Du kannst vertrauen
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Worte der Zuversicht in Zeiten der Krankheit

  1. 125 Seiten
  2. German
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Worte der Zuversicht in Zeiten der Krankheit

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Inhaltsverzeichnis
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Über dieses Buch

Krankheit macht uns oft sprachlos. Wie kann man einen leidenden Menschen trösten, wie seine Sorgen und Ängste bezüglich seines eigenen Gesundheitszustandes ausdrücken?Anselm Grün zeigt einen Weg, sich mit Krankheit auseinanderzusetzen, sie zu akzeptieren und mit ihr zu leben.Das Buch hilft Angehörigen, mit Kranken in einen guten Umgang zu kommen, ohne sie zu sehr zu bevormunden oder zu vertrösten, sondern ihnen Verständnis und Fürsorge entgegen zu bringen.

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Information

Jahr
2017
ISBN
9783896809889
II.
Der Umgang mit
der Krankheit
1. Biblische Impulse für den Umgang mit der Krankheit
Psalmen
Die Bibel zeigt uns in den Psalmen, wie ein frommer Beter mit seiner Krankheit umgeht: Er schildert Gott die Krankheit mit allen Schmerzen, wirft sie Gott vor. Er beklagt sich bei Gott, dass er ihn in diese Krankheit geführt hat. Aber am Ende dieses Ringens mit Gott steht immer das Vertrauen. Ich möchte nur den Psalm 38 als Beispiel bringen, der oft mit »Die Klage eines Kranken« überschrieben wird: »Herr strafe mich nicht in deinem Zorn, und züchtige mich nicht in deinem Grimm! Denn deine Pfeile haben mich getroffen, deine Hand lastet schwer auf mir. Nichts blieb gesund an meinem Leib, weil du mir grollst« (Psalm 38,2–4). Der Beter wirft Gott vor, dass die Krankheit von ihm kommt, dass sie dem Grimm Gottes entspringt. Er sieht zwar ein, dass dieser Grimm auch in seiner Schuld begründet ist. Aber er fleht Gott an, dass er aufhören soll, ihn zu strafen. Dann schildert der Kranke in düsteren Farben seine Krankheit: »Mir schwären, mir eitern die Wunden wegen meiner Torheit. Ich bin gekrümmt und tief gebeugt, den ganzen Tag geh ich traurig einher. Denn meine Lenden sind voller Brand, nichts blieb gesund an meinem Leib. Kraftlos bin ich und ganz zerschlagen, ich schreie in der Qual meines Herzens« (Psalm 38,6–9). Doch nach der Schilderung seiner Krankheit drückt der Kranke dennoch sein Vertrauen auf Gott aus. Er beklagt sich bei Gott, aber er lässt nicht los von Gott. Er ringt sich durch bis zum Vertrauen: »Doch auf dich, Herr, harre ich; du wirst mich erhören, Herr, mein Gott« (Psalm 38,16). Und weil er trotz seiner Not darauf vertraut, dass Gott ihn erhören wird, bittet er am Schluss seines Gebetes: »Herr, verlass mich nicht, bleib mir nicht fern, mein Gott! Eile mir zu Hilfe, Herr, du mein Heil!« (Psalm 38,21).
Manchmal haben Kranke keine Worte, um ihre Krankheit zum Ausdruck zu bringen. Dann könnte es helfen, mit den Worten von Psalm 38 zu Gott zu beten, zu schreien, zu klagen und wiederum zu vertrauen.
Die Heilung des Aussätzigen (Markus 1,40–45)
Einen anderen Weg, wie wir mit Krankheit umgehen sollen, möchte ich aus zwei Heilungsgeschichten herauslesen. Dabei geht es mir weniger um die Heilung durch Jesus. Wir sollen durchaus vertrauen, dass Jesus auch unsere Krankheiten heilt. Und wir sollen wie die Kranken in der Bibel mit unserer Krankheit Jesus begegnen. Aber ich möchte in beiden Geschichten mehr auf das schauen, was der Kranke in der Begegnung mit Jesus tut und wie er mit seiner Krankheit umgehen sollte.
Die erste Heilungsgeschichte ist die Heilung eines Aussätzigen (Markus 1,40–45). Heute leiden in Europa kaum noch Menschen an Lepra. Aber es gibt Menschen, die an Neurodermitis leiden. Und viele von ihnen finden sich in dem Aussätzigen wieder. Sie fühlen sich auch ausgeschlossen von der Gemeinschaft. Oft trauen sie sich nicht, jemandem die Hand zu geben, aus Angst, der andere könnte die gerötete Haut sehen. Der Aussätzige kann aber auch ein Bild sein für einen Menschen, der sich nicht annehmen kann. Gerade wenn wir krank sind – ganz gleich, welche Krankheit wir haben –, fällt es uns schwer, uns mit unserer Krankheit anzunehmen. Und weil es uns schwerfällt, haben wir den Eindruck, auch die anderen würden uns ablehnen. Der Aussätzige kommt in seiner Not zu Jesus. Er bekennt seine Hilflosigkeit, indem er vor ihm auf die Knie fällt. Er bittet Jesus: »Wenn du willst, kannst du machen, dass ich rein werde.« In dieser Bitte könnte auch der Wunsch stecken, Jesus selbst solle alles machen. Der Kranke kann ja nichts mehr tun. Er ist ja hilflos und ohnmächtig. Doch Jesus fordert den Kranken auch heraus, das Seine dazu beizutragen, dass er wieder gesund wird.
Der erste Schritt der Heilung besteht darin, dass Jesus Mitleid hat mit dem Aussätzigen. Er fühlt sich in den anderen ein. Er zeigt Mitgefühl. Dieses Mitgefühl erwartet Jesus aber auch vom Kranken. Er soll mit sich selbst fühlen: Wie geht es mir als dem, der diese Krankheit hat? Was macht das mit mir?
Der zweite Schritt: Jesus streckt seine Hand aus. Er nimmt Beziehung auf zum Kranken. Das ist auch ein wichtiger Schritt für den Kranken: Ich nehme Beziehung zu meiner Krankheit auf. Ich betrachte sie nicht als etwas, was mich nichts angeht. Ich beginne einen Dialog mit ihr: Was willst du mir sagen?
Der dritte Schritt: Jesus berührt den Aussätzigen. Es ist unangenehm, einen Aussätzigen zu berühren. Ähnlich unangenehm ist es für den, der an Neurodermitis erkrankt ist, sich selbst zu berühren. Meistens kratzt sich so ein Kranker, weil die Haut juckt. Und er geht aggressiv mit sich um. Liebevoll die erkrankten Hautstellen – oder auch andere kranke Bereiche – zu berühren, das ist schon ein kleiner Schritt zur Heilung.
Der vierte Schritt: Jesus sagt zum Aussätzigen: »Ich will es – werde rein!« Jesus nimmt den Kranken ganz und gar an. Aber in diesem Wort Jesu steckt zugleich die Aufforderung: Jetzt ist es aber auch deine Aufgabe, dich selbst anzunehmen. Dann wirst du rein. Oft fühlen wir uns unrein durch die Krankheit. Sie stört unser Selbstbild. Wenn wir sie annehmen, dann gehört sie zu uns. Dann sind wir mit der Krankheit rein, im Einklang mit uns selbst. Und das kann die Krankheit entweder heilen oder aber mindern und unsere Einstellung zur Krankheit verwandeln.
Die Heilung am Teich von Betesda (Johannes 5,1–9)
Die zweite Geschichte, die ich in den Blick nehmen möchte, ist die Heilung am Teich von Betesda (Johannes 5,1–9). Dort gibt es vier verschiedene Arten von Kranken: Die Blinden stehen für die Menschen, die ihre Augen vor der eigenen Wahrheit verschließen. Die Gelähmten sind blockiert durch Angst oder Hemmungen. Die Verkrüppelten können sich in ihrem Leib nicht annehmen. Sie sind nicht so stark und gesund, wie sie gerne sein möchten. Der vierte Kranke ist schon seit 38 Jahren krank. Die Zahl 38 erinnert an die Israeliten, die in der Wüste gegen Gott rebelliert haben und deshalb noch 38 Jahre durch die Wüste irren mussten, bis alle waffenfähigen Männer gestorben waren. Es handelt sich also hier um einen Menschen, der keine Waffen mehr hat, der sich nicht mehr abgrenzen kann. Welche Krankheit dieser Mann hat, ist nicht gesagt. Aber er liegt auf einer Bahre. So können wir uns in ihm wiederfinden, ganz gleich, welche Krankheit wir haben.
Die Heilung geschieht auch in dieser Geschichte wieder in vier Schritten. Der erste Schritt: Jesus sieht ihn an, er schenkt ihm Ansehen. Wir sollten uns selbst und unsere Krankheit ansehen und nicht einfach wegschauen.
Der zweite Schritt: Jesus versteht den Kranken. Er erkennt, dass er schon lange krank ist. Es ist unsere Aufgabe, uns selbst in unserer Krankheit zu verstehen, nicht zu bewerten, sondern einfach zu verstehen. Dann können wir auch zu uns und unserer Krankheit stehen.
Der dritte Schritt: Jesus fragt ihn: »Willst du gesund werden?« Wir müssen auch den festen Willen haben, wieder gesund zu werden. Wir sollen um unsere Gesundheit kämpfen. Die Gefahr ist, dass wir uns in der Krankheit gehen lassen und resigniert sagen: Man kann doch nichts mehr machen. Auf die Frage nach dem Willen antwortet der Kranke ausweichend: »Ich habe ja keinen Menschen, der mir zuhört, der mich versteht, der für mich sorgt. Ich bin allein. Ich bin zu kurz gekommen. Alle anderen haben es besser. Warum ausgerechnet ich?« Auf diese Klage antwortet Jesus sehr herausfordernd: »Steh auf, nimmt dein Bett und geh!« Wir würden alle gerne aufstehen, wenn wir wüssten: Ab jetzt bin ich ganz gesund. Aber Jesus mutet dem Kranken zu, mitten in seiner Krankheit aufzustehen. Und er soll sein Bett unter den Arm nehmen und gehen. Er soll sich von seiner Krankheit nicht ans Bett fesseln lassen, sondern sie wie das Bett unter den Arm nehmen und mit sich herumtragen. Er kann auch mit seiner Krankheit Schritte ins Leben tun. Er soll sich selbst nicht aufgeben, sondern seine Krankheit akzeptieren. Doch dabei soll er auch die Möglichkeiten des Lebens ausloten, die ihm zur Verfügung stehen. Ich überspringe dann meine Krankheit nicht, wie es manche tun, sondern ich nehme sie an und gehe trotzdem den Weg ins Leben.
2. Spirituell mit der Krankheit umgehen
Spirituell mit der Krankheit umgehen heißt für mich, dass ich meine Krankheit als spirituelle Herausforderung annehme. Ich frage mich, was Gott mir durch die Krankheit sagen möchte. Und ich nehme die Krankheit an als Einladung, mich ganz und gar für Gott zu öffnen und mich in Gott hinein zu ergeben. Ich kann die Krankheit nur dann spirituell meistern, wenn ich Gott in meinem Leben an die erste Stelle treten lasse, wenn ich mich in meiner Ohnmacht Gott hinhalte und mich von Gottes Geist durchdringen lasse.
Die Krankheit erzeugt in uns oft negative Emotionen. Wir bekommen Zweifel an Gott. In uns taucht die Angst auf, dass die Krankheit immer schlimmer wird und vielleicht sogar zum Tod führen kann. Wir klagen Gott an, wir rebellieren gegen die Krankheit. Und oft werden wir aggressiv in unserer Krankheit. Manchmal verlieren wir auch jedes Selbstvertrauen und fühlen uns wertlos, weil wir nichts mehr leisten können. Spirituell mit der Krankheit umzugehen heißt, all diese negativen Emotionen anzuschauen und mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Was wollen mir die Gefühle sagen? Indem ich mit meinem Zweifel spreche, kann ich mich fragen: Was trägt mich jetzt wirklich in meiner Krankheit? »Der Herr ist mein Hirte. Nichts wird mir fehlen« – kann ich an dieses Wort aus Psalm 23 wirklich glauben? Wenn dieses Wort stimmt, wie sehe ich dann meine Krankheit? Ich spreche mit meiner Angst. Ja, die Angst ist berechtigt. Ich habe keine Garantie, dass ich wieder gesund werde. Aber indem ich mit meiner Angst spreche, führt sie mich in ein neues Vertrauen. Ich übergebe mich mit meiner Angst in Gottes gute Hände. Ich lasse mich von Gottes guten Händen tragen. Das löst meine Angst nicht auf. Aber ich spüre mitten in meiner Angst Ruhe und Gehaltensein.
Die Angst verweist mich auf Gott. Meine Aggressivität, die die Krankheit in mir auslöst, soll ich in einen gesunden Kampfgeist verwandeln. Ich darf gegen meine Krankheit kämpfen. Ich kann mit Gottes Hilfe darum ringen, dass ich wieder gesund werde. Ich werde alle meine inneren Kräfte mobilisieren, um gegen die Krankheit bestehen zu können.
Krankheit und Gebet
Die eigentlich spirituelle Weise, mit der Krankheit umzugehen, ist das Gebet. Ich möchte fünf verschiedene Weisen des Betens darstellen, die uns helfen, auf unsere Krankheit gut zu reagieren und sie vor Gott zu tragen.
1
Die erste Weise des Gebetes ist meine persönliche Bitte um Heilung. Ich flehe Gott an, mich zu heilen. In diesem Gebet gestehe ich in aller Demut meine Bedürftigkeit ein. Ich möchte gesund werden. Ich möchte noch lange leben. Ich möchte noch lange als Mutter oder Vater meine Kinder begleiten. Manche meinen, es genüge doch, einfach auf Gottes Barmherzigkeit zu vertrauen. Dann bräuchten wir ihn nicht zu bitten oder anzuflehen. Gott braucht unsere Bitte nicht, um uns zu heilen. Aber wir brauchen das Bitten. Im Bitten fühlen wir uns nicht allein gelassen mit unserer Krankheit. Wir dürfen uns an Gott wenden. Und im Bitten kommt mein Wille zum Ausdruck: Ich will kämpfen um meine Gesundheit. Das Bitten ist eine Art Ringen mit Gott um meine Gesundung. Letztlich geht es bei diesem Ringen darum, sich in Gottes Willen zu ergeben. So steht am Ende jedes Flehens die Bitte: »Dein Wille geschehe!« Jesus hat Gott auch angefleht, er solle den Kelch des Kreuzestodes an ihm vorübergehen lassen. Er hat am Ölberg mit Gott gerungen. Aber dann hat er sich ergeben, nicht resigniert. Er hat vielmehr erkannt: Ganz gleich, was geschieht, Gott wird mein Schicksal segnen. Es wird zum Segen für andere werden.
Wenn ich um meine Gesundung bete, dann heißt das nicht, dass ich sonst nichts für meine Gesundheit tue. Ich gehe zum Arzt. Ich mache die Therapie, die sinnvoll ist. Aber ob die Operation, ob die Therapie, ob die Medikamente heilen, ist letztlich immer ein Wunder. Das Gebet gibt mir Vertrauen, dass das Tun der Ärzte und mein eigenes Tun gesegnet sind und Heilung bringen.
Heutzutage besteht die Gefahr, dass wir, sobald wir krank werden, ins Internet schauen. Dort werden wir mit so vielen Heilungsmöglichkeiten konfrontiert, dass wir gar nicht wissen, was wir tun sollen. Und manche Menschen verfallen dann in Hektik. Sie versuchen eine Therapiemethode nach der anderen. Das Gebet gibt mir da Gelassenheit und Vertrauen, dass ich eine oder zwei Methoden auswähle und denen dann vertraue.
2
Die zweite Weise des Gebetes ist die Fürbitte. Ich bitte andere Menschen, dass sie für meine Gesundung beten mögen. Und wenn andere krank sind, verspreche ich ihnen, für sie zu beten. Mir erzählte eine Frau, die sich in ihrer Krankheit allein gefühlt hat, wie sehr sie sich danach gesehnt hat, dass andere sie tragen. Eine andere Frau konnte dagegen dankbar davon berichten, dass sie sich in ihrer Krankheit von vielen Freunden und Freundinnen getragen wusste. Sie alle hatten ihr versprochen, für sie zu beten. Die Fürbitte gibt also dem Kranken Halt und Geborgenheit. Das allein kann seinen Gesundungsprozess schon unterstützen.
Die Fürbitte verwandelt zuerst mich als Beter. Ich bekomme mehr Hoffnung für den Kranken. Und manchmal fällt mir dann auf die Fürbitte hin auch ein, was ich dem anderen sagen oder schreiben könnte. Wenn ich dem anderen mit mehr Hoffnung und Vertrauen begegne, dann tut es ihm gut. Doch das ist eine rein psychologische Erklärung für die Wirkung der Fürbitte.
Es gibt auch andere wissenschaftliche Erklärungsversuche, etwa von der Morphologie her, dass das Beten das morphogenetische Feld verwandelt, in dem der Kranke lebt, und von daher eine heilende Wirkung haben könnte. Von der Quantenphysik wissen wir, dass unser Bewusstsein auch die Materie verändern kann. Und es gibt medizinische Untersuchungen, die zeigen, dass Menschen, die beten und für die gebetet wird, eher gesund werden. Aber all das sind keine wissenschaftlichen Beweise für die Wirkkraft der Fürbitte. Es zeigt nur, dass wir nicht gegen unsere Vernunft an die Wirkung der Fürbitte glauben.
Letztlich vertrauen wir darauf, dass Gott selbst heilend auf den Kranken einwirkt. Doch wie diese heilende Wirkung aussieht, das entzieht sich unserer Kenntnis. Wir beten für den anderen, weil wir Gott zutrauen, dass er die Krankheit des anderen zu heilen vermag. Aber wir müssen uns zugleich vor der Selbstüberschätzung hüten, dass wir mit dem Gebet die Gesundung garantieren könnten. Wir dürfen dankbar sein, dass Menschen durch das Gebet anderer gesund geworden sind. Aber wir können auch mit noch so vielen Gebeten die Heilung nicht herbeizwingen. In manchen Kreisen glaubt man das. Und wenn es nicht gelingt, dann sucht man einen Schuldigen. Entweder glaubt der Kranke nicht genügend an seine Heilung und an die Kraft der Fürbitte. Oder aber diejenigen, die für den Kranken gebetet haben, glauben nicht genügend. Dann entsteht sofort eine Wertung, die auf der Annahme beruht, man könne die Heilung durch genügend Glauben auf jeden Fall bewirken. Doch auch bei der Fürbitte steht am Ende immer die Bitte: »Dein Wille geschehe.« Wir dürfen in der Fürbitte unsere Solidarität mit dem Kranken zeigen und unserer Liebe im Beten Ausdruck geben. Aber wir müssen es immer Gott überlassen, was in diesem konkreten Fall sein Wille ist.
3
Die dritte Weise des Gebetes ist die Krankheit selbst, die zum Gebet wird. Viele Kranke erzählen mir, dass sie gar nicht mehr beten können. Sie können sich nicht mehr konzentrieren. Die Schmerzen sind zu groß. Oder ihr Kopf ist einfach leer geworden. Dann besteht die Aufgabe darin, dass die Krankheit selbst zum Gebet wird. Indem ich meine Krankheit annehme und mich als Kranker, der zu keinem vernünftigen Gedanken mehr fähig ist, Gott hinhalte, bete ich mit...

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort
  2. Einleitung
  3. I. Die Deutung der Krankheit
  4. II. Der Umgang mit der Krankheit
  5. III. Die Begleitung kranker Menschen
  6. Schluss
  7. Segenskarten für Kranke
  8. Vorschläge für Rituale
  9. Literatur