Im wilden Balkan
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Im wilden Balkan

Vom Berg Olymp bis zur albanischen Adriaküste um 1830.

  1. 480 Seiten
  2. German
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Im wilden Balkan

Vom Berg Olymp bis zur albanischen Adriaküste um 1830.

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Zu Beginn des 19. Jahrhunderts verlor das Osmanische Reich, in seiner Blütezeit einer der mächtigsten Staaten der Weltgeschichte, mehr und mehr an innerer Kraft. Wichtige, an den Rändern gelegene Regionen wie etwa Ägypten erklärten ihre Unabhängigkeit und insbesondere in Südosteuropa gelang es zahlreichen Volks- und Sprachgruppen immer besser, sich gegen die als bedrückend empfundene osmanische Oberherrschaft zur Wehr zu setzen. Auf ein großes allgemeines Interesse stieß dabei der mühevolle griechische Unabhängigkeitskampf, und nicht von ungefähr prägte man in Europa damals mit Blick auf den Orient das Wort vom "Kranken Mann am Bosporus". Allerdings waren sich die europäischen Nationalstaaten nicht einig darüber, wie man sich den Osmanen gegenüber nunmehr am besten zu verhalten hätte. Insbesondere England sah sich durch eine mögliche Ausdehnung der russischen Interessensgebiete bedroht, sodass man sich in London eher für den Erhalt des Reichs einsetzte, das sich unter Sultan Abdulmecid I. (1839-1861) und dessen auf das Allgemeinwohl hin ausgerichteten Reformen wieder festigen konnte. Zur besseren Beurteilung der Lage brachen wiederholt britische Gesandtschaften nach Konstantinopel auf, und auch Reisende sahen sich in den bedrohten Grenzregionen in teils offiziellem, teils inoffiziellem Auftrag nach den aktuellen politischen Gegebenheiten um. Im Jahr 1830 unternahm der Schotte David Urquhart eine solche Reise, die ihn von der Peloponnes über Mittelgriechenland und Thessaloniki nach Skutari/Skodar im heutigen Albanien führte. Der vorliegende Band hat Urquharts Erlebnisse vom Berg Olymp bis an die albanische Adriaküste zum Inhalt, eine Reise, die ihn, den begeisterten Freund und Bewunderer der türkischen Lebensweise, durch die eindrucksvollen, aber auch gefährlichen Täler und Schluchten des Balkangebirges führte.

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SECHZEHNTES KAPITEL

ZWEITER BESUCH IN ALBANIEN – VERÄNDERTE UMSTÄNDE – CHARAKTER UND WIRKUNG DER ORTSREGIERUNG – ARGYRÓKASTRO – MUNIZIPALSCHULDEN – DRAGOMANS – GRIECHISCHES VERHALTEN

Ein paar Monate, die ich im milden Klima des Abendlandes zubrachte; ein paar Monate lang behagliche Betten, regendichte Dächer, sanfte ebene Wege, gasbeleuchtete Straßen, wolkenumhülltes Wetter und einförmige Gesichter hatten mir allmählich – zuerst im Schlummer und dann in wachen Träumen – den glänzenden Himmel und die aufregenden Szenen des Orients zurückgerufen. Nun trafen die Nachrichten von einem neuem Aufstand in Albanien ein, endlich eine allgemeine Erhebung unter Führung des zaudernden Paschas von Skodra, von Reschid Pascha, der seine Spahi und Nizzam1 von fern und nah sammle und aufstelle. Die Asche des fast erloschen scheinenden Feuers hatte sich abermals frisch entzündet, und abermals sollte das Geschick des Osmanischen Reichs aufs Spiel gesetzt werden.
Nachdem ich einige Tage zwischen Reiselust und Klugheit gekämpft hatte, errang die erstere den Sieg. Im November 1831 schiffte ich plötzlich über den Kanal; eine schnelle Reise von zwölf Tagen brachte mich nach Otranto. Als ich von Otranto nach Korfu überfuhr, blickte ich mit herzlichem Entzücken wieder auf die albanischen Berge, aber Worte können nicht die erschütternde Wirkung beschreiben, die unerwarteter Kanonendonner auf mich hervorbrachte, der mich auf den adriatischen Wogen begrüßte. Auf Korfu hatte man einige allgemeine Nachrichten von einem Aufstand und Krieg in Albanien, aber ich konnte keine Auskunft über die jeweilige Position der Parteien erhalten. Ich hörte freilich von einer schrecklichen Niederlage Mustafa Paschas und einer Belagerung Skodras, aber die Kanonen, die ich bei der Überfahrt hörte, bewiesen mir, dass der Kreis der Feindseligkeiten viel ausgedehnter war. In nichts in meinem Entschluss gestört, überzeugt, ich würde auf Freunde bei der einen oder der andern Partei stoßen, wenig behindert und noch weniger ein Gegenstand der Plünderung, vertraute ich wie bisher auf die anzutreffende Gastfreundschaft und das menschliche Mitgefühl der vielsprachigen Stämme des Skipetarenlandes und beschloss, an der Küste gegenüber zu landen und mich mitten in das Getümmel zu stürzen.
Es war indes nötig, meinen Plan zu verbergen, wegen derselben Furcht, die ich schon bei meiner ersten Ankunft in Albanien gehabt hatte, man möge mich aus freundlicher Besorgnis um mein Leben in Arrest setzen und mein Diener mich verlassen. Nachdem ich daher im Auftrag meiner Freunde in Kephalénia1 und Griechenland angenommen war, entwich ich – statt an Bord des Dampfschiffes zu gehen – in die Gegend des Lazarettos1 hinunter und überschritt entschlossen die unwiderrufliche Schranke zwischen Zivilisation und Barbarei.
Der nächste Morgen traf uns an der Bucht von Hagía Saránta2, und kaum war ich gelandet, so geriet ich in Streit mit einem albanischen Buluk Baschi3. Seine Wohlgeboren residierten in einer zerstörten Scheune, und da er in seiner Person die verschiedenen Ämter und Eigenschaften eines Hafenmeisters, Zolleinnehmers, Quarantänedirektors, Platzkommandanten und Passwächters vereinigte, so bildete er sich ein, dazu berechtigt zu sein, sich das Vergnügen zu machen, mein Gepäck zu durchsuchen, meine Person zu durchmustern, meinen Pass zu befingern und mir Bezahlung für die Quarantäne abzunehmen, die ich nicht einhielt. Allen diesen Anmaßungen setzte ich ein entschiedenes Nein entgegen. Unwillig rief er aus: „Verlangt ihr von uns, unsere Pässe untersuchen und unsere Boote bezahlen zu lassen, unser Eigentum durcheinanderzubringen und dann uns in ein Lazaretto zu sperren, ohne zu erwarten, dass wir von euch nicht dasselbe verlangen? Nein, vallah, villah, tillah, ihr sollet für eure Quarantäne bezahlen, und ich muss jedes Stück in euren Satteltaschen sehen.“ Ich erwiderte: „Kennst du die Länge des Bartes vom Sadrazem4? Kennst du die Länge deines eigenen Leibes ohne den Kopf?“ Und ich ging an ihm vorbei, ohne die Antwort abzuwarten, die bei dieser unerwarteten Beschwörung auf seinen Lippen zu schweben schien. Ich befahl, meine ungeöffneten Satteltaschen zum Gemach des Agas zu bringen, setzte mich auf seine eigene Decke und befahl seinen Dienern, Kaffee und Pfeifen herbeizuschaffen und schnell ein Frühstück zu bereiten, da ich die ganze Nacht auf dem Wasser zugebracht hatte. Der so unerwartet bestürmte Aga ergab sich in sein Geschick und glaubte kaum, dass ich ein Franke sein könne. Als ich meine Befehle an seine Dienerschaft beendet hatte, trat er leise in sein Zimmer und setzte sich ruhig nieder. Ich erklärte ihm nun, es solle von dem, was vorgefallen, nicht weiter die Rede sein. Er müsse aber augenblicklich nach Pferden schicken und mir ein halbes Dutzend Leute besorgen, die mich nach Delvino1 geleiten könnten, sobald ich gefrühstückt hatte. Und am selben Abend kam ich in Delvino an, zu Pferd und begleitet von den Wachen des Aga von Hagía Saránta.
Ich war Korfu gegenüber gelandet. Das Volk und besonders die Behörden in dieser Gegend waren aufmüpfig und sowohl dreist als auch geldgierig geworden durch die Nachbarschaft dessen, was wir Zivilisation nennen. Ich hatte auf ihren eigentlichen, natürlichen und gastfreundlichen Charakter gerechnet. Ich hatte weder Firman2 noch Beweis von der Hohen Pforte, noch Mittel, der staatlichen Gewalt zu widerstehen, noch hätte ich mir eine Dienerschaft zu dem Preis kaufen können, den man mir abgepresst hätte, wäre ich dazu gezwungen gewesen. Es war nur ein Weg offen, nämlich der, den ich einschlug und auf dem ich durchkam. Das aber hätte auch fehlschlagen können.
Es war mir ein wahres Vergnügen, mich wieder heimisch zu fühlen im Orient, in diesem Gegensatz des milden, ruhigen, gelehrigen Daseins des Hauswesens und der stürmischen Bewegung des Hofes und Feldlagers, in dieser bequemen und zierlichen Tracht, in diesen geschmackvollen Zimmern und behaglichen Divans, in diesem himmlischen Klima und dem in beständiger Gemeinschaft mit der Natur verbrachten Dasein. Welche Erholung überdies von europäischer Langeweile, Politik, Theorien, Systemen, Beweisführungen und Gelehrsamkeit! Der Orient verdankt vieles von seinem Reiz den Gegensätzen, die verschwinden, wenn sie nicht mehr neu und ungewohnt sind. Aber er besitzt auch wirkliche Vorzüge, die mit Erfahrung und Gewohnheit immer mehr zunehmen und die in meinen Augen niemals so anziehend zu sein schienen wie gerade in diesem Augenblick. Abgesehen davon aber bot eben dieser Augenblick mir noch eine besondere Quelle der Freude. Ich kam geradewegs aus Europa, ich war im Süden Italiens durch Szenen beispiellosen Elends gekommen, ich hatte England unmittelbar nach dem wilden Tumult in Bristol1 verlassen, ich war auf meiner schnellen Reise der Erste gewesen, der in Lyon eintraf, nach dem mehr systematischen, aber auch blutigeren Aufstand in dieser Stadt2. Mit Blick auf meine Ansichten also, die ich über die Türkei, ihre Ein richtungen und ihre Bevölkerung dem allgemeinen Tadel der Weisen und Toren zum Trotz aufzustellen gewagt hatte, betrachtete ich nicht ohne ein Gefühl der Zufriedenheit und des Stolzes mitten unter den Unruhen Albaniens das Schauspiel, welches sich mir unter dem gastlichen Dach darbot, das mich beherbergte und das mir eine Aussicht auf den lieblichen Flecken verschaffte, in dem ich meinen ersten orientalischen Abend zubrachte.
Als ich zuletzt in diesem Land war, bot es ein Gemälde allgemeiner Anarchie und Zerrüttung. Der Sieg der Albaner musste offenbar zur äußersten Vernichtung der Quellen der Bevölkerung und Produktion führen; der Sieg des Sultans schien mir eine geringe oder jedenfalls eine zukünftige Besserung zu verheißen. Ich fand nun den Sultan triumphierend und den Großwesir die Stadt Skodra1 belagernd und im Begriff, sie einzunehmen. Augenblicklich entstand daher in meiner Seele die kaum früher erhobene Frage: Was wird die Auswirkung seines Sieges sein? Meine Aufmerksamkeit wendete sich daher ängstlich auf jeden noch so unbedeutenden Sachverhalt, der mich über den gegenwärtigen Zustand oder die Erwartungen der Bevölkerung aufklären konnte. Der erste Blick in Delvino zeigte mir eine Lage der Dinge, auf die ich schlechterdings nicht vorbereitet war. Ich will versuchen, sie zu beschreiben.
Bei meiner Ankunft war ich vor dem Haus des Statthalters Yussuf Aga abgestiegen. Italienische und französische Bücher lagen auf seinem Sofa, und als ich eintrat, hielt er ein Werk über griechische Münzen in der Hand. Er empfing mich äußerst höflich, sprach mit Begeisterung von der vorgegangenen glücklichen Veränderung und erzählte mir, ich sei zu einer für Delvino denkwürdigen Epoche eingetroffen (das allerdings wie an einem Festtag mit Volk angefüllt war), denn am nächsten Morgen würde man anfangen, die Burgen der verschiedenen albanischen Beys abzutragen, die die Stadt überragten und beherrschten. Er zeigte mir ein Verzeichnis der Bevölkerung des Distrikts mit einer Berechnung der Steuern, die die Leute in Zukunft bezahlen sollten. Dieses sollte bekannt gemacht werden, um gesetzwidrige Erpressung zu verhindern. Anstelle aller früheren Erhebungen waren die Steuern nun folgendermaßen festgesetzt:
Der Karatsch (Kopfsteuer) nach den Klassen, wie früher.
Der Zehnte oder Spahilik sollte dem Statthalter, nicht den Spahis bezahlt werden.
Ein Pauschalbetrag für alle andern Abgaben, 60 Piaster, etwa 15 englische Schillinge, für jede Feuerstelle und nicht ein einziger Asper1 mehr.
Er bemerkte, diese Einrichtung vermindere den früheren Betrag der Erhebung um zwei Drittel, während der Staatsschatz dennoch eine größere Summe erhalte als früher. Er äußerte dabei: „Der Sultan verdient es, von seinem Sieg Gewinn zu haben, aber auch die christliche und Ackerbau treibende Bevölkerung, durch deren Mitwirkung der Sieg errungen wurde, muss Teil daran haben.“ Da dies uns geradeswegs auf die Frage der griechischen Unabhängigkeit führte, so bemerkte ich, die Unabhängigkeit Griechenlands könne, wenn richtig benutzt, gewissermaßen zur Reorganisation der Türkei behilflich sein. Er richtete seine Augen auf einen neben ihm sitzenden Türken und sagte: „Nun, siehst du jetzt, dass ich Recht hatte mit dem, was ich dir sagte?“ und wieder auf mich blickend, sagte er mit einem Seufzer: „Die Leute verstehen sich selbst immer zuallerletzt.“1
Höchst überraschend war für mich der völlige Rückzug der Beys, deren Burgen zerstört werden sollten. Sie sagten: „Unser Tag ist vorüber, und Gott ist groß. Hätten wir gesiegt, so hätten wir es noch schlimmer gemacht und uns untereinander und um unsere Tschiftliks2 gezankt. Wenn es überall ruhig ist, so wird das besser sein als unsere Säbel.“ Einer von ihnen, schon ziemlich vorgerückt in Jahren, erzählte mir, es beginne ein neues Zeitalter, und er selbst „reiße sich die Augen aus“ bei dem Französisch Lernen. Alle, die ich anredete, mit Ausnahme weniger ganz alter Albaner, schienen keine Grenzen zu kennen in ihren Ausdrücken der Ergebenheit für den Sultan und der Bewunderung des Großwesirs. Auch ihr freundlicher Statthalter erhielt seinen Teil von Lobsprüchen und Zuneigung. Sie hatten sogar beschlossen, ihm auf eigene Kosten ein Serail zu bauen. Unter Anspielung auf die zum Abbruch verurteilten Türme, die von den die Stadt überblickenden Anhöhen herabdrohten, sagten sie, der Serail ihres Agas solle sich im Herzen der Stadt erheben3, und später bat mich eine Deputation der Stadtältesten, der Vermittler dieses Gesuchs bei dem Großwesir zu sein. Das also war der Eindruck meines ersten Aufenthalts in dem zerrütteten Albanien, nachdem ich aus den zivilisierten Gegenden des Westens gekommen war, wo die eine Hälfte der Welt die Türkei für ein lebendes Schauspiel von barbarischer Anarchie und Verbrechen ansah, und die andere Hälfte sie für eine wüste und träge Masse hielt, der längst der letzte Odemzug des Lebens entflohen sei.
Ich war Gast in einem bescheidenen Haus, dem es an keiner Bequemlichkeit fehlte, das manchen Luxusartikel bot; die Aufmerksamkeiten meines Wirtes waren unablässig, aber nie zudringlich; sein Benehmen angemessen achtungsvoll, ein Verdienst, das ebensosehr aus den Sitten und Gebräuchen des Landes wie aus der Freundlichkeit des Mannes entsprang. Seine Unterhaltung war der Art, dass man sie in Europa in jedem Stand für fein und lehrreich erachtet hätte und unendlich dem Stand überlegen, dem er anzugehören schien. Ich wurde eifrig bedient von mehreren Burschen, seinen Kindern, die, bis zu dem allerjüngsten herab, ihre Dienste mit einem Geschick verrichteten und sich mit einem Anstand betrugen, den sie als ihr permanentes Verhalten zeigten und die einem Abendländer völlig unverträglich erscheinen mit der üblichen Widerspenstigkeit und den üblichen Verhaltensformen ihres Alters. Behaglichkeit, Reinlichkeit und äußerste Sauberkeit charakterisierten das ganze Hauswesen, und die allgemeine Gelassenheit im Verhalten und Auserlesenheit des Benehmens hätten einen Fremden glauben machen können, man befände sich in der Abgeschiedenheit von jemandem, der die äußeren Zeichen des Glanzes und der Macht seiner Würde nach fordern könne, aber sie wegen seines guten Geschmacks verschmähe. Mein Wirt war nur ein Gerber, ein griechischer Rajah, dessen jährliches Einkommen 60 Pfund Sterling nicht überstieg. Er war auch gewählt zum Ortsältesten, Richter und Schiedsrichter, Verteiler und Einnehmer der Regierungssteuern, ein Amt, das in der Gemeinde für ein halbes Jahr gewählt und das unentgeltlich verwaltet wird.
An jenem Tag überraschten mich diese verschiedenen Punkte in ihrer Verbindung miteinander und stießen alle meine früheren Begriffe von Regierung und Geschichte um. Auch jetzt noch muss ich auf die damals in meinem Kopf entstandenen Gedanken zurückblicken wie auf einen Abschnitt in meinem Dasein.
Um aber die Gegebenheiten zu erklären, die eine solche Wirkung auf mich ausübten, muss ich eine Szene erwähnen, die ich wenige Tage zuvor in Apulien erlebt hatte und ohne die die gesellschaftlichen und häuslichen Charakterzüge, welche mir die Familie des Vorstehers von Delvino und der politische Zustand der Bev...

Inhaltsverzeichnis

  1. Cover
  2. Über den Autor
  3. Zum Buch
  4. Titel
  5. Impressum
  6. Inhalt
  7. Einleitung
  8. Erstes Kapitel
  9. Zweites Kapitel
  10. Drittes Kapitel
  11. Viertes Kapitel
  12. Fünftes Kapitel
  13. Sechstes Kapitel
  14. Siebtes Kapitel
  15. Achtes Kapitel
  16. Neuntes Kapitel
  17. Zehntes Kapitel
  18. Elftes Kapitel
  19. Zwölftes Kapitel
  20. Dreizehntes Kapitel
  21. Vierzehntes Kapitel
  22. Fünfzehntes Kapitel
  23. Sechzehntes Kapitel
  24. Siebzehntes Kapitel
  25. Achtzehntes Kapitel
  26. Neunzehntes Kapitel
  27. Zwanzigstes Kapitel
  28. Einundzwanzigstes Kapitel
  29. Zweiundzwanzigstes Kapitel
  30. Dreiundzwanzigstes Kapitel
  31. Vierundzwanzigstes Kapitel
  32. Fünfundzwanzigstes Kapitel
  33. Sechsundzwanzigstes Kapitel
  34. Siebenundzwanzigstes Kapitel
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