Bei mir selbst zu Hause sein
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Bei mir selbst zu Hause sein

Vom guten Umgang mit Leib und Seele

  1. 144 Seiten
  2. German
  3. ePUB (handyfreundlich)
  4. Über iOS und Android verfügbar
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Bei mir selbst zu Hause sein

Vom guten Umgang mit Leib und Seele

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Inhaltsverzeichnis
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Über dieses Buch

Flexibilität und Mobilität gehören zum modernen Leben. Zacharias Heyes gibt uns Impulse, wie wir in einer Zeit regelmäßiger Veränderungen unsere innere Heimat finden und im Alltag gut für die eigene Seele sorgen können. Mit vielen Übungen und konkreten Tipps, die dabei helfen, innerlich und äußerlich anzukommen

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Information

Jahr
2017
ISBN
9783896809827
Bei sich selbst zu Hause sein und in Gott wohnen
Zu Hause?
Das Wort »Zuhause« ist ein zutiefst emotionales Wort. Mit ihm verbinden sich für jeden Menschen Gefühle, Gerüche, Menschen, Erinnerungen. Ich erinnere mich dann zunächst immer an meine Kindheit und an mein Elternhaus, an mein ursprüngliches Zuhause.
Wenn wir in meiner Kindheit mit der Familie unterwegs waren und wir uns meinem Elternhaus und Zuhause näherten, stellte sich bei mir immer ein freudiges Gefühl ein. Nach Erzählungen meiner Mutter habe ich dann wohl auch immer mit vor Freude strahlenden Augen gesagt: »Bald zu Hause.« Dieses Wort und der dazu gehörige Ort löste ein Gefühl der Wärme und Geborgenheit aus. Ich freute mich nach einer längeren und erholsamen Zeit des Urlaubs darauf, wieder in die gewohnten vier Wände zu kommen, in meinem Bett zu schlafen, Freunde zu treffen – kurzum: mich wohl und geborgen zu fühlen.
Ebenso freute ich mich, wieder zum Bauernhof gehen zu können, von dem mein Vater stammte und der von Verwandten bewirtschaftet wurde. Er war so etwas wie mein »zweites« Zuhause. Nach dem Urlaub war es ein festes Ritual, dass ich mich auf mein Fahrrad setzte und dorthin fuhr. Ich wollte allen sagen, dass ich wieder da sei und »nach dem Rechten« schauen. Kein Tag verging in meiner Kindheit, an dem ich nicht dort war. Ich spielte mit Hunden und Katzen, war mit im Stall und auf dem Traktor. Immer wieder saß ich auch mit am Küchentisch, sei es beim Mittagessen oder beim Kaffee. Kam ich abends mit meinem Vater zum Milchholen, wurden schnell noch einmal von meiner Tante, die den Haushalt führte, Bratkartoffeln oder ein Spiegelei in die Pfanne getan. Wenn meine ganze Familie an Weihnachten unsere Verwandten dort besuchte und zu Fuß durch den Schnee ging, wir von draußen die Lichter des Weihnachtsbaumes sahen und dann in die von Plätzchenduft erfüllten Räume kamen, fühlte ich mich auch hier geborgen und zu Hause.
All diese Erinnerungen verbinden sich bei mir mit dem Gefühl von Wohlfühlen, Wärme, Gemeinschaft. Und von Geliebtsein. Wenn ich beispielsweise mal eine schlechte Note nach Hause brachte, schaute mein Vater sich das Heft an und sagte dann: »Beim nächsten Mal wird’s besser.« Mehr nicht. Das war Ermutigung und Zuspruch zugleich.
So wird jeder seine Erinnerungen an sein Zuhause beziehungsweise Elternhaus haben und eigene Erfahrungen zu den Genannten dazulegen können. Viele Menschen, die längst schon eine eigene Familie gegründet haben, sagen noch immer, wenn sie zu ihren Eltern fahren: »Ich fahre nach Hause.« Es ist eben der Ort der unbeschwerten Kindheit, des Getröstetwerdens, der Lieblingsplatz zum Nachdenken oder Quatschen mit der besten Freundin, dem besten Freund, der Ort, an dem Feste gefeiert wurden und werden. Zu Hause verbindet sich beinahe für jeden mit der Erinnerung an ein ursprüngliches Aufgehoben- und Geborgensein.
Natürlich dürfen hier schwierige Erfahrungen mit dem Zuhause und schmerzliche Erinnerungen an die Kindheit nicht verschwiegen werden. Dazu gehört die Erfahrung, keine Geborgenheit erfahren zu haben, dass Kinder zu früh erwachsen werden und Verantwortung übernehmen müssen und daher keine oder nur eine sehr kurze Kindheit hatten, dass es große materielle und finanzielle Sorgen gab, es ständigen Streit zwischen den Eltern gab oder ein Elternteil ganz abwesend war, dass bewusst oder unbewusst Druck aufgebaut und ausgeübt wurde, damit die Kinder so werden, wie die Eltern sich das wünschten, ohne die Individualität des Kindes zu respektieren.
Umso größer wird in diesen Menschen die Sehnsucht nach einem Zuhause gewesen sein. Jeder trägt in sich die Sehnsucht nach einem Ort, an dem er sich rundherum wohlfühlen, geliebt, angenommen und bejaht fühlen kann. Das ist wohl das, was für viele Menschen zu Hause meint. Und dann ist damit nicht nur der Ort gemeint, an dem man aufgewachsen, seine Kindheit verbracht und erlebt hat, sondern auch der, an dem er augenblicklich mit der Familie, der Ordensgemeinschaft oder alleine wohnt.
Es ist auch der Ort, an den ich Freunde und liebe Menschen einlade. In der Gesellschaft dieser Menschen muss ich mich nicht verstellen, sondern darf der oder die sein, der und die ich bin. Im Beruf gilt es oft, Rollen zu spielen, Erwartungen zu erfüllen und Pflichten nachzukommen. Aber zu Hause bin ich – vielleicht sogar im wahrsten Sinne des Wortes – ungeschminkt. Da erleben mich Menschen auch in Freizeitkleidung, vor dem Fernseher auf dem Sofa, beim Kochen am Herd, an der Waschmaschine – wo und wie auch immer. Da bin ich ich, hier darf ich so sein, wie ich bin. Und hier habe ich meinen Lieblingsplatz, meine Lieblingsdecke, in die ich mich einkuscheln kann. Hier muss ich nicht immer stark sein, sondern darf ich auch schwach sein und meine Familie beziehungsweise Freunde bitten, für mich da zu sein.
Im Letzten geht es um wohlwollende Bejahung und Annahme. Mir wurde das wieder einmal deutlich, als ich kürzlich mit einem Priester sprach, der sein Amt niederlegen wird, um heiraten zu können. Vor dem Gespräch mit seinen Eltern war er ziemlich aufgeregt. Er war dann sehr gerührt und berührt, als sein Vater zu ihm sagte: »Das ist für uns nicht einfach, aber du bleibst unser Sohn.« In ein Zuhause kann man immer kommen, weil man weiß, man wird (wieder) auf- und angenommen.
Aber gerade solche Orte, an denen der Mensch eine emotionale Beheimatung erfährt, gehen heute immer mehr verloren. Viele »klassische« Orte und Strukturen, die Menschen mit »Heimat« oder »Zuhause« verbinden, fallen in unserer Zeit und Gesellschaft weg. An erster Stelle ist hier wohl das Auseinanderbrechen von Ehen und Beziehungen und damit auch von Familien zu nennen. Das statistische Bundesamt benennt für 2013 169.800 geschiedene Ehen. 36% aller geschlossenen Ehen werden demnach innerhalb der nächsten 25 Jahre geschieden.
Mit dem Auseinanderbrechen einer Ehe oder einer Beziehung geht auch die emotionale Beheimatung bei einem anderen Menschen verloren. Das kann einem komplett den Boden unter den Füßen wegreißen, wenn er mehr oder weniger von jetzt auf gleich alleine ist in einem großen Haus, das vorher das Zuhause für beide war. Auch wenn Freunde und Verwandte da sind, mittragen und unterstützen, kann das doch oft die emotionale Nähe zu dem einen Menschen, der einmal die große Liebe war, nicht ersetzen.
Zu solchen Orten der emotionalen Beheimatung, die immer häufiger wegbrechen, gehören auch die Großfamilien, das heißt Gemeinschaften, in denen mehrere Generationen zusammenleben. Früher war dies auf den Dörfern und vor allem auf Bauernhöfen gang und gäbe. Solche Großfamilien boten einen verlässlichen Halt. Hier trug man füreinander Sorge, alle halfen mit, und man erlebte eine verlässliche Gemeinschaft.
Welche Bedeutung und welchen Stellenwert eine solche Gemeinschaft haben kann, wurde mir kürzlich wieder deutlich, als mich ein Bekannter anrief, dessen Vater plötzlich gestorben war. Als ich aus diesem Anlass seine Familie besuchte, zeigten sie mir das im Souterrain des Hauses gelegene Appartement, das der Vater bewohnt hatte. Wie selbstverständlich war die Tür zu seiner Wohnung immer offen gewesen; die Enkel konnten jederzeit zu ihm, und sein Hund konnte stets mit dem Hund der Familie seines Sohnes spielen. Es war ein harmonisches Miteinander. Und der Vater war so etwas wie die »gute Seele« des Hauses. Berührt hat mich, als der Sohn mir erzählte, dass sein Vater und er jeden Abend ein festes Ritual hatten: Zum Abschluss des Tages haben sie gemeinsam in der Wohnung des Vaters die Spätnachrichten geschaut, anschließend noch etwas erzählt und beisammen gesessen. Ich war sehr bewegt von dieser gelungenen Vater-Sohn-Beziehung und konnte ahnen, wie bereichernd dies für beide Seiten war. Beide haben hier wohl Halt erfahren, zumal die Frau des Vaters schon länger verstorben war.
Weitet man diese Erfahrung von Gemeinschaft und Familie aus, dann war auch die Dorfgemeinschaft eine solche, die sowohl Halt als auch Identität und somit Heimat boten. In der Dorfgemeinschaft fand derjenige, der es wollte, eine verlässliche Gemeinschaft. Gerade in kleineren Dörfern kannte jeder jeden. Man wusste, wer mit wem verwandt ist, wer krank, wer im Urlaub, wer im Krankenhaus etc. Man hielt zusammen und half sich gegenseitig. Die Feste wurden zusammen gefeiert und die Zuständigkeiten waren klar geregelt.
Natürlich konnten solche Dorfgemeinschaften ganz schnell für junge Menschen, die etwas von der Welt sehen wollen, zu eng werden: Zu eng sind dann die ungeschriebenen Gesetze, nach denen eine solche Gemeinschaft funktionierte; nicht selten gab es Meinungsführer und Dorfautoritäten. Deren Meinung galt einfach. Es war klar, was zu tun ist und woran man sich zu halten hatte.
Wenn man heute von der Welt als globalem Dorf spricht, wird deutlich, worin die Ursache für verlorengegangene beziehungsweise -gehende Orte der emotionalen Beheimatung liegt. Gemeint ist zum einen die schnelle Erreichbarkeit beziehungsweise die Kommunikationsmöglichkeit von einem zum anderen Ende der Welt. Jeder ist mit jedem vernetzt. Die modernen sozialen Medien und Netzwerke lassen Menschen viel und schnell in der Welt unterwegs sein. Fast kein junger Mensch, der nicht auf der Straße, in Bussen, in Zügen etc. mit seinem Handy mit anderen in Kontakt ist.
Zum anderen meint die Rede vom »globalem Dorf« aber auch, dass gerade den jungen Menschen die Welt heute offen steht. War früher das eigene Dorf der Ort, in dem man nahezu sein ganzes Leben verbrachte, ist es heute kein Problem, günstig und schnell alle Orte der Welt erreichen zu können.
Das hat jedoch auch eine Kehrseite: Es setzt Menschen unter Stress und Druck. Man ist mobil und ständig unterwegs.
Arbeitgeber erwarten, dass ihre Mitarbeiter – auch im Urlaub – ständig erreichbar sind. Wenn neuerdings in unserer Gesellschaft diskutiert wird, ob ein Gesetz notwendig ist, dass Menschen vor ihren Arbeitgebern schützt, damit sie ihnen nicht übermäßig zur Verfügung stehen müssen und an Feiertagen oder im Urlaub guten Gewissens auch mal nicht erreichbar sein dürfen, dann zeigt dies, wie weit die Arbeit den Menschen heutzutage schon beansprucht.
Mobilität kann in diesem Sinn aber auch heißen, den Wohnort häufiger wechseln zu müssen. Für Menschen, die davon betroffen sind, sind Fernbeziehungen der »Normal-Zustand«.
Unter all diesen Bedingungen erscheint es als sehr schwierig für Menschen von heute, verlässliche Freundschaften und Beziehungen eingehen und somit (emotionale) Heimat finden zu können.
Für viele Menschen war immer auch die Kirche beziehungsweise der Glaube ein solcher Ort von Heimat, ein Ort, an dem der Glaube gelebt und gestaltet wurde. Kirche hat den großen Vorteil, dass sie überall auf der Welt vertreten ist und man, egal, wo man ist, zumindest den Ablauf eines Gottesdienstes kennt und man sich darin in der Fremde, im Unterwegs-Sein aufgehoben fühlen kann.
Aber auch diese Beheimatung geht vielen Menschen heute verloren. Nicht nur, dass immer mehr Großgemeinden entstehen und viele »ihren« Priester vor Ort vermissen. Viele fühlen sich auch mit ihrer Lebensweise von ihrer Kirche nicht akzeptiert, zum Beispiel Menschen, die geschieden und wieder verheiratet sind, oder Homosexuelle. Auch wenn ihnen von der Kirche eine grundsätzliche Akzeptanz entgegengebracht wird, so fühlen sie sich doch ausgegrenzt, weil sie entweder nicht die Sakramente empfangen dürfen oder nicht so lieben dürfen, wie es für sie richtig ist. Diese und viele andere Menschen empfinden Kirche als veraltet und trauen ihr nicht zu, wirklich tragfähige Antworten für ihr Leben zu geben.
Auch wenn aufgrund dieser Tatsachen Menschen die Kirche verlassen und austreten: Der Mensch bleibt auf der Suche. Deutlich wurde mir dies in zwei Zeitungsartikeln im Sommer 2014. Im Juni warteten »Der Spiegel« und »DIE ZEIT« mit ähnlichen Titeln auf. »Der Spiegel« titelte: »Ist da Jemand? – Zukunft der Religion: Glauben ohne Gott« und »DIE ZEIT«: »Suche Segen ohne Gott!« Beide Zeitungen gingen in den jeweiligen Artikeln dem Phänomen nach, dass immer mehr Menschen sich von der Kirche und dem christlichen Gott abwenden. »DIE ZEIT« beschrieb dabei ausführlich, dass immer mehr freie Redner engagiert werden, um an wichtigen Wendepunkten des Lebens rituelle Feiern zu gestalten, die von einem »Ritualdesigner« ganz individuell auf den Menschen zugeschnitten werden, der dieses Ritual feiert.
Für mich wurde hier eines deutlich: Trotz der Abwendung von einem kirchlichen beziehungsweise christlichen Gottesbild bleibt die Sehnsucht des Menschen nach Bejahung, Willkommensein und Aufgehobensein.
Wo aber findet der Mensch heute mit seinen vielfältigen, oft oberflächlichen Vernetzungen diese Bejahung und dieses Willkommensein? Wo findet er Identität und Halt? Wo emotionale Heimat?
In Gott wohnen
Benedikt spürte als junger Mensch, dass er im Rom seiner Zeit in ausschweifenden Festen keinen Halt würde finden können. Er verließ sogar seine Amme, die ihm eigentlich als »zweite Mutter« ein Zuhause und Heimat hätte bieten können. Aber er fühlte, dass er nach mehr suchte, und er nahm die Notwendigkeit wahr, dass ein junger Mann sich von seiner Mutter lösen muss.
Franziskus hatte genug Freunde, mit denen er unterwegs war, die ihn mochten, die ihm Anerkennung gaben und die zu ihm hielten. Aber auch er spürte, dass da etwas anderes und Größeres ihn rief: ein göttlicher Vater, für den er alles Irdische liegen ließ. Von diesem Vater aber wurde er mit Freude und Tanz erfüllt; er liebte die ganze Schöpfung, weil er sich von ihm reich beschenkt wusste; er konnte vom Tod als »Bruder« sprechen, weil er wusste, dass er im Sterben für immer in seine eigentliche Heimat und sein eigentliches Zuhause eingehen würde.
Nikolaus von Flüe hatte alles, was ein Mann sich zu seiner Zeit im Leben wünschen konnte: eine Familie, die ihn liebt und für die er Vater war. Er war wohlhabend und sowohl gesellschaftlich als auch politisch respektiert und geachtet. Er hatte eine äußere und emotionale stabile Heimat. Und doch wurde auch er von Unruhe, ja Depression ergriffen, weil aus seiner Seele ein Sehnen sprach, das nach mehr suchte als nach irdischer Beheimatung.
Madeleine Delbrêl wurde so von Gott ergriffen, dass aus der Atheistin eine Mystikerin wurde. Gerade aber diese tiefe Beziehung zu Gott führte sie mitten zu den Menschen auf die Straßen. Weil sie ihn dort fand und dort bezeugen wollte beziehungsweise die Menschen sehend mache wollte für diese Gegenwart Gottes mitten in und unter ihnen.
All diese Menschen sind nur Beispiele aus der Geschichte. Es ließen sich noch viele andere anführen, die eine ähnliche Sehnsucht, ein ähnliches Suchen in sich gespürt haben, dem sie einfach folgen mussten. Sie haben sich auf die Suche nach Gott gemacht, ihn gefunden und in ihm und mit ihm gelebt. In ihm haben sie Heimat, Annahme und Aufgehobensein, letztendlich »Geliebtsein« gefunden. In ihm konnten sie wohnen und zu Hause sein. Dieses zu Hause sein bei Gott geschah immer – auch wenn sie unterwegs waren zu den Menschen. Auch wenn sie selten die Füße hochlegten und sich ausruhten, so hatten sie doch eine Heimat in Gott und ruhten in ihm und in sich selbst.
Von dem Gott, der ihm Heimat war und bei dem sich Jesus zu Hause fühlte, sprach er als Vater, eigentlich sogar als »Papi«. Wenn ich das Wort »Papi« höre, entsteht vor meinem Auge das Bild eines Kindes, das sich ganz vertrauensvoll von seinem »Papi« in die Arme nehmen lässt, seine Sorgen loslassen kann und einfach alles für den Augenblick gut ist – einfach weil »Papi« da ist. Vielleicht klingt ein solches Reden von Gott neu und ungewöhnlich. Und das dann wohl deshalb, weil Gott dem Menschen dabei so nahe kommt wie ein Vater beziehungs...

Inhaltsverzeichnis

  1. Start
  2. »Wo wohnst du?« – Eine Einführung
  3. Wo Gott zu Hause ist
  4. Bei sich selbst zu Hause sein und in Gott wohnen
  5. Gedanken zum Schluss