Hardenberg
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Hardenberg

Romantische Erzählungen nach dem Nachlass des Novalis

  1. 48 Seiten
  2. German
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Hardenberg

Romantische Erzählungen nach dem Nachlass des Novalis

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Inhaltsverzeichnis
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Über dieses Buch

In seinem ersten längeren Prosastück "Hardenberg" erzählt Jürg Amann von den letzten schicksalhaften Jahren des früh gestorbenen romanitschen Dichters Novalis alias Philipp Friedrich Freiherr von Hardenberg (1772-1801). Eine sorgfältige Auseinandersetzung mit dem Lebensgefühl der Romantik, zwischen Todes-Sehnsucht und der Tod-Feindschaft des modernen Bewusstseins.

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Information

Jahr
2014
ISBN
9783709973271

III

«Den 15. März sagte sie mir zum ersten Mal, daß sie mein sein wollte. Den 17. März war sie geboren. Den 19. ist sie gestorben. Den 21. erhielt ich die Nachricht. Sollte ich da nicht ahnen dürfen, daß ich am 23. ihr nachsterbe?»
Novalis
Am 18. April 1797 erwachte Hardenberg in erregtem Zustand. Er blieb noch eine Weile im Bett liegen, erging sich in ausschweifenden Gedanken über Sophie und sich und stand dann auf.
Er hatte sich für die erste Zeit im Haus einer bekannten Familie in Tennstedt eingenistet, um in spürbarer Nähe zu Grüningen zu bleiben und doch nicht in Grüningen selbst zu sein, wohin er nach seinem ruhigen Abschied nicht mehr zurückkehren wollte.
Im weitläufigen Garten dieses angenehmen Hauses verbrachte er die meiste Zeit, allein oder in Gesellschaft, wenn er sich nicht in seinem Dachzimmer einschloß oder Spaziergänge in die nähere Umgebung unternahm, welche eine sanfte Hügellandschaft war, allseits offen und nur durch kleine Wälder hie und da den Blick in die weitere Ferne verstellend.
Auf diesen Gängen durch die Gegend oder im Garten ließ er in Ruhe all die Gedanken zusammenkommen, die sich dann Abend für Abend nach und nach in seinen Heften sammelten und zu einem Ganzen verbanden. Auch diesen Morgen verbrachte er draußen mit Philosophieren, er wurde dabei leicht und heiter, und allmählich bekam sein anfängliches Schweifen eine Richtung, nach der hin alles mehr und mehr sich drängte, was er, verdeckt oder bewußt, mit sich herumtrug. Sein Träumen richtete sich aus, formte sich zu Gedanken, und alle Gedanken wieder sammelten sich zu einem einzigen. Der Nebel war durchdrungen. Klar und deutlich und gefaßt stand plötzlich der Vorsatz da, als eine Offenbarung fast: Nachsterben.
Das alles, in Sekundenschnelle entschieden, kostete viel Kraft. Hardenberg fühlte sich schwach und war froh, Moritz, den Sohn des Hauses, zu treffen, der ihn zum Mittagstisch rief. Bei Tisch und nachher war er wie gewöhnlich gesprächig und ließ sich nur allzu gern anstecken von der allgemeinen Heiterkeit, vor allem aber der Frauen.
Später las er etwas im «Wilhelm Meister». Dabei beruhigte er sich wieder. Eine Stelle lenkte seine Gedanken auf ihn selbst zurück, er ging hinauf ins Zimmer und versuchte, etwas an den Erinnerungen zu schreiben, die er sich vorgenommen hatte, mit denen er aber nicht so recht vom Fleck kommen wollte. Auch jetzt war er eigentlich nicht aufgelegt zum Denken und Arbeiten, schien es überhaupt am Nachmittag nie zu sein. Die Gesellschaft hinderte ihn daran, auch wenn er sich aus ihr entfernte und oben von ihr nichts mehr zu hören war. Es genügte schon zu wissen, daß es sie gab, auch wenn man sich ihr entzogen hatte.
Bald legte er die Feder weg.
Am nächsten Morgen schlief er weit in den Tag hinein, was eine seiner Gewohnheiten war, und erwachte doch gänzlich unausgeschlafen. Der Entschluß von gestern schwankte wieder, ging schließlich über in eine Form allgemeinerer Philosophie, die nur durch das Essen für zwei Stunden unterbrochen wurde. Um 2 Uhr ging er schon wieder hinauf, um in einigen älteren Notizen herumzukramen. Schließlich war er es leid, spürte, wie wenig er wirklich bei der Sache sei, und ging etwas spazieren, um sich zu sammeln. Als er zurückkam, reichte die Kraft aber nur zur Erledigung einiger aufgeschobener Briefe, mühsam aus der Feder gepreßt. Nur bei einem, an Juichen, war er etwas berührt.
Gegen Abend gingen die jüngeren Frauen noch nach Grüningen. Sie begleiteten Sophies Mutter, die am Nachmittag gekommen war. Hardenberg hatte sie, als er vom Spaziergang zurückkam, schnell gesehen, aber keine Lust gezeigt, in ihrer Nähe zu sein. Als sie gegangen war, nahm er Sophies Porträt aus der Schublade, ging hinunter und zeigte es der zurückgebliebenen Hausherrin. Diese war bewegt. Sie sprachen viel von der Toten. Ruhig und heiter ging Hardenberg endlich zu Bett.
Er dachte nun wieder oft an Sophie. Aber nicht mit der Innigkeit, die er von sich erwartete. Mehr waren es sinnliche Phantasien, die ihn beschäftigten, und angenehme Erinnerungen, auch kleinliche manchmal wie an ein Kleidungsstück, das er an ihr besonders geliebt hatte, an einen Ausdruck, eine anmutige Wendung, an ein bedeutsames Heben der Brauen, an ein Lachen oder an ein unverwechselbares Rümpfen der Nase. Wenn er über all diese kleinen Dinge in seine Hefte schrieb, war er für eine Weile zufrieden. Er stellte sie dar mit einer stillen Leidenschaft und im hellsten Licht der Gegenwärtigkeit. Aber all dieses Einzelne wollte kein Ganzes mehr ergeben, je mehr er es in seine Teile und Teilchen zerlegte, säuberlich auseinander und liebevoll, desto mehr verlor er ihr Bild aus den Augen. Manchmal zwang er sich, es in der Vorstellung zu beschwören – er versagte es sich, das Porträt zu Hilfe zu holen –, und da es nicht gelingen wollte oder doch nur unvollständig und beleidigend, wurde er dann oft mutlos, wenn er an seinen Entschluß dachte, und gab sich wieder seinen Phantasien hin, die ihn ablenkten. Auch aß er viel zu viel. Draußen war Frühling, die Luft schon lau, das Leben schoß üppig ins Kraut, er ließ sich noch und noch gehen.
Um etwas Halt zu finden, wenigstens in einer Vergangenheit, die gerade bis an den Tag heranreichte, vertiefte er sich abends auf seinem Zimmer oft, bei Kerzenschein, in ältere Briefe, die er von Karoline bekommen und aufgehoben hatte, oder auch in eigene an sie, welche säuberlich abgeschrieben unter seinen Sachen lagen. Dabei befand er sich dann wohler, er war nicht ganz allein zurückgeblieben auf der Welt.
Oder aber er las vermehrt im «Wilhelm Meister», der ihn auf manchen Punkt in seiner eigenen Bildung und auf seinem eigenen Weg aufmerksam machte, zuweilen schmerzlich auf ein Versäumnis oder einen nicht mehr gutzumachenden Verlust hinlenkte, ebenso oft aber auch vergangenes Freudiges wieder zum Klingen brachte, etwa eine Freundschaft mit Schlegel, die jetzt an seinem eigenen Starrsinn zu erstarren drohte, oder an seine glückliche Kindheit. An die Eltern dachte er oft mit schlechtem Gewissen, da er gerade ihnen nicht sagen durfte, wo es mit ihm hinauswollte.
Dann war ihm manchmal sogar das Lesen zuviel und das Denken und Streifen in der eigenen Seele, das durch das Lesen unweigerlich immer in Gang kam. Er mischte sich lustlos in die Nachmittagsgesellschaften, fand sogar Spaß daran und geriet ins Feuer des Debattierens und Diskutierens, oft bis spät in die Nacht hinein. Wenn er aber dann zu Bett ging, schlief er gleich ein, weil er ganz leer war.
Dann gab es auch Tage, an denen er wieder besser mit sich zufrieden war. Er schrieb viel Gutes auf, kam auch weniger auf streunende Gedanken, und manchmal war es sogar mitten unter den Menschen, in Gesellschaft nach Tisch oder beim Kaffee im Garten in ihm ganz windstill. Er konnte ruhig zuhören, ruhig antworten, ließ sich nicht hineinreißen ins Gespräch, ohne daß er ihm fern gewesen wäre, und war doch in gewöhnlicher Gesellschaftsstimmung, von allen geschätzt, bei vielem um seine Meinung gefragt, und immer und überall höflich über die Etikette hinaus.
Der Kopf war ihm in diesen Tagen immer nicht ganz klar, aber er hatte doch manchmal frühmorgens eine selige Stunde, in der ihm alles vor Augen stand, was gewesen war, was sein würde, und daß es gut sei, wenn alles so käme, wie er sich vorgenommen hatte. Seine Liebe zu Sophie erschien ihm wie in einem neuen Licht, von dem er nicht recht wußte, woher es kam. Er nahm sich vor, immer mehr nur noch in ihr zu leben. In ihrem Andenken war es ihm wohl.
Abends freilich vergaß er dann oft seinen Vorsatz, ließ sich leicht und gern ablenken von anderen Gästen des Hauses, die, nicht wissend, wie es um ihn stand, oder, wenn sie davon – von den Hausleuten oder sonstwie – vernommen hatten, erst recht freundlich sich zu ihm verhaltend, ihn ins Gespräch zogen, dessen Mittelpunkt er dann allzu oft wu...

Inhaltsverzeichnis

  1. Cover
  2. Widmung
  3. Titel
  4. Impressum
  5. Kapitel I
  6. Kapitel II
  7. Kapitel III
  8. Inhalt