Stahlbeton (DAfStb) sind so aufgebaut, dass die Änderungen und Ergänzungen gegenüber den derzeit gültigen Regelwerken DIN EN 1992-1-1 (DIN 1045-1), DIN EN 206-1/DIN 1045-2 sowie DIN EN 13670/DIN 1045-3 in einer Dreiteilung von Bemessung, Herstellung und Bauausführung zusammengefasst werden.
Bild 2.2: System Europäischer Normen als Grundlage für Bemessung, Ausführung und Baustoffwahl für Betonbauwerke (Hauptkomponenten)
Im Hinblick auf die Umsetzung des europäischen Normenwerks (Bild 2.2) zum Betonbau ist eine Anpassung der DAfStb-Richtlinie „Stahlfaserbeton“ an diese Normen bereits in Vorbereitung [15]. Die Dreiteilung in der Richtlinie [16] bleibt dabei, aufbauend auf DIN EN 1992-1-1 NA, DIN EN 206 sowie DIN EN 13670, erhalten. Die Regelungen aus den bisher vorliegenden und bauaufsichtlich eingeführten europäischen Normen (DIN EN 1992-1-1 NA) sind bereits in dem neuen Entwurf zur Überarbeitung der DAfStb-Richtlinie „Stahlfaserbeton“ [15] berücksichtigt.
2.3 Anwendungsbereiche
In der DAfStb-Richtlinie „Stahlfaserbeton“ wird der Anwendungsbereich in den Einleitungen zu den Teilen 1 und 2 angegeben. In der Richtlinie geregelt sind die Bemessung und Konstruktion von Tragwerken des Hoch- und Ingenieurbaus mit Stahlfaserbeton sowie die Kombinationsmöglichkeiten von Stahlfaserbewehrung und Betonstahlbewehrung.
Die Richtlinie kann auch angewendet werden für nichttragende Bauteile, wenn dies vertraglich vereinbart wird. Dazu können auch die Industrieböden zähle...