Normen und Variation
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Normen und Variation

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  1. 152 Seiten
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Normen und Variation

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Quellenangaben

Über dieses Buch

Der Sprachgebrauch, insbesondere im schulischen Umfeld, steht immer im Spannungsfeld von Normen bzw. Normierungen. Gerade in der Schule entscheidet normgerechte Sprachverwendung häufig (auch) über Bildungserfolg. Inwiefern individuelle, von Normen abweichende Sprachverwendung in verschiedenen Kontexten akzeptiert wird oder ob sprachliche Normierung als Mittel der Machtausübung verstanden wird, zeigt sich insbesondere in Situationen der Leistungsbeurteilung, aber auch in der Sprach- und Varietätenverwendung in der alltäglichen schulischen Kommunikation. Der Deutschunterricht ist insofern gefordert, als ihm sowohl die Aufgabe obliegt, Normen zu vermitteln, diese aber auch kritisch zu beleuchten. In diesem ide-Heft sollen sprachliches Handeln und soziale Festschreibungen hinterfragt und der Bedeutung von Variation nachgespürt werden, wobei auch subversive sprachliche Strategien ausgelotet werden.

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Information

Jahr
2018
ISBN
9783706559614
Stefan Kleiner, Ralf Knöbl

Ergebnisse aus dem Korpus »Deutsch heute« zu Österreich

Aussprachevariation und Sprachreflexion bei SchülerInnen

Der vorliegende Beitrag thematisiert zwei unterschiedliche Forschungsergebnisse aus der Auswertung des Korpus »Deutsch heute«. Im ersten Teil wird in einem lautsystematischen Aufriss die phonetische Variation, wie sie sich in der Vorleseaussprache der österreichischen SchülerInnen in den Korpusdaten manifestiert, dargestellt. Ein zweiter Teil des Beitrags präsentiert metasprachliche Äußerungen aus sprachbiographischen Interviews, die Einblicke in sprachbezogene Kategorien und Konzepte der jungen ÖsterreicherInnen geben und Rückschlüsse auf Spracheinstellungen zulassen. Die SchülerInnen bestätigen nicht nur verschiedene Facetten des für Österreich anzunehmenden diaglossischen Verhältnisses der Varietäten durch ihren Formengebrauch, sondern auch in metasprachlichen Aussagen, die einen hohen Grad der Bewusstheit des eigenen Sprachgebrauchs sowie der formalen wie auch soziosymbolischen Unterschiede der Varietäten erkennen lassen.
Von 2006 bis 2009 wurde von MitarbeiterInnen des Instituts für Deutsche Sprache die Sprachkorpuserhebung »Deutsch heute« durchgeführt, deren Hauptziel es war, Daten zur phonetisch-phonologischen Sprachvariation in formellen Situationen, das heißt auf der Ebene der Standardsprache, zu sammeln. Im Zuge dieser Enquete wurden im ganzen deutschen Sprachraum je 90-minütige Sprachaufnahmen vor Ort mit OberstufenschülerInnen an Gymnasien gemacht, in denen diese verschiedene kurze Texte und eine umfangreiche Wortliste vorlesen und eine Übersetzungsund eine Bildbenennungsaufgabe durchführen mussten. Zusätzlich wurde mit ihnen ein primär sprachbiographisches Interview geführt und sie wurden bei einer Wegbeschreibungsaufgabe mit einem/einer anderen SchülerIn aufgenommen.1 Auf diese Weise wurden im Verlauf der drei Erhebungsjahre von insgesamt 671 Schülerinnen und Schülern (98 aus Österreich) Sprachproben gesammelt. Zu Vergleichszwecken, insbesondere um potenziellem Sprachwandel nachzugehen, wurde auch noch eine ältere Sprechergruppe (50- bis 60-Jährige) aufgenommen, wobei dieses Teilkorpus mit insgesamt 145 SprecherInnen nur knapp ein Viertel des Schülerkorpus umfasst. Seit 2011 werden Ergebnisse der Korpusauswertung kontinuierlich auf der Wiki-Plattform Atlas zur Aussprache des deutschen Gebrauchsstandards (Kleiner 2011 ff.) in Form von Sprachkarten und zugehörigen Kommentaren online publiziert. Der Atlas richtet sich auch an interessierte Laien, kann also zum Beispiel auch im Unterricht eingesetzt werden, wozu nicht zuletzt die den Karten beigefügten Hörbeispiele für Aussprachevarianten hilfreich sind.
Der vorliegende Beitrag hat zwei Ansinnen: zum einen, aus den bereits publizierten Ergebnissen sowie aus bisher noch nicht veröffentlichten, aber intern schon vorläufig ausgewerteten Phänomenen einen Überblick über die Aussprachevariation des Gebrauchsstandards in Österreich zu geben. Zum anderen werden aus den Interviews mit den SchülerInnen metasprachliche Äußerungen präsentiert, die Einblicke in sprachbezogene Konzepte und Einstellungen junger ÖsterreicherInnen geben.

1. Zum Konzept »Gebrauchsstandard«

Das von uns verwendete Konzept »Gebrauchsstandard« ist a priori situativ definiert. Gebrauchsstandard wird demnach in formellen Situationen verwendet, wenn die von den Beteiligten verwendete Ausdrucksweise sich an der Standard- und Schriftsprache orientiert. Die Sprachformen, die in diesen Situationen auftreten, können dann prinzipiell als standardsprachlich beschrieben werden. Vor allem spontansprachlich muss allerdings in Regionen, in denen alltagssprachlich dialektale Ausdrucksweisen üblich sind und in denen, wie es in Österreich gerade der Fall ist, keine klare Varietätentrennung (wie in der Schweiz) vorliegt, sondern eine Diaglossie zwischen Standard und Dialekt, auch mit der Verwendung dialektaler Formen in formellen Situationen gerechnet werden. Schematisch kann man annehmen, dass diese Formen, besonders wenn sie von einer großen Zahl von SprachteilnehmerInnen gebraucht werden, aufgrund ihrer Gebräuchlichkeit (auch) in formellen Situationen Teil des Gebrauchsstandards sind, der in diesen Fällen stärker dialektal beeinflusst ist. Schwierig in das Konzept zu integrieren sind allerdings Formen, die eine große Schriftferne aufweisen, denn Varianten wie [net] für nicht oder [a] für ein, eine kommen bei ÖsterreicherInnen häufig auch in formellen Kontexten vor. Es handelt sich bei diesen aber um mit schriftsprachlichen Pendants nicht in Einklang zu bringende Formen, die eindeutig dialektalen Ursprungs sind. Im Gegensatz dazu ist für Vorlesesprache schriftgebundene Realisierung ein Wesensmerkmal, insofern können die beim Vorlesen verwendeten, notwendigerweise rein lautlich variierenden Merkmale ohne Weiteres als dem Gebrauchsstandard zugehörig angesehen werden. Als Einschränkung kann hier allenfalls das Kriterium der Seltenheit gelten, das heißt, wenn ein lautliches Merkmal nur bei wenigen Individuen in einem Gebiet auftritt, ist es zwar Merkmal eines individuellen, aber nicht eines allgemein in der betreffenden Region üblichen Gebrauchsstandards.
Die Merkmale, die den regionalen Gebrauchsstandard ausmachen, decken sich zum größten Teil mit dem, was zum Beispiel Schmidt/Herrgen (2011) oder Kehrein (2012) als Merkmale des Regionalakzents beschreiben. Der relevante Unterschied zwischen beiden Konzepten ist, dass Regionalakzent nicht als Teil der Standardsprache, sondern außerhalb bzw., in der üblichen Oben-unten-Metaphorik, erst unterhalb der Standardaussprache angesetzt wird, eine Definition, die zur Folge hat, dass einem Großteil der deutschen MuttersprachlerInnen aufgrund der vorhandenen regionalen Sprachfärbung die Standardsprachkompetenz in mehr oder weniger großem Umfang abgesprochen wird. Demgegenüber drückt der Terminus Gebrauchsstandard ganz bewusst und beabsichtigt gerade die Zugehörigkeit dieser Sprachformen zur Standardsprache aus und vermeidet so eine Diskriminierung derjenigen, die diese Formen verwenden.

2. Lautliche Variation im Korpus »Deutsch heute« in den Aufnahmen aus Österreich

Im Folgenden werden die Eigenschaften und Besonderheiten der Aussprache des Gebrauchsstandards in Österreich, wie er in den Daten des Korpus »Deutsch heute« belegt ist, lautgruppenweise sortiert nach Vokalismus, Konsonantismus und Wortakzent beschrieben. Grundlage aller im Folgenden präsentierten Ergebnisse ist die Vorleseaussprache der SchülerInnen. Größere Teile der folgenden Darstellung sind auch im Atlas zur Aussprache des deutschen Gebrauchsstandards (Kleiner 2011 ff.) online publiziert. Eine umfassendere, beispielreiche Darstellung der Aussprache des Gebrauchsstandards in Österreich findet sich außerdem in Wiesinger (2009).

2.1 Vokalismus

Die Vokalqualitäten verschiedener Vokalphoneme unterscheiden sich im österreichischen Gebrauchsstandard vom überregionalen deutschen ebenso wie von demjenigen im benachbarten Bayern.
Die hohen Kurzvokale /ɪ ʏ ʊ/ in zum Beispiel Gipfel, füttern, Puppe werden in Österreich überwiegend nicht oder kaum zentralisiert, sondern gespannt/geschlossen und damit qualitativ annähernd wie die entsprechenden Langvokale als [i y u] realisiert.
Die mittelhohen Kurzvokale /ɛ œ ɔ/ wie in besser, Pfeffer, Löffel, Töchter, Kopf, offen werden in ganz Österreich häufig geschlossener in Richtung [e ø o] artikuliert, daneben kommen aber auch die offenen Qualitäten [ɛ œ ɔ] vor. Am häufigsten wird /ɛ/ als [e] oder [e̞] realisiert, was am konsequentesten in Vorarlberg geschieht. Dort wird allerdings teilweise auch differenziert und je nach etymologischer Herkunft des Vokals bei Primärumlaut wie in besser geschlossenes [e] verwendet, bei aus dem Germanischen ererbten ë wie in Pfeffer ist die Realisierung stattdessen off...

Inhaltsverzeichnis

  1. Cover
  2. Titel
  3. Inhalt
  4. Editorial
  5. Normen und Variation: Grundlegendes
  6. Normen und Variation: Einstellungen und Anwendungen
  7. Normen und Variation: Unterricht: Variatio delectat
  8. Service
  9. Magazin
  10. Impressum