Die Chaos-Königin
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Die Chaos-Königin

Hillary Clinton und die Außenpolitik der selbsternannten Weltmacht

  1. 256 Seiten
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Hillary Clinton und die Außenpolitik der selbsternannten Weltmacht

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Die kalte KriegerinHillary Clinton ist die derzeit aussichtsreichste US-Präsidentschaftskandidatin. Aber wofür steht diese Frau eigentlich? Während Clinton sich selbst als liberal, progressiv und feministisch präsentiert, zeichnet Diana Johnstone das Bild einer Frau, die sich innenpolitisch skrupellos opportunistisch zeigt und in der Außenpolitik den berüchtigten militärisch-industriellen Komplex repräsentiert, vor dem Präsident Eisenhower schon 1961 gewarnt hatte. Die kriegerische US-Außenpolitik, die die weltweite Vormachtstellung der USA untermauern soll und in Ländern wie Afghanistan, Irak oder Jugoslawien blutiges Chaos und Zerstörung hinterließ, hat in Hillary Clinton eine der vehementesten Fürsprecherinnen. Diana Johnstone zeigt anhand zahlreicher Episoden aus Clintons Karriere, die auf das Fehlen eigener Prinzipien und einen unbedingten Aufstiegswillen hindeuten, dass sie schon seit geraumer Zeit eine der Speerspitzen dieser aggressiven US-Politik ist. Sie ist die "Königin des Chaos".

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Information

1 Der Ritt auf dem Tiger: Hillary Clinton und der Militärisch-Industrielle Komplex
Im April 2014 kam eine für die Universitäten Princeton und Northwestern durchgeführte, wissenschaftlich geprüfte Studie zu dem Schluss, die USA seien keine Demokratie, sondern eine von »Wirtschaftseliten« geführte »Oligarchie«. Das ist für jeden, der solchen Themen Aufmerksamkeit schenkt, seit geraumer Zeit klar gewesen, aber eine akademische Studie kann dennoch zur endgültigen Klärung beitragen. Der Bericht trug den Titel »Theorien zur amerikanischen Politik auf dem Prüfstand: Eliten, Interessengruppen und Durchschnittsbürger«1 und verglich knapp 1 800 wichtige politische Entscheidungen zwischen 1981 und 2002. Er kam zu dem Ergebnis, dass dabei die Wünsche der Reichen und Mächtigen so gut wie immer erfüllt wurden. Konkret heißt das, dass die politischen Vorlieben der 10 Prozent der Bürger mit den höchsten Einkommen in die Tat umgesetzt wurden, während die Wünsche der Durchschnittsamerikaner, deren Einkommen im mittleren Bereich, liegt weitgehend ignoriert wurden. Die Wissenschaftler schrieben:
»Unser zentrales Forschungsresultat besagt, dass ökonomische Eliten und organisierte Gruppen, die dieselben Interessen vertreten, erheblichen unabhängigen Einfluss auf die Politik der US-Regierung haben, während Interessengruppen der Bevölkerung und Durchschnittsbürger wenig oder keinen unabhängigen Einfluss haben.
Wenn eine Mehrheit der Bürger etwas anderes will als die wirtschaftlichen Eliten und/oder organisierte Interessen, kann sie sich meist nicht durchsetzen. Außerdem sorgt die starke Fixierung des politischen Systems der USA auf den Status Quo dafür, dass selbst große Mehrheiten, sobald sie für Veränderungen eintreten, diese kaum je einmal bekom-men.«2
Nur wenn die weniger wohlhabende Mehrheit zufällig dasselbe will wie das oberste Zehntel, hat sie eine echte Chance, es auch zu bekommen, so die Studie.
Diese Kluft ist nicht neu, da die Reichen schon immer durch persönlichen Kontakt und Einfluss auf die Politiker einwirken konnten, die die Gesetze beschließen und den Staat führen. Durch einige der jüngsten Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes der USA, die das Limit für Wahlkampfspenden erhöhen, sowie durch die Verlängerung der Vorwahlen zum Präsidentschaftswahlkampf, die die Auswahl der Kandidaten angeblich »demokratischer« machen soll, ist diese Kluft wohl noch größer geworden. Tatsächlich bieten die verlängerten Vorwahlen jetzt noch mehr Möglichkeiten zur Beeinflussung der Kandidatenwahl durch Geld, während gleichzeitig der Einfluss der Parteimitglieder darauf und auf die Festlegung des politischen Programms weiter reduziert wird.
Das Zweiparteiensystem der USA bietet den Wählern alle vier Jahre lediglich die Wahl zwischen zwei Kandidaten, die sorgfältig von Milliardären und Lobbyisten der Großkonzerne und Finanzinteressen geprüft wurden. Dabei gibt es einen »bösen Cop«, die Republikanische Partei, und einen »guten Cop«, nämlich die Demokraten. Alle spielen ihre Rollen. Aber ganz unabhängig davon, wie sie bei den Wählern ankommen, besteht die wichtigste Aufgabe aller Politiker, die sich für einen der beiden exklusiven Kandidatenposten bewerben, darin, sich als die beste Anlagemöglichkeit für Spender zu präsentieren. Diese wiederum erwarten für ihr Geld, dass sie das bekommen, was sie wollen. So ist im Inneren des Landes keine wirklich progressive oder egalitäre Politik möglich. So viel sie auch streiten mögen, beide Parteien haben akzeptiert, dass die Innenpolitik den Interessen des Finanzkapitals (»der Märkte«) entsprechen muss. Ein perfektes Beispiel dafür ist die Gesundheitsreform: In den USA wurde die einheitliche staatliche Krankenversicherung, die in etlichen anderen Ländern gut funktioniert, nie ernsthaft in Erwägung gezogen, sondern automatisch als »sozialistisch« verdammt. Stattdessen gab man einem komplizierten und extrem teuren System den Vorzug, von dem hauptsächlich die privaten Versicherungsgesellschaften profitieren.
Kurz, die innenpolitische Macht des Präsidenten ist heute sehr begrenzt. Die internationale Bühne hingegen bietet ihm die Gelegenheit, große Macht auszuüben – oder zumindest diesen Anschein zu erwecken.
Dieser Kontrast ist an Hillary Rodham Clintons erster Zeit im Weißen Haus als Ehefrau und »Co-Präsidentin« Bill Clintons gut zu sehen. Ihr mit großem Pomp angekündigter Plan zur Reform des Gesundheitssystems erwies sich am Ende als Fiasko. Abgesehen von ihren eigenen Fehlern war dieses Scheitern letztlich das zwangsläufige Ergebnis des Versuchs, ein staatliches Gesundheitssystem zu schaffen, das zugleich den Anteilseignern privater Versicherungsgesellschaften große Profite bringen sollte. Obama-Care leidet unter genau demselben Widerspruch.
Angesichts der gegenwärtigen finanziellen und ideologischen Kräfteverhältnisse bleiben progressive Reformen im Inneren meist ohnmächtige Versuche. Aber in der Außenpolitik verfügt der Präsident der USA über enorme Macht. Auch und vor allem über die Macht zur Zerstörung. Dennoch macht sie erheblichen Eindruck, besonders auf amerikanische Wähler. Wenn man sich der Präsidentschaft Bill Clintons nicht ausschließlich wegen Monika Lewinsky erinnert, dann vor allem wegen der destruktiven Gewalt, mit der Clinton den Irak, den Sudan und den Balkan überzog. Die Sanktionen und Bombenangriffe gegen diese Länder mussten nur noch mediengerecht als »Verteidigung der Menschenrechte« oder »Widerstand gegen Diktatoren« verpackt werden, und schon verschwanden die innenpolitischen Pleiten hinter der Grandeur des Kampfes gegen das Böse in der restlichen Welt.
Wie es dazu kam
Um das Jahr 1950 herum haben die USA sich selbst eine ökonomische Falle gebaut, aus der ein Entkommen mittlerweile kaum noch möglich scheint. In seiner Abschiedsrede als Präsident am 17. Januar 1961 gab Dwight D. Eisenhower dieser Falle einen Namen: Er sprach vom »Militärisch-Industriellen Komplex« (MIK).3
Die Geburt dieses Monstrums kann auf die Resolution des Nationalen Sicherheitsrats S. 68 (NSC-68) zurückgeführt werden, die Präsident Harry S. Truman am 14. April 1950 vorgelegt wurde. Das Dokument war hochgeheim und wurde erst 1975 freigegeben. Hauptautor war der in der Öffentlichkeit unbekannte, wohlhabende und hochgebildete Investmentbanker Paul Nitze. Er fasste darin einen Konsens der US-amerikanischen herrschenden Elite zusammen, der eine einschneidende Abwendung von den Sozialprogrammen des New Deal zugunsten einer Politik endloser Aufrüstung bedeutete. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs standen die USA vor allem wegen der kriegsbedingten Verarmung ihrer Handelspartner in Übersee vor der Gefahr, wieder zurück in die Depression zu rutschen. Also war ein keynesianischer Stimulus nötig, aber die Elite lehnte eine Rückkehr zu zivilen öffentlichen Ausgaben ohne weitere Diskussion ab und zog stattdessen Militärausgaben vor. Um den Kongress und die Bevölkerung hierfür zu gewinnen, musste man die »sowjetische Bedrohung« übertreiben. In Wirklichkeit war der Kommunismus in Westeuropa, also westlich der sowjetisch besetzten Pufferzone, nicht einmal politisch eine ernsthafte Gefahr. Und auch militärisch war das nicht der Fall, da die Sowjetunion unter Stalin (unter Ignorierung der Proteste Trotzkis aus dem Exil) die Doktrin der »permanenten Revolution« längst aufgegeben hatte und sich nach den Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs auf den Wiederaufbau und die Schaffung von Verteidigungskapazitäten gegen eine befürchtete Aggression des kapitalistischen Westens konzentrierte. NSC-68 aber behauptete, die UdSSR sei immer noch »von dem fanatischen Willen geleitet, […] der übrigen Welt ihre absolute Macht aufzuzwingen«.4 Danach wurden Verträge mit dem Pentagon zum Lebenselixier der US-Wirtschaft, was Auswirkungen auf alle Wahlbezirke und praktisch sämtliche Lebensbereiche hatte, besonders auch auf die Universitäten, die den Zustrom von Drittmitteln begrüßten, ohne sich um die weitreichenden Auswirkungen zu kümmern.
So legte NSC-68 ohne jede öffentliche Diskussion auf Generationen den politischen Kurs der USA fest. Der »Kalte Krieg« war schon 1947 von dem US-Börsenbroker Bernard Baruch verkündet worden, der in einer Rede vor dem Kongress South Carolinas die angebliche kommunistische Gefahr als Argument gegen die Forderungen der Arbeiterbewegung in der Nachkriegszeit einsetzte: Baruch verlangte die »Einheit« von Arbeitern und Unternehmern, längere Arbeitszeiten und Anti-Streik-Versprechen der Gewerkschaften, da »wir heute inmitten eines Kalten Krieges sind«.5
Die weitgehend erfundene und sicherlich übertriebene »sowjetische Gefahr« wurde dann sowohl zur Überredung des Kongresses, Mittel für das Pentagon zu bewilligen als auch zur Zähmung der Arbeiterbewegung benutzt. Dieser lastete man ihre Verbindungen zur Kommunistischen Partei der USA an, die in Wirklichkeit aber nie für etwas anderes eine Gefahr war als für die Rassentrennung im Süden – die sie auch weiterhin, oft unter anderem Namen, beharrlich bekämpfte.
Wir sollten nicht vergessen, dass dieser historische Wendepunkt im Verborgenen von einer Elite bewerkstelligt wurde, die düstere Warnungen vor »Gefahren« einsetzte, um jede demokratische Debatte über den künftigen Kurs des Landes von vornherein abzuwürgen. Mit an Bord waren die Medien, deren Auslandsberichte die Welt als nicht enden wollenden Wettstreit zwischen Freiheit und Kommunismus darstellten.
Der in NSC-68 fixierte Kalte Krieg war die praktisch unhinterfragte Leitlinie der US-Außenpolitik, bis Michail Gorbatschow den entscheidenden Schritt zu seiner Beendigung tat. Die »sowjetische Gefahr« war allerdings so wichtig für die US-Politik geworden, dass ein Großteil des herrschenden Establishments darauf mit Skepsis, Argwohn oder sogar Feindseligkeit reagierte. Was sollen wir ohne sie bloß machen?
Der Anstoß für den Frieden kam aus Moskau. Die sowjetische Elite war ganz offensichtlich zu dem Schluss gekommen, es sei besser für sie, ihr Machtsystem zu lockern und ihre Pufferzone in Osteuropa aufzugeben, um so eine friedliche Partnerschaft mit dem Westen zu erreichen. Zu diesem Glauben veranlasst hatte sie vor allem die deutsche Friedensbewegung Anfang der 1980er Jahre, die den Eindruck erweckte, die Nachkriegsgenerationen des Landes hätten sich von aggressiven deutschen Absichten gen Osten verabschiedet.
Die westlichen Medien haben diesen bedeutenden russischen Friedensschritt praktisch aus der Geschichte radiert, indem sie das Ende des Kalten Krieges auf ein einziges Symbol reduzierten: den »Fall der Berliner Mauer«. Dabei war er mehr ein Bühnenstück als ein historisches Ereignis. Das entscheidende Ereignis fand weit früher statt: Es war Gorbatschows Besuch in der westdeutschen Hauptstadt Bonn im Juni 1989, bei dem Moskau die Deutsche Demokratische Republik fallenließ. Die Schnüffelei der Stasi gegen viele Ostdeutsche, vor allem Intellektuelle, einmal beiseite genommen, war die DDR zweifellos das authentisch sozialistischste und wirtschaftlich erfolgreichste aller Mitglieder des Warschauer Pakts gewesen.6 Nach Moskaus Beschluss zur Zulassung einer Wiedervereinigung Deutschlands war die Berliner Mauer überholt und ihr »Fall« im November war nur das unvermeidliche Resultat. Die Fixierung auf »den Fall der Berliner Mauer« erweckt den Eindruck, die Veränderungen in Osteuropa gingen vor allem oder sogar ausschließlich auf die Volksbewegungen gegen den Kommunismus zurück. Diese Interpretation unterschlägt die historische Bedeutung der Entscheidung der sowjetischen Führer.
Vom Kalten Krieg zur globalen Führung
Der von innen herbeigeführte Kollaps der Sowjetunion öffnete die Aussicht auf eine neue Ära der internationalen Zusammenarbeit, der Abrüstung und des Friedens. Gerade Moskau forderte Washington dringlich auf, einer gegenseitigen nuklearen Abrüstung zuzustimmen. Aber der MIK hatte inzwischen längst nicht nur das ganze Land, sondern auch dessen Mentalität in einem eisernen Griff. Es hätte ungewöhnlicher Ereignisse – oder ungewöhnlicher Führer -bedurft, um die Wirtschaft der USA vom MIK zu befreien und ökonomische Mittel in konstruktive zivile Aktivitäten im Innern des Landes umzuleiten.
Das wäre am leichtesten während der Präsidentschaft Bill Clintons möglich gewesen. Aber statt auf eine Politik des Friedens umzuschwenken, begann die Clinton-Administration eine neue Periode des endlosen Krieges.
Das geschah vermutlich nicht mit Absicht oder auch nur bewusst. Ein Präsident ohne klare außenpolitische Vorstellungen wird, wenn er auf unerwartete Ereignisse an unbekannten Orten reagieren muss, unvermeidlich von Beratern manipuliert, die sehr wohl eine Agenda haben. In der US-Oligarchie ist der Präsident der zeitweise Vorstandsvorsitzende, der die öffentliche Verantwortung für gemeinsame Entscheidungen übernimmt. Seine Funktion ist eher, Entscheidungen zu verkaufen, als sie zu treffen.
Große Machtkonzentrationen wie der MIK benötigen eine gewisse Kontinuität. Der MIK kann sich nicht alle vier Jahre zum Spielball opponierender Kräfte machen. Eine Verringerung der Militärausgaben würde die Frage aufwerfen, welche profitablen Alternativen es zu den MIK-Verträgen mit ihren enormen staatlich garantierten Gewinnen gibt.
Aber der MIK braucht nicht nur Profite. Zu seiner weiteren Vorherrschaft bedarf er ständiger ideologischer Rechtfertigungen, und sei es nur, um seine Hauptakteure – besonders im Militär, wo der Glaube an eine Mission eine vitale Notwendigkeit ist – zufriedenzustellen. Kongressabgeordnete und Wirtschaftsmagnaten mögen mit Stimmen beziehungsweise Profiten zufrieden sein, aber von Offizieren und Soldaten erwartet man die Bereitschaft, für die Sache zu sterben. Sie und ihre Familien brauchen also eine Inspiration. Die bloße Existenz der enormen militärischen Macht des Pentagon hat eine ganze Gemeinde von »Verteidigungsexperten« hervorgebracht, die sich mit genau dieser Aufgabe beschäftigen. Diese »organischen Intellektuellen« des MIK sind immer auf der Ausschau nach »Gefahren« und »Missionen«, um die Existenz dieses aufgeblähten Destruktionspotentials rechtfertigen zu können.
Nach dem Verschwinden der »kommunistischen Gefahr« fiel diese Aufgabe vor allem den Washingtoner Denkfabriken zu, privat finanzierten Politikinstituten, die seit den 1970er Jahren immer zahlreicher wurden. In der Ära nach Gorbatschow wurden sie kreativer und gewannen an Einfluss. K Street und Dupont Circle heißen die Zentren, wo außenpolitische Ideen erarbeitet werden, und sie sind eng mit den Meinungsseiten der großen Zeitungen verbunden. Diese Privatisierung der Formulierung von Politik war eine gute Gelegenheit für reiche Spender, Einfluss zu gewinnen. Die Herkunft der Spenden sorgt wiederum für einen starken Rechtsdrall der führenden Denkfabriken. Letztere stehen mittlerweile in gewaltigem Maß unter dem Einfluss großzügiger pro-israelischen Spender und aktiv pro-israelischer Intellektueller.
Die berüchtigtsten Vertreter der aktiv pro-israelischen Kräfte sind die »Neokonservativen« oder »Neocons«, die zur Hauptkraft bei der Definition der US-Außenpolitik geworden sind. Der Begriff »Neocon« selbst kann getrost als Euphemismus betrachtet werden, da dieses engmaschige Netz von Aktivisten in Wirklichkeit alles andere als »konservativ« ist. Im Gegenteil, das Ziel dieser Leute besteht darin, die Militärmacht der USA zu nutzen, um einschneidende Veränderungen in der Welt herbeizuführen. Sie agieren parteiübergreifend und finden sich immer dort, wo die Macht ist. In den 1970ern hatten sie sich im Büro des demokratischen Senators des Staates Washington, Henry »Scoop« Jackson, eingenistet, der den Spitznamen »Senator Boeing« trug, weil er dem großen Vertragspartner des Pentagon in seinem Heimatstaat so ergeben war. Die weitaus wichtigste von den frühen Neocons erreichte Gesetzesmaßnahme war der von Jackson im Senat und von Charles Vanik im Repräsentantenhaus eingebrachte »Jackson-Vanik-Zusatz« von 1974. Dieser verweigerte Ländern des Sowjetblocks, in denen es aus Angst vor »Braindrain« auch für Juden g...

Inhaltsverzeichnis

  1. Abdeckung
  2. Titel
  3. Urheberrecht
  4. Inhalt
  5. Vorwort zur deutschen Ausgabe
  6. Einführung
  7. 1 Der Ritt auf dem Tiger: Hillary Clinton und der Militärisch-Industrielle Komplex
  8. 2 »Multikulturalismus« ä la Hillary: unsere einzigartigen »Werte« und »Interessen«
  9. 3 Die Zähmung durch die Widerspenstigen
  10. 4 Der Beginn des clintonschen Kriegszyklus
  11. 5 Libyen: Hillarys eigener Krieg
  12. 6 Russland verstehen? Nein, danke!
  13. 7 Die Kriegspartei
  14. Anmerkungen
  15. Namens- und Ortsregister