1.Beschäftigte finden und binden – eine Herausforderung
Eine zentrale Ressource für den Unternehmenserfolg sind qualifizierte und motivierte Beschäftigte. Und gerade hier bemerken immer mehr Unternehmen, dass der Schuh drückt. Es wird zunehmend schwerer, geeignete Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu finden und sie darüber hinaus dauerhaft ans Unternehmen zu binden. Employer Branding wird daher immer wichtiger, denn eine starke Arbeitgebermarke hilft dabei, diese Herausforderung zu meistern.
1.1Das Finden und das Binden
Strukturelle Veränderungen und sich ändernde Rahmenbedingungen nehmen laufend Einfluss auf die Zukunft der Unternehmen. In den letzten Jahren nimmt die Alterung der deutschen Bevölkerung und die damit einhergehende abnehmende Zahl an vorhandenen Arbeitskräften in der Planung der Betriebe immer mehr Raum ein.
Der sogenannte demografische Wandel lässt die Zahl der Menschen, die 67 oder älter sind, bis zum Jahr 2040 voraussichtlich auf mindestens 21,5 Mio. steigen. Damit wäre sie rund 42 Prozent höher als noch im Jahr 2014, als sie 15,1 Mio. betrug (Statistisches Bundesamt 2016). Die Folge für die Unternehmen: Es wird in Zukunft immer weniger potenzielle Arbeitskräfte geben – bis 2050 soll sich ihre Anzahl fast halbieren. Damit wird es immer schwieriger für Unternehmen, die richtigen Beschäftigten zu finden, weil es einfach immer weniger geeignete Arbeitskräfte in Deutschland gibt.
Bis 2050 wird sich die Zahl der Arbeitnehmer fast halbieren.
Weitere Trends, die nach Trost (2012) einen Einfluss auf die künftige Arbeitsmarktsituation haben und damit auch die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen beeinflussen, sind
transparente, globale Arbeitsmärkte, zu wenige Fachkräfte vor allem in MINT-Berufen (Mathematik, Ingenieurwissenschaften, Naturwissenschaften, Technik) und das moderne Kommunikationsverhalten zukünftiger Generationen. Abb. 1: Anzahl der Arbeitnehmer in Deutschland im Vergleich 2017 zu 2050 (basierend auf: Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung)
Unternehmen müssen umdenken
Aufgrund dieser Aspekte müssen Unternehmen und Institutionen in Bezug auf das Thema Beschäftigte deutlich umdenken. Organisationen müssen sich zukünftig nicht nur bei ihren Kundinnen und Kunden bewerben, sondern vor allem auch bei den Wunschbesetzungen für vakante Stellen (Rath und Salmen 2012).
Zwei von drei Unternehmen fällt es heute schwer, offene Stellen zu besetzen.
Heute bekommen die wenigsten Unternehmen noch waschkörbeweise qualifizierte Bewerbungen für eine ausgeschriebene Stelle – stattdessen geht es heutzutage häufig um die Herausforderungen, Ausbildungsplätze und Positionen für Fachkräfte überhaupt noch besetzen zu können.
Abb. 2: Zwei von drei Unternehmen fällt es heute schwer, offene Stellen zu besetzen (basierend auf: Ernst & Young, „Mittelstandsbarometer“, 2016)
Dies hat für die betroffenen Unternehmen weitreichende Folgen, denn aus der Personalknappheit erwachsen verpasste Wachstumschancen, die anschließend zu großem wirtschaftlichem Schaden führen können – dieser wird von Ernst & Young mit rund 31 Mrd. Euro pro Jahr beziffert!
Alte und neue Wege im Recruiting
Um sich im Bereich Rekrutierung besser positionieren zu können, nutzen Unternehmen verschiedene Kanäle der externen Kommunikation, um potenzielle Bewerberinnen und Bewerber zu erreichen. In den Recruiting Trends 2017 vom Staufenbiel Institut und Kienbaum wurde deutlich, dass fast die Hälfte des Budgets für das Online-Recruiting in Online-Anzeigen fließt. Weitere zehn Prozent geben die befragten Unternehmen für Active Sourcing aus, neun Prozent für Karriere-Webseiten und nur vier Prozent für Postings in sozialen Netzwerken. 88 Prozent gaben an, das Karriere-Netzwerk Xing für die Rekrutierung zu nutzen, aber auch Facebook spielt bei 72 Prozent der Befragten eine Rolle beim Anwerben neuer Beschäftigter.
Immer mehr Unternehmen setzen auch auf Videos, um Nachwuchskräfte auf sich aufmerksam zu machen: Die Hälfte der Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer nutzt YouTube für das Employer Branding, im Jahr zuvor waren dies nur 44 Prozent.
Aber auch die persönliche Kontaktaufnahme spielt laut dieser Studie weiterhin eine große Rolle, um passende Beschäftigte zu finden – Karriere-Events, Messen sowie persönliche Empfehlungen von bereits Beschäftigten sind für die Rekrutierung neuer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weiterhin wichtige Instrumente.
Nicht nur finden, sondern auch binden
Nicht nur das Finden der richtigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist für die meisten Unternehmen in Deutschland mittlerweile zu einer zentralen Business-Herausforderung geworden. Auch das Binden der bestehenden Belegschaft gestaltet sich zunehmend als schwierig.
84 Prozent der Arbeitnehmer fühlen sich kaum an ihren Arbeitgeber gebunden.
Aktuelle Studien zeigen, dass sich die meisten Beschäftigten nicht oder kaum an ihren Arbeitsplatz gebunden fühlen.
Abb. 3: Verhältnis gebundener und ungebundener Beschäftigter (basierend auf: Gallup Institut, „Gallup Engagement Index 2015“)
Dies hat für die Unternehmen schwerwiegende Folgen, denn die Fluktuation ist bei ungebundenen Beschäftigten um 65 Prozent höher als bei Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die eine hohe Bindung an ihr Unternehmen haben. Darüber hinaus weisen ungebundene Beschäftigte im Vergleich zu gebundenen rund 70 Prozent mehr Fehltage auf. Weiterhin haben ungebundene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine um rund 21 Prozent niedrigere Produktivität als die Beschäftigten, die sich ihrem Unternehmen innerlich verbunden und zugehörig fühlen.
Alles in allem ist diese Entwicklung in der Praxis ein echtes Problem für die Betriebe und ein bedeutendes Hemmnis, wenn es um betriebliche Wertschöpfung geht. Und die Situation wird sich natürlich verschärfen, wenn die Anzahl der potenziellen Beschäftigten noch weiter zurückgeht.
Gerade in Branchen, die bereits traditionell vor Herausforderungen stehen, wenn es darum geht, ausreichende Fachkräfte zu rekrutieren, wie die Hotellerie und Gastronomie, die Pflegebranche, aber auch alle Branchen, in denen Berufe im MINT-Bereich (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) dominieren, werden in Zukunft den War for Talents noch deutlicher spüren. Sie werden deshalb noch strategischer vorgehen müssen, um ihre vakanten Stellen mit gut qualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu besetzen.
Aufgrund des demografischen Wandels gibt es in Deutschland immer weniger potenzielle Arbeitskräfte. Der Kampf um die Potentials hat sich verschärft, der War for Talents ist in vollem Gange. Das Finden und Binden der richtigen Beschäftigten wird daher für immer mehr Unternehmen zur zentralen Business-Herausforderung. | |
1.2Employer Branding wird wichtiger
In Kapitel 1.1 wurde verdeutlicht, warum es notwendig ist, dass sich Arbeitgeber bei zukünftigen Talenten bewerben, anstatt darauf zu warten, dass diese auf sie zukommen. Dieses Thema wird für Unternehmen und Organisationen in Zukunft noch wichtiger werden. Nach einer Studie der LinkedIn Corporation (2012) sahen weltweit rund 70 Prozent der Personalverantwortlichen das Thema Employer Branding als Top-Priorität für ihre Organisation.
Die Studie „Employer Branding und Produktreputation“ der Hochschule der Medien (2015) zeigt auf, dass das Thema Employer Branding für den deutschen Mittelstand deutlich an Bedeutung gewinnt. 40 Prozent der befragten Mittelständler haben bereits eine Arbeitgebermarke definiert, weitere 30 Prozent planen, dies zu tun.