Caritas Pirckheimer
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Caritas Pirckheimer

Äbtissin und Humanistin

  1. 128 Seiten
  2. German
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  4. Über iOS und Android verfügbar
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Caritas Pirckheimer

Äbtissin und Humanistin

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Inhaltsverzeichnis
Quellenangaben

Über dieses Buch

Von zahlreichen Gelehrten und Geistesgrößen ihrer Zeit wurde die hochgebildete Caritas Pirckheimer, Äbtissin des Nürnberger Klaraklosters, als Gesprächs-partnerin geschätzt. Vielen galt sie als weibliches Idealbild des humanistischen Menschen.Als die Reformation in Nürnberg Einzug hielt, geriet sie durch ihr unerschütterliches Festhalten an der klösterlichen Lebensform in ungewollte Gegnerschaft mit den Stadtvätern. Ihr unerschrockenes Eintreten für die eigene Position und ihre Gabe zum Dialog mit Andersdenkenden machen Caritas Pirckheimer zu einer bis heute faszinierenden Persönlichkeit. Die Biografie bietet interessante und spannende Einblicke in die Zeit des religiösen und gesellschaftlichen Umbruchs des 16. Jahrhunderts.

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Information

Verlag
Pustet, F
Jahr
2016
ISBN
9783791760773

1   Elternhaus und Kindertage

Vom Donauried ins neue Zentrum des Reiches

Die Wurzeln der Familie Pirckheimer liegen wohl im Donauried, in dem Gebiet um Lauingen. Gut 100 Jahre vor Caritas’ Geburt, im Jahr 1359, findet sich in den Einbürgerungsurkunden Nürnbergs der Name ihres Urururgroßvaters, Hans I. Pirckheimer. Dieser nennt im Umkreis der Noris bereits zahlreiche Lehn- und Eigengüter sein eigen, als er den Sprung nach Nürnberg, in das neue Zentrum des Reiches, wagt. In Kooperation mit den Familien Imhoff und Gundelfing gelingt der Patrizierfamilie rasch der Aufbau eines Handelsimperiums, das Eisenerze, Samt, Brokat und Seide vertreibt. Ihre Beziehungen reichen bis nach Italien. Man zählt zum erlesenen Kreis deutscher Kaufleute in Venedig. Aber nicht allein auf dem Gebiet der Ökonomie, auch im Bereich der Bildung sind Caritas’ Ahnväter der damals führenden europäischen Großmacht Italien eng verbunden: Ihr Großvater Hans hatte in Perugia, Bologna und Padua studiert, ihr Großonkel Thomas in Bologna, Pavia und Padua. Auch als die wirtschaftliche Potenz der Familie längst ihren Zenit überschritten hat, bleibt ihre Bedeutsamkeit als Protagonisten der geistigen Elite bestehen.
Das Stammhaus der Familie, erworben von Hans II. Pirckheimer (gest. 1400), am Nürnberger Hauptmarkt gegenüber dem schönen Brunnen gelegen, sollte später in den Besitz Willibalds, Caritas’ Bruder, übergehen und bis zu dessen Tod ein wichtiges Zentrum des Humanismus darstellen.
Im Zuge der im ausgehenden Mittelalter zunehmenden Globalisierung des Handels sind es jene Vernetzungen ins Ausland, die als Barometer des Erfolgs gelten und letztlich über das Geschick eines Handelsunternehmens entscheiden.
Der hohe Stellenwert, den die Familie Pirckheimer einer breit angelegten, nicht allein zweckgerichteten Bildung zuschreibt, ist hierbei bemerkenswert und sicher ein weiterer Faktor für ihr Renommee. Selbstbewusst und weltgewandt versteht man es, sich auch auf internationalem Parkett zu bewegen.

 
Patrizierfamilien – die Elite Nürnbergs
Wirtschaftliche Stärke und gesellschaftliches Ansehen standen in Nürnberg stets in einem engen Zusammenhang. Nach antikem Vorbild nannten sich die aufstrebenden Familien der Reichstadt »Patrizier«. Nur sie waren berechtigt, im Kleineren / Inneren Rat einen Sitz einzunehmen und galten als rats- und gerichtsfähig. Eben jene Ratsfähigkeit war jedoch mit der materiellen Stärke einer Familie verbunden: So wie der Zugewinn an Wirtschaftskraft bis ins frühe 16. Jahrhundert den Weg ins Patriziat öffnete, so konnte der Verlust derselben auch zum Verlust der Ratsfähigkeit führen. Als das sogenannte Tanzstatut aus dem Jahr 1521 festlegte, welche Geschlechter zum Tanz auf das Rathaus geladen werden dürfen, verfestigte sich das Machtgefüge des Patriziates. Bis auf eine kurze Episode im Jahre 1348, als ein Handwerkeraufstand die Patrizier aus dem Rat vertrieben hatte, lag die politische Macht eindeutig wieder in patrizischer Hand. Berühmte Namen waren etwa die Geschlechter der Tucher, Tetzel, Stromer, Muffel, Nützel, Haller, Ebner und Pirckheimer. Der zunehmende Konkurrenzdruck zwischen den Familien, der eigentlich durch eine ausgeklügelte Heiratspolitik vermieden werden sollte, und die zwischen einzelnen Familien bestehenden Spannungen, stellten die Reichsstadt immer wieder vor die Herausforderung, das Gleichgewicht der Kräfte zu wahren.
 
 

Eichstätt und München – in den Diensten von Bischöfen und Herzögen

Als Caritas Pirckheimer am 21. März 1467, am Tag des heiligen Benedikt, als ältestes Kind des Dr. Hans Pirckheimer und seiner Frau Barbara, geb. Löffelholz, zur Welt kommt, befindet sich die Familie nicht in Nürnberg. Dass der Vater Hans nach seinem Studium in Italien und dem Erwerb des Doktorgrades in Padua 1465 nicht in den Dienst seiner Vaterstadt getreten war, hat einen uns Heutigen seltsam anmutenden Grund: Eben der Besitz der Doktorwürde verwehrte damals den Zugang zu einem Sitz im Nürnberger Rat. Dies sollte den Vater später dazu bewegen, seinem Sohn Willibald von einer Dissertation abzuraten.
 
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Abb. 2: Johannes Pirckheimer, um 1501
 
Hans Pirckheimer hatte in Eichstätt als Berater Bischof Wilhelms von Reichenau, einem ehemaligen Studienkollegen in Padua, ein angemessenes Auskommen gefunden. Dies ermöglicht ihm 1466 die Ehe mit der Nürnberger Patriziertochter Barbara Löffelholz einzugehen. Dass diesem Schritt einige Schwierigkeiten vorausgegangen waren, verrät ein Zeugnis aus einer Sammlung von Rechtsgutachten jener Zeit: Barbara Löffelholz wird darin angeklagt, sie habe während Hans Pirckheimers Italienaufenthalt einem anderen Nürnberger Patrizier die Ehe versprochen: Sigmund Stromer von der Rosen.
Die Angeklagte muss eingestehen, nicht nur entsprechende Äußerungen getätigt und Geschenke angenommen zu haben, sondern auch sechs Nächte mit dem Kläger verbracht zu haben. Alle eingeholten deutschen Gutachten bestätigen Sigmund Stromers Klage. Hans Pirckheimer bittet daher seine italienischen Professoren um eine Stellungnahme zu seinen Gunsten. Die italienische Parteinahme für Pirckheimer, die der Nachwelt jedoch nicht erhalten ist, gibt schließlich den Ausschlag – im abschließenden Urteil des Bamberger Gerichtes wird Barbara Löffelhoz freigesprochen. Ihrer Vermählung mit Hans Pirckheimer steht nun nichts mehr im Wege.
Zwölf Kinder gehen aus dieser Ehe hervor: Nach Barbara, der Erstgeborenen, folgen in kurzen Abständen Walburga (geb. 1468), Felicitas (1469), Willibald (1470), eine weitere Felicitas (1472), Sebald (1475), Katharina (1476), Juliana (1479), Klara (1481), Sabina (1482), Eufemia (1486) und ein namenloser Sohn, dessen Geburts- und Todesdatum nicht bekannt sind. Die Eltern Pirckheimer verlieren drei ihrer zwölf Kinder – die ältere Felicitas, Sebald und ihren letztgeborenen Sohn. Die Mutter Barbara sollte die letzte Entbindung nicht lange überleben: Sie stirbt bereits 1488.
Barbara, die älteste, ist acht Jahre alt, als die Familie 1475 nach München übersiedelt. Der Vater versieht nun eine doppelte Aufgabe: Er ist Rat des Herzogs Albrecht von Bayern und zugleich des Erzherzogs Sigmund von Österreich – ein Umstand, der ihn zum Pendeln zwischen München und Innsbruck nötigt.

Großtante Katharina als Lehrmeisterin

Trotz der zahlreichen Reisen, die sich durch die berufliche Situation des Vaters ergeben, legt die Familie großen Wert auf eine gründliche Bildung und Erziehung der Kinder. Schon der Großvater Hans (gest. 1492) hatte seine Studienjahre in Italien zum Aufbau einer großen Sammlung antiker Autoren genutzt. Auch sein gleichnamiger Sohn, Barbaras Vater, übernimmt diese Begeisterung für das, was wir heute als Humanismus bezeichnen, und vermittelt sie seinen Kindern. Dabei erkennt er auch seinen Töchtern das Recht auf Bildung zu. Diese Wahrnehmung, dieses Ernstnehmen der Mädchen als bildungsfähige Wesen ist in der Frühen Neuzeit alles andere als eine Selbstverständlichkeit.
Auch wenn über die kleine Barbara vor ihrem Eintritt ins Nürnberger Klarakloster nicht viel bekannt ist, spricht einiges dafür, dass sie ihre Eltern und die jüngeren Geschwister nicht nach München begleitet, sondern vielleicht schon ab ihrem siebten Lebensjahr im Haus ihres Großvaters Hans in Nürnberg aufgenommen wird. Dort lebt auch eine unverheiratete Schwester des Großvaters, Katharina Pirckheimer. Jene Großtante muss bis zu ihrem Tod 1484 neben dem Großvater Hans als die wichtigste Lehrerin und Tutorin Barbaras gewirkt haben.
Dass Katharina – und nicht etwa ihr Bruder – die naturwissenschaftlich ausgerichtete Bibliothek des Vaters vererbt bekommen hatte, ist zum einen beredtes Zeugnis für ihre Gelehrsamkeit. Zum anderen ist es ein weiterer Beleg für den humanistischen Geist der Familie Pirckheimer. Eine Briefpassage des Willibald Pirckheimer aus dem Jahr 1513 an seine geliebte ältere Schwester Barbara bezeugt die Fähigkeit der Familie, ihre weiblichen Mitglieder als intellektuell gleichwertig wahrzunehmen: »Denn um das männliche Geschlecht … zu übergehen, was sah die Stadt Gebildeteres, Gelehrteres und Vollkommeneres als unsere Großtante, die Du bei Deinen glücklichen Anlagen so trefflich wiedergibst, daß man an der Schülerin das Bild der Meisterin erkennen kann. In manchem überragst Du sie, was jedoch mehr ihr zum Lob als Dir zu gereichen scheint.«

2 Aus Barbara wird Caritas: Der Eintritt ins Klarakloster

Ein Abschied für immer

Als Barbara in der Pfingstwoche 1479 im Alter von zwölf Jahren in den Konvent der heiligen Klara in Nürnberg eintritt, ist dies angesichts ihres Lerneifers und ihrer Begabung ein aus damaliger Perspektive folgerichtiger Schritt.
Was dem jungen Mädchen im Schutzraum ihrer Familie ermöglicht worden war – Zugang zu einem fundierten klassischen Bildungskanon –, kann allein im Rahmen einer klösterlichen Schulbildung fortgesetzt werden. Die vier Lateinschulen der Stadt stehen nur den Patriziersöhnen offen.
Wenn ihr das »falsche« Geschlecht die Möglichkeit einer städtischen Bildung versagt hatte, so wird ihr nun beinahe auch der Weg der klösterlichen Bildung versperrt. Ursache dafür ist Barbaras Geburtsort: Wenngleich sich die Pirckheimer als Nürnberger verstehen, wenngleich Barbara seit einigen Jahren beim Nürnberger Großvater am Hauptmarkt lebt – ihr Geburtsort ist Eichstätt. Von Rechts wegen, nach dem Willen des Rates und der von Papst Sixtus IV. 1476 erlassenen Bulle dürfen jedoch nur Nürnberger Bürgerinnen als Chorschwestern aufgenommen werden.
Was aber ist eine Nürnberger Bürgerin? Im Zuge einer Streitigkeit aus dem Jahr 1482 wird festgesetzt, dass dieser Status zwingend und ausschließlich an die Geburt (indigene) gekoppelt ist. Eine spätere Einbürgerung wird als Option ausgeschlossen. Noch im März des Jahres 1479, wenige Wochen vor Barbaras Aufnahme, wird der gesamte Konvent von einer Delegation des Rates an das Gesichtsfenster des Klosters beordert. Dort verliest man die päpstliche Bulle. Jede einzelne Schwester wird unter Anwesenheit eines Notars namentlich aufgerufen und muss durch Kopfnicken zu verstehen geben, dass sie die Weisung des Papstes zur Kenntnis genommen hat: Nicht-Nürnbergerinnen ist der Eintritt zu verwehren!
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Abb. 3: Stadtansicht Nürnbergs nach Hartmann Schedels Weltchronik von 1493
Erst sieben Jahre später, im Jahr 1486, kann der Konvent bei Innozenz VIII. eine Aufhebung der Aufnahmebeschränkung erwirken – nicht nur in Nürnberg geborene, sondern auch in der Stadt ansässige Frauen dürfen nun aufgenommen werden. Was im Fall der »Eichstätterin« Barbara Pirckheimer geholfen haben mag, die strenge päpstliche Bestimmung zu umgehen, ist nicht bekannt. Ob die Nürnberger Wurzeln der Familie, ihr Ansehen oder der Einfluss des Großvaters eine Rolle gespielt haben?
Bald schon zeigt sich, dass die Äbtissin Margarete Grundherr mit Barbara eine Schülerin gewonnen hat, die in hervorragender Weise auf das vorbereitet ist, was das Leben im vom Geist des Frühhumanismus geprägten Klarakloster ausmacht: die Einübung in eine ernsthaft gelebte Frömmigkeit, der Unterricht in der Heiligen Schrift, den Schriften der Kirchenväter, der antiken Autoren und nicht zuletzt – als Voraussetzung und Handwerkszeug – das Erlernen der lateinischen Sprache.

Caritas als Novizin und junge Nonne

Der Lerneifer und die Wissbegierde der jungen Klosterschülerin müssen beeindruckend gewesen sein. Die in ihr seit Kindertagen geweckte Liebe zum Wissenserwerb und der fundierte Unterricht durch die gelehrte Großtante machen es ihr offenbar leicht, sich den Anforderungen der Klosterschule zu stellen. Vor allem auf dem Gebiet der lateinischen Sprache übertrifft sie ihre Altersgenossinnen weit. Wie aus einer kurzen Briefnotiz der Äbtissin Margarete Grundherr an Caritas’ Onkel, den Kartäuserprior Georg Pirckheimer, aus dem Jahr 1481 hervorgeht, verblüfft sie durch ihre Fähigkeiten sogar den Genera...

Inhaltsverzeichnis

  1. Buchinfo
  2. Zur Buchreihe
  3. Haupttitel
  4. Impressum
  5. Motto
  6. Prolog: »Aber die Liebe ist die größte unter ihnen …«
  7. 1   Elternhaus und Kindertage
  8. 2   Aus Barbara wird Caritas: Der Eintritt ins Klarakloster
  9. 3   Ruf in die Pflicht: Die Wahl zur Äbtissin
  10. 4   Die gelehrte Jungfrau: Caritas als weibliches Idealbild der Humanisten
  11. 5   Brieffreundschaften: Auf Augenhöhe mit der geistigen Elite
  12. 6   Klosterleben in der Krise: Wie verteidigt man seine Freiheit?
  13. 7   Ein unerwarteter Verbündeter: Die Unterredung mit Melanchthon
  14. 8   Die letzten Jahre: Es wird stiller um das Klarakloster
  15. 9   Vergessen und Neubesinnung
  16. Zeittafel
  17. Bildnachweis
  18. Stammtafel
  19. Literatur