Almasy
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Almasy

Roman

  1. 320 Seiten
  2. German
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Almasy

Roman

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Über dieses Buch

Der junge Produktmanager Nicolas Lemden wird nach Ägypten geschickt, um den neuen "Almasy", ein wüstentaugliches Geländefahrzeug, vorzustellen. Fast schockartig wird er mit der für ihn fremden und doch so faszinierenden Welt Nordafrikas konfrontiert, er verliebt sich in seine Dolmetscherin und gerät zwischen die Fronten gemäßigter und fundamentalistischer islamischer Kreise. Und er erfährt alles über das geheimnisvolle Leben des Mannes, nach dem das neue Fahrzeug benannt ist, eines Mannes, der mit der Geschichte dieser Region eng verbunden ist: Ladislaus Almásy, österreichisch-ungarischer Flugpionier und Abenteurer der dreißiger und vierziger Jahre.Seit Michael Ondaatjes Roman "Der englische Patient" und dem gleichnamigen oscargekrönten Film ist der Name Almásy allgemein bekannt. Das Vorbild für die literarische Figur war ein charmanter Lebemann, Wüstenforscher und - deutscher Agent in Rommels Diensten, der seine Spionagetätigkeit in Nordafrika mit der gleichen spielerisch-ironischen Leichtigkeit zelebrierte wie seine homosexuellen Affären.

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Information

Jahr
2012
ISBN
9783709975206

4

DAS HEER DES KAMBYSES

(1945 – 1947)

Sie würden bald zum siebenten Mal bei Hana und Goma Assem sitzen, die von jenen Jahren nach dem Krieg berichten, pünktlich zum Fünf-Uhr-Tee im Mena House Hotel. Goma hatte sich als witziger Beobachter und Erzähler erwiesen, während Hana zurückhaltend blieb. Ihre Kühle war nicht leidenschaftslos und Gomas Ironie von einer verletzten Gereiztheit, in die sich der Spott des Anwalts mischte. Er verstand es, seine Rolle als engster Vertrauter Almásys wirkungsvoll ins Spiel zu bringen. Auch sprach er vom schicksalhaften Band zwischen ihm und Scheich Abdul el Manzur. Als existiere ein Zusammenhang, übte er sich gleich darauf in Andeutungen über den jüngsten Komplottversuch in Kairo. Mit Nachdruck spottete er über geschäftliche Verbindungen des Scheichs zu Kreisen in Palästina und dem Iran. Sein Verdacht schien ominös, und seine Erklärungen blieben dunkel.
Nicolas fiel der Gleichschritt auf, in dem er mit Rita durch das holzüberdachte Portal ging. Ihre Arme pendelten im Takt, und wenn er sich Rita zuwandte, bewegte sich ihr Kopf in seine Richtung. Sie schauten sich in die Augen, ihre Gesichtszüge hatten sich entspannt.
In Goma mochte die Getriebenheit Almásys weiterleben. Vielleicht interessierte Nicolas dieser Aspekt sogar. Obwohl er sein Augenmerk eher darauf richtete, wie die Alten ihren Auftritt gestalteten, ihre Wahl des Mena House als Bühne, das Wechselspiel ihrer Rollen, und ihre unglaubliche Fähigkeit, sich die Apokalypse kulinarisch auf der Zunge zergehen zu lassen.
Gomas Vater, ein Fellache aus Giza, hatte auf eine Niederlage der Engländer gehofft, gestützt vom Dorfgerücht, Hitler wäre zum Islam übergetreten und würde als Muhammed Hitler die Ägypter aus den Händen der Kolonialisten befreien. Und auch Gomas Freund Abdul, der spätere Scheich Abdul el Manzur, arbeitete für die ägyptischen Nationalisten, die mit den Deutschen paktierten. Goma aber hoffte auf einen Sieg der Alliierten, wie Hassanein Pascha, der berühmte Wüstenforscher und Berater König Faruks, der Goma immer wieder zu sich rief, um etwas über Almásys Pläne zu erfahren. War am Ende des Kriegs jeder ein Verlierer? In den fünfziger Jahren wurde Goma Kommunist, so inbrünstig, wie Almásy einmal Antikommunist gewesen war. Und später sollte sich Goma wieder dem Islam zuwenden und doch ein Freund der westlichen Freiheiten bleiben. Das wiederum hatte den fanatischen Fundamentalisten, der Abdul in den fünfziger Jahren geworden war, auf den Plan gerufen. Und doch erklärte sich damit die Rivalität der beiden nicht erschöpfend.
Hana und Goma winkten hinter der Kirschlorbeerhecke drüben am Pool. Nicolas und Rita fielen sich ins Wort, sehen Sie, die Assems, dann lachten sie. Trotz seiner korrekten Garderobe wollte Nicolas der Ägypterin bedeuten, daß er zum Äußersten fähig war: Communicator und Handy hatte er im Hotel gelassen.
„Ein schönes und friedliches Paar“, sagte Rita.
Hinter dem Hotel ragten die Pyramiden wie riesig hinprojizierte Schatten in den Himmel. Hier unten im Mena House war alles grün, alles blühte, alles Wasser schimmerte bläulich. Man vergaß die Wüste ringsum.
Diesen Schritt von der Straße aus Giza durch das Portal des Mena House mochte Almásy nicht anders getan haben. Bis zum Bau des Suezkanals hatte das Hotel an den Pyramiden einzig einem königlichen Hobby, der Jagdleidenschaft, gedient. Man hatte es nach dem ersten Pharao Menes benannt und anläßlich der Eröffnungsfeier des Kanals zum Schloß im maurischen Stil erweitert, um den europäischen Hochadel standesgemäß beherbergen zu können. Im Gegensatz zum Mariott, diesem Disneyland der Reichen, faszinierte Nicolas die Vermummung eines Lebensstils, eine frühe Form von Rekombination, hier seit hundert Jahren vom Jet-set praktiziert: Lifestyle als Frankenstein-Verfahren. Wahrscheinlich stand das Mena House gar auf einem antiken Gräberfeld. Hier konnte man die dreißiger Jahre weiterleben, und zugleich war klar, wie künstlich das Leben gewesen war: all die Pracht eine Animation, nicht zufällig am Rand der Wüste, im Reich des Todes.
Sie gingen auf Wegen, die von Buchsbaumhecken gesäumt waren, an Rasenflächen vorbei, auf denen weiße Liegestühle standen, unter Palmenalleen bis zur Veranda, in der einmal Almásy auf dem gelben Diwan gesessen sein mochte. Der Blick, den man von dort auf die Pyramiden hatte, stimmte mit den Bildern des Films überein, Rita in der Rolle der amerikanischen Missen der Zwanziger-Jahre-Filme, in ihrer Pluderhose und mit dem Krempelhut, der einer Lady gut gestanden hätte. Freilich wäre sie andererseits auch als ein Bürschchen durchgegangen, ein besonders weiches.
Hana und Goma erhoben sich aus den weißen Korbstühlen. Gomas Hose und Shirt paßten farblich zu den Möbeln. Mit dem linken Arm stützte der Kavalier seine Frau, während er Nicolas die schlaffe Hand reichte. Goma lachte aus einem breiten und auffällig hellhäutigen Gesicht. Seine stämmige Figur ließ Nicolas an einen gealterten Stallburschen denken – andererseits waren da seine gezierten Bewegungen, sein nervöses Tänzeln –, während Hanas Charme an das Gehabe einer Landadeligen erinnerte. In ihrem Gesicht hatte das Alter ein spitzes Kinn geformt.
Goma sprach ein Geschäfts-Englisch. „Ich erinnerte mich gerade mit Hana an Dr. Bermann, den Juden aus Wien, den der Conte nach Kairo brachte.“ Er nannte Almásy den Conte. Daß die arabischen Diener ihn als Grafen anredeten, darauf hatte Almásy großen Wert gelegt, selbst in der Wüste, per Du war er nur mit Standesgenossen. „Im Palast des Prinzen Kemal el Dine, meines Meisters, war man deutschfreundlich, und da kam eines Tages der Conte mit diesem Dr. Bermann, ein kleiner und häßlicher, eitler Mann, und sehr klug.“
Hanas Gesichtsausdruck war überaus wach, und so gelassen, wie sie Goma den ersten Auftritt überließ, erahnte Nicolas ihre Bestimmtheit. Die dicken Hornbrillen vergrößerten Gomas Augen. Seine dunklen Strähnen waren pomadig nach hinten gekämmt, seine Haut war glänzend und weich. In diesem alten Gesicht steckte etwas Knabenhaftes. Vielleicht färbte er sein Haar und verwendete Feuchtigkeitscreme, eigentlich doch ein urbaner Snob.
„Setzen Sie sich, mein Kind“, sagte Hana zu Rita.
In Gegenwart dieses Paares wirkte Rita blaß, nicht anders als er selbst, mußte sich Nicolas sagen. Sie saß einfach da, so wie er dasaß, und vielleicht kam sie sich klein vor, so wie er sich seltsamerweise klein vorkam. Die selbstbewußten Ticks der beiden Alten waren raumgreifend, die makabre Selbstironie, mit der sie ihre gebrechlichen Körper bedachten. Seine Vernunft wog dagegen wenig.
Einzig Goma blieb stehen. Ohnehin schaute er seinem Gegenüber nie in die Augen. Er nahm das Zigarettenetui vom Tisch, drehte seinen elfenbeinernen Zigarettenspitz zwischen den Fingern, und sein Blick folgte den Rauchschwaden, die sich zwischen den kunstvoll verzierten Dachbalken des Pavillons verflüchtigten. „Man schreibt das Jahr 1903“, sagte er über ihre Köpfe hinweg, mit nasalem Wwienerischen Akzent, „denken Sie, der schwächliche Bermann leidet an allerlei Nervenzuständen und konsultiert daher den besten Nervenarzt, Professor Sigmund Freud. Der interessiert sich für ihn, Freud lädt Bermann ein, wiederzukommen, nicht in das Ordinationszimmer, sondern in seine Privaträume. Dort gibt es tausend schöne Dinge zu sehen. Freud, der Mann, der später das Buch über den Mann Moses schreiben sollte, interessiert sich schon damals für Ägyptologie fast so sehr wie für die Neurosenlehre. So erzählte es Bermann, Wort für Wort, und Almásy hörte ihm aufmerksam zu.“
„Nicht zu glauben“, lachte Nicolas.
„Prinz Kemal el Dine amüsierte sich über die Europäer, die das Mumien-Pulver exportierten.“
„Mumien-Pulver?“ fragte Rita.
„Schon Napoleons Gelehrte legten nicht nur Pharaonengräber frei, sondern zerstampften einen Teil der geborgenen Mumien zu Mehl. In den Apotheken Europas war das Mumienpulver sehr gefragt. Die Aristokraten trugen es in kleinen Dosen mit sich, vielleicht erhofften sie sich davon das ewige Leben.“
Hana klopfte mit dem Stock auf den Boden. Gomas Stirn kräuselte sich, er legte seinen rechten Zeigefinger auf den Mund und lächelte.
Die aufkommende Brise bewegte die Palmenfächer. Als Tee brachte der Kellner heißes Wasser und Beutel in Kännchen. Hana hatte Rotwein bestellt. Goma setzte sich, und Hana erzählte von Almásy, stets darauf bedacht, nach jeder Diagnose ein Wundpflaster auf das Geschilderte zu legen.
Goma genoß es, daß von ihm die Rede war. Er hatte als Pferdebursch im Palast des Kemal el Dine gedient und war – kaum vierzehn Jahre alt – von Almásy zum Chauffeur und Mechaniker ausgebildet worden. Im März 1933 brach Almásy ein letztes Mal auf, um das Rätsel der Oase Zarzura zu lösen. Die Expedition war nur kärglich ausgerüstet, weil Kemal el Dine und Sir Robert Clayton East, Almásys zweiter Gönner, kurz zuvor gestorben waren. Weder ein Flugzeug noch ein Radio standen zur Verfügung. Da König Fuad es ihm gestattete, konnte Almásy Zelte und Gerät aus Kemal el Dines Magazin benützen und neben Goma zwei weitere Diener des verstorbenen Prinzen in seine Crew übernehmen.
Goma hatte also ein Auto zum Tal der Bilder chauffiert. Jetzt erst gingen Nicolas die Augen auf. „Die Höhlenmalereien“, sagte er, „ich habe doch die Stelle in Almásys Buch gelesen, als sein Diener panisch vor diesen Werken eines Dschinns wegläuft.“
Goma schlug die Hände vors Gesicht.
„Sind Sie schon einmal in eine Höhle gestiegen?“ fragte Hana.
Ihre Augen fixierten ihn, Nicolas schwieg.
„Waren Sie schon einmal in einer Höhle?“
Er konnte doch nicht von seiner Klaustrophobie reden.
Goma deutete auf die große Pyramide: „Es gibt Menschen, die in diesen Riesenstein hineinklettern, entsetzlich!“
Da war keine Wolke, die sich vor die Abendsonne schob, und doch schien es Nicolas, ein Schatten lege sich jetzt auf die dreieckige Steinfläche.
Hana lächelte. „Rita wird Sie begleiten, mein Freund.“
„Nein, nein“, rief Goma. Vor fünfundsechzig Jahren hatte ihn Almásy in die Schluchten des Uwenat-Massivs gezwungen, aber die Dschinns waren nicht mit ihm gealtert und noch immer bedrohlich wie damals.
Zwei Tage später plagte sich Nicolas aus dem Taxi, das wenige Meter vom Mena House entfernt vor dem Pferdestall am Rand der Wüste hielt. Schonungslos hatte seine Mutter vom Fluch der Pharaonen geschwatzt und Nicolas beschworen, nicht in die Pyramide zu steigen. Damit hatte die Mutter seinen Stolz herausgefordert.
Er hätte sich die kurze Strecke zur Cheopspyramide mit dem Firmenwagen chauffieren lassen können. Das Messegelände lag unterhalb der Sphinx, von dort führte eine Straße bis zum Dünenboden hinter den Kolossen, wo eine Arena für Squash-Meisterschaften lag. Nicolas wollte aber die ALMASY-Kampagne von dieser persönlichen Angelegenheit fernhalten und seinen Pyramidengang wie ein gewöhnlicher Tourist hinter sich bringen. Immer noch wütend auf seine Mutter, stieg er auf den heißen Asphalt, der in der Mittagssonne flimmerte, und hielt die Tür für Rita offen, die das Taxigeld zahlte.
Ohne Ritas Begleitung, das war ihm klar, hätte er diese Strapazen nicht auf sich genommen; die Ägypterin durfte sich dessen nicht bewußt werden. Hana hatte ihm zugeredet, und seine Mutter hatte ihr Gezeter aufgegeben, begleitete ihn doch wenigstens eine vernünftige Frau. Weibliche Darstellungslist – aber wie sollten denn seine Venen diesen Wüstenirrsinn überstehen?
Ruhig ging Rita auf einen der Pferdeställe zu. Von der anderen Straßenseite kamen fünf Männer gerannt, und die zwei ersten, die bei Rita anlangten, verscheuchten die anderen. Asphaltserpentinen führten in die Wüste hinein, vorbei an den Ställen, die sich wie Bunker zwischen den Dünen duckten, hallenartige Betonunterstände, darüber eine Wellblechbaracke, aus der Antennen und Satellitenschüsseln ragten.
Die Pyramiden schienen von hier aus zum Greifen nahe, aber die Entfernung täuschte und die Hitze würde schon einen Fußmarsch bis zum ersten Koloß zum Martyrium machen. Fliegenschwärme sammelten sich um die Droschken neben der Mistgrube. Die Hitze drückte so schwer auf den Kopf, daß Nicolas nicht einmal der Gestank und die Insekten störten. Mit einer Aufdringlichkeit, die er nur von seiner Mutter kannte, redeten die zwei Beduinen auf Rita ein, griffen ihr an den Arm.
Der Alte in seiner Galabiya sah wie ein ärmlicher Bauer aus, der junge Bursch mit der Baseballkappe wie das Mitglied einer Straßenbande. Hatte Nicolas nicht Akims Stimme im Ohr, der von diesen Leuten bewundernd zugleich und verächtlich gemeint hatte, sie zählten zu den Reichsten in Kairo? Sie führten Touristen um die Pyramiden, in Droschken oder auf dem Rücken von Pferden und Kamelen, und wurden als Grabräuber reich. Meistens Analphabeten, konnten sie sich in vier oder fünf Sprachen verständlich machen. Der liebe Allah weiß, was er tut.
Während Rita mit dem Alten feilschte, spannte der Bursche ein weißes Pferd vor die Droschke und lockte Nicolas zu einem Geschäft, indem er immer wieder in die Hosentasche griff und etwas auf dem Handteller anbot, das er zugleich verbarg. Vielleicht wollte er Amulette verkaufen. Nicolas saß steif auf der gepolsterten Kutschenbank; der junge Beduine versuchte es mit englischen, französischen, italienischen und schließlich deutschen Floskeln, du deutscher Freund.
„Ein Foto mit dem Kamel?“
Nicolas wollte nur weg, er erntete einen verächtlichen Blick. Rita nahm neben ihm Platz, der Alte schwang sich auf den Kutschbock und trieb das Pferd die Asphaltstraße hinauf bis zu einer Baracke, die den staatlichen Einlaß ins Pyramidenfeld darstellte.
Der Sand und die Steine und die Hitze, die Mauerreste von Gräbern und Tempeln. Mit der Peitsche schlug der Alte auf das Pferd ein, das immer wieder zur Seite ausbrechen wollte, trotz der Scheuklappen. Mühsam zog es die Droschke die Steigung hoch, auf der Kuppe schnaubte es lange und laut. Weit unten zwischen den Pyramiden entdeckte Nicolas die gläsernen Zelte des Messegeländes. Draußen in der Wüste waren die Satellitenstädte zu erahnen, gewaltige Strommasten führten zu den rostbraunen Flecken. Auf den umliegenden Dünenkuppen hielten die Soldaten Wache, ihre Jeeps parkten unter Wellblechdächern. Der alte Mann auf dem Kutschbock schnal...

Inhaltsverzeichnis

  1. Cover
  2. Titel
  3. Impressum
  4. INHALT
  5. Die Höhle der Schwimmer
  6. Kairo
  7. Paläste und Müll
  8. Das Heer des Kambyses (1945 - 1947)
  9. Die Jalousie
  10. Prophezeiungen
  11. In der Wüste