Hat die Wissenschaft Gott begraben?
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Hat die Wissenschaft Gott begraben?

Eine kritische Analyse moderner Denkvoraussetzungen

  1. 336 Seiten
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Hat die Wissenschaft Gott begraben?

Eine kritische Analyse moderner Denkvoraussetzungen

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Wenn man Richard Dawkins und anderen glauben soll, dann hat die moderne Wissenschaft Gott in die Ecke gestellt, "umgebracht" und schließlich begraben. Der Atheismus sei die einzig legitime Denkposition und die Vorstellungen von einem Schöpfer- und Erhaltergott eine verzichtbare Hypothese, die die Wissenschaft nur behindert.In diesem anregenden und provozierenden Buch lädt der bekannte Mathematiker John Lennox ein, solche Thesen ernsthaft zu überdenken. Gott passt viel besser in die moderne Wissenschaft, als es sich manche Ideologen träumen lassen.Eine durchgesehene und umfassend ergänzte Neufassung des seit Jahren bekannten Longsellers!"Ein Muss für alle, die über die großen Fragen des Lebens nachdenken"Alister McGrathStand: 9. Gesamtauflage 2009

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Information

Jahr
2010
ISBN
9783417219494
1. Krieg der Weltanschauungen
»Naturwissenschaft und Religion können nicht versöhnt werden.«
Peter Atkins
»Alle meine naturwissenschaftlichen Studien […] haben meinen Glauben bestätigt.«
Ghillean Prance
»Wenn Ihnen das nächste Mal jemand erzählt, dass etwas wahr ist, dann fragen Sie ihn doch, welchen Beweis es dafür gibt. Erhalten Sie keine gute Antwort, dann denken Sie hoffentlich gut darüber nach, bevor Sie ein Wort glauben.«
Richard Dawkins
Der letzte Nagel in Gottes Sarg?
Es herrscht die weitverbreitete Vorstellung, dass mit jedem wissenschaftlichen Fortschritt ein weiterer Nagel in Gottes Sarg geschlagen wird. Dieser Eindruck wird von einflussreichen wissenschaftlichen Denkern vorangetrieben. Peter Atkins, Professor für Chemie in Oxford, schreibt: »Die Menschheit sollte akzeptieren, dass die Wissenschaft die Rechtfertigung für den Glauben an Sinn und Zweck des Kosmos beseitigt hat und dass jegliches Überleben von Zweckbestimmung nur dem Gefühl zu verdanken ist.«1 Es ist jedoch fraglich, wie der Wissenschaft so etwas gelingen konnte, da sie sich traditionell nicht mit Fragen der Zweckbestimmung beschäftigt; aber darauf kommen wir später zurück. Was klar wird, ist, dass Atkins den Glauben an Gott mit einem Schlag herabsetzt; nicht nur auf die Gefühlsebene, sondern auf ein wissenschaftsfeindliches Gefühl. Atkins ist nicht allein mit dieser Ansicht. Richard Dawkins geht – unübertroffen – noch einen Schritt weiter. Für ihn ist der Glaube an Gott ein Übel, das ausgemerzt werden muss: »Es ist modern, sich apokalyptisch mit der Bedrohung der Menschheit auseinanderzusetzen, die sich im Aids-Virus, im Rinderwahnsinn (BSE) und in anderen Krankheiten darstellt, aber ich stelle die These auf, dass der Glaube eines der größten Übel dieser Welt ist, vergleichbar mit dem Pockenvirus, aber schwieriger auszurotten. Glaube als eine Überzeugung, die nicht auf empirischen Indizien beruht, ist der größte Makel jeder Religion.«2
Unlängst ist der Glaube, laut Dawkins, vom Makel zur Wahnvorstellung aufgestiegen (sofern man das so bezeichnen kann). In seinem Buch Der Gotteswahn3 zitiert er Robert Pirsig, Autor des Buches Zen und die Kunst, ein Motorrad zu warten:»Leidet ein Mensch an einer Wahnvorstellung, so nennt man es Geisteskrankheit. Leiden viele Menschen an einer Wahnvorstellung, nennt man es Religion.« In Dawkins’ Augen ist Gott nicht nur eine Wahnvorstellung, sondern eine bösartige Wahnvorstellung.
Solche extremen Ansichten stellen das äußerste Ende einer Meinungsvielfalt dar, und es wäre falsch zu denken, sie seien typisch. Viele Atheisten heißen diesen Kampfgeist nicht für gut, ganz zu schweigen von den repressiven, ja sogar totalitären Andeutungen. Leider erhalten gerade die extremen Ansichten die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit und der Medien mit dem Ergebnis, dass viele Menschen davon erfahren und beeinflusst werden. Es wäre dumm, sie zu ignorieren; wir müssen sie ernst nehmen.
Anhand seiner Aussagen wird deutlich, dass Dawkins’ Feindseligkeit gegenüber dem Glauben auf der Annahme beruht, dass, während »wissenschaftliche Standpunkte auf öffentlich prüfbaren Indizien basieren, religiöser Glaube nicht nur solche Indizien vermissen lässt, sondern die Unabhängigkeit von Indizien ist seine Freude, die er von den Dächern pfeift«.4 Mit anderen Worten: Religiöser Glaube ist für ihn immer blinder Glaube. Wenn es so wäre, ist es vielleicht angemessen, Glauben mit Pocken gleichzusetzen. Aber befolgen wir doch Dawkins’ eigenen Rat und fragen: Wo ist der Beweis, dass religiöser Glaube nicht auf Tatsachen basiert? Zugegeben, es gibt leider Menschen, die sich zum Glauben an Gott bekennen und offen einen antiwissenschaftlichen und aufklärungsfeindlichen Standpunkt einnehmen – was bedauerlicherweise den Glauben an Gott in Verruf bringt. Vielleicht hatte Richard Dawkins das Pech, unverhältnismäßig vielen von ihnen zu begegnen.
Aber das ändert nichts an der Tatsache, dass die breite Masse unter den Christen davon ausgeht, dass Glaube und Indizien untrennbar sind. In der Tat ist der Glaube eine Antwort auf Indizien und nicht der Jubel über das Nichtvorhandensein von Indizien. Der christliche Apostel Johannes schreibt in seiner Biografie über Jesus: »Diese [Zeichen] aber sind aufgeschrieben, damit ihr glaubt, …«5 Das heißt, er versteht das, was er schreibt, als einen Teil der Indizien, auf die sich der Glaube stützt. Der Apostel Paulus sagt, was viele Wegbereiter der modernen Wissenschaft glaubten, und zwar, dass die Natur selbst auf die Existenz Gottes hinweist: »Seit Erschaffung der Welt wird seine unsichtbare Wirklichkeit an den Werken der Schöpfung mit der Vernunft wahrgenommen, seine ewige Macht und Gottheit. Daher sind sie unentschuldbar.«6 Es gehört nicht zur biblischen Sichtweise, dass Dinge geglaubt werden müssen, für die es keine Indizien gibt. Genau wie in der Wissenschaft gehören Glaube, Vernunft und Indizien zusammen. Dawkins Definition von Glaube als »blinder Glaube« erweist sich als das genaue Gegenteil des biblischen Glaubens. Seltsam, dass er den Widerspruch nicht zu bemerken scheint. Könnte das die Folge seines eigenen blinden Glaubens sein?
Dawkins’ eigenartige Definition von Glaube ist ein verblüffendes Beispiel für ein Denken, wie er es eigentlich selbst verabscheut – Denken, das nicht auf Indizien basiert. Denn in einer Darstellung von atemberaubender Widersprüchlichkeit liefert er keine Beweise für seine Behauptung, dass der Glaube sich darüber freut, von Indizien unabhängig zu sein. Der Grund, warum er den Beweis nicht liefern kann, ist – es gibt ihn nicht. Es bedarf keiner großen Nachforschung, um sich zu vergewissern, dass kein ernsthafter biblischer Gelehrter oder Denker Dawkins’ Definition von Glauben befürworten würde. Francis Collins sagt zu dieser Definition: »Sie beschreibt sicher nicht den Glauben der meisten ernsthaften Gläubigen in der Geschichte noch der meisten, die ich persönlich kenne.«7
Collins’ Standpunkt ist in diesem Zusammenhang als Beleg sehr wichtig. Er weist darauf hin, dass die neuen Atheisten ihre eigene Glaubwürdigkeit stark untergraben, wenn sie sagen, dass jeder Glaube blinder Glaube sei. John Haught sagte bereits: »Die Existenz einer einzigen weißen Krähe genügt, um zu zeigen, dass es nicht nur schwarze Krähen gibt. Ebenso genügt die Existenz zahlloser Gläubiger, die die simplizistische Definition der Neuen Atheisten über Glauben ablehnen, die Anwendbarkeit ihrer Kritik auf einen Großteil der religiösen Bevölkerung infrage zu stellen«.8
Alister McGrath9 macht in seiner kürzlich erschienenen, sehr verständlichen Beurteilung von Dawkins’ Standpunkt klar, dass dieser es eindeutig verpasst hat, sich mit irgendwelchen ernsthaften christlichen Denkern auseinanderzusetzen. Was sollten wir sonst von seiner ausgezeichneten Maxime halten: »Wenn Ihnen das nächste Mal jemand erzählt, dass etwas wahr ist, dann fragen Sie ihn, welchen Beweis es dafür gibt. Erhalten Sie keine gute Antwort, dann denken Sie hoffentlich gut darüber nach, bevor Sie ein Wort glauben.«10 Es sei dem verziehen, der der starken Versuchung nicht widerstehen kann, Dawkins’ Maxime an ihn selbst anzulegen und kein Wort von dem zu glauben, was er sagt.
Dawkins ist nicht der Einzige, der an der irrigen Auffassung festhält, der Glaube an Gott basiere auf keinerlei Indizien. Die Erfahrung zeigt, dass diese Auffassung unter den Mitgliedern der Gemeinschaft der Wissenschaftler weitverbreitet ist, auch wenn es etwas anders formuliert wird. Es wird zum Beispiel oft gesagt, dass der Glaube an Gott »in den privaten, und das wissenschaftliche Bekenntnis in den öffentlichen Bereich gehört, [dass] Glaube an Gott etwas anderes ist, als das, was wir in der Wissenschaft betreiben« – kurz gesagt, ein »blinder Glaube«. Dieses Thema wird in Kapitel vier im Abschnitt über die rationale Verstehbarkeit des Universums noch näher behandelt.
Zunächst verschaffen wir uns einen Überblick über das Verhältnis von Glaube und Unglaube in der Gemeinschaft der Wissenschaftler. Eine der interessantesten Umfragen dazu wurde 1996 von Edward Larsen und Larry Witham durchgeführt und in der Zeitschrift Nature11 veröffentlicht. Es handelte sich dabei um eine Wiederholung der Leuben-Umfrage von 1916, in der tausend Wissenschaftler (zufällig ausgewählt aus der Liste der »American Men of Science« von 1910) befragt wurden, ob sie an einen Gott glaubten, der Gebete erhört, und an ihre persönliche Unsterblichkeit (was viel tiefer geht als der Glaube an irgendeine Art göttliches Wesen). Die Antwortquote lag damals bei 70 Prozent, von denen 41,8 Prozent mit »Ja« und 41,5 Prozent mit »Nein« antworteten; 16,7 Prozent gaben an, Agnostiker zu sein. 1996 lag die Antwortquote bei 60 Prozent, von denen 39,6 Prozent mit »Ja«, 45,5 Prozent mit »Nein« antworteten und 14,9 Prozent waren Agnostiker.12 In der Presse wurden diese Statistiken nach der Devise halb voll oder halb leer unterschiedlich ausgelegt. Einige sahen darin einen Beweis für das Überleben des Glaubens, andere für das konstante Gleichbleiben des Unglaubens. Was überraschte, war die relativ kleine Abweichung im Verhältnis von Gläubigen und Ungläubigen während eines Zeitraums von achtzig Jahren, in dem ein enormes Wachstum an wissenschaftlicher Erkenntnis stattgefunden hat. Dieser Befund steht in scharfem Kontrast zur vorherrschenden öffentlichen Meinung.
Eine ähnliche Umfrage13 von Larsen und Witham im Jahre 1998 unter Topwissenschaftlern ergab einen höheren Prozentsatz an Atheisten. Von den aus der National Academy of Sciences, USA, ausgewählten Topwissenschaftlern, die antworteten, waren 72,2 Prozent Atheisten, sieben Prozent glaubten an Gott und 20,8 Prozent waren Agnostiker.
Leider gibt es keine vergleichbaren Statistiken von 1916, um zu sehen, inwiefern sich der Prozentsatz von damals verschoben haben würde. Es ist jedoch bekannt, dass über 90 Prozent der Gründer der Royal Society in England Theisten waren.
Die Auswertung solcher Statistiken ist eine vielschichtige Angelegenheit. So fand Larsen auch heraus, dass bei einem Jahreseinkommen über 150.000 US-Dollar der Glaube an Gott erheblich abnahm, ein Trend, der nicht nur bei Naturwissenschaftlern zu beobachten ist.
Unabhängig davon, welche Schlussfolgerungen man aus solchen Statistiken zieht, werden Umfragen dieser Art genügend Anhaltspunkte liefern, um Dawkins recht zu geben, wenn er davon spricht, wie schwierig es ist, seine bedrohlich totalitär klingende Aufgabe zu erfüllen, nämlich den Glauben an Gott auszurotten. Zusätzlich zu den fast 40 Prozent gläubigen Naturwissenschaftlern, die in der allgemeinen Umfrage erfasst wurden, gab und gibt es sehr angesehene Naturwissenschaftler, die an Gott glauben. Dazu gehören Francis Collins, Leiter des Humangenomprojektes, Professor Bill Phillips, Physik-Nobelpreisträger von 1997, Sir Brian Heap, Mitglied und ehemaliger Vizepräsident der Royal Society sowie Sir John Houghton, Mitglied der Royal Society, ehemaliger Generaldirektor der Behörde für Meteorologie in Großbritannien, Co-Vorsitzender des Weltklimarates (IPCC) und derzeitiger Direktor der John Ray Initiative mit Schwerpunkt Umwelt, um nur einige zu nennen.
Selbstverständlich soll unsere Frage nicht anhand von Statistik geklärt werden, so interessant diese auch sein mag. Allerdings hat selbst der Glaube von angesehenen bekennenden Naturwissenschaftlern keine ausgleichende Wirkung auf die scharfen Töne von Atkins, Dawkins und anderen, wenn diese im Namen der Naturwissenschaft ihren Krieg gegen Gott inszenieren. Präziser formuliert müsste man sagen, sie sind nicht so sehr davon überzeugt, dass die Naturwissenschaft mit Gott im Krieg liegt, als vielmehr, dass der Krieg vorbei ist und die Naturwissenschaft den Sieg davongetragen hat. Es bleibt nur noch, die Welt darüber zu informieren, dass (um auf Nietzsche zurückzugreifen) Gott tot ist und die Naturwissenschaft ihn begraben hat. In diesem Sinne schreibt Peter Atkins: »Naturwissenschaft und Religion können nicht versöhnt werden, und die Menschheit sollte damit beginnen, die Macht dieses ihres Kindes zu schätzen und alle Kompromissversuche abzuwehren. Die Religion hat versagt, und ihr Versagen sollte offengelegt werden. Die Naturwissenschaft ist gegenwärtig erfolgreich in ihrem Streben nach universeller Kompetenz, indem sie die einfachsten Erklärungen findet. Sie ist die höchste Freude des Intellekts und sollte als Königin anerkannt werden.«14 Dies ist die Sprache der Triumphalisten. Aber ist der Triumph wirklich berechtigt? Welche Religion hat versagt und auf welcher Ebene? Auch wenn Naturwissenschaft eine wirkliche Freude ist, ist sie tatsächlich die höchste Freude des Intellekts? Haben Musik, Kunst, Literatur, Liebe und Wahrheit nichts mit dem Intellekt zu tun? Ich kann die zunehmende Welle des Protestes vonseiten der Geisteswissenschaften bereits hören.
Außerdem ist es nicht das Gleiche, ob sich Wissenschaftler mit Gott im Krieg befinden oder ob die Wissenschaft selbst mit Gott Krieg führt. Stellen wir uns vor, einige Musiker sind militante Atheisten. Schließen wir daraus, dass sich die Musik selbst im Krieg mit Gott befindet? Wohl kaum. Deshalb sind Aussagen von Wissenschaftlern auch nicht zwangsläufig Aussagen der Wissenschaft. Auch sind solche Aussagen nicht notwendigerweise wahr, obwohl sie aufgrund des hohen Ansehens der Wissenschaft oft dafür gehalten werden. In diese Kategorie fallen beispielsweise die zu Beginn angeführten Behauptungen von Atkins und Dawkins. Dabei handelt es sich nicht um Aussagen der Wissenschaft, sondern sie sind Ausdruck einer persönlichen Überzeugung, ja eines Glaubens, der dem entspricht (nur weniger tolerant), den Dawkins unbedingt ausrotten möchte. Selbstverständlich heißt das nicht, dass diese Aussagen falsch sind, sondern nur, dass sie nicht als maßgeblich wissenschaftlich behandelt werden dürfen. Es bleibt zu untersuchen, zu welcher Kategorie sie gehören und, was noch wichtiger ist, ob sie wahr sind oder nicht.
Bevor wir fortfahren, möchte ich die Waage ins Gleichgewicht bringen und einige angesehene Wissenschaftler zitieren, die an Gott glauben. So schreibt Sir John Houghton, Mitglied der Royal Society: »Unsere Wissenschaft ist Gottes Wissenschaft. Er trägt die Verantwortung für die gesamte wissenschaftliche Erfolgsgeschichte […] Die außergewöhnliche Ordnung, Folgerichtigkeit, Zuverlässigkeit und die faszinierende Komplexität in den wissenschaftlichen Beschreibungen des Universums reflektieren die Ordnung, Folgerichtigkeit, Zuverlässigkeit und Komplexität von Gottes Handlungen.«15 Der ehemalige Direktor von Kew Gardens und Mitglied der Royal Society, Professor Sir Ghillean Prance, macht ebenso klare Aussagen bezüglich seines Glaubens: »Seit vielen Jahren glaube ich, dass Gott als großer Planer hinter der ganzen Natur steht. […] Alle meine naturwissenschaftlichen Studien […] haben seitdem meinen Glauben bestätigt. Für mich ist die Bibel die wichtigste Autoritätsquelle.«16
Selbstverständlich sind die hier angeführten Aussagen nicht wissenschaftlicher Art, sondern geben eine persönliche Überzeugung wieder. Zugleich enthalten sie allerdings auch Andeutungen bezüglich der Indizien, die erbracht wurden, um den Glauben zu stützen. Sir Ghillean Prance geht sogar so weit zu sagen, dass Wissenschaft selbst seinen Glauben bestätigt. Wir befinden uns hier in der eigenartigen Situation, in der uns einerseits die Naturwissenschaftler sagen, dass die Wissenschaft Gott beseitigt hat, und uns andererseits Theisten bezeugen, dass die Wissenschaft ihren Glauben an Gott bestätigt. Beide Standpunkte werden von überaus kompetenten Wissenschaftlern eingenommen. Was heißt das? Es heißt, es ist zu bequem, einfach anzunehmen, dass sich Naturwissenschaft und Glaube an Gott feindselig gegenüberstehen. Es heißt aber auch, dass es sich lohnt herauszufinden, wie genau die Beziehungen aussehen zwischen Wissenschaft und Atheismus sowie zwischen Wissenschaft und Theismus. Dabei liegt das Augenmerk darauf, ob eine und welche der beiden diametral entgegengesetzten Weltanschauungen von der Wissenschaft gestützt wird.
Wir wenden uns zunächst der Geschichte der Wissenschaft zu.
Die vergessenen Wurzeln der Wissenschaft
Grundsätzlich sind alle Wissenschaften von einem geordneten Universum überzeugt. Ohne diese tiefe Überzeugung wäre Wissenschaft nicht möglich. Das berechtigt zu der Frage: Woher kommt diese Überzeugung? Melvin Calvin, Nobelpreisträger für Chemie, hegt wenig Zweifel an ihrer Herkunft: »Bei dem Versuch, den Ursprung dieser Überzeugung herauszufinden, bin ich auf den Grundgedanken gestoßen, der bereits vor zwei- oder dreitausend Jahren entdeckt wurde und der zuerst in der westlichen Welt von den alten Hebräern verbreitet wurde, nämlich, dass das Universum von einem einzigen Gott regiert wird und nicht das Produkt einer Laune vieler Götter ist, von denen jeder seinen Bereich nach eigenen Gesetzmäßigkeiten regiert. Diese monotheistische Sichtweise ist wohl die historische Grundlage für die moderne Wissenschaft.«17
Diese Aussage ist sehr provokativ angesichts der Tatsache, dass in der Literatur der Beginn der heutigen Wissenschaft zuerst auf die Griechen im sechsten Jahrhundert vor Christus zurückgeführt wird. Es wird aber auch darauf hingewiesen, dass zuerst der Polytheismus aus der griechischen Weltanschauung überwunden werden musste, damit die Wissenschaft sich entfalten konnte. Wir kommen später noch auf diesen Punkt zurück.
Wir wollen hier nur darauf hinweisen, was die Beobachtung von Melvin Calvin impliziert: Die Griechen waren zwar in vieler Hinsicht die Ersten, die Wissenschaft in unserem heutigen Sinn betrieben. Aber die hebräische Überzeugung, dass das Universum von Gott geschaffen ist und erhalten wird, war für das heutige wissenschaftliche Ver...

Inhaltsverzeichnis

  1. Cover
  2. Vorwort
  3. 1. Krieg der Weltanschauungen
  4. 2. Reichweite und Grenzen der Wissenschaft
  5. 3. Reduktion, Reduktion, Reduktion ...
  6. 4. Geplantes Universum?
  7. 5. Geplante Biosphäre?
  8. 6. Wesen und Bereich der Evolution
  9. 7. Ursprung des Lebens
  10. 8. Der genetische Code und sein Ursprung
  11. 9. Information
  12. 10. Die Affenmaschine
  13. 11. Ursprung der Information
  14. 12. Verletzung der Naturgesetze? Das Vermächtnis von David Hume
  15. Nachwort: Jenseits der Wissenschaft, aber nicht jenseits der Vernunft
  16. Anmerkungen
  17. Index