Einleitung
Wie lässt sich das Engagement junger Menschen fördern? Wie können Engagementprojekte für Kinder und Jugendliche so angelegt werden, dass sie noch wirksamer sind und Heranwachsende motivieren, aktiv zu werden und zu bleiben? Das sind Fragen, auf die diese Broschüre allen Interessierten Antworten bieten möchte. Sie ist ein Ratgeber, mit dessen Hilfe sich die Qualität von Engagementvorhaben und Initiativen verbessern lässt. Sie liefert erwachsenen wie jugendlichen Planern7 von Engagementprojekten - und natürlich auch den Teilnehmern - eine Grundlage, um schon in der Entstehungsphase eines Vorhabens wichtige Erfolgskriterien berücksichtigen zu können.
Den Anstoß zu dieser Broschüre gab die Beobachtung, dass das Engagement junger Menschen immer wieder von Erwachsenen als Mittel für die eigenen Zwecke eingesetzt wird: Das Sammeln von Geld, auf dessen Verwendung Kinder und Jugendliche keinen Einfluss haben, oder die verbindliche Teilnahme an Engagementprojekten ohne Wahlmöglichkeit von Themen und Formen sind hierfür Beispiele. Ein solches Vorgehen untergräbt den Enthusiasmus junger Menschen. Grund genug also, sich die Frage zu stellen, was „gute Qualität“in Engagementprojekten mit jungen Menschen bedeutet. Bei der Entwicklung dieses Leitfadens waren daher neben Wissenschaftlern und Praktikern aus dem gemeinnützigen Bereich auch maßgeblich junge Menschen beteiligt. In zwei Workshops wurden zunächst Qualitätskriterien diskutiert, die in der Engagementförderung im Vordergrund stehen. Eine kleinere Gruppe der Beteiligten erarbeitete unter wissenschaftlicher Federführung von Prof. Dr. Roland Roth aus den zahlreichen Vorschlägen die vorliegende Broschüre. Sie basiert sowohl auf theoretischen Erkenntnissen als auch auf Erfahrungen aus dem Alltag und nimmt Bedürfnisse und Wünsche der jungen Menschen auf.
dp n="145" folio="143" ? Der Leitfaden gliedert sich in drei Abschnitte und beginnt mit der Vorstellung von sechs Qualitätsbereichen, die als zentrale Elemente der Engagementförderung erkannt wurden.
Wer sich ausführlicher mit theoretischen Grundlagen der Engagementförderung auseinandersetzen möchte, findet im zweiten Teil der Broschüre vertiefende Informationen, unter anderem zu folgenden Fragen: Welches Begriffsverständnis von Engagement liegt diesem Leitfaden zugrunde? Welche Ausprägungen im Spannungsverhältnis zwischen Freiwilligkeit und Pflicht gibt es? Wie können junge Menschen für Engagement begeistert werden? Damit Sie sich für Ihr eigenes Vorhaben konkret mit der Qualitätsfrage auseinandersetzen können, bietet Ihnen diese Broschüre im dritten Teil Fragebögen an. Mit diesen Instrumenten können Projektinitiatoren sowie Kinder und Jugendliche Angebote analysieren. Die drei inhaltlich aufeinander abgestimmten Fragebögen werden auch auf der beiligenden CD-ROM für die verschiedenen Zielgruppen zur Verfügung gestellt.
Die sechs Qualitätsbereiche
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Die sechs Qualitätsbereiche
In den folgenden Beschreibungen der einzelnen Bereiche wird der Frage nachgegangen, was die Qualität von Engagementvorhaben ausmacht. Jeder Qualitätsbereich ist so formuliert, als würde ihm das perfekte Engagementprojekt zugrunde liegen. Damit wird natürlich ein Anspruch erhoben, der so in der Praxis kaum zu erreichen sein wird. Und ganz bestimmt nicht schon am ersten Tag. Deswegen gilt besonders für die Startphase eines Projekts: Lassen Sie sich nicht von der Vielfalt der Qualitätsmerkmale abschrecken. Um Kinder-und Jugendengagement zu fördern, ist ein schrittweises und besonders an das Tempo der Kinder und Jugendlichen angepasstes Vorgehen der Weg, der den größten Erfolg verspricht. Der Leitfaden gibt Ihnen Anregungen dazu, welche Faktoren Sie bei Ihrem Vorhaben bedenken sollten und wie diese optimal entwickelt werden können.
Kennzeichen aller Aktivitäten sollte dabei sein, Kinder und Jugendliche konsequent einzubeziehen und sie mitbestimmen zu lassen. Die Beteiligung der Heranwachsenden an allen Entscheidungen durchzieht also alle sechs Qualitätsbereiche als grundlegendes Prinzip. Das heißt, gleichgültig ob Sie sich Gedanken zu den Bildungschancen machen, die Ihr Vorhaben Kindern und Jugendlichen bieten soll, oder die Wirkung überprüfen, die ein Projekt nach seinem Abschluss erzielt hat: Denken Sie immer daran, die jungen Menschen nach ihrer Meinung zu fragen und sie in die Entscheidungen miteinzubeziehen.
Florentine Kosfeld, Jugendparlament Gütersloh
Wenn wir mit anderen Jugendlichen zusammen ein Projekt machen, merkt man erst mal, wie viele überhaupt das Gleiche wollen. Es sind zwar ganz unterschiedliche Jugendliche aus anderen Stadtteilen und anderen Schulen, die da zusammenkommen, aber alle haben ein gemeinsames Ziel. Und wenn das erreicht ist, wollen viele auch weitermachen.
dp n="147" folio="145" ? Dr. Heide-Rose Brückner, Deutsches Kinderhilfswerk
Die Vision des Deutschen Kinderhilfswerkes ist eine Gesellschaft, in der Kinder ihre Interessen selbst vertreten. Das bedeutet, dass sie auch selbst darüber bestimmen, für welche Themen und in welchen Bereichen sie sich engagieren wollen. Hinter ‚echten‘Engagementprojekten müssen also reale Probleme und Anliegen aus dem Alltag der Kinder stehen - und nicht etwa der Wunsch einzelner Erwachsener, eigene Vorstellungen umsetzen zu wollen.
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Profil des Projekts: Themen, Zielsetzungen, Projektablauf
Engagement bietet Heranwachsenden die Gelegenheit, etwas freiwillig zu tun, an der Gesellschaft teilzuhaben und selbst Verantwortung zu übernehmen. Sie können sich als selbstwirksam und kompetent erfahren. Solche Lernerfahrungen werden möglich, wenn Kinder und Jugendliche das Engagement zu ihrer „eigenen Sache“machen. Das Projekt behandelt deshalb für sie wichtige Themen und reale Probleme, die einen direkten Bezug zum Umfeld der Kinder und Jugendlichen haben. Sowohl die Projektziele als auch die Vorgehensweise und der Umfang des Engagements werden gemeinsam festgelegt. Die Kinder und Jugendlichen sind an allen Entscheidungen im Laufe der Projektentwicklung und -umsetzung gleichberechtigt beteiligt.
Voll im Thema
Dass Kinder und Jugendliche das Thema ihres Engagements selbst auswählen, gehört zu den grundlegenden Erfolgsfaktoren. Gerade weil die behandelten Themenbereiche und Probleme aus dem Alltag der jungen Generation stammen, sind sie für die Beteiligten attraktiv. Anregungen können auch durch fantasievolle Angebote von Erwachsenen kommen. Die Freiheit, zwischen verschiedenen Themengebieten und den damit verbundenen Aufgaben auswählen zu können, erhöht die Motivation zusätzlich.
Entscheidend ist es, dass weder einzelne Inhalte und Aufgaben noch ein Projekt als Ganzes von Erwachsenen für ihre Zwecke eingesetzt werden. Kinder und Jugendliche spüren genau, ob es wirklich um ihre Bedürfnisse geht oder ob sie nur eine Alibifunktion in einem durch Erwachsene bestimmten Projekt erfüllen.
Zielorientiert und strukturiert
Mit den Zielen legen alle Beteiligten gemeinsam die Art und den Umfang ihres Engagements fest. Die Ziele sind so gefasst, dass sie erreichbar sind und jedem Interessierten individuelle Mitwirkungsmöglichkeiten bieten. Führen gleich mehrere, vielleicht sogar ungewöhnliche Handlungswege zum Ziel, macht dies das gesamte Projekt noch interessanter. Zusätzlich erweitern sich durch diese inhaltliche Flexibilität nicht nur die Erfahrungs- und Lernmöglichkeiten. Auch die Wahrscheinlichkeit, dass Kinder und Jugendliche frustriert werden, verringert sich. Eine überschaubare Anzahl an Etappen und Zwischenzielen wirkt zusätzlich motivierend.
Klare Struk...