Kapitel 1
Sie haben eine Stiftungsidee - wie geht es weiter?
In diesem Kapitel
• erfahren Sie, welche Möglichkeiten eine Stiftung Ihnen bietet,
• lernen Sie Gestaltungsmöglichkeiten und Alternativen im Überblick kennen und
• erfahren Sie, warum Sie Ihre Stiftung schon zu Lebzeiten gründen sollten, auch wenn Sie Ihr Vermögen erst von Todes wegen zuwenden wollen.
In diesem Kapitel erfahren Sie...
Was bietet Ihnen eine Stiftung?
Jede Stiftung ist einzigartig. Jeder Stifter schafft aus seiner individuellen Situation heraus, nach seinen Wünschen und Bedürfnissen, eine ganz neue Institution.
Eine Stiftung, egal ob selbstständig oder treuhänderisch, bietet dem Gründer viele Vorteile und Gestaltungsmöglichkeiten, die sich zum Teil von anderen gemeinnützigen Organisationsformen unterscheiden.
• Persönliches Engagement
In einer Stiftung kann der Stifter seinem Bedürfnis, für das Gemeinwohl tätig zu werden, Raum geben. Denn eine Stiftung vermittelt einen unmittelbaren persönlichen Bezug zum eigenen gemeinnützigen Engagement und ermöglicht eine optimale Kontrolle über die Verwendung der Mittel.
Der Stifter kann so seiner Dankbarkeit, seinem Verantwortungsgefühl, seiner Betroffenheit, seiner Heimatverbundenheit oder seiner Hilfsbereitschaft ideal zur Geltung verhelfen. Eine Stiftung kann das eigene Lebenswerk über den eigenen Tod hinaus sichern. Mancher Stifter betrachtet die Stiftungsgründung als Anfang einer zweiten Karriere nach dem Berufsleben. Aber auch viele Initiativen von jungen Menschen führen heute zur Gründung einer Stiftung.
• Nachhaltige Verwirklichung einer gemeinnützigen Idee
Eine Stiftung ist wie keine andere Organisationsform in der Lage, langfristige Ziele zu erreichen und nachhaltig auf Probleme einzugehen. Kontinuierliche Erträge aus dem Grundstockvermögen gewährleisten auf Dauer die Leistungsfähigkeit.
• Besonders vorteilhafte steuerliche Möglichkeiten
Eine Stiftung ist kein Steuersparmodell für den Stifter, denn er überträgt sein Vermögen für immer auf die gemeinnützige Stiftung. Innerhalb gewisser Grenzen kann er diese Zuwendung aber von seinen Einkünften abziehen und zahlt darauf dann keine Steuern. Stiftungsgründer und Zustifter dürfen einmal in zehn Jahren bis zu eine Million Euro als Sonderausgaben abziehen. Dazu kommen die allgemeinen Abzugsmöglichkeiten für Zuwendungen an gemeinnützige Organisationen. Damit sind Zuwendungen in den Vermögensstock von Stiftungen steuerlich deutlich stärker begünstigt als jede andere Art des gemeinnützigen Investments.
• Erbgestaltung
Eine Stiftung bietet sich immer dann besonders an, wenn keine Erben vorhanden sind oder diese nicht über den Pflichtteil hinaus bedacht werden sollen. Mit einer Stiftung kann der Stifter sein Vermögen als Ganzes erhalten und zweckgebunden verwenden. Auf diese Weise kann sichergestellt werden, dass der Fiskus als »Erbe« ausscheidet und der Stifter über den Tod hinaus in der Gesellschaft mit seiner Idee und seinem Kapital wirkt.
dp n="16" folio="19" ?Eine gemeinnützige Stiftung zahlt weder Erbschaft- noch Schenkungsteuer auf das ihr übertragene Vermögen. Das Kapital bzw. die eingebrachten Vermögensgegenstände bleiben erhalten. Entscheidet sich ein Erbe innerhalb von zwei Jahren, nachdem eine Erbschaft angefallen ist, das Geerbte einer gemeinnützigen Stiftung zuzuwenden, entfällt rückwirkend die Erbschaftsteuer.
• Marketinginstrument
Die soziale Verantwortung von Unternehmen als »corporate citizens« nimmt einen immer höheren Stellenwert ein. Eine Möglichkeit, dieser Rolle gerecht zu werden, ist die Gründung einer Stiftung. Unternehmen können damit mehrere Ziele erreichen. Viele Firmen nutzen eine Stiftung dazu, ihr gesellschaftliches Engagement strategisch zu bündeln und nach außen hin sichtbarer zu machen. Das dadurch entstehende positive Image nutzen sie im Rahmen ihrer Marketingstrategie.
Unternehmen können durch die Arbeit einer Stiftung auch eigene Kompetenzen stärken, Mitarbeiter motivieren oder das lokale Umfeld so aufwerten, dass der Unternehmensstandort attraktiver wird. Eine Stiftung kann so auch ein Mittel der Personalentwicklung und Personalbindung sein.
• Unternehmensnachfolge
Eine Stiftung kann als Lösung für eine problematische Unternehmensnachfolge in Betracht kommen. Wenn es beispielsweise mehrere Erbberechtigte gibt, kann durch die Errichtung einer Stiftung einer Zerstückelung der Unternehmensanteile vorgebeugt werden. In der Satzung kann darüber hinaus festgeschrieben werden, dass die Unternehmensanteile (die dann ja zum Stiftungsvermögen gehören) auch auf lange Sicht nicht veräußert werden dürfen. Für das Unternehmen liegt der Vorteil darin, dass Kontinuität im Gesellschafterbestand gewährleistet wird. Der Stifter kann auf diese Art sicherstellen, dass das Unternehmen weitergeführt wird und sein Lebenswerk erhalten bleibt. Ist die Stiftung gemeinnützig, lässt sich so auf ideale Weise der Erhalt des Unternehmens mit der Förderung des Gemeinwohls verbinden.
dp n="17" folio="20" ?
Wann sollten Sie über eine Alternative nachdenken?
Nicht immer ist die Gründung einer Stiftung die beste Lösung
Entscheidungsfaktoren: Kapitalausstattung, Beteiligungsmöglichkeiten, Aufwand
Ihre Idee braucht zur vollen Entfaltung ein passendes Gewand. Eine eigene Stiftung ist aber nicht unter allen Umständen die beste Lösung. Bevor Sie sich also endgültig für die Gründung einer Stiftung entscheiden, sollten Sie überprüfen, ob eine andere Möglichkeit, gemeinnützig tätig zu werden, nicht besser zu Ihnen und Ihren Zielen passt.
Sie sollten in jedem Fall über eine Alternative zur Stiftung nachdenken,
•
wenn Sie nicht mehr als 50 000 Euro investieren können oder wollen. Die Verwaltung und Organisation einer Stiftung sowie deren Arbeit benötigen finanzielle Mittel. Ein Jahresertrag von 2 500 Euro - dies entspricht einem Zinsertrag von 5 Prozent aus 50 000 Euro - bildet aller Erfahrung nach das untere Limit für eine funktionsfähige Stiftungsarbeit.
•
wenn Sie in partizipativen Strukturen arbeiten möchten. Bei der Stiftung sind die Organe dauerhaft an den Stiftungszweck gebunden, also an den ursprünglichen Stifterwillen, wie er in der Satzung Ausdruck gefunden hat. Die Organe führen diesen Willen auch nach dem Tod des Stifters unveränderlich aus. Da die Stiftung keine Mitglieder und keine Gesellschafter hat, sind Inhalte und Ziele einer demokratischen Veränderung entzogen.
•
wenn Sie den zeitlichen und persönlichen Aufwand so gering wie möglich halten wollen oder müssen. Eine Stiftung ist mit dem Stifter sehr eng verbunden. Der Stifter gibt ihr durch die Satzung und durch seinen persönlichen Einsatz ihr besonderes Gepräge. Das persönliche Engagement des Stifters ermöglicht ihm, schon zu Lebzeiten
➟ die Wirksamkeit seiner Stiftung zu prüfen,
➟ zu entscheiden, ob die Realisierung seinen ursprünglichen Ideen gerecht wird,
➟ die Zweckmäßigkeit und Effizienz seiner Stiftung zu überprüfen und
➟ gegebenenfalls Korrekturen vorzunehmen oder (bei der treuhänderischen Stiftung) mit dem Treuhänder der Stiftung entsprechende Veränderungen zu besprechen.
Die Möglichkeit, sich persönlich intensiv in die Arbeit einbringen zu können, stellt einen ganz wesentlichen Vorteil einer Stiftung dar. Falls Sie diese Möglichkeit nicht wahrnehmen können oder wollen, sollten Sie ebenfalls über Alternativen nachdenken.
Die Alternativen
Als Alternativen zur Gründung einer gemeinnützigen Stiftung kommen insbesondere in Betracht:
Der Verein
Der Verein ist eine Organisationsform, bei der Gleichgesinnte oder Betroffene sich gemeinsam Ziele setzen und diese »vereint« erreichen. Ein Verein bindet Menschen an die Vereinsidee, indem er sie als Mitglieder einbezieht. Hier liegt der grundlegende Unterschied zur Stiftung: Die Mitglieder können gemeinsam den Vereinszweck ändern oder den Verein wieder auflösen.
Der Verein: Beteiligungsmöglichkeiten und Flexibilität
Aufgrund dieser demokratischen Strukturen stellt der Verein in Bezug auf Flexibilität und Anpassungsfähigkeit eine ideale Alternative zur Stiftung dar. Gelegentlich wird ein Verein auch als Vorläufer einer Stiftung gegründet. Mit geringen Mitteln kann so zunächst die »Markttauglichkeit« der Stiftungsidee getestet werden.
Der Verein kann besonders dann interessant sein, wenn das Grundkapital deutlich unter 50 000 Euro liegt. Denn ein Verein benötigt kein Mindestkapital. Er finanziert seine Arbeit nämlich nicht durch Kapitalerträge, sondern durch Mitgliedsbeiträge und Spenden. Getragen wird ein Verein durch das - zumeist ehrenamtliche - Engagement seiner Mitglieder.
Ein Verein kann grundsätzlich die gleichen Ziele und Zwecke verfolgen wie eine Stiftung. Allerdings werden Zuwendungen in das Vereinsvermögen nicht so stark steuerlich gefördert wie bei selbstständigen und treuhänderischen Stiftungen. Generell ist die Kontinuität des Vereins daher stärker von den Mitgliedsbeiträgen geprägt.
Die Zustiftung
Die Zustiftung: geringer Aufwand, nachhaltige Wirkung
Durch eine Zustiftung wird das Vermögen einer bereits bestehenden Stiftung erhöht. Die Zustiftung fließt dem Grundstockvermögen dieser Stiftung zu und darf normalerweise nicht verbraucht werden. Sie trägt dazu bei, die Erträge einer bestehenden Stiftung nachhaltig zu vergrößern. Der Zustifter sucht sich eine Stiftung aus, die seinen Vorstellungen entspricht und die Zustiftungen zulässt. Dieser stiftet er sein Vermögen zu. Dabei kann der Zustifter zwar keinen Einfluss auf die Satzung der bestehenden Stiftung nehmen, aber er kann sicher sein, dass sie sich auch nicht mehr ohne weiteres verändert. Vermögensverwaltung und Stiftungsarbeit liegen ganz in den Händen der Stiftung, ...