Haller und Helen
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Haller und Helen

Roman

  1. 144 Seiten
  2. German
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Haller und Helen

Roman

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Über dieses Buch

Red nur, sagt Helen. Ich mag es, wenn geredet wird. Und Hans Haller berichtet, eigensinnig-monologisch zuerst, dann zunehmend auf die Frau bezogen, die neben ihm im Rollstuhl sitzt. Er erzählt von seinem toten Freund Strack, vom melancholischen Alltag der Menschen im Alters- und Pflegeheim "Sandhalde", sinniert über sein Leben, über seine verstorbene Frau, über das Vergessen und über das Vergessenwerden.Das alles breitet er vor Helen aus, die für ihn mehr ist als eine Mitbewohnerin: eine zarte Liebesgeschichte nimmt ihren Anfang. Sie verleiht dem Leben von Haller und Helen später Glanz...

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Information

Jahr
2013
ISBN
9783709976944
Um auf Strack zurückzukommen, sagt Haller: Strack hat sich fast jeden Tag in den Finger geschnitten, ohne Übertreibung, oder in den Wundverband, den er vom letzten oder vorletzten Schnitt her um den Finger trug, den Zeigefinger, den Daumen der linken Hand. Das geschah beim Schneiden einer Salami, die er als Zwischenmahlzeit einnahm, zwischen Morgen- und Mittagessen, zwischen Mittag- und Abendessen, auch zwischen Abend- und Morgenessen, wenn das Fernsehen ihn wachhielt. Und mit diesen verbundenen Fingern spielte er dann auf seiner Handorgel, seinem Klaviertasten-Akkordeon, die schwierigsten Sachen noch, Musette und Tango – so meisterhaft und ohne sich zu schonen, dass die Finger regelmäßig neu zu bluten anfingen und der Verband sich rötete. Wenn es so weit war, brach er ab. Um das Instrument, sagte er, nicht zu versauen.
Haller wischt sich mit zwei Fingerkuppen die Mundwinkel, bevor er ergänzt: Strack war ein unfallgefährdeter Mensch, er war ein Hornochs. Wo er stand und ging, geschah etwas. Und er kam immer davon. Er stürzte, oder etwas stürzte auf ihn herab, eine Leuchtreklame, der Ast einer Bergföhre, ein Wellblech mit scharfen Kanten. Und dann lag er im Spital, wie ein Sieger, wie ein Gladiator, mit einem großen Kopfverband und einem kleinen dunklen Gesicht, und ich saß an seinem Bett. Das Lachen musste vermieden werden, jede Verschiebung der Kopfhaut zog an den frisch genähten Schrammen. Strack lachte trotzdem, konnte nicht anders. Dann nahm er einen großen Schluck von dem Zwetschgenwasser, das ich mitgebracht hatte, verschluckte sich, musste husten und verzerrte das Gesicht. So war er.
Man hätte also erwartet, dass er an etwas Besserem stirbt als an Krebs. Haller holt schlürfend Luft. Er sagt: Das Lachen ist ihm vergangen. Man konnte zusehen, wie es verging. Strack war beleidigt, vom Leben übers Ohr gehauen. Er hätte ja weiß Gott noch eine Ehrenrunde verdient. Einen Arm voll Gladiolen. Haller weint nicht, fast nicht, nur durch die Nase. Er schnäuzt sich. Über das Nastuch hinweg sagt er: Strack hat noch einiges vorgehabt. Und jetzt? Man weiß nicht, hat er es jetzt hinter sich oder wo. Haller schnäuzt sich noch einmal und gründlicher. Man kommt zu nichts, schnauft er.
Um das Nastuch zu versorgen, lehnt Haller sich zurück und streckt ein Bein. Die Armlehne des Stuhls versperrt den Weg zur Hosentasche. Haller findet einen Zugang von außen, unter der Lehne hindurch. Man läuft dem Leben hinterher, sagt er. Und nach einer Pause: Eben hat man die Fingernägel geschnitten, und schon sind sie wieder gleich lang wie zuvor. Die Zehennägel stoßen Löcher in die Socken. Man hat sich angezogen und schon muss man aufs Klo, dann kommt wieder das Hochziehen der Unterhose über das Unterhemd, der Hose über das Hemd. Man wäscht sich die Hände, man trocknet sie, man denkt, man hätte gestern eigentlich duschen sollen, und tut’s wohl auch heute nicht, tut’s erst, wenn man stinkt. Man sucht seine Brille, man nimmt seine Medizin, man geht zum Arzt, man geht zum Zahnarzt, man geht zum Coiffeur. Was ich eigentlich sagen will: Man kommt zu nichts. Man kommt ins Schnaufen. Haller schnauft. Wie viele Bücher wollte man noch lesen? Alle. Die Bibel endlich einmal ganz. Seine Dias wollte man ordnen, die Landschaften nach Regionen, um das Fehlende rechtzeitig noch zu ergänzen, das Fehlerhafte zu ersetzen. Man nahm sich vor, die Altersvergünstigungen der Bahn häufiger zu nutzen. Dann aber sitzt man da, die Tage kommen und gehen, mit ihren Mahlzeiten und ihren Mühseligkeiten. Man sitzt da, in der „Sandhalde“, und man redet, redet. Man: Hans Haller, geboren 1916 in Dietikon, und Helen Roux, mit Er, O, U, Iks.
Haller mag Aufzählungen, und er schätzt Dinge, an denen er nicht zu rütteln braucht. Er sammelt sie für den Notfall, weiß aber nicht, woran man den Notfall erkennt, ob er nicht bereits da ist.
Das Alters- und Pflegeheim, das wir bevölkern, fährt Haller fort, befindet sich in Auwil. Die nächste Stadt ist Zürich. Die nächste Mahlzeit ist das Mittagessen. Die nächste Jahreszeit ist der Frühling.
Helen, das Kinn auf der Brust, untersucht einen lose baumelnden Knopf ihrer Strickjacke. Sie zupft daran, um zu prüfen, wie fest er noch hält. Sie merkt nicht, dass Haller ihr zuschaut. Ihr krauser Kopf hängt am mageren Hals wie der Jackenknopf an seinen Fäden.
Das nächste Fest ist die Fastnacht. Die nächste Nacht ist eine Vollmondnacht. Und zwar – Haller vergisst das Reden, wie er mitten im Essen zuweilen das Essen und mitten im Gehen das Gehen vergisst, sich überrascht hingestellt sieht an einen Parkplatz mit leeren Feldern oder vor ein Gartentor.
Helen zupft und dreht am Knopf und lässt ihn pendeln. Er hält, er hält nicht, er hält. Sie scheint zu keinem klaren Ergebnis zu kommen. Aber es geht auch ohne ein klares Ergebnis. Sie lässt die Gedanken baumeln, während ihr Körper festsitzt. Helen ist geh- und stehbehindert. Sie lebt im Rollstuhl. Außerdem hört sie schlecht. Wenn sie das Hörgerät vergisst, sitzt sie allein, für sich oder eher für niemand.
Was Hallers Beine angeht: sie sind steif, aber sie tragen ihn. So weit jedenfalls, wie der gewöhnliche Gebrauch es hier noch erfordert. Ein täglicher Morgenspaziergang zum See, ein wöchentlicher Ausflug in die Stadt gehören zu diesem Gebrauch. Größere Gänge macht er neuerdings am Stock, um ein abgenütztes Hüftgelenk zu entlasten. Seine Ohren sind intakt. Als er heute in der Frühe ein Rotkehlchen hörte, meinte er sogar die Ultraschalltöne, zu denen das Lied aufstieg, als exakte Ahnung, als gestrichelte Linie noch zu fassen. Haller trägt eine Brille. Zwischendurch, wie eben jetzt, macht er es ohne. Er kennt ja das Gelände.
Auf sein Spüren kann er sich nicht ganz verlassen. An guten Tagen merkt er, ob er eine zähe alte Semmel oder eine knusperige frische in der Hand hält. Er weiß dann auch wieder oder kann es sich vergegenwärtigen, wie es war, über eine fremde Haut zu streichen, und wie es ungefähr war mit den Teilen des übrigen Körpers. An schlechten Tagen kann er die Semmel gerade noch von der Hand unterscheiden, die sie hält.
Haller kommt auf Strack zurück. Strack, sagt er und denkt nach. Wenn Haller am tiefsten nachdenkt, denkt er bereits nicht mehr. Sein Kopf summt, dann sinkt er ein wenig. Bis, wer weiß woher, ein nächster Satz ankommt: Als Strack sich zum ersten Mal unbequem fühlte, als er anfing sich hundsmies zu fühlen in seinen Betttüchern und in seiner Haut, da glaubte man zunächst, es läge an der Spitalkost. Strack selber war überzeugt: Es war der Fenchel, den er täglich vorgesetzt bekam. Wenn man fragte: Wie geht’s?, schloss er die Augen. Es sah aus, als beschäftige er sich mit der gestellten Frage. Er wusste nicht recht, hatte er Schmerzen oder hatte er keine. Als er es dann wusste, waren sie schon unerträglich.
Haller vergewissert sich seines Atems. Ein zweites, drittes Mal prüft er sein Volumen. Er kommt an kein Ende damit. Das Ergebnis einer solchen Prüfung garantiert ja nichts. Schon der nächste Atemzug kann wieder missraten.
Es ist Mittwoch. Es hat geschneit. Man rechnet mit raschen Aufhellungen.
Helen bleibt still, auch während Hallers häufigen Pausen. Es ist, als würde sie schon reden, dächte bloß nicht daran. Zuweilen beschäftigt sie sich mit kleinen Versen und Reimen, die sich mühelos in ihrem Mund zusammenfinden: Es schneit, es schneit, so lang wie breit, direkt herab aus der Ewigkeit, Amen. Es kommt auch vor, dass sie plötzlich lärmt. Nachdem sie zwei Tage vollständig stumm gewesen war und, soweit man sah, durchaus vergnügt, krähte sie über die mit Zwergwacholdern gesäumte Terrasse hinaus: Ich kann nicht mehr laufen! Ich kann nicht mehr laufen! Ich kann nicht mehr laufen! Sie streckte zwei kleine steinerne Fäuste dem Boden zu. Ihr Hals war doppelt so lang wie sonst. Ein Vogelhals. Das war Ende Januar.
Haller ist einer der selbständigen, das heißt nicht pflegebedürftigen Bewohner des Hauses. Er hat die üblichen Beschwerden seines Alters, nicht alle üblichen, aber einige. Atemnöte gehören dazu, dann, abhängig von der Tageszeit, vom Wetter, vom Zufall, ein mehr oder weniger starkes Zittern der Hände und vor allem Schlafstörungen. Das Einschlafen ist kompliziert geworden. Es nimmt oft mehr, gelegentlich viel mehr als eine Stunde in Anspruch. Die kurzen Zerstreutheiten dagegen, die ihn bei Tag überkommen, sind harmlos. Kürzlich entschied er, weil es regnerisch war, mit dem Schirm auszugehen. Auf der Straße aber fand er sich erschrocken mit den Hausschuhen in der Hand.
Vor sechs Jahren ist Haller mit Maja, seiner Frau, die abwechslungsweise kränklich und krank gewesen war, in die „Sandhalde“ gezogen. Sie brauchte mehr Betreuung, als er, mit Unterstützung der Gemeindeschwester, noch geben konnte. Am neuen Ort aber fühlte sie sich unbehaglich. Vom Bett aus ordnete sie an, wie die Schubladen der Kommode einzuräumen waren. Noch bevor alles lag und stand, wie sie es haben wollte, begann sie zu sterben. Angestrengt und aufgescheucht und zäh. Ihre Hände ragten wie Pflanzen aus dem Bett empor. Dann, eines Tages, endete sie mit einem Ruck, als hätte der Tod sie erschlagen.
Als ihr Bett leer war, die Leintücher entfernt, das Zimmer gelüftet, fing Hallers Leben an zu schrumpfen und war bald schon nicht mehr zu erkennen. Es gab Tage, da fiel ihm sogar das Seufzen schwer. Er ging in der Regenjacke aus und kam ohne sie zurück. Er ließ die Dinge stehen und liegen, und mit sich selber machte er es ebenso.
Was ihn nun beschäftigte, war vor allem das Unvollständige, das Unbrauchbare, das Unerfreuliche. Er vermisste den Beerengarten, eine Hörbücherei, eine Ersatzlampe für den Diaprojektor und ganz besonders, sozusagen bei jedem Schritt, die Türschwellen, die klare Trennungen, Orientierungen gegeben hätten. Die Fußböden hier hatten etwas Uferloses. Es gab nichts mehr, worüber er stolpern konnte, nur noch die eigenen Beine.
Wenn seine Tochter Elvira ihn besuchte, ging ihm auf, wie sehr sie vorher immer fort gewesen war. Er dachte an die Stunden ohne sie und schwieg.
Die täglichen Tätigkeiten reihten sich aneinander, als füllten sie einen Zählrahmen aus. Haller sah das Unnütze all dieser Beschäftigungen, der eigenen wie der fremden um ihn herum, der vielen kleinen Leistungen für einen abgenützten Körper, der Sorgen um Blutdruck und Stuhlgang, das Ungezieferige der Hände und Blicke. Aus den alten Mündern kamen manchmal Sätze, die Haller nicht gleich verstand: Heute ist man froh um ein wenig Schatten.
Was?
Der Gefragte schrie: Heute ist man froh, sage ich, um ein wenig Schatten.
Haller blieb im Heim. Er erhielt ein kleineres Zimmer mit einem grüneren, beweglicheren Licht. Wenn er schräg aus dem Fenster schaute, sah er einen Mostbirnbaum. Heute ist man froh um alles, sagte er, als der Umzug vorbei war.
Er brauchte fast zwei Jahre, um sich wieder zu fassen. Dann sah man ihn oft mit einer beinahe blinden, immer gut ausstaffierten Frau, Agnes Müller, die den Tod ihres Mannes, der schon Jahre zurücklag, nicht wahrhaben wollte. Abends jammerte sie, beklagte aber keinen bestimmten Verlust, sondern die Misere des Alters im Ganzen. Ihre Tränen lösten die Wimperntusche des rechten Auges. Mit dem linken weinte sie nicht. Wenn sie sich dann ihre Hässlichkeit vergegenwärtigte und dabei das geschwärzte halbe Gesicht vor Kummer verzog, sah sie völlig verwüstet aus. „Wie im Krieg“, dachte Haller – mit einer Redensart seiner Mutter, die das Leben mit solchen Vergleichen bewältigt hatte. Frau Müller ließ sich von ihm auf ihr Zimmer begleiten, schloss sich ins Bad ein, schminkte sich neu. Haller hatte keine Ahnung, wie sie das anstellte und wie sie sich sonst zurechtfand. Die Fingernägel, das wusste er, lackierte sie nicht mehr selbst.
Frau Müller siezte alle, die sie umgaben, aus Vorsicht vermutlich, da sie nicht so rasch ausmachen konnte, wer fremd und wer vertraut war. Kam jemand in ihre Nähe, wandte sie den Kopf dem Geräusch entgegen und fragte: Wer sind Sie? Haller antwortete: Haller. Mit der gleichen Wendung des Kopfes, aber mit einem anderen Ton fragte sie eines Abends: Josef? Haller hatte ihr einen seidenen Schal, der zu Boden geglitten war, um den Hals gelegt. Agnes, antwortete er, indem er sie auf die Schläfe küsste. Er brauchte seine Stimme kaum zu verstellen, sie war der des verstorbenen Josef Müller, des ehemaligen Vorstands des Bahnhofs Turbenthal, so ähnlich, dass Haller, ohne es zu wollen, zu einer willkommenen Rolle kam. Er gab Agnesens Hand einen Halt auf seinem angewinkelten Arm und führte sie zu ihrem Stuhl oder in den Wintergarten vor eine Voliere mit exotischen Vogelstimmen. Er sagte dabei nicht viel, ihren Vornamen dann und wann, eine Spur langsamer, als er sonst sprach, eine Spur tiefer, mit geräumigerer Kehle, die, spürte er, auch und erst recht seine Kehle war. Oder er zählte, das Kursbuch auf den Knien, die Stationen der Tösstalbahn auf: Winterthur, Winterthur-Grüze, Winterthur-Seen, Sennhof-Kyburg, Kollbrunn, Rikon, Rämismühle-Zell, Turbenthal. Vor Turbenthal machte er einen kleinen Halt, damit das dreisilbige Wort den richtigen Raum bekam. Frau Müller lachte. Die Anfahrt aus der entgegengesetzten Richtung, von Rapperswil her, war aus irgendeinem Grunde weniger interessant, zur Auflockerung aber unentbehrlich. Rapperswil, Jona, Rüti, Tann-Dürnten, Wald, Gibswil, Fischenthal, Steg, Bauma, Saland, Wila, Turbenthal. Oft nahm Haller ein paarmal hintereinander diese schlechtere Variante, um der besseren, die folgte, noch mehr Glanz zu geben. Frau Müller lachte dann so laut, dass sie über sich selber erschrak. Sie hielt die Hand vor den Mund, dahinter aber lachte sie weiter, nicht mehr über Hallers Stationen-Litanei, nur noch über ihr Lachen. Meistens machte sie dabei in die Hose. Haller konnte das nur vermuten. Sicher war, dass sie sich danach meistens für eine Weile zurückzog, in ihr Bad, vor das er sie begleitete, und aus dem sie dann lächelnd, wie nur Blinde lächeln, wieder herauskam.
Haller spielte den Josef Müller mit einigem Eifer. Ob mit Erfolg, blieb unklar. Vielleicht gab Frau Müller sich nur für Augenblicke der Illusion hin oder bloß zum Schein, um Hallers schöne Anstrengungen nicht zu stören. Wenn sie ihn im Halbdunkel, das sie umgab, mit dem Namen ihres Mannes suchte, klang ihre Stimme hoch und ein wenig falsch, als treffe sie einen Ton nicht ganz.
Strack, sagt Haller. Es dauert eine Zeit, bis ihm einfällt, was er erzählen wollte. Strack hat ein wenig Blut im Urin gehabt. Wer darüber besorgt war, dem rechnete er vor: Angenommen, nur mal angenommen, man verlöre einen Kaffeelöffel Blut in der Stunde, wovon er natürlich weit entfernt war, es würde über vierzig Tage dauern, bis man einen Liter weniger hätte. Und was war schon ein Liter. Den ersetzte man in der halben Zeit. Strack wusste, wovon er spra...

Inhaltsverzeichnis

  1. Cover
  2. Titel
  3. Impressum
  4. Inhalt
  5. Haller und Helen