Alter neu denken
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Alter neu denken

Gesellschaftliches Altern als Chance begreifen

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  1. 370 Seiten
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Alter neu denken

Gesellschaftliches Altern als Chance begreifen

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Inhaltsverzeichnis
Quellenangaben

Über dieses Buch

In diesem Buch geht es um die zentralen Grundlagen einer Politik für ältere Menschen. Die Zusammenhänge der demographischen Entwicklung und des gesellschaftlichen Alterns werden ebenso thematisiert wie jene zwischen Alter und sozialem Wandel. Im Mittelpunkt stehen die sozialen, psychischen, gesundheitlichen und materiellen Ressourcen des Alters sowie eine altersfreundliche Umwelt in ihrem möglichen Einfluss auf die Entwicklung und Erhaltung der Ressourcen. Die Leitbilder, die den Handlungsempfehlungen zugrunde liegen, zielen auf die Veränderung der individuellen Lebensführung sowie auf veränderte gesellschaftliche Strukturen und plädieren für eine differenzierte Wahrnehmung des Alters. Der Band bietet zudem einen Überblick über die nationale und internationale Altenpolitik und formuliert ethische Perspektiven eines gelingenden Alters.

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Information

Jahr
2010
ISBN
9783867932134
1
Aufgabe und Selbstverständnis der Expertenkommission
Andreas Kruse, Rita Süssmuth




Eine Kommission zu »Zielen in der Altenpolitik« muss heutzutage zur Kenntnis nehmen, dass mittlerweile auf internationaler und nationaler, auf Landes- und auf kommunaler Ebene Gutachten angefertigt wurden, die Möglichkeiten einer altersfreundlichen Politik aufzeigen und diskutieren. So ist im Jahr 2002 der »International Plan of Action on Ageing« in seiner zweiten Fassung erschienen, nachdem bereits 1982 eine erste Fassung publiziert worden war. In beiden finden sich zahlreiche Empfehlungen, die auf eine Stärkung der Potenziale des Alters sowohl für das Individuum als auch für die Gesellschaft zielen und die dabei die Heterogenität des Alters berücksichtigen - über verschiedene Gesellschaften und Kulturen hinweg wie auch innerhalb der einzelnen Gesellschaften und Kulturen. Ein weiteres Beispiel sind die zahlreichen Altenpläne auf Landesebene und kommunaler Ebene, die eine fundierte Antwort auf den demographischen Wandel in unserer Gesellschaft geben.
Die Kommission hat sich intensiv mit vorliegenden Dokumenten zur Politikberatung beschäftigt; viele Kommissionsmitglieder waren an der Erstellung internationaler, nationaler, landesbezogener und kommunaler Empfehlungen beteiligt.
Trotzdem bestand von Anfang an in der Kommission Einigkeit darüber, dass es sinnvoll sei, die zahlreichen Berichte zu ergänzen und einzelne Aussagen, die dort getroffen werden, systematisch weiterzuführen und zu konkretisieren. Darüber hinaus zielte die Kommission von Beginn ihrer Arbeit an auf die Erstellung einer Monographie zu zentralen Grundlagen einer Politik für ältere Menschen. Diese wird hiermit vorgelegt. Die Monographie legt dabei die empirische Basis offen, von der aus politische Empfehlungen abgeleitet werden.
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Nationale Dokumente zur Altenpolitik

Für die Bundesrepublik Deutschland wurden auf nationaler Ebene bereits mehrere Berichte zur Altenpolitik veröffentlicht, deren Ergebnisse in die Kommissionsarbeit eingegangen sind, wie die fünf Altenberichte der Bundesregierung, der Bericht der Enquête-Kommission »Demographischer Wandel« des Deutschen Bundestages sowie der Vierte Familienbericht der Bundesregierung. Die fünf Altenberichte lassen sich übereinstimmend von der Zielsetzung leiten, die Heterogenität der Alternsformen und die daraus resultierenden, differenzierten Anforderungen an eine Politik für die ältere Generation darzustellen. Sie akzentuieren die Gleichzeitigkeit von Gewinnen und Verlusten im Alternsprozess, der zwei grundlegende Richtungen politischen Handelns entsprechen: Zum einen die Schaffung von Opportunitätsstrukturen, durch die es gelingt, die Kompetenzen - im Zweiten Altenbericht wird ausdrücklich zwischen Daseinsund Fachkompetenzen unterschieden - älterer Menschen gesellschaftlich zu nutzen; hier steht also der potenzielle Beitrag der Älteren zum Humanvermögen unserer Gesellschaft im Vordergrund. Zum anderen geht es um die Schaffung differenzierter Strukturen zur Aktivierung und Unterstützung, durch die ein Beitrag zur Erhaltung von Selbstständigkeit und Kompetenz geleistet wird.
Die Altenberichte rücken weiterhin die Lebenslaufperspektive in das Zentrum ihrer Argumentation und betonen, dass das Individuum durch seine Aktivitäten in früheren Abschnitten des Lebenslaufs, die Gesellschaft durch institutionelle Angebote der Bildung, der Gesundheitsförderung und Prävention, die Unternehmen und Betriebe durch kreativitäts- und innovationsfördernde Personalentwicklung dazu beitragen, dass sich Fähigkeiten und Fertigkeiten ausbilden und erhalten, denen für das selbst- und mitverantwortliche Leben im Alter große Bedeutung beizumessen ist. Die Altenberichte wenden sich mit ihren Analysen und Empfehlungen nicht allein an politische Entscheidungsträger, sondern an alle wichtigen Repräsentanten der Gesellschaft, zu denen Unternehmen und Betriebe ebenso zu rechnen sind wie Gesundheits- und Bildungseinrichtungen.
Im Ersten Altenbericht (erschienen 1992) stand die differenzierte Beschreibung der Lebenssituation älterer Menschen - differenziert nach alten und neuen Bundesländern - im Vordergrund. Es wurde die große Bedeutung einer Politik betont, die die soziale Ungleichheit innerhalb der älteren Generation verringern hilft, die Therapieund Rehabilitationsangebote für ältere Menschen systematisch ausbaut, die vermehrt Gewicht auf die Schaffung einer Pflegeinfrastruktur legt - die Forderung nach einem tragfähigen sozialen Pflegeversicherungssystem gehörte zu den zentralen Anliegen der Kommission. Darüber hinaus warnte die Kommission - zu Recht, wie sich heute im Rückblick zeigt - vor den möglichen langfristigen Konsequenzen einer Vorruhestandsregelung, zu denen sie vor allem eine Verschlechterung des in Unternehmen und Betrieben bestehenden Altersbildes sowie bleibend niedrige Beschäftigungschancen der älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zählte.
Der Zweite Altenbericht ging der Frage nach, welche Anforderungen an eine altersfreundliche Gestaltung von Wohnumwelten zu richten sind; dabei wurde hervorgehoben, dass ältere Menschen erhöhte Sensibilität für mögliche Barrieren in der gebauten Wohnumwelt besitzen, von der jüngere Menschen ebenfalls profitieren. Auch aus diesem Grund wurde betont, dass der Begriff der altersfreundlichen Umwelt im Kern eine Perspektiveneinengung bedeute und von einer menschenfreundlichen Umwelt gesprochen werden solle. Die Empfehlungen konzentrierten sich vor allem auf die Schaffung barrierefreier Wohnumwelten, auf den Ausbau von Dienstleistungsangeboten und Begegnungsstätten im Wohnquartier wie auch auf die Schaffung einer mobilitätsfördernden Verkehrsinfrastruktur. Staatlich gefördertes Wohneigentum zu schaffen, wurde als eine zentrale Strategie zur Erhaltung von Selbstständigkeit und Selbstverantwortung betont.
Der Dritte Altenbericht stellte die Ressourcen älterer Menschen für die Gesellschaft in den Vordergrund und wies zunächst auf die Notwendigkeit hin, zu veränderten Altersbildern zu gelangen, in denen sich eine differenzierte Sicht des Alters widerspiegelt. In diesem Bericht wurde von einem mehrdimensionalen Analyseansatz ausgegangen, der den Alternsprozess in den verschiedenen Dimensionen der Person thematisierte. Besonderes Gewicht wurde auch in diesem Bericht auf ein medizinisches und pflegerisches Versorgungsmodell gelegt, in dessen Zentrum die Prävention und die Rehabilitation stehen. Zudem wurde die Forderung erhoben, medizinische und pflegerische Maßnahmen stärker aufeinander abzustimmen und rehabilitative Elemente in die Pflege zu integrieren. Dabei wurde auch in diesem Bericht die Bedeutung einer anregenden, die Selbstständigkeit und Selbstverantwortung fördernden Umwelt für die Kompetenz und Lebensqualität älterer Menschen hervorgehoben.
Durch die differenzierte Darstellung der Leistungen, die ältere Menschen in der Familie wie auch in der Kommune erbringen, wurde dem Stereotyp widersprochen, diese seien primär Hilfeempfangende und nur sekundär Hilfegebende. Gleichwohl wurde betont, dass gerade im Hinblick auf eine kontinuierlich steigende durchschnittliche Lebenserwartung vermehrt die Frage nach den Ressourcen der Gesellschaft für das Alter gestellt werden müsse - wobei die differenzierte Analyse der Einkommens- und Vermögensverhältnisse in den verschiedenen Generationen zeigte, dass ältere Menschen keinesfalls mehr allein und auch nicht mehr vorrangig unter dem Aspekt prekärer Lebensverhältnisse betrachtet werden dürfen, sondern dass vielmehr auch im Hinblick auf materielle Lebensbedingungen eine differenzierte Sichtweise notwendig ist, die die hohe Heterogenität der älteren Generation in das Zentrum der Argumentation rückt.
Der Vierte Altenbericht beschäftigte sich mit der Frage besonderer Anforderungen, die das sehr hohe Alter und hier vor allem die Versorgung demenzkranker Menschen an die Gesellschaft stellt. Neben einer Epidemiologie sowohl der körperlichen als auch der psychischen Erkrankungen im sehr hohen Alter stand hier die Ableitung differenzierter therapeutischer, rehabilitativer und pflegerischer Strategien bei der medizinisch-pflegerischen Versorgung demenzkranker Menschen im Vordergrund. Dabei wurde aufgezeigt, dass die derzeit bestehenden infrastrukturellen Rahmenbedingungen die Umsetzung differenzierter, individuum- und familienorientierter Therapie-, Rehabilitations- und Pflegekonzepte eher erschweren denn fördern. Vor allem auf dem Gebiet der Pflege wurden unzureichende infrastrukturelle Bedingungen identifiziert; als eine zentrale Aufgabe für die Novellierung der Pflegeversicherung wurde eine deutliche Verbesserung der Rahmenbedingungen von Pflege beschrieben.
Der Fünfte Altenbericht verfolgte schließlich das Ziel, die Potenziale des Alters für Wirtschaft und Gesellschaft aufzuzeigen. Dabei wurde der Akzent ausdrücklich auch auf Fragen gelegt, die die Seniorenwirtschaft und dies heißt vor allem die gezielte Ansprache älterer Menschen als Kunden betreffen. Der Bericht zeigt auf, dass sich in der Bundesrepublik Deutschland - verglichen mit anderen Ländern, wie Japan oder den USA - eine Seniorenwirtschaft noch nicht wirklich etabliert hat, was zum Teil mit den hierzulande dominierenden negativen Altersbildern erklärt wird. Weiterhin legt dieser Bericht dar, dass die meisten Unternehmen und Betriebe für die Förderung von Kreativität und Innovationsfähigkeit ihrer Belegschaften zu wenig tun; dies zeigt sich vor allem an den vergleichsweise geringen Beteiligungsquoten im Bereich der betrieblichen und überbetrieblichen Fortbildung, woraus langfristig eine Dequalifizierung älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erwachse.
Den verbesserten Bildungschancen sowohl im Kindes- und Jugendalter als auch im Erwachsenenalter wird eine zentrale Rolle für die Förderung und Erhaltung von Potenzialen bis in das hohe Alter zugeordnet. Dabei werden Bildungsaktivitäten als Ausdruck der Selbstverantwortung der Person sowie als Ausdruck der Mitverantwortung unserer Gesellschaft für die Entwicklung der Person in den verschiedenen Abschnitten des Lebenslaufs interpretiert.
Der Fünfte Altenbericht spricht ausdrücklich von Potenzialen des Alters - für die eigene Entwicklung ebenso wie für die des Humanvermögens -, um deutlich zu machen, dass es sich vielfach um noch nicht umgesetzte Chancen des Alters handelt. Deren Umsetzung, so wird argumentiert, ist an gesellschaftliche und institutionelle Rahmenbedingungen geknüpft, die zur Selbstverantwortung und Mitverantwortung in den verschiedenen Abschnitten des Lebenslaufs anregen und zugleich Möglichkeiten zur Kreativität und Innovation eröffnen. Der Bericht nennt fünf Leitbilder der Kommission, die diese als zentral für die Verwirklichung der Potenziale des Alters ansieht:
Prävention in dem Sinne, dass sich Menschen in allen Lebensaltern um Entwicklung und Erhaltung von Kompetenz und Gesundheit bemühen
Bildung in dem Sinne, dass Menschen in allen Lebensaltern nicht nur das Recht auf Bildung haben, sondern auch eine gewisse Verpflichtung zur Bildung wahrnehmen
Mitverantwortung in dem Sinne, dass ältere Menschen ihre Verantwortung für Generationengerechtigkeit und Generationensolidarität wahrnehmen und umsetzen
Innovation in dem Sinne, dass ältere Menschen durch ihre Ideen, ihre Vorschläge, ihre Handlungen zur Innovation in unserer Gesellschaft beitragen können
Wirtschaftskraft in dem Sinne, dass ältere Menschen durch ihre finanziellen Ressourcen unserer Wirtschaft bedeutende Impulse geben können
Neben den Altenberichten der Bundesregierung ist zunächst der Bericht der Enquete-Kommission »Demografischer Wandel« des Deutschen Bundestages aus dem Jahr 2002 zu nennen, der sich mit den Herausforderungen einer älter werdenden Gesellschaft an die Einzelnen und die Politik beschäftigt. In zehnjähriger Arbeit hat die Kommission eine umfangreiche Analyse der demographischen Entwicklung, der Generationenverhältnisse (auf gesellschaftlicher wie auf inner- und außerfamilialer Ebene), der Situation in Arbeit und Wirtschaft sowie in gesundheitlicher, pflegerischer und sozialer Versorgung vorgelegt. Darüber hinaus findet sich in dem Bericht eine differenzierte Auseinandersetzung mit Anforderungen, die die Migration an unsere Gesellschaft stellt.
Die Handlungsempfehlungen weisen zum einen auf die Notwendigkeit hin, sich gesellschaftlich sehr viel stärker für die Erhaltung von Kompetenz, Leistungskapazität und Gesundheit älterer Menschen zu engagieren und dabei von der Erkenntnis der hohen Beeinflussbarkeit des Alternsprozesses auszugehen; zum anderen wird hervorgehoben, dass die Verantwortung der Gesellschaft für die Versorgung älterer Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen deutlich wachsen wird und sich die Gesellschaft daher in besonderer Weise der ethischen Grundlagen dieser Verantwortung bewusst sein sollte. Die Annahme, dass in Zukunft die familiären Leistungen in gleichem Umfang zur Verfügung stehen wie heute, wird widerlegt. An deren Stelle werden vermehrt professionelle Dienste treten, deren Finanzierung nicht nur auf die Verantwortung der Gesellschaft, sondern auch auf die Verantwortung der Einzelnen verweist.
Als ein weiterer Bericht auf nationaler Ebene, in dem das Alter im Mittelpunkt steht, ist der 1986 veröffentlichte Vierte Familienbericht der Bundesregierung zu nennen, der der Thematik »Die Stellung älterer Menschen in der Familie« gewidmet ist. Dieser Bericht zeigt auf, dass ältere Menschen vielfach verantwortliche, unterstützende Aufgaben in den innerfamiliären Generationenbeziehungen wahrnehmen; darüber hinaus wird deutlich gemacht, dass Ältere in vielen Fällen Pflegeleistungen innerhalb der Familie wahrnehmen. Schon damals wurde vor der Annahme gewarnt, dass die mit dem demographischen Wandel verbundenen Anforderungen an die Pflege auch in Zukunft von der Familie erfüllt werden könnten.

Spezifische Zielsetzungen der Kommission

Vor dem Hintergrund dieser nationalen Berichte, in denen Empfehlungen zu altenpolitisch relevanten Fragen gegeben werden, stellte sich die Kommission »Ziele in der Altenpolitik« zwei grundlegende Aufgaben: Zum einen sollten Politikfelder identifiziert werden, die bislang in den auf nationaler Ebene publizierten Empfehlungen zur Altenpolitik noch nicht umfassend gewürdigt wurden, zum anderen sollten Empfehlungen nicht nur an die Politik, sondern auch an zahlreiche andere Akteure in dem jeweiligen Handlungsfeld unterbreitet werden. Diesen beiden Aufgaben übergeordnet war das Bemühen, auf der Grundlage der Sichtung empirischer Befunde und der Erfahrungen in unserer Gesellschaft zu einem neuen kulturellen Verständnis von Altern und Alter zu gelangen.
Welche Politikfelder wurden als bedeutsam für die Kommissionsarbeit identifiziert? Im Wesentlichen waren es vier Bereiche, zu denen die Kommission Empfehlungen geben wollte: Gesundheit, Bildung, Partizipation und Engagement, Altersbilder. Die Kommission war sich zwar der Tatsache bewusst, dass auch zu diesen Bereichen bereits Empfehlungen vorlagen, sah jedoch zugleich die Notwendigkeit, im Hinblick auf diese Bereiche besondere Akzente zu setzen, dies auch, um Anregungen für den aktuellen politischen Diskurs zu geben.
In Bezug auf Gesundheit weist die Kommission auf die Notwendigkeit einer Stärkung der Prävention für das Alter und im Alter wie auch auf die Bedeutung geschlechtsspezifischer und schichtspezifischer Bedürfnislagen im Kontext von Präventionskonzepten hin. Zudem hebt sie hervor, dass sich das Verständnis von Pflege substanziell verändern muss - und zwar in der Hinsicht, dass auch die Rehabilitation in der Pflege eine stärkere Gewichtung erfährt.
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In Bezug auf Bildung wird die Verringerung von Bildungsungleichheiten als vorrangige Aufgabe genannt, wobei hier nicht nur Ungleichheit in den späteren, sondern auch in den frühen Lebensphasen besondere Aufmerksamkeit erfährt. Zudem wird für ein Bildungssystem plädiert, in dem allgemein bildende und gesundheitsförderliche Angebote sehr viel besser mit beruflichen Weiterbildungsangeboten abgestimmt werden. Hier macht sich die Kommission für eine deutlich intensivere Kooperation von Bildungsträgern, Betrieben und Unternehmen stark.
Hinsichtlich Partizipation und Engagement wird eine besondere Anforderung darin gesehen, den öffentlichen Raum so zu gestalten, dass ältere Menschen in der Umsetzung ihrer vielfältigen Engagementinteressen unterstützt und eben nicht behindert werden. Dabei ist auch die Zugänglichkeit prestigeträchtiger Ehrenämter zu problematisieren sowie die völlig unzureichende Nutzung von Potenzialen ausländischer Mitbürgerinnen und Mitbürger.
Schließlich sieht die Kommission eine bedeutende Aufgabe darin, die in Gesellschaft, Kultur und Politik dominierenden Altersbilder kritisch zu reflektieren - in der Hinsicht, dass die Gleichsetzung von Alter mit Einschränkungen und Verlusten aufgegeben wird, aber auch, dass das Potenzial des Alters nicht nur im Bewahren von Tradition oder in Lebenserfahrung gesehen wird, sondern auch in der Entwicklung kreativer und innovativer Handlungsentwürfe.

Leitbilder der Kommission: Für eine altersfreundliche Gesellschaft und Kultur

Die Formulierung von Zielen der Altenpolitik ist auch im Sinne einer normativen Setzung bezüglich der durch gezielte politische Einflussnahme zu verwirklichenden oder anzustrebenden Sollzustände zu verstehen. Die von der Expertenkommission hier entwickelten Handlungsempfehlungen spiegeln nicht lediglich Ergebnisse empirischer Forschung, sondern auch für die Einordnung und Bewertung von Forschungsergebnissen maßgebende Leitbilder wider, die im Folgenden ausgeführt werden sollen. Diese Leitbilder sind zum Teil dadurch legitimiert, dass das Ausmaß ihrer Verwirklichung nachgewiesenermaßen zur Erfüllung von globalen Kriterien beiträgt, die Individuen bei der Bewertung ihres eigenen Alternsprozesses zugrunde legen und die sie in der Gestaltung ihres eigenen Alternsprozesses zu maximieren versuchen. Zu nennen sind hier vor allem Zufriedenheit, Wohlbefinden und Sinnerleben.
Bei der Entwicklung von Zielen der Altenpolitik beschränkt sich die Kommission allerdings nicht auf die Reflexion individueller Alternsprozesse. Vielmehr wird berücksichtigt, dass das Altern der Gesellschaft sowohl als Individual- wie auch als Kollektivphänomen betrachtet werden muss. Daher ist ebenfalls zu fragen, inwieweit eine Veränderung von Kontextbedingungen individueller Alternsprozesse nicht nur in individuellem, sondern auch in gesellschaftlichem...

Inhaltsverzeichnis

  1. Titel
  2. Impressum
  3. Vorwort
  4. 1 - Aufgabe und Selbstverständnis der Expertenkommission
  5. 2 - Grundlagen
  6. 3 - Empfehlungen der Expertenkommission
  7. Das Projekt: Expertenkommission »Ziele in der Altenpolitik«
  8. Die Mitglieder der Expertenkommission - Autorinnen und Autoren