KAPITEL 10
Gewächshaus-Modelle
„Die Nachteile gärtnerischer Arbeit unter unbeweglichen Glasstrukturen liegen auf der Hand.
Der natürliche Boden … ist niemals den lieblichen Einflüssen des Wetters ausgesetzt.“
John Weathers, Commercial Gardening (1913)
Die Idee einer geschützten Kultur während der kalten Jahreszeit hat Gärtner seit Anbeginn des Gartenbaus fasziniert. Gärten an Südhängen, Gärten im Windschatten einer dicken immergrünen Hecke oder Gärten, die sich an die besonnte Seite einer Steinmauer schmiegen, um die im Gestein gespeicherte Sonnenwärme zu nutzen, sind uralte Methoden, ein geschütztes Mikroklima zu schaffen. Der erste technische Schritt über die Naturkräfte hinaus, nämlich der Versuch, einen Garten mit einer durchscheinenden Platte zu überdachen, datiert aus der Zeit des antiken Pompeji, wo dünne Glimmerscheiben verwendet wurden, um frühe Gewächshäuser abzudecken.
Als ich mich das erste Mal näher mit Gewächshäusern befasste und ihr unglaubliches Potential erkannte, entstand bald der Wunsch, noch mehr daraus zu machen. Um den Nutzen, den sie boten, zu optimieren, wollte ich die nächste Kultur immer schon anlegen, noch bevor die bestehende geräumt war. Ich gab mich nicht damit zufrieden, nur die Jungpflanzen selber zu ziehen: Ich war mir sicher, dass es möglich sein müsste, zusätzliche Methoden zu entwickeln, um die Anzahl der Ernten pro Beet und pro Jahr zu erhöhen. Die nächstliegende Lösung war, die Gewächshäuser mobil zu machen. Angenommen, man könnte z.B. eine Kultur für die Winterernte bereits zwei Monate vor dem Zeitpunkt anlegen, ab dem sie Schutz benötigt, und gleichzeitig eine wärmeliebende Kultur zwei Monate länger wachsen lassen, dann würde das Gewächshaus quasi vierzehn Monate innerhalb der zwölf Monate eines Jahres in Gebrauch sein.
Die mobilen Gewächshäuser nenne ich gerne „die beste neue Erfindung für den Gartenbau des 21. Jahrhunderts.“ Eigentlich sollte es ja „Wiederentdeckung“ heißen, da, wie früher erwähnt, das erste bewegliche Haus, von dem es Aufzeichnungen gibt (ein großes, teures Glashaus), schon Ende des 19. Jahrhunderts in England gebaut wurde. Neu ist, diese Erfindung kostengünstig auf Folientunnel anzuwenden. Kommerzielle Gemüseproduzenten entwickelten das erste mobile Gewächshaus in der Hoffnung auf eine bessere Lösung für das Problem der Bodenmüdigkeit und den daraus resultierenden Anstieg von Schädlingen und Krankheiten. Die Möglichkeiten, die zu jener Zeit zur Verfügung standen – den Boden 40 cm tief abzutragen und zu ersetzen, oder ihn mit Dampf zu sterilisieren – hatten beide ihre Nachteile, nämlich hohe Kosten und Zerstörung der Bodenstruktur. Als man dann begann, Chemikalien für die Sterilisierung des Bodens zu gebrauchen, hatte die Idee verschiebbarer Gewächshäuser ausgedient. Wir haben sie wiederentdeckt, weil in ihnen ungeahnte Möglichkeiten für den modernen geschützten Bioanbau stecken.
Dimensionierung
Heute wissen wir, dass unsere ersten beweglichen 9 x 29 Meter-Häuser, die wir 1996 bauten, technisch einfach überdimensioniert waren. Wir hatten ja niemals zuvor Häuser in dieser Größenordnung bewegt, deshalb gingen wir punkto Festigkeit auf Nummer sicher. Jede Metallrippe wurde mit einer Querstange und einem Fachwerkträger verstärkt. Da die Häuser 29 m lang waren und wir sie ohne Ventilatoren belüften wollten, installierten wir eine kontinuierliche Dachentlüftung. Beides, die extrastarke Fachwerkkonstruktion und die Dachentlüfter, waren solide Entscheidungen, und die Häuser arbeiteten bestens, aber sie kosteten mehr als für Wintergewächshäuser nötig wäre. Auf der Grundlage dieser Erfahrung haben wir verschiedene Entscheidungen betreffend Verstärkung, Belüftung und Art der Mobilität der seither neu errichteten Häuser getroffen.
Gewächshäuser mobil machen
Eine Reihe verschiedener Möglichkeiten, Gewächshäuser mobil zu machen, sind im Buch The New Organic Grower diskutiert, unter anderem das Kugelrollen-System und diverse Kufensysteme. Sie alle waren zum einen oder anderen Zeitpunkt bei uns in Verwendung. Auf unserem steinigen Boden war es extrem schwierig, die Pfosten für das Kugelrollen-System in den Boden zu schlagen. Deshalb schraubten wir bei unserem zweiten 9 x 29 Meter-Haus 10er-Staffeln aus Zedernholz als Kufen auf die Unterseite der L-Profilleiste, die die Tunnelbögen verband. Das ergab gute Kufen, aber die Kufen-Boden-Reibung war so groß, dass unser Kleintraktor nicht stark genug war, um das Haus zu bewegen. So mieteten wir einmal im Jahr einen Abschleppwagen aus dem örtlichen Wirtschaftshof (ein wunderbares, riesiges Modell mit zwei Winden und verlängerten Windenarmen), der ausreichend „Muskelkraft“ für die Bewegung des Hauses bot. Da wir mit dem Kufensystem weitermachen und die Häuser immer noch mit unserem Traktor bewegen wollten, entschieden wir uns später für kleinere Häuser und leichtgängigere Kufen.
Ein Folienhaus mit 15 m Länge und 6,5 m Breite auf 5 x 7,5 cm starken Kufen aus feuerverzinktem Kantrohr.
Unsere neuen Häuser sind 15 m lang und 6,5 m breit. Die Länge war zum Teil durch den Standort vorgegeben, aber auch dadurch, dass wir eine Stirnwandbelüftung planten. Die Belüftung eines Tunnels im Sommer über die Stirnwände ist in unserem Klima möglich, wenn die Tunnellänge die dreifache Breite nicht übersteigt. Längere Tunnel weisen in der Mitte einen Totpunkt ohne Luftbewegung auf. Ein dritter Grund für die Wahl kleinerer Häuser war, dass sie so leichter zu bewegen waren.
Jeder Bogen in unseren neuen Häusern hat eine eigene Querstange, die aber bei weitem nicht so klobig ist wie die Fachwerkverstrebungen der größeren Häuser. Die schlankere Konstruktion wird ergänzt durch diagonale Verstärkungen in den Ecken des Hauses. Wir behielten die Querstangen an jedem Bogen bei, weil wir sie für notwendig hielten, um bei m Verschieben des Hauses ein Aufspreizen der Bögen zu verhindern. Außerdem bieten die Querstangen eine Über-Kopf-Struktur, mit deren Hilfe aufgeleitete Gemüsearten wie Tomaten und Gurken im Sommer in den Häusern kultiviert werden können.
Die ersten der 15 m langen Häuser wurden auf Kufen aus 5 x 7,5 cm feuerverzinktem Kantrohr errichtet. Diese Rohrkufen waren ein handelsübliches Produkt, das als Stütze in mehrschiffigen Glashäusern derselben Firma verwendet wurde, bei der wir die Folientunnel gekauft hatten. Wir mussten keine senkrechten Verbindungsstücke zur Befestigung der Kufen an die Tunnelbögen schweißen, wie das bei den ersten Häusern notwendig war, weil die Firma auch eine Tunnelbögenhalterung verkauft, die gebraucht wird, wenn die Bögen auf einem Betonfundament befestigt werden. Diese Halterung konnten wir verwenden, um unsere Kufen anzuschrauben. Wir verbanden drei 5 m lange verzinkte Kantrohre zu einer Kufe für das 15 m lange Gewächshaus. Die Verbindungen verstärkten wir durch ein 60 cm langes Kunststoffstück (aus Recycling-Kunststoff), das jeweils ins Ende der Rohre geschoben wurde; anschließend wurde eine Bogenhalterung direkt über dem Stoß montiert und rechts und links desselben festgeschraubt, sodass die Rohre fest verbunden waren.
Wenn ein schwerer Schlitten über den Boden gezogen wird, neigt das vordere Ende dazu, einzusinken. Dieses Problem lösen wir folgendermaßen: erstens verwenden wir ein Paar 40 cm lange „Schispitzen“ aus 6 mm Stahl. An dem Tag, an dem der Tunnel bewegt werden soll, schieben wir diese „Schispitzen“ auf das vordere Ende der Kufen. Zweitens platzieren wir ein 30 cm langes Rundholzstück mit einem Durchmesser von ca. 30 cm etwa 2,5 m vor jede der Schispitzen. Die Zugseile, die an der Vorderseite des Hauses befestigt sind, laufen nun über die rollenden Rundhölzer und üben so eine zusätzliche vertikale Kraft aus.
Wir ziehen mit zwei Zugseilen an je einer Seite des Hauses. Diese Seile sind an der Traktorvorderseite befestigt und laufen links und rechts über Lenkrollen, die jeweils auf einem Bodenanker montiert sind und sich genau an den zwei Eckpunkten befinden, an denen das Haus positioniert werden soll. Da das Haus an jeder Seite gerade nach vorne gezogen wird, geht dieser Vorgang sehr leicht. Wenn es seine Endposition erreicht hat, wird das Haus an jeder Ecke durch Anketten der Kufen an einem ca. 110 cm langen, in den Boden gedrehten Bodenanker mit fast 2 Tonnen Zugkraft fixiert.
Mobile „Schispitze“ aus 6 mm starkem Stahl am Vorderende einer Kufe für ein bewegliches Folienhaus.
Blick aus dem Inneren eines Folientunnels, unmittelbar nach Beginn des Verschiebevorgangs. Der Tunnel kommt zum Stillstand sobald das hintere Ende den Wasser- und Stromanschluss erreicht hat. Wasser- und Stromanschluss bleiben immer innerhalb des Tunnels.
In Georgia besuchte ich einen Produzenten, der diese Schlitten-Idee aufgegriffen, sie aber einfacher und kostengünstiger ausgeführt hatte, indem er für die Kufen statt des Kantrohres Winkeleisen verwendete. Diese Winkeleisen lagen flach am Boden, mit der vertikalen Kante an der Außenseite des Gewächshauses. Für die volle Länge des Folientunnels waren mehrere Teilstücke mittels Platten und Schrauben miteinander verbunden. Alle 1,20 m waren in die senkrecht stehende Außenkante je zwei Löcher gebohrt. Jeweils in der Mitte dieser beiden Löcher war ein Tunnelbogen positioniert und mittels U-Schelle an der Kufenaußenkante befestigt. Diagonale Verstrebungen gaben der ganzen Konstruktion Stabilität. Das war genial und sicher die billigste Kufenausführung, die ich je gesehen hatte.
Diagonale Aussteifungen in der Dachkonstruktion eines beweglichen Folienhauses.
Ein Gewächshaus auf Rädern
Unsere nächste Entwicklungsstufe war ein 6,5 x 15 m Folienhaus auf Rädern, das von 3 starken Personen bewegt werden konnte – ein Traktor war nicht nötig. Bei diesem Modell lagen Rundrohre mit einem Durchmesser von 5 cm unter beiden Längsseiten des Folienhauses auf dem Untergrund. Wir schraubten an die Basis jedes Tunnelbogens ein Metallrad. Diese sogenannten Profilrollen haben ein nach innen gewölbtes Profil und rollen problemlos über die Rohre. Wir verwendeten dieselben Profilrollen, wie sie auch bei Schiebetoren von Maschendrahtzäunen üblich sind, welche oben auf einer runden Laufschiene entlanggleiten. Da die einzelnen Bögen dieses mobilen Gewächshaustyps nicht mit den Schienen verbunden waren, brachten wir sowohl an den Seiten als auch in der Dachkonstruktion zusätzliche diagonale Aussteifungen an. Ebenso gab es im oberen Teil der Stirnwände Querverbindungen, um ein Auseinanderbrechen des Gerüstes beim Transport zu verhindern.
Profilrollen und Rundrohre als Schienen für ein mobiles Folienhaus.
An den Grundkanten dieses Folienhauses ist eine doppelte Wellendrahtschiene10 (→ siehe Kasten nächste Seite) zur Fixierung der Folie montiert. Da das Haus durch die Profilrollen leicht erhöht steht, befindet sich zwischen der Unterkante (unterhalb der Wellendrahtschienen) und dem Untergrund ein schmaler Spalt, den es bei kaltem Wetter zu schließen gilt. Um dies zu ermöglichen, lassen wir bei der Eindeckung des Tunnels an beiden unteren Längskanten unterhalb der Wellendrahtschiene einen 60 cm breiten Folienrand überstehen. Wenn es notwendig wird, das Gewächshaus gegen schlechtes Wetter abzuschotten, beschweren wir die überstehende Folie mit Säcken (alternativ könnte man die Folie auch eingraben). Jeder Sack ist mit 7 kg Straßenschotter gefüllt, der, wenn die Säcke einmal löchrig werden und nicht mehr zu verwenden sind, zum Ausbessern unserer Wege gebraucht wird. Selbstverständlich ist es auch möglich, die Säcke mit Erde vom Acker zu füllen, und diese später wieder dort abzuladen.