"Wenn ich wenigstens von euch Abschied nehmen könnte"
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"Wenn ich wenigstens von euch Abschied nehmen könnte"

Letzte Briefe und Aufzeichnungen von Tiroler NS-Opfern aus der Haft

  1. 304 Seiten
  2. German
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"Wenn ich wenigstens von euch Abschied nehmen könnte"

Letzte Briefe und Aufzeichnungen von Tiroler NS-Opfern aus der Haft

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Über dieses Buch

DER "ANSCHLUSS" IN TIROL UND SEINE AUSWIRKUNGENApril 1938 in Tirol: Während eine von langer Hand geplante PROPAGANDAOFFENSIVE die Tiroler Bevölkerung auf den Besuch Adolf Hitlers in INNSBRUCK vorbereitete, wurden mögliche GEGENER DER NEUEN REGIERUNG bereits in den Tagen nach dem "Anschluss" durch AMTSENTHEBUNGEN, willkürliche Hausdurchsuchungen und Verhaftungen eingeschüchtert. Sie waren Menschen aus allen sozialen Schichten: Arbeiterinnen und Akademiker, Atheisten und fromme Katholikinnen, Anhänger der Habsburgermonarchie und überzeugte Linke. Einige von ihnen gehörten dem ORGANSIERTEN WIDERSTAND an, die meisten hatten sich einfach geweigert, Anstand, Mitgefühl und Menschenwürde preiszugeben.DIE HOFFNUNG, AN EINE BESSERE ZUKUNFT BLEIBTIn ERWARTUNG IHRERE HINRICHTUNG schrieben sie geheime TAGEBUCHNOTIZEN, GEDICHTE und ABSCHIESBRIEFE. Diese Zeugnisse des Widerstandes gegen den NATIONALSOZIALISTISCHEN TERROR von Tiroler Frauen und Männern liegen nun erstmals vor. Aus den Briefen der zum Tod Verurteilten sprechen Zweifel und Schuldgefühle gegenüber ihren Nächsten, nie aber Hass oder der Wunsch nach Rache. Am Ende eint alle der Glaube an ein Fortleben in einer BESSERE ZUKUNFT und die Hoffnung, dass ihr Opfertod nicht sinnlos sein möge.AUFARBEITUNG DER GESCHICHTEGisela Hormayr hat diese Briefe und Notizen INHAFTIERTER und ZUM TODE VERURTEILTER Tiroler Widerstandskämpfer in der vorliegenden Publikation zusammengefasst und liefert damit ein TRAURIGES ZEUGNIS dieses grausamen Kapitels der Geschichte Tirols. Dieser Band trägt wesentlich zur Aufarbeitung der Geschichte Tirols im NATIONALSOZIALISMUS bei.

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Information

Jahr
2017
ISBN
9783706558778
Briefe und Kassiber

Opfer des linken Widerstandes

Alois und Josefine Brunner im Zuchthaus München-Stadelheim: Letzte Briefe und Aufzeichnungen

Alois Brunner (1907–1943)
Josefine Brunner (1909–1943)
Illustration
Alois und Josefine Brunner aus Wörgl nahmen ihren Kampf gegen den Nationalsozialismus bereits vor dem „Anschluss“ 1938 auf. Waldemar von Knöringen, ein deutscher Sozialdemokrat, der nach seiner Flucht aus München 1933 für einige Zeit in Wörgl Unterschlupf fand, hatte sie davon überzeugt, dass Gegner des NS-Regimes sich auf eine lange Auseinandersetzung einzustellen hätten, in dem offene Agitation sinnlose Opfer fordern würde. Knöringen und seine Anhänger setzten stattdessen auf die Bildung überschaubarer „Stützpunkte“ und die Vorbereitung auf die Zeit nach dem Sturz Hitlers durch intensive Schulung und Fortbildung. Da Alois Brunner wegen mehrerer politischer Vorstrafen zu gefährdet war, übernahm seine Frau wichtige Kurierdienste zwischen den Gruppen in Südbayern, Salzburg und Wien. Knöringen emigrierte 1938 über Paris nach London. Als die Kontakte zu ihm nach Kriegsbeginn abrissen, mehrten sich die Stimmen derer, die sich für eine aktivere Widerstandstätigkeit und die Zusammenarbeit mit kommunistischen Zellen einsetzten. Diese Zusammenarbeit dürfte am Ende zur Aufdeckung des gesamten Widerstandsnetzes geführt haben. Die Verhaftungen setzten Anfang 1942 in Salzburg ein und im Laufe des Jahres gelang es der Gestapo, über 200 Mitglieder festzunehmen, unter ihnen auch das Ehepaar Brunner. Erst nach der Zerschlagung der Wiener Gruppe um Johann Otto Haas – er gab nach schweren Misshandlungen während der Verhöre scheinbar bereitwillig über Ziele und Aufbau der Organisation Auskunft – konnten die Ermittlungen im Dezember 1942 abgeschlossen werden. Mehrere Anklageschriften legten den „Revolutionären Sozialisten“ hochverräterische Betätigung und Feindbegünstigung zur Last. Der Prozess gegen Alois und Josefine Brunner sowie fünf Mitangeklagte aus dem Raum Wörgl fand am 28. Mai 1943 in Innsbruck vor dem 6. Senat des Volksgerichtshofs statt und endete mit dem Todesurteil für beide.
Erläuterungen:
EmpfängerInnen der Briefe und häufig vorkommende Namen
Fini = Kurzform für Josefine
Luis = Kurzform für Alois
Mama = Agnes Ragnes, die Mutter Josefines
Maria/Mutz = die jüngere Schwester Josefines
Heini = Heinrich Ragnes, der jüngere Bruder Josefines
Kl. Heinzi = sein Sohn
Fritz = der damalige Verlobte Marias
Mutter = Josefa Brunner, die Mutter von Alois
Pepi = Josefa Brunner, die Schwester von Alois
Hermann = ein Bruder von Alois
Josef Welser = der 1. Ehemann Josefines

Überlieferung der Briefe und Haftbedingungen

Briefe aus der Haft sind nur in der Familie Josefine Brunners erhalten geblieben und wurden von ihrer Nichte (der Tochter der in den Briefen häufig angesprochenen Schwester Maria) der Verfasserin übergeben. Es handelt sich um sieben Briefe Josefine Brunners an ihre Familie, einen Brief an ihren Mann, drei Briefe Alois Brunners an seine Frau, zwei Abschiedsbriefe von Alois Brunner an die Familie seiner Frau und an seine Schwester Pepi und deren Mann sowie einen undatierten Kassiber, der in der 34. Kalenderwoche (August 1943) wahrscheinlich bei einem Besuch von Agnes Ragnes und/oder ihrer Tochter Maria aus der Haftanstalt München-Stadelheim geschmuggelt wurde. Den ersten Brief an ihre Mutter schrieb Josefine Brunner etwa zehn Tage nach ihrer Ankunft. Die auf dem Briefpapier der Haftanstalt vermerkten Bestimmungen für den Postverkehr wurden für die TodeskandidatInnen offensichtlich gelockert, auch Pakete durften empfangen werden. Sowohl Josefine als auch Alois erhielten in ihren letzten Lebenswochen mehrmals Besuch von Familienmitgliedern und konnten sich zumindest zwei Mal kurz sprechen. Sich vor ihrer Hinrichtung von einander zu verabschieden, blieb ihnen verwehrt. Aus einem Kassiber Josef (Bebo) Wagers, Mitglied der Augsburger Gruppe und ebenfalls zum Tod verurteilt, geht hervor, dass er selbst, Alfred Reska (ein Mitglied der Salzburger Gruppe), Hermann Frieb (München) und Alois Brunner in benachbarten Zellen untergebracht waren und sich während der täglichen Hofspaziergänge trafen.

Die Briefe

Einige wenige Motive prägen in diesen Wochen die Kontakte Josefine Brunners mit ihrer Familie. Es sind Ungewissheit und ständige Todesangst, die mehr als drei Monate lang ihre Tage und Nächte in der Einzelzelle begleiten und die den Angehörigen kaum begreifbar gemacht werden können – unterbrochen von nur wenigen Augenblicken der Hoffnung auf ein doch noch mögliches späteres Leben in Freiheit. Sie wird genährt durch mehrmalige Besuche von Agnes Ragnes bei der Gestapo Innsbruck und Gnadengesuche, an deren Erfolg sie als begeisterte Nationalsozialistin und „alte Kämpferin“ der Partei offenbar fest glaubte. Bereits vor dem Prozess hatte sie sich mehrmals an Hitler persönlich und die Oberreichanwaltschaft in Berlin gewandt. Unmittelbar nach der Verhängung der Todesurteile richtete sie ein Gnadengesuch an den Justizminister. Alois Brunner spricht in seinem Brief vom 22. Juli ausdrücklich von „guten Nachrichten“, auf die sich am 1. August auch Josefine Brunner bezieht und die durch den Kassiber Bebo Wagers bestätigt werden: „Brunners haben übrigens bei einem Besuch durch die Mutter erfahren, daß ihre Begnadigung sicher (od. schon ausgesprochen sei). Der Frau wurde es vor der Gestapo gesagt.“ Die Hoffnung erwies sich als vergebens: Das Gnadengesuch wurde am 13. August 1943 endgültig abgelehnt und die Hinrichtung angeordnet.
Briefe werden unter diesen Bedingungen verzweifelt erhofft und häufigere Nachrichten von „draussen“ inständig erfleht. An mehreren Stellen beklagt sich Josefine Brunner über verzögerte Antworten und bittet die Schwester, ihr doch „ein Viertelstündchen“ zu opfern. Das Verhältnis zur Mutter soll durch Vorwürfe jedoch nicht belastet werden. Die entsprechenden Passagen in den Briefen sind nur durch die Vorgeschichte verständlich. Josefine Brunner wurde unehelich geboren und wuchs bei Verwandten in Rovereto auf. Als sie mit 15 Jahren nach Tirol zurückkehrte, hatte ihre Mutter den leiblichen Vater Josefines geheiratet und die Geschwister Maria und Heinrich waren geboren. Agnes Ragnes scheint sich um Ehemann und Kinder wenig gekümmert zu haben und war häufig auf Reisen. Josefine, der deutschen Sprache zunächst kaum mächtig, fühlte sich als das „schwarze Schaf“ der Familie und flüchtete sich früh in die Ehe mit dem Tischler Josef Welser. Nach neun Jahren wurde diese Ehe geschieden und ab 1935 lebte sie mit Alois Brunner zusammen, den sie 1938 heiratete. Wenig willkommen war Josefine Brunner auch in der Familie ihres Mannes. Pepi Brunner war mit ihrem Bruder besonders verbunden und Josefine wurde nach 1945 von ihr für die Widerstandstätigkeit von Alois und am Ende seinen Tod verantwortlich gemacht. Die Kontrolle des gesamten Postverkehrs machte es unmöglich, über diese Tätigkeit offen zu sprechen. Wenn an mehreren Stellen allzu großes Vertrauen in (hier nicht genannte) Freunde erwähnt wird, das sich als unheilvoll erwiesen habe, mag dies der tatsächlichen Empfindung des Augenblicks entsprechen oder zur eigenen Entlastung für den Zensor hingeschrieben sein. Dass Waldemar von Knöringen und Johann Lenk, sein enger Vertrauter aus Wörgler Tagen, im sicheren Londoner Exil lebten, während viele ihrer MitstreiterInnen den Widerstand gegen das NS-Regime mit dem Leben bezahlten, würde Enttäuschung und Verbitterung zumindest erklären.
Befremdlich mag aus heutiger Sicht das Vertrauen Josefine Brunners in die Beamten der Innsbrucker Gestapo erscheinen. Die Verhöre der Eheleute, die sich über viele Monate hinzogen, wurden fast ausschließlich von SS-Oberscharführer Ernst Wieser geführt, der damit zu einer wichtigen Bezugsperson der Beschuldigten wurde und es offenbar verstand, den Eindruck zu erwecken, dass er seinen Einfluss zu ihren Gunsten geltend machen würde.
Wir wissen nicht, wie oft es Josefine und Alois Brunner in diesen Monaten erlaubt wurde, innerhalb des Gefängnisses Briefe zu wechseln. Die wenigen erhaltenen Nachrichten bestätigen, was selbst von den Richtern des Volksgerichtshofes in der Urteilsschrift ausdrücklich erwähnt wurde: Eine überaus enge und glückliche Beziehung, die die beiden verband und die hier ihren Ausdruck findet in der Verwendung liebevoller Kosenamen und den Bemühungen, einander Hoffnung und Trost zukommen zu lassen. Wieviel Verzweiflung und Angst in Wirklichkeit zu ertragen waren, macht der Kassiber von Alois Brunner deutlich. München-Stadelheim war im Kriegsverlauf zur zentralen Hinrichtungsstätte für den südöstlichen Reichsteil geworden und die von ihm beschriebenen Verhältnisse im Todestrakt werden durch andere Quellen bestätigt. Die Anzahl der Todesurteile im Deutschen Reich war ab 1942 massiv angestiegen. Sie wurden mehrmals wöchentlich vollstreckt und durch technische Neuerungen an der Guillotine, um die sich Henker Johann Reichhart verdient gemacht hatte, erfolgreich beschleunigt. Der Vollzug wurde auch im Falle des Ehepaares Brunner penibel vermerkt und nach Berlin gemeldet: „Der Hinrichtungsvorgang dauerte vom Verlassen der Zelle an gerechnet: 1 Minute 1 Sekunde bzw. 1 Minute 4 Sekunden, von der Übergabe an den Scharfrichter bis zum Fall des Beiles 11 bzw. 12 Sekunden. Zwischenfälle oder sonstige Vorkommnisse von Bedeutung sind nicht zu berichten.“

Zu einzelnen Briefen

Die Briefe Alois Brunners enthalten orthografische und sonstige Fehler, die nicht korrigiert wurden.
13. Juni 1943: Die Überstellung nach München fand am 4. Juni 1943 statt. Im gleichen Transport befanden sich auch Hermann Frieb und Josef (Bebo) Wager. Niedermaier war Bahnhofsvorstand in Wörgl und Alois Brunners Vorgesetzter.
20. Juni 1943: Hans Loibichler war ein guter Freund des Ehepaares. Er stand mit ihnen vor Gericht und wurde zu 12 Jahren Zuchthaus verurteilt. Der Verdacht gegen Josef Welser, den erste Mann Josefine Brunners, bestätigte sich nicht. Es handelte sich um den Mord an einem Wörgler Ehepaar am 23. Oktober 1933, der nie aufgeklärt werden konnte.
19. August 1943: Aus einem handschriftlichen Vermerk ist ersichtlich, dass der Brief Josefine Brunner erst am 25. August erreichte. Hermann Frieb und Bebo Wager wurden am 12. August 1943 hingerichtet. „Stephan“ (hier: Steffan) war der Deckname Friebs.
Illustration

Brief Josefine Brunners an ihre Mutter und Schwester,
München-Stadelheim, 13. Juni 1943

Liebe Mama und Maria! Sicher habt Ihr schon erfahren, dass Luis u. ich von Ibk. weg sind. Vorauszusehen war es ja, nur dachte ich nicht so schnell daran. Ich war mit Luis am Transport beisammen und das war mir nach und in all dem kommenden Leid der einzige Trost. Ich habe meinem Luisl fest versprochen, tapfer und stark zu bleiben auch wenn es zum Letzten kommen sollte. Dieses Versprechen will ich auch halten, wenn es (sic) auch manchmal Stunden kommen, in denen es mir schwer fällt, nicht laut zu weinen. Kein Mensch kann nachfühlen, was es heisst, zum Tode verurteilt zu sein. Wenn man hin und hergerissen wir...

Inhaltsverzeichnis

  1. Cover
  2. Titel
  3. Inhaltsverzeichnis
  4. Vorwort des Herausgebers
  5. Einleitung
  6. Briefe und Kassiber
  7. Kunst hinter dem Stacheldraht: Harald Pickert
  8. Nachwort
  9. Anmerkungen
  10. Abkürzungsverzeichnis
  11. Bildnachweis
  12. Bibliographie
  13. Weitere_ebooks
  14. Impressum