Trilogie der sexuellen Abhängigkeit
eBook - ePub

Trilogie der sexuellen Abhängigkeit

  1. 88 Seiten
  2. German
  3. ePUB (handyfreundlich)
  4. Über iOS und Android verfügbar
eBook - ePub

Trilogie der sexuellen Abhängigkeit

Angaben zum Buch
Buchvorschau
Inhaltsverzeichnis
Quellenangaben

Über dieses Buch

Die Liebe ist nur mit dem Tod vergleichbar. Alles dazwischen wartet entweder auf das eine oder das andere: Michael Köhlmeier erzählt von drei klassischen Stationen auf dem Weg zwischen Liebe und Tod: von der Bewährungsprobe der Begierde, von der Raserei der Eifersucht und von der Lust an der Rache. Er spürt allen Nuancen von Komik und Tragik, von Slapstick und Drama nach, die sich darin verbergen - oder, wie Köhlmeier sagt: "Verliebte sind zum Totlachen!"

Häufig gestellte Fragen

Gehe einfach zum Kontobereich in den Einstellungen und klicke auf „Abo kündigen“ – ganz einfach. Nachdem du gekündigt hast, bleibt deine Mitgliedschaft für den verbleibenden Abozeitraum, den du bereits bezahlt hast, aktiv. Mehr Informationen hier.
Derzeit stehen all unsere auf Mobilgeräte reagierenden ePub-Bücher zum Download über die App zur Verfügung. Die meisten unserer PDFs stehen ebenfalls zum Download bereit; wir arbeiten daran, auch die übrigen PDFs zum Download anzubieten, bei denen dies aktuell noch nicht möglich ist. Weitere Informationen hier.
Mit beiden Aboplänen erhältst du vollen Zugang zur Bibliothek und allen Funktionen von Perlego. Die einzigen Unterschiede bestehen im Preis und dem Abozeitraum: Mit dem Jahresabo sparst du auf 12 Monate gerechnet im Vergleich zum Monatsabo rund 30 %.
Wir sind ein Online-Abodienst für Lehrbücher, bei dem du für weniger als den Preis eines einzelnen Buches pro Monat Zugang zu einer ganzen Online-Bibliothek erhältst. Mit über 1 Million Büchern zu über 1.000 verschiedenen Themen haben wir bestimmt alles, was du brauchst! Weitere Informationen hier.
Achte auf das Symbol zum Vorlesen in deinem nächsten Buch, um zu sehen, ob du es dir auch anhören kannst. Bei diesem Tool wird dir Text laut vorgelesen, wobei der Text beim Vorlesen auch grafisch hervorgehoben wird. Du kannst das Vorlesen jederzeit anhalten, beschleunigen und verlangsamen. Weitere Informationen hier.
Ja, du hast Zugang zu Trilogie der sexuellen Abhängigkeit von Michael Köhlmeier im PDF- und/oder ePub-Format sowie zu anderen beliebten Büchern aus Literatur & Literatur Allgemein. Aus unserem Katalog stehen dir über 1 Million Bücher zur Verfügung.

Information

Jahr
2013
ISBN
9783709973035

Theorie des Aufrisses

Ja, es war an einem Abend im Frühling. In der Straßenbahn saßen zwei Männer, um die dreißig beide. Der eine hieß Kurt, der andere Willi. Kurt war groß und trug eine grob und durchaus bunt karierte Jacke, klassisch im Schnitt. Er war ernst und gefaßt, und sein Haar war kraus und ohne sichtbaren Schnitt einfach da, im Grunde nicht zu frisieren und männlich.
Willi war schmalschultrig und schien kleiner, als er war, und war doch schon so klein genug. Er trug eine Brille. Seine Augen blitzten streitlustig. Er war im Leben viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt, als daß er vor irgend etwas Angst gehabt hätte. Er redete, und auch wenn er nicht redete, war sein Mund in dauernder Bewegung.
„Irene ... Irene ... Irene ... Irene ... Irene ...“, sagte er.
Kurt sagte, er solle nicht so laut sein. Willi sagte, er müsse so laut sein, weil er sich sonst diesen Namen nicht merke und er ihm, Kurt, eine Blamage ersparen wolle, und eine Blamage sei es ja in erster Linie für ihn, Kurt, wenn er, Willi, ihr, Irene, lechzend wie ein Rennhund gegenüberstehe und ihren Namen nicht wisse. Er sei sich selbstverständlich völlig bewußt, daß dies an Schwachsinn grenze, wenn sich einer einen so einfachen Namen nicht merke, aber in solchen Situationen verwandle er sich eben in einen Schwachsinnigen und er bitte Kurt, das zu akzeptieren und ihn als Angehörigen einer Minderheit zu behandeln und ihm den überall in der zivilisierten Welt geforderten Respekt angedeihen zu lassen.
Kurt sagte: „Deine Sandalen sind übrigens kaputt.“
„Was!“ rief Willi. „Wo sind sie denn kaputt? Oh Gott, jetzt sind auch noch die Sandalen kaputt! Ich seh’s nicht.“
„Bitte, fang nicht an, in der Straßenbahn deine Füße zu untersuchen“, sagte Kurt. Denn das tat Willi.
Es fiel auf, daß Kurt seinem Freund Willi nicht in die Augen sehen konnte. Kurt war nämlich unsicher geworden. Man merkte das daran, daß er leicht ins Stammeln geriet. Tatsächlich war er mit einem leichten Sprachfehler geschlagen, der allerdings nur dem auffiel, der ihn länger kannte. Er mußte eine Pause lassen, wie wenn er einen Schluckauf abwarten wollte. Dann erst konnte er fortfahren: „Du wirst mich jetzt sicher fragen, wie du all das, was ich dir seit vorgestern über Irene mitgeteilt habe, wie du all das gleich zur Anwendung bringen sollst. Deine Aufregung ... ich verstehe das, du hast mich auch schon angesteckt. Aber denke immer daran: Das Schlimmste ... Willi, laß doch die dumme Sandale, du verrenkst dir das Kreuz und schielst dabei, das Schlimmste, was passieren kann, ist, daß sie freundlich nein sagt ... Du hast mir wieder nicht zugehört, Willi!“
„Das kann einen fertigmachen, Kurt, weißt du. Hast du einen Taschenspiegel bei dir? Dann könnte ich sehen, wie die Sandale von hinten aussieht ... oder zwei Taschenspiegel eigentlich: einen müßte ich mir selber über die Schulter halten, den anderen müßtest du unten bei meinen Füßen ... so in fünfundvierzig Grad Neigung, so haben wir früher in den öffentlichen Toiletten die Beamten beim Onanieren beobachtet. Wirke ich irgendwie nervös, Kurt?“
„Ich will keinen Gag anbringen und sage: Ja.“
„Ich weiß ja, daß es an den Socken liegt.“
„Was liegt um Gotteswillen an den Socken?“
„Ohne Socken schneidet das Band in die Haut ein, und deshalb schlupfe ich hinten aus den Sandalen heraus, und dann klingt es so ... wenn man bei Sandalen überhaupt von Klingen reden kann.“
„Socken in Sandalen! Und dann wunderst du dich, daß du während der warmen Jahreszeit unter Depressionen leidest. Versprich mir, daß du vor Irene unter gar keinen Umständen über deine Sandalen ...“
„Bei der Hitze blähen sich meine Füße immer so aufdringlich. Du kennst meine Füße nicht! Das sind Terroristen! Sie hassen mich. Und wenn ich statt Sandalen Halbschuhe trage ...“
„Bitte, Willi! Nicht über Füße reden, ja?“
„Wieso?“
„Bitte!“
„Du hast selbst gesagt, Gespräche über Füße seien erotisch. Das hast du gesagt, Kurt.“
„Ja, aber nicht über die eigenen Füße.“
„Irene ... Irene ... Irene ... Sie heißt doch Irene, oder? Soll ich mir einen Schwindelzettel in den Ärmel schieben? Ich habe kürzlich einen Roman lektoriert, der hatte den Titel Isolde. Handelte aber von etwas ganz anderem ... Wenn ich Halbschuhe anziehe, blähen sich meine Füße auf, und ich muß dann die ganze Zeit an sie denken, das ist doch schlimmer, als wenn ich einmal kurz und elegant dieses Thema anschneide. Man kann da, wenn man kann, ein kulturgeschichtliches Witzchen einfließen lassen, damit die Dame auch gleich weiß, mit was für einem Kaliber sie es zu tun hat.“
„Das wird Irene brennend interessieren.“
„Die Kulturgeschichte?“
„Deine Füße.“
„Vielleicht hat sie ja dasselbe Problem. Frauen leiden ja nicht nur an Verstopfung ...“
Und nun wurde Kurt laut: „O Gott“, rief er, „laß die warme Jahreszeit endlich vorübergehen! Mach den Sommer klein! Laß es regnen, so daß die Idioten in ihren Wohnungen bleiben!“
„Unterschätze die Idioten nicht, Kurt!“
„Deine Füße sind nicht elegant, Willi! Keines Mannes Füße sind elegant. Also, hör jetzt bitte einmal zu!“
„Warum soll ich ...“
„Bitte! Bitte, Willi! Ich will dir ja um Himmelswillen keine Ratschläge erteilen, aber ich glaube, ein paar Punkte solltest du doch beherzigen. Hörst du zu?“
„Und wie! Beim Wetterbericht zum Beispiel, da hör ich zu wie sonst keiner. Das haben sie nämlich gestern schon gesagt in den Nachrichten – nicht, daß sich meine Füße in der Wärme aufblähen, woher sollten sie das im Sender auch wissen ... Nein, daß gestern der wärmste Tag im Frühling sei, haben sie gesagt. Und heute früh haben sie das schon wieder gesagt, dasselbe – korrekt müßte das heißen: das gleiche – , daß heute der wärmste Tag im Frühling sei seit hundert Jahren. Zwei Jahrhundertrekorde hintereinander! Das ist doch kaum wahrscheinlich, oder? Oder sie lügen! Was meinst du, Kurt, lügen die? Um mir eins auszuwischen? Du hast doch sicher Kontakt zu den Leuten vom Aktuellen Dienst. Oder nicht? Entschuldigung, du wolltest etwas sagen ... Ich bin ganz weg in Gedanken.“
Kurt mußte wieder tief durchatmen, um nicht ins Stammeln zu geraten. Dann sagte er, und er sprach diesmal sehr leise: „Erstens, Willi: nicht immer und nicht unbedingt so laut ...“
„Was?“
„Du bist sehr laut.“
„Wahrhaftig?“
„Wahrhaftig.“
„Entschuldigung! Wirklich! Einmal mich durch deine Augen zu sehen! Mein Gott, ein Mensch wie ich! Das fiel mir gestern nacht ein, Kurt: daß der Sinn meines Lebens der Krieg gegen die eigene Lächerlichkeit ist. Und meine Waffe ist mein Mundwerk. Noch habe ich mich nicht damit abgefunden, daß meine Rolle in diesem Jammertal darin bestehen soll, den Menschen als warnendes Beispiel zu dienen. Entschuldige, Kurt, war ich jetzt wieder zu laut?“ – Und leise sagte er: „Entschuldige!“ – Und noch leiser: „Entschuldige! So höre ich es ja selber kaum ... Entschuldigung.“ – Und dann wieder sehr laut: „Und zweitens?“
„Zweitens“, sagte Kurt. „Zweitens: Entschuldige dich nicht immer! Es gibt nichts Unerotischeres, als sich dauernd zu entschuldigen. Ganz egal, was gleich zwischen euch beiden geschieht, zwischen dir und Irene – niemals darfst du dich entschuldigen. Niemals, Willi, verstehst du! Kein Wort in diese Richtung. Okay?“
„So? Der Selbstbezichtigungscharme ist also glatter Blödsinn? Okay. Ich wette, es gibt noch ein Drittens...

Inhaltsverzeichnis

  1. Titel
  2. Introduktion
  3. Theorie des Aufrisses
  4. Theorie der völligen Hilflosigkeit
  5. Theorie des Heimzahlens
  6. Michael Köhlmeier
  7. Zum Autor
  8. Impressum
  9. Weitere E-Books aus dem Haymon Verlag