Auf dem Weg zum gemeinsamen Unterricht?
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Auf dem Weg zum gemeinsamen Unterricht?

Aktuelle Entwicklungen zur Inklusion in Deutschland

  1. 336 Seiten
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Auf dem Weg zum gemeinsamen Unterricht?

Aktuelle Entwicklungen zur Inklusion in Deutschland

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Inhaltsverzeichnis
Quellenangaben

Über dieses Buch

Seitdem in Deutschland 2009 die UN-Behindertenrechtskonvention in Kraft getreten ist, hat sich "Inklusion" gerade im Schulbereich zu einem Kernbegriff der bildungspolitischen Diskussion entwickelt. Doch wie weit ist die Umsetzung der Konvention in den Bundesländern bereits vorangeschritten? Dieser Band betrachtet sowohl den gemeinsamen Unterricht von Kindern mit und ohne Förderbedarf als auch die schulgesetzliche Umsetzung von Inklusion und gemeinsamem Lernen: Nach einer begrifflichen Klärung und einem Gesamtüberblick zur schulischen Inklusion in Deutschland werden in 16 Bundeslandprofilen die Ausbaustände und Gesetzeslagen im Detail vorgestellt und durch Eindrücke aus der Praxis ergänzt. Abschließend werden die Ergebnisse auf internationaler Ebene eingeordnet und offene Fragen für die deutsche Schullandschaft abgeleitet.

Häufig gestellte Fragen

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Information

Jahr
2015
ISBN
9783867936828

Teil II: Länderprofile

Im Folgenden finden Sie für jedes Bundesland ein Profil, das jeweils aus sechs Teilen besteht:
• der Kurzbeschreibung der jeweiligen Schullandschaft
• der Beschreibung und Erläuterung der KMK-Kennzahlen zur Inklusion im Bundesland
• der Darstellung der Gesetzeslage mit Blick auf
die zugrundeliegenden Gesetzestexte und Verordnungen
die Feststellung des sonderpädagogischen Förderbedarfs
die Entscheidung über den Lernort
die Umsetzung des gemeinsamen Lernens
• wesentlichen Entwicklungen zum gemeinsamen Lernen und zur Inklusion seit 2009
• Erfahrungen zum gemeinsamen Lernen aus der Praxis anhand eines Schulleiterinterviews
• einem kurzen Fazit
In den Profilen derjenigen Länder, unter deren Schulen Träger des Jakob Muth-Preises für inklusive Schule sind, finden Sie außerdem die Porträts der Preisträgerschulen.
Die Porträts arbeiten mit den Zahlen bis zum Schuljahr 2013/14. Der Stand der verwendeten Gesetzestexte wird jeweils explizit genannt; der späteste Stichtag ist der 31.12.2014. Die Bundesländer verwenden z. T. unterschiedliche Begrifflichkeiten für vergleichbare Konzepte, z.B. »sonderpädagogischer Förderbedarf« und »Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung«, oder »Eltern«, »Fürsorgeberechtigte« und »Erziehungsberechtigte«. Um die Lesbarkeit und Vergleichbarkeit zu erhöhen, verwenden wir in allen Bundesländerporträts dieselben Begrifflichkeiten, sofern der Bezug klar ist.

Länderprofil Baden-Württemberg

1Die baden-württembergische Schullandschaft

Baden-Württemberg ist (nach Fläche und Einwohnerzahl) das drittgrößte Bundesland in Deutschland. Es hat rund 10,63 Millionen Einwohner in 35 Land- und neun Stadtkreisen. Das Schulsystem Baden-Württembergs ist nach der vierjährigen Grundschule mehrgliedrig aufgebaut: Werkrealschule und Hauptschule, Realschule sowie Gymnasium bilden den Kern. Dazu kommen die dreijährigen beruflichen Gymnasien in verschiedenen Ausprägungen ab Klasse 11. An einigen Standorten gibt es auch das sechsjährige berufliche Gymnasium ab der 8. Klasse.
2011 wurde zusätzlich die Gemeinschaftsschule eingeführt, die in jedem Fall eine Sekundarstufe I hat, aber auch über eine Grundschule und eine Oberstufe verfügen kann. Parallel dazu unterhält Baden-Württemberg ein hochdifferenziertes Sonderschulwesen mit Sonderschulen für Blinde, Sehbehinderte, geistig Behinderte, Hörgeschädigte, Körperbehinderte, Sprachbehinderte, Erziehungshilfe, Schule für Kranke in längerer Krankenhausbehandlung sowie Förderschulen (das Äquivalent zur Förderschule Lernen in anderen Bundesländern).

2Gemeinsames Lernen und Inklusion: ein Blick in die Bildungsstatistik

Im Schuljahr 2008/09, als die UN-Behindertenrechtskonvention in Kraft trat (26.3.2009), lag die Förderquote bei 6,4 Prozent. Das heißt, bei 72.827 Schülern der Jahrgangsstufen 1 bis 10 wurde ein sonderpädagogischer Förderbedarf festgestellt. Der Anteil der Förderschüler, die eine Schule des Sonderschulwesens besuchten (Exklusionsquote), betrug im gleichen Schuljahr 4,7 Prozent. Bundesweit lag die Förderquote bei 6,0 Prozent, und mit einer Exklusionsquote von 4,9 Prozent wurden sogar noch etwas mehr Kinder mit besonderem Förderbedarf außerhalb des Regelschulsystems unterrichtet. Der Inklusionsanteil machte in Baden-Württemberg in dem betreffenden Schuljahr 26,0 Prozent aus. Damit fiel er in Baden-Württemberg besser aus als im bundesdeutschen Durchschnitt (18,4 %).
Abbildung 3:
Exklusionsquoten in Baden-Württemberg
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Fünf Jahre später ist das Bild in Baden-Württemberg allerdings nahezu unverändert: Im Schuljahr 2013/14 wurde bei gut 73.150 Schülern der Klassenstufen 1 bis 10 ein sonderpädagogischer Förderbedarf diagnostiziert. Damit ist die Förderquote auf 7,1 Prozent gestiegen. Mehr als jeder Vierte (28,7 %) dieser Förderschüler besucht eine Regelschule; der Inklusionsanteil hat sich also ebenfalls leicht erhöht. Zugleich zeigt der bundesweite Vergleich, dass sich die Exklusionsquote untypisch entwickelt hat: Der Anteil der Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf, die eine Sonderschule besuchen, ist in Baden-Württemberg auf 5,1 Prozent gestiegen. Damit liegt das Land (anders als noch fünf Jahre vorher) nun über dem bundesdeutschen Durchschnittswert von 4,7 Prozent.
Auch die Perspektiven dieser Schüler auf einen Hauptschulabschluss sind im bundesweiten Vergleich unterdurchschnittlich: Im Schuljahr zuvor erzielten nur 20,6 Prozent von ihnen mindestens einen Hauptschulabschluss – bundesweit schaffte das immerhin jeder vierte Jugendliche mit sonderpädagogischem Förderbedarf.
Die weitaus meisten Förderschüler in Baden-Württemberg sind dem Schwerpunkt »Lernen« zugeordnet: Mit 40,8 Prozent macht diese Gruppe im Schuljahr 2013/14 den mit Abstand größten Anteil aus. Die anderen 59,2 Prozent verteilen sich auf die Förderschwerpunkte »Emotionale und soziale Entwicklung« (17,2 %), »Geistige Entwicklung« (12,5 %), »Sprache« (11,2 %), »Körperliche und motorische Entwicklung« (8,2 %), »Hören« (4,5 %), »Kranke« (3,4) und »Sehen« (2,1 %) (vgl. Abb. 4).
Seit dem Schuljahr 2008/09 sind vor allem die Anteile der Förderschüler im Bereich »Emotionale und soziale Entwicklung« (um 2,5 Prozentpunkte) und (in geringerem Maße) in den Schwerpunkten »Hören«, »Körperliche und motorische Entwicklung«, »Geistige Entwicklung« und »Kranke« angewachsen. Im Bereich »Lernen« hat sich der Anteil dagegen deutlich verringert (um 4,0 Prozentpunkte), und auch in den übrigen Schwerpunkten ist er leicht rückläufig.
Inklusion findet in Baden-Württemberg im Schuljahr 2013/14 in der Sekundarstufe I und II vor allem an den Haupt- und Werkrealschulen statt: 62,7 Prozent aller inklusiv unterrichteten Schüler mit besonderem Förderbedarf besuchen eine solche Schule. Weitere 13,0 Prozent gehen auf eine Realschule, 7,6 Prozent zum Gymnasium. An den Gesamt- und Gemeinschaftsschulen des Landes lernen 16,7 Prozent der Förderschüler. Dabei verteilen sich diese Schüler allerdings je nach Förderschwerpunkt sehr unterschiedlich auf die Schulformen des Regelschulsystems. Die Gruppe der im Schuljahr 2013/14 insgesamt 4.000 Förderschüler an den Hauptschulen besteht vorwiegend aus Kindern und Jugendlichen mit den Förderschwerpunkten »Emotionale und soziale Entwicklung« und »Lernen«. Knapp 830 Förderschüler nehmen am Unterricht einer Realschule teil. Hier finden sich mehrheitlich solche mit besonderen Bedarfen in den Bereichen »Emotionale und soziale Entwicklung« und »Hören«. Ein Gymnasium besuchen in dem Schuljahr rund 480 Förderschüler; von diesen hat mehr als jeder zweite Probleme mit dem Hören, rund ein Viertel mit dem Sehen, gut zehn Prozent haben sonderpädagogischen Förderbedarf im körperlich-motorischen Bereich.
Abbildung 4:
Förderschwerpunkte in Baden-Württemberg (Verteilung in Prozent)
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In allen drei Schulformen zusammengenommen finden sich nur elf Schüler mit geistiger Behinderung. An den Gesamt- und Gemeinschaftsschulen des Landes schließlich werden fast 1.100 Schüler inklusiv beschult, vor allem solche mit den Förderschwerpunkten »Lernen« und »Emotionale und soziale Entwicklung«.

3Gemeinsames Lernen und Inklusion in Baden-Württemberg: die Gesetzeslage

3.1Gesetzesgrundlagen
Der Schulbesuch von Kindern und Jugendlichen mit sonderpädagogischem Förderbedarf ist ausschließlich im Schulgesetz für Baden-Württemberg (BW-SchG) geregelt (vgl. § 15 zur Sonderschule und § 8a zur Gemeinschaftsschule, Stand 22.7.2014). Eine Änderung des Schulgesetzes ist derzeit für das Schuljahr 2015/16 geplant.
3.2Entscheidung über einen sonderpädagogischen Förderbedarf
Der sonderpädagogische Förderbedarf wird von der Schulaufsichtsbehörde festgestellt. Ein Feststellungsverfahren kann dann aufgenommen werden, wenn eine Behinderung vorliegt oder vermutet wird, und wenn anzunehmen ist, dass das betreffende Kind in der Regelschule nicht ausreichend gefördert würde (§ 15, § 82 BW-SchG; siehe auch www.service-bw.de/zfinder-bw-web/processes.do?vbmid=0&vbid=736172). Im Gegensatz zu dem Vorgehen in den meisten anderen Bundesländern folgt der Feststellungsantrag der Entscheidung für die Sonderschule, nicht umgekehrt (ebd.). Sie wird von Sonderpädagogen durchgeführt, die am bisherigen Verfahren nicht beteiligt waren (ebd.).
3.3Entscheidung über den Lernort
Für »behinderte Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf« (§ 15 Abs. 1 BW-SchG) ist der Besuch der Sonderschule7 verpflichtend (§ 82 Abs. 1 BW-SchG). Über den Lernort entscheidet die Schulaufsichtsbehörde. Sie kann eine pädagogisch-psychologische Prüfung mit Schuleignungs- oder Schulleistungsprüfung und Intelligenztest sowie eine Untersuchung durch das Gesundheitsamt verlangen. Die Erziehungsberechtigten haben kein Wahlrecht, die Schulaufsichtsbehörde soll lediglich anstreben, im Einvernehmen mit ihnen zu entscheiden (§ 82 Abs. 2 BW-SchG).
3.4Umsetzung des gemeinsamen Lernens
Nach den oben genannten Regelungen können Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf und Kinder ohne Förderbedarf nur in zwei Fällen gemeinsam unterrichtet werden:
• Ist eine zielgleiche Beschulung möglich, darf das betreffende Kind eine allgemeine Schule besuchen (§ 15 Abs. 4 BW-SchG).
• Eine zieldifferente Beschulung ist dagegen normalerweise nur an der Gemeinschaftsschule möglich (§ 8a Abs. 1 BW-SchG). Eine Ausnahme bilden die fünf Modellregionen (s. u.).
Zusätzlich gibt es in Baden-Württemberg die Form der »Außenklassen«: einzelne Sonderschulklassen, die örtlich an allgemeine Schulen, also an Grund-, Haupt-, Werkreal- und Realschulen und an Gymnasien, verlagert worden sind (nach § 15 Abs. 6 BW-SchG). Jeder Außenklasse ist eine Partnerklasse der allgemeinen Schule zugeordnet (vgl. www.kultusportal-bw.de/,Lde/770481?QUERYSTRING=außenklassen). Das Konzept der Außenklassen scheint eine erste Annäherung an Integration zu sein.

4Entwicklungen zum gemeinsamen Lernen und zur Inklusion

Das Land Baden-Württemberg hat eine Expertenkommission zur Lehrerbildung eingerichtet, die ihre Arbeit im März 2013 abgeschlossen hat. Diese Kommission empfiehlt unter anderem, in alle Lehramtsstudiengänge eine sonderpädagogische Grundbildung zu integrieren. Außerdem sollen Studierende des Lehramts für Primarstufe, Sekundarstufe I und II und berufsbildende Schulen künftig den Schwerpunkt Sonderpädagogik wählen können.
Zum Schuljahr 2015/16 soll eine Schulgesetzänderung zur Inklusion in Kraft treten, die schon zweimal verschoben wurde. Über deren Inhalte ist bisher allerdings wenig bekannt.
Modellprojekt zur inklusiven Beschulung
Mit Beginn des Schuljahres 2010/11 wurde in fünf Modellregionen in Baden-Württemberg – Stuttgart, Mannheim, Freiburg, Konstanz und Biberach – ein Konzept zur inklusiven Beschulung gestartet.8 Hier ist die Sonderschulpflicht, die in Baden-Württemberg eigentlich besteht, im Rahmen des Schulversuchs aufgehoben. Eltern von Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf sollen nach einer qualifizierten Beratung im Rahmen einer Bildungswegekonferenz ein qualifiziertes Wahlrecht in Bezug darauf haben, ob ihr Kind eine Sonderschule oder eine Regelschule besuchen soll.
In den Modellregionen besucht etwa ein Viertel der Kinder mit Förderbedarf eine Regelschule. Die Erfahrungen, die in den Modellregionen gesammelt werden, sollen als Grundlage für die geplante Änderung des Schulgesetzes genutzt werden.
Gleichzeitig wird in den Regionen geprüft, welche Voraussetzungen auf Verwaltungsseite notwendig sind, um inklusive Bildungsangebote – erstmals auch in zieldifferenter Form – zu etablieren. Damit soll der Schulversuch helfen, die Arbeits- und Kommunikationsformen zu entwickeln, die notwendig sind, um ...

Inhaltsverzeichnis

  1. Cover
  2. Titel
  3. Impressum
  4. Inhalt
  5. Grußwort der Bertelsmann Stiftung
  6. Grußwort der Beauftragten der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen
  7. Einleitung
  8. Teil I: Inklusion in Deutschland – ein Überblick
  9. Teil II: Länderprofile
  10. Teil III: Ausblick
  11. Literatur
  12. Abstract