Ins Herz gebrannt
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Ins Herz gebrannt

Wie ich die Schrecken des Krieges hinter mir ließ und Frieden, Vergebung und Hoffnung fand.

  1. 384 Seiten
  2. German
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  4. Über iOS und Android verfügbar
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Ins Herz gebrannt

Wie ich die Schrecken des Krieges hinter mir ließ und Frieden, Vergebung und Hoffnung fand.

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Über dieses Buch

Ein nacktes Mädchen läuft weinend die Straße entlang. Hinter ihr die bedrohlichen Rauchwolken einer Explosion und bewaffnete Männer. Dieses Foto ging um die Welt - die Geschichte hinter dem Bild steht in diesem Buch. Es ist die Geschichte eines jungen Mädchens, das die Schrecken des Vietnamkrieges hautnah zu spüren be kom men hat. Wie durch ein Wunder überlebt die kleine Kim den Angriff einer Napalm-Bombe. Doch fast schlimmer als die schier unerträglichen chronischen Schmerzen, die sie von den Verbrennungen davonträgt, sind die seelischen Verletzungen, die der Krieg in ihrer Kinderseele hinterlässt. Schließlich möchte sie nur noch weg - erst aus dem Land, dann aus dem eigenen Leben. Doch kurz bevor sie sich das Leben nimmt, tritt eine Wende ein... Eine packende Biografie über den langen Weg der inneren und äußeren Heilung eines Kriegsopfers, das wahren Frieden gefunden hat. Und eine Geschichte, in der Gottes Gnade allen Schmerz überstrahlt.

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Information

Jahr
2018
ISBN
9783961223305
TEIL ZWEI:
AUSGEBEUTETES LEBEN
Kapitel 11: Pre-University School, Tien-Gang-Provinz

Spannende Entwicklungen
August 1981
Ich war neunzehn Jahre alt, froh, die Highschool geschafft zu haben, und wild entschlossen, Medizin zu studieren. Beim ersten Versuch wurde ich abgelehnt. Daraufhin bereitete ich mich ein ganzes Jahr lang auf die nächste Aufnahmeprüfung vor und besuchte dazu Vorbereitungskurse an einer Pre-University School (Vorschule der Universität). Eigentlich schnitt ich auch beim ersten Mal nicht schlecht ab, aber für die Anforderungen der Universität war es leider noch nicht gut genug. Also strengte ich mich nun umso mehr an und lernte noch intensiver, um meinem Traum, Ärztin zu werden, näher zu kommen. Ich freute mich auf meinen neuen Lebensabschnitt und wollte mich bestmöglich darauf vorbereiten, später anderen Kindern genauso gut helfen zu können, wie mir damals als Kind geholfen worden war.
Während ich gerade im Unterricht der Pre-University School saß, betraten vier Männer den Raum. Sie stellten sich vor als „Beamte aus Tây Ninh, die von Hanoi geschickt wurden“. Ich wurde nach vorne gerufen und angewiesen, mir Zeit für die Herren zu nehmen. Bereitwillig tat ich, was man von mir verlangte. Dass sich so wichtige Leute für mich interessierten, gab mir das Gefühl, auch ein bisschen wichtig zu sein. Immerhin war Hanoi die Stadt, in der unsere wichtigsten Regierungsvertreter saßen. Wie konnte es sein, dass man mich dort überhaupt kannte?
Die Männer erklärten mir, dass sie in Trang Bàng in Mamas Nudelsuppen-Restaurant nach mir gesucht hatten. Einer meiner Brüder hatte dort gerade gearbeitet und ihnen ihre Fragen bezüglich des „Napalm-Mädchens“, das sie suchten, beantwortet. Anscheinend hatte ein Kriegsreporter ein Foto von mir in seinen Unterlagen gefunden und sich gefragt, was wohl aus diesem Mädchen geworden sei. Er war einfach nur neugierig und hatte keine bösen Absichten, dennoch hatte seine Frage schwerwiegende Folgen für mich.
„Sie studiert in Tien Gang“, teilte ihnen mein Bruder freundlich mit. Das war die wichtigste Information für die Männer, danach machten sie sich auf den Weg.
„Sind Sie wirklich Kim Phuc?“, fragte mich jetzt einer der Herren.
„Ja, natürlich“, antwortete ich schnell und schob meinen linken Ärmel ein kleines Stück hoch, sodass man ein kleines bisschen von meinen Verbrennungen sehen konnte. Mehr wollte ich nicht zeigen.
„Sie ist es“, sagte ein anderer. „Man wird in Hanoi erfreut sein, dass Sie noch leben.“
Ein paar Wochen später kamen die vier Herren wieder – und dieses Mal nahmen sie mich mit. Ich protestierte nicht. Anlässlich des zehnten Jahrestages des Napalm-Angriffs auf Trang Bàng hatten bekannte Journalisten aus der ganzen Welt in Hanoi angerufen und sich erkundigt, wie es mir inzwischen ginge, erklärte mir einer der Männer. Ich hörte ihm zu und wunderte mich: Ich bin doch vollkommen unbedeutend. Warum interessieren sich ausländische Journalisten für mich?
Nach einer etwa einstündigen Fahrt führten mich die Herren in den schicken Konferenzraum eines Hotels in Saigon, wo schon eine Schar von Reportern, Fotografen, Kameraleuten und Dolmetschern auf mich wartete. „Ja, das ist sie! Hier kommt Kim Phuc! Wunderbar, Sie sind es wirklich!“ Der Moderator der Veranstaltung floss über vor Begeisterung. „Herzlich willkommen, Kim Phuc! Bitte nehmen Sie hier Platz!“
Der ganze Raum geriet in Bewegung: Jemand führte mich zu meinem Platz, ein anderer befestigte ein Mikrofon an meiner Tunika, die Beleuchtung wurde richtig eingestellt, der Sound getestet und ich hörte zufällig, wie jemand einer anderen Person erklärte, wie genau man meinen Namen buchstabiert – und ausspricht. Dann kamen die ersten Fragen. Zunächst war alles noch ganz einfach zu beantworten. Die Reporter fragten, wie es mir ginge, wie ich mich im Moment fühlte und welches Fach ich studierte. Ich begann gerade, mich aufgrund dieses netten Plaudertons zu entspannen, als mich einer der Journalisten mit festem Blick fixierte und mir eine Frage stellte, auf die er nur eine Zustimmung zu akzeptieren schien: „Kim Phuc, hassen Sie die Amerikaner für das, was sie Ihnen in Ihrer Kindheit angetan haben?“
Ich antwortete wahrheitsgemäß und entsprechend meinem Kenntnisstand: „Die Napalm-Bomben, von denen ich verletzt wurde, haben doch unsere eigenen südvietnamesischen Soldaten über uns abgeworfen, nicht die Amerikaner. Also nein, ich hasse die Amerikaner nicht!“ Während mein Dolmetscher sprach, begannen die Regierungsleute überall im Raum zu nicken und zufrieden zu grinsen. Da ahnte ich, dass mein Dolmetscher offensichtlich eine andere Meinung vertrat – und mir in den Mund legte.
Nach dem Interview gingen wir alle gemeinsam in die fünfte Etage des Hotels, wo ein riesiges Buffet mit unvorstellbaren Köstlichkeiten aufgebaut war. Da ich mich als enttäuschte, jedoch (noch) nicht losgesagte Caodai-Anhängerin vegetarisch ernähren wollte, ignorierte ich nicht nur das große Fleischangebot, sondern auch das Gemüse. Ich konnte schließlich nicht ausschließen, dass es mit tierischem Fett angebraten worden war. Also nahm ich nur Brot, bestreute es ein bisschen mit Salz und trank dazu ein Glas Wasser. Doch den Anblick dieses Buffets vergaß ich nicht mehr. Meine gesamte Familie hätte sich davon wochenlang satt essen können.
Im Oktober des gleichen Jahres begann mein Universitätsstudium in Saigon. Dieses Mal hatte ich die Zulassungsprüfung geschafft! Ich war voller Freude! Kinderärztin zu werden war mein großer Traum und ich war bereit, alles dafür zu geben, dass er wahr werden würde.
In der dritten Semesterwoche erschienen wieder die Regierungsbeamten, die mich bereits im Sommer besucht hatten. Es sollte nicht das letzte Mal gewesen sein. Immer wieder kamen sie unangekündigt vorbei und holten mich mitten aus den Vorlesungen und Seminaren heraus. Das zehnjährige Jubiläum des Napalm-Angriffs schien in Verbindung mit meinem Foto in der internationalen Medienwelt auf riesiges Interesse zu stoßen. Nachdem die Regierungsvertreter sich offensichtlich davon überzeugt hatten, dass ich gut für ihre Propaganda-Zwecke zu missbrauchen war, ließen sie nicht mehr locker. Zunächst kamen sie einmal die Woche, dann zweimal. Es lief immer nach dem gleichen Muster ab. Ein oder zwei Aufpasser aus Tây Ninh erschienen und diktierten mich nach draußen, ich musste eine staatliche Schuluniform anziehen und in ihren klapprigen Lieferwagen steigen, der mich dann zu einem Regierungsgebäude brachte. Jedes Mal empfingen mich dort bereits etliche ausländische Journalisten und bombardierten mich mit Fragen.
Fanden die Interviews frühmorgens statt, wurde ich schon am Vorabend aus meinem Studentenwohnheim in Saigon geholt und musste die Nacht auf einem Sofa in der Empfangshalle des Regierungsgebäudes verbringen. An erholsamen Schlaf war dort nicht zu denken. Am schlimmsten war für mich jedoch, was mein Dolmetscher mit mir machte. Ich hatte schnell verstanden, dass er von der Regierung instruiert worden war und den Ausländern Dinge über den Krieg und den Napalm-Angriff erzählte, die ich so niemals gesagt hätte. Erst Jahre später erfuhr ich, dass er grundsätzlich gar nichts übersetzte. Meine Antworten waren vollkommen egal. Stattdessen zitierte er vorformulierte Sätze, die in den höheren Regierungsebenen vorher aufgeschrieben worden waren. Obwohl es überall in der Welt berichtet wurde, hasste ich Amerika nie. Ich verachtete die Amerikaner noch nicht einmal. Doch nach all den Interviews, die von mir veröffentlicht worden waren, hätte mir das niemand geglaubt.
In den kommenden Wochen wurde ich immer häufiger aus dem Unterricht herausgerissen. Die Lage spitzte sich immer mehr zu. Hinzu kam, dass ich mit niemandem über das alles reden konnte – weder mit meiner Familie noch mit meinen Studienkollegen. Niemand durfte davon wissen, sonst hätte die Regierung mich und alle Mitwissenden schwer bestraft. Nach jedem Interview erklärte ich meinen Studienkollegen: „Mir ging es nicht so gut“, obwohl jeder sehen konnte, was wirklich los war: Ich wurde von mächtigen und rücksichtslosen Menschen für ihre Zwecke ausgebeutet. Aber diese Wahrheit konnte ich niemandem gegenüber auch nur andeuten. Die Aufpasser kamen immer häufiger und ich gehorchte ohne Widerrede. Mit jedem Fehlen wurde mein Rückstand im Studium größer. Während der ersten drei Monate an der Universität war ich mehr in Tây Ninh als im Unterricht. Ich konnte mich anstrengen, wie ich wollte, aber so viel versäumter Stoff war irgendwann schlichtweg nicht mehr aufzuholen.
So kam es, dass ich meinen einzigen Traum aufgeben musste. Als sich abzeichnete, dass ich niemals Kinderärztin werden würde, traf mich das härter, als ich es selbst gedacht hätte. Mit vielem hatte ich mich abgefunden: dass ich durch meine Verbrennungen anders als andere war, dass mich niemals ein Mann lieben und begehren würde und dass ich immer Narben und Schmerzen haben würde. Das war schwer genug, doch alles schien erträglicher mit der Aussicht auf einen Beruf, der mich begeisterte und in dem ich ganz aufgehen konnte. Aber nachdem mir diese Perspektive nun auch noch genommen worden war – was blieb mir dann noch im Leben? Mein Traum von einem Leben als Kinderärztin war endgültig ausgeträumt und daran waren allein diese Regierungsmänner schuld.
„Das dürfen Sie mir nicht antun!“, schrie ich dem Aufpasser einmal wutentbrannt ins Gesicht. Ich hatte meine Angst vor ihm verloren. Er hatte mich schon so oft abgeholt, dass er mir beinahe vertraut vorkam. „Lassen Sie mich endlich studieren! Ich bin eine Studentin, kein Propaganda-Objekt!“
„Sie sind jetzt eine sehr wichtige Person“, stieß der Aufpasser daraufhin nur zwischen seinen zusammengebissenen Zähnen hervor. „Die Regierung braucht Sie und Sie müssen kooperieren!“ Gab es nicht genug andere Verletzte und Kriegsopfer? Warum sollte ausgerechnet ich der Anti-Kriegs-, Anti-Demokratie- und Anti-Amerika-Botschaft ein Gesicht geben? Ich war ein unschuldiges, unerfahrenes neunzehnjähriges Mädchen und hatte das Ausmaß des Bösen, zu dem Menschen fähig sein konnten, offensichtlich immer noch nicht vollends erfasst. Nur eines hatte ich verstanden: In diesem Fall war es nicht gut, „eine wichtige Person“ ...

Inhaltsverzeichnis

  1. Einführung: Krieg und Frieden
  2. Karte von Indochina mit Nord- und Südvietnam und den Nachbarländern
  3. Vorwort: Sehnsucht nach glatter Haut
  4. TEIL EINS: BRENNENDER KÖRPER
  5. TEIL ZWEI: AUSGEBEUTETES LEBEN
  6. TEIL DREI: NACH FRIEDEN STREBEN
  7. TEIL VIER: VERSÖHNT
  8. Nachwort: An der Hoffnung festhalten
  9. Dank
  10. Bildteil
  11. Anmerkungen