Warren Buffett: Sein Weg. Seine Methode. Seine Strategie.
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Warren Buffett: Sein Weg. Seine Methode. Seine Strategie.

3., komplett überarbeitete Ausgabe

  1. 352 Seiten
  2. German
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Warren Buffett: Sein Weg. Seine Methode. Seine Strategie.

3., komplett überarbeitete Ausgabe

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Über dieses Buch

In der komplett überarbeiteten, dritten Aufl age seines Bestsellers (über 1, 2 Millionen verkaufte Exemplare) stellt Robert G. Hagstrom Warren Buffetts Investment-Methode vor und verdeutlicht sie anhand vieler Beispiele. Alle wichtigen Käufe in der Karriere von Warren Buffett werden skizziert und analysiert. Auch ganz normale Investoren können so von der Erfahrung und den Erfolgen des größten Investors aller Zeiten profitieren. Hagstrom wirft einen Blick auf den Menschen Buffett und seinen Ansatz des Value Investing, den er weltweit populär gemacht hat. In der dritten Auflage werden außerdem die neuesten Akquisitionen und Investitionen unter die Lupe genommen. Neu ist ebenfalls der Themenkomplex Behavioral Finance: Wie kann ich als Investor all jene psychologischen Fallen umgehen, die einem langfristigen Anlageerfolg im Weg stehen?

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Information

1 EIN FÜNFSIGMA-EREIGNIS

DER GRÖSSTE ANLEGER DER WELT
Mach dich auf etwas gefasst“, sagte Buffett mit listigem Grinsen. Er saß an einem Frühlingsmorgen mit Carol Loomis, einer seiner besten und ältesten Freundinnen, in einem Wohnzimmer in Manhattan. Carol hat New York Times-Bestseller geschrieben, als Journalistin Preise gewonnen und sie arbeitet seit 1954 für die Zeitschrift Fortune, wo sie inzwischen leitende Redakteurin ist und als Expertin des Magazins für Warren Buffett gilt. Die Buffett-Getreuen wissen, dass sie außerdem seit 1977 die Jahresberichte von Berkshire Hathaway redaktionell bearbeitet.
An jenem Frühlingstag des Jahres 2006 sagte Buffett zu Carol, dass er seine Meinung geändert habe, wie er sein Vermögen in Form von Berkshire-Hathaway-Aktien spenden wolle. Wie die meisten anderen Menschen auch wusste Carol, dass Buffett, nachdem er einen kleinen Teil des Vermögens seinen Kindern vermacht hätte, 99 Prozent wohltätigen Organisationen hinterlassen wollte, wobei man immer dachte, es werde an die Buffett Foundation gehen, die seine verstorbene Ehefrau Susan gegründet hatte. Doch nun verriet er Carol, er habe seine Meinung geändert. „Ich weiß jetzt, was ich tun will“, sagte er, „und es ist sinnvoll, es jetzt zu tun.“ 1
Und so trat Warren Buffett, damals der zweitreichste Mann der Welt, am 26. Juni 2006 kurz vor der Mittagspause in der New York Public Library ans Mikrofon. Das Publikum – Hunderte der reichsten Menschen der Stadt – begrüßte ihn mit stehenden Ovationen. Nach kurzen einleitenden Worten zog Buffett fünf Briefe aus seiner Jackentasche. Jeder enthielt eine Verfügung über sein Vermögen und harrte nur noch seiner Unterschrift. Die drei ersten waren eine simple Sache, er unterzeichnete sie mit „Dad“ und überreichte sie seinen Kindern: seiner Tochter Suze, seinem ältesten Sohn Howard und seinem zweiten Sohn Peter. Der vierte Brief wurde einem Vertreter der Wohltätigkeitsstiftung seiner verstorbenen Frau überreicht. Zusammen versprachen diese vier Briefe einen Betrag von sechs Milliarden US-Dollar. 2
Eine Überraschung war der fünfte Brief. Buffett unterschrieb ihn und überreichte ihn der Ehefrau des einzigen Menschen auf dem Planeten, der reicher war als er selbst – Bill Gates. Mit diesem letzten Brief vermachte Buffett über 30 Milliarden US-Dollar in Berkshire-Hathaway-Aktien an die größte Wohltätigkeitsorganisation der Welt, nämlich die Bill and Melinda Gates Foundation. Dies war der mit Abstand größte einzelne Geldbetrag, der jemals gespendet wurde, deutlich größer als die Spenden von Andrew Carnegie (in heutige Dollar umgerechnet 7,2 Milliarden Dollar), John D. Rockefeller (7,1 Milliarden Dollar) oder John D. Rockefeller Jr. (5,5 Milliarden Dollar).
In den Tagen danach gab es zahllose Fragen. War Buffett krank, vielleicht sogar dem Tod geweiht? „Nein, absolut nicht“, sagte er, „mir geht es prächtig.“ Hatte der Tod seiner Frau etwas mit seiner Entscheidung zu tun? „Ja, durchaus“, bekannte Buffett. Es war allgemein bekannt, dass Susie eigentlich Buffetts Vermögen für die Buffett Foundation geerbt hätte. „Ihr hätte das gefallen“, so Buffett. „Sie hatte zwar ein bisschen Angst vor dem Zuwachs, aber es hätte ihr Freude bereitet und sie hätte das sehr gut gemacht.“ 3
Doch nach dem Tod seiner Frau dachte Buffett anders. Ihm wurde klar, dass die Bill and Melinda Gates Foundation eine grandiose Organisation war, die bereits darauf ausgerichtet war, die Milliarden zu bewältigen, die Buffett ihr zukommen lassen wollte. Sie „bräuchten im Gegensatz zur Buffett Foundation keine Schwerstarbeit mehr zu leisten, um auf Megagröße zu wachsen – und sie könnten mein Geld schon jetzt sinnvoll verwenden“, so Buffett. „Was ist denn logischer – bei allem, was man erledigt haben will –, als jemanden auszuwählen, der dafür besser gerüstet ist als man selbst?“ 4
Das war Buffett, wie er leibt und lebt. Die Vernunft obsiegte. Er machte darauf aufmerksam, dass bei Berkshire Hathaway Dutzende von Managern ihre jeweiligen Unternehmen viel besser leiten, als er selbst es jemals könnte. Und so werde auch die Bill and Melinda Gates Foundation seine Spende besser verwalten, als er selbst es könnte.
Bill Gates sagte über seinen Freund: „Man wird sich an Warren nicht nur als den größten Investor erinnern, sondern auch als den, der das meiste in Gutes investiert hat.“ 5 So wird es höchstwahrscheinlich kommen. Dabei muss man jedoch bedenken, dass das Gute, das seine großzügigen Spenden bewirken werden, erst durch sein unvergleichliches Anlagegeschick möglich wurde. Als Buffett den Brief und den Scheck über 30 Milliarden Dollar Melinda Gates überreichte, dachte ich sofort an einen Scheck zurück, den er 50 Jahre zuvor ausgestellt hatte – über 100 Dollar, seine erste Investition in Buffett Partnership, Ltd.
Buffett hat schon immer gesagt, er habe im Geburtslotto gewonnen. Er beziffert die Wahrscheinlichkeit, 1930 gerade in den Vereinigten Staaten geboren zu werden, auf 1:30. Er gesteht, dass er nie schnell laufen konnte und nie ein guter Footballspieler geworden wäre. Und trotz seines Talents als Ukulele-Spieler hätte er nie Konzertgeiger werden können. Aber er sei „auf eine bestimmte Art gestrickt“, die es ihm ermöglichen sollte, „es in einer großkapitalistischen Wirtschaft, in der viel Action ist, zu etwas zu bringen“. 6
„Mein Vermögen beruht auf der Kombination, dass ich in Amerika lebe, ein paar glückliche Gene mitbekommen habe und auf dem Zinseszinseffekt“, sagt Buffett. „Mein Glück war davon geprägt, dass ich in einem marktwirtschaftlichen System lebe, das manchmal verzerrte Ergebnisse hervorbringt, auch wenn es unserem Land insgesamt gute Dienste leistet.“ Um die rechte Perspektive zu wahren, gemahnt uns Buffett demütig daran, dass er zufällig in einer Volkswirtschaft arbeitet, „die jemanden, der auf dem Schlachtfeld anderen das Leben rettet, mit einer Medaille belohnt, einen großartigen Lehrer mit Dankschreiben von Eltern, aber Menschen, die Fehlpreisungen von Wertpapieren erkennen können, mit Geldsummen, die in die Milliarden gehen“. Er sprach einmal davon, wie unberechenbar das Schicksal „lange Strohhalme“ verteile. 7
Das mag ja stimmen. Aber meines Erachtens hat Buffett sein Schicksal selbst geschmiedet und bestimmt – nicht umgekehrt. Und dies ist die Story, wie Buffett seinen langen Strohhalm gemacht hat.

Persönliches und Anfänge als Investor

Warren Edward Buffett wurde am 30. August 1930 in Omaha im US-amerikanischen Bundesstaat Nebraska geboren. Er gehörte zur siebten Generation von Buffetts, die Omaha als ihre Heimatstadt bezeichneten. Der erste Buffett, der nach Nebraska kam, eröffnete 1869 ein Lebensmittelgeschäft. Auch Buffetts Großvater betrieb einen Lebensmittelladen und beschäftigte dort eine Weile den jungen Charlie Munger, den späteren Vizevorsitzenden von Berkshire Hathaway. Buffetts Vater Howard war Aktienhändler, Bankangestellter und später republikanischer Kongressabgeordneter.
Man erzählt sich, Buffett sei gleich nach der Geburt von Zahlen fasziniert gewesen. Das mag übertrieben sein, aber gut belegt ist, dass er schon eine Rechenmaschine war, bevor er in den Kindergarten kam. Als kleiner Junge saß er mit seinem besten Freund Bob Russell auf der Veranda der Russells und sie notierten die Kennzeichen der vorbeifahrenden Autos. Wenn es dunkel wurde, gingen sie nach drinnen, breiteten den Omaha World-Herald auf dem Fußboden aus und zählten, wie oft jede Zahl in der Zeitung vorkam. Und dies schrieben sie in ein Album, als seien es streng geheime Informationen.
Eines seiner Lieblingsspielzeuge hatte der junge Buffett von seiner Tante Alice bekommen, die ihren eigenwilligen, aber auch sehr liebenswürdigen Neffen sehr mochte und ihm ein unwiderstehliches Angebot machte: Wenn er den Spargel essen würde, würde sie ihm eine Stoppuhr schenken. Buffett war von diesem präzisen Messgerät fasziniert und setzte es bei endlosen Kleinejungsabenteuern ein, zum Beispiel für Murmelrennen: Er rief seine beiden Schwestern ins Bad, ließ Wasser in die Wanne laufen und bat sie dann, ihre Murmel am einen Ende hineinzuwerfen. Diejenige, deren Murmel zuerst am Stöpsel ankam (da eine Badewanne ja ein leichtes Gefälle hat), hatte gewonnen. Mit der Stoppuhr in der Hand maß Buffett bei jedem Rennen die Zeiten und schrieb sie auf.
Allerdings war ein zweites Geschenk von Tante Alice das, was den sechsjährigen Buffett in eine neue Richtung lenkte – eine Faszination nicht nur durch Zahlen, sondern auch durch Geld. An Weihnachten riss Buffett das Geschenkpapier auf und hängte das Geschenk, das sein wertvollster Besitz werden sollte, an seinen Gürtel – einen vernickelten Münzwechsler. Dafür fand er schnell viele gute Einsatzmöglichkeiten. Er stellte vor seinem Elternhaus einen Tisch auf und verkaufte den Passanten Chiclet-Kaugummis. Er ging von Tür zu Tür und verkaufte Kaugummi und Limonade. Im Lebensmittelgeschäft seines Großvaters kaufte er für 25 Cent einen Sixpack Coca-Cola und verkaufte die einzelnen Flaschen für einen Fünfer: 20 Prozent Kapitalrendite. Außerdem verkaufte er die Zeitschriften Saturday Evening Post und Liberty an der Haustür. Jedes Wochenende verkaufte er bei Footballspielen in der Nähe Popcorn und Erdnüsse. Bei allen diesen Unternehmungen hatte er seinen Münzwechsler dabei, nahm Dollar entgegen und gab Kleingeld heraus. 8
Was heute nach einer idyllischen Kindheit klingt, nahm eine abrupte Wendung, als Buffetts Vater eines Tages von der Arbeit heimkam und seiner Familie mitteilte, dass die Bank, bei der er arbeitete, geschlossen hatte. Damit hatte er seine Stelle und die Ersparnisse der Familie verloren. Die Große Depression war nun auch in Omaha angekommen. Buffetts Großvater, der Ladeninhaber, gab Howard Geld, um seine Familie zu ernähren.
Zum Glück währte das Gefühl der Hoffnungslosigkeit nicht lange. Schon bald riss sich Howard Buffett zusammen und kam wieder auf die Füße. Er verkündete, dass Buffett, Sklenicka & Company im Union-State-Gebäude in der Farnam Street eröffnet habe – in der gleichen Straße, in der Buffett eines Tages ein Haus kaufen und seine Investmentgesellschaft gründen sollte.
Die Große Depression wirkte sich zwar nur kurz auf die Familie Buffett aus, dafür aber massiv. Und sie hinterließ auch bei dem jungen Warren einen tiefen, bleibenden Eindruck. „Nach diesen ersten harten Jahren hatte er den unbedingten Drang, sehr, sehr, sehr reich zu werden“, schrieb Roger Lowenstein, der Autor von „Buffett: Die Geschichte eines amerikanischen Kapitalisten“. „Daran dachte er schon, bevor er fünf Jahre alt war. Und von dieser Zeit an hörte er nur selten auf, daran zu denken.“ 9
Als Buffett zehn wurde, fuhr sein Vater mit ihm mit nach New York. Es war ein Geburtstagsgeschenk, das Howard allen seinen Kindern machte. „Ich erklärte meinem Vater, ich wolle drei Dinge sehen“, erzählt Buffett. „Ich wollte die Scott Stamp and Coin Company sehen. Ich wollte die Lionel Train Company sehen. Ich wollte die New York Stock Exchange sehen.“10 Nach einer Nachtfahrt mit dem Zug fuhren Buffett und sein Vater an die Wall Street und trafen sich dort mit dem Börsenmitglied At Mol. „Nach dem Essen kam ein Mann mit einem Tablett, auf dem verschiedene Tabakblätter lagen“, erinnert sich Buffett. „Er rollte für Mr. Mol, der sich die entsprechenden Blätter ausgesucht hatte, eine Zigarre. Und ich dachte mir, das ist es. Etwas Besseres kann es nicht geben. Eine maßgefertigte Zigarre.“ 11
Danach stellte Howard Buffett seinen Sohn Sidney Weinberg vor, einem Seniorpartner von Goldman Sachs, der damals als berühmtester Mann der Wall Street galt. In Weinbergs Büro war Buffett von den Fotos und Urkunden an der Wand wie elektrisiert. Er sah die gerahmten Originalbriefe und wusste sehr gut, dass sie von berühmten Leuten geschrieben worden waren. Während Howard und Sidney über das aktuelle Finanzgeschehen sprachen, ging Warren Buffett ohne zuzuhören im Büro herum und bewunderte die Artefakte. Als es Zeit war zu gehen, legte Sidney Weinberg den Arm um Buffett und fragte ihn spaßeshalber, welche Aktie er gut finde. „Er hatte am nächsten Tag alles vergessen“, erinnert sich Buffett, „aber ich erinnerte mich für immer daran.“ 12
Buffett war schon vor der Fahrt nach New York von Aktien und der Börse fasziniert gewesen. Er kam oft in die Brokerfirma seines Vaters und schaute sich die Aktien- und Anleiheurkunden an, die dort wie in Sidney Weinbergs Büro an der Wand hingen. Oft ging er auch zwei Treppen tiefer in die Brokerfirma Harris Upham. Vielen Brokern wuchs das nervtötende Kind, das unaufhörlich Fragen stellte, ans Herz. Manchmal erlaubten sie dem kleinen Warren, die Aktienkurse auf die Tafel zu schreiben.
Samstagmorgens – da war die Börse zwei Stunden lang geöffnet – war Buffett regelmäßig mit Frank Buffett, seinem Großonkel väterlicherseits, und John Barber, Großonkel mütterlicherseits, in der Brokerfirma. Laut Buffett war Onkel Frank ein ewiger Bär und Onkel John ein stets optimistischer Bulle. Mit ihren jeweiligen Geschichten, wie sich die Welt ihrer Meinung nach entwickeln würde, wetteiferten sie um Buffetts Aufmerksamkeit. Und die ganze Zeit starrte Buffett unverwandt auf den Trans-Lux-Kursticker und versuchte den sich ständig ändernden Aktienkursen einen Sinn abzugewinnen. Jedes Wochenende las er die „Trader“-Kolumne in Barron’s. Als er alle Bücher im Regal seines Vaters gelesen hatte, verschlang er alle Investmentbücher in der örtlichen Bibliothek. Bald begann er selbst Kurse aufzuzeichnen und versuchte die Muster zu verstehen, die vor seinen Augen flimmerten.
Niemand war überrascht, als der elfjährige Buffett verkündete, er sei nun bereit, seine ersten Aktien zu kaufen. Aber die Familie war dann doch schockiert, als er ihr mitteilte, er wolle 120 Dollar anlegen, die er aus dem Verkauf von Limonade, Erdnüssen und Zeitschriften angespart hatte. Er entschied sich für Vorzugsaktien von Cities Service, eine der Lieblingsaktien seines Vaters, und überredete seine Schwester Doris, mitzumachen. Jeder kaufte drei Aktien und investierte somit 114,75 Dollar. Buffett hatte das Kursdiagramm studiert und war zuversichtlich.
In jenem Sommer ging es mit der Börse abwärts und sie erreichte im Juni ihr Jahrestief. Die beiden jungen Buffetts sahen zu, wie ihre Aktien um 30 Prozent fielen. Es verging kein Tag, an dem Doris Warren nicht wegen ihres Verlustes piesackte, und daher verkauften sie ihre Positionen, als sich Cities Service auf 40 Dollar erholt hatte, mit jeweils fünf Dollar Gewinn.
Zu Buffetts Kummer stieg die Vorzugsaktie von Cities Service bald danach auf 202 Dollar. Er rechnete aus, dass ihm unter Berücksichtigung der Gebühren ein Gewinn von gut 492 Dollar entgangen war. Da er fünf Jahre gebraucht hatte, um 120 Dollar zusammenzusparen, rechnete er sich aus, dass er soeben 20 Jahre Arbeit verschenkt hatte. Das war eine schmerzhafte Lehre, aber letztlich doch eine nützliche. Buffett schwor sich, er werde sich erstens nie wieder durch den Preis, den er für eine Aktie bezahlt hatte, ablenken lassen, und sich zweitens nicht mit kleinen Kursgewinnen zufrieden geben. Im weisen Alter von elf Jahren hatte Warren somit bereits eine der wichtigsten Lektionen der Geldanlage gelernt – Geduld. (Mehr über diese entscheidende Eigenschaft in Kapitel 7.)
Im Jahr 1942, als Warren Buffett zwölf Jahre alt war, wurde sein Vater in den Kongress gewählt und zog mit der Familie nach Washington. Diese Veränderung traf den Jungen hart. Da es ihm elend ging und er schreckliches Heimweh hatte, durfte er für ein Jahr nach Omaha zurückkehren und bei seinem Großvater und Tante Alice wohnen. Im Jahr danach, 1943, gab er Washington noch einmal eine Chance.
Da es nun keine freundlichen Brokerfirmen mehr gab, in denen er sich hätte herumtreiben können, verlagerte sich Buffetts Interesse nach und nach weg von der Börse, hin zu unternehmerischen Projekten. Mit 13 trug er zwei Zeitungen aus, die Washington Post und den Washington Times-Herald. Auf der Woodrow Wilson High School freundete er sich mit Don Danly an und steckte ihn bald mit seiner Begeisterung für das Geldverdienen an. Die beiden legten zusammen und kauften sich für 25 Dollar überholte Flipperautomaten. Buffett überredete einen Frisör dazu, gegen die Hälfte des Gewinns einen Flipper in seinen Salon zu stellen. Am Ende des ersten Tages holten sie vier Dollar in 5-Cent-Stücken aus ihrem ersten Gerät. Die Wilson Coin-Operated Machine Company expandierte auf sieben Automaten und schon bald brachte Buffett 50 Dollar die Woche heim.
Als Buffett die Highschool hinter sich hatte, beliefen sich seine Ersparnisse aus den verschiedenen Unternehmungen auf 9.000 Dollar. Sogleich verkündete er, er sehe keinen Grund, ein College zu besuchen, denn das störe seine geschäftlichen Unternehmungen. Sein Vater lehnte das jedoch entschieden ab und im Herbst war Buffett an der Wharton School of Business and Finance der University of Pennsylvania immatrikuliert. Obwohl der Schwerpunkt von Wharton auf Wirtschaft und Finanzen liegt, war Buffett von der Universität wenig beeindruckt. „Das machte mich nicht besonders an“, bekannte er. „Irgendwie lernte ich da nicht viel.“ 13 Der Lehrplan von Wharton betonte die theoretischen Aspekte der Wirtschaft, Buffett interessierten jedoch die praktischen Aspekte eines Unternehmens – wie man damit Geld verdienen kann. Nach zwei Jahren in Wharton (1947-1949) wechselte er an die University of Nebraska. Er belegte in einem Jahr 14 Kurse und machte 1950 seinen Abschluss. Da war er noch keine 20 Jahre alt.
Als er wieder in Omaha war, bef...

Inhaltsverzeichnis

  1. Cover
  2. Titel
  3. Impressum
  4. Inhalt
  5. Vorwort von Howard Marks: Die Ausnahme
  6. Vorwort von Bill Miller: Zur zweiten Ausgabe
  7. Vorwort von Peter S. Lynch: Zur ersten Ausgabe
  8. Einführung von Kenneth L. Fisher
  9. Vorrede
  10. 1 Ein Fünf-Sigma-Ereignis – Der größte Anleger der Welt
  11. 2 Warren Buffetts Ausbildung
  12. 3 Ein Unternehmen kaufen – Die zwölf unverrückbaren Grundsätze
  13. 4 Aktienkäufe – Neun Fallstudien
  14. 5 Portfoliomanagement – Die Mathematik der Geldanlage
  15. 6 Die Psychologie der Geldanlage
  16. 7 Geduld ist wertvoll
  17. 8 Der größte Anleger der Welt
  18. Anhang
  19. Anmerkungen
  20. Danksagungen
  21. Über die Website
  22. Über den Autor