Hitler, Braunau und ich
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Hitler, Braunau und ich

Wie meine Urgroßmutter den Krieg hätte verhindern können

  1. 320 Seiten
  2. German
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Hitler, Braunau und ich

Wie meine Urgroßmutter den Krieg hätte verhindern können

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Inhaltsverzeichnis
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Über dieses Buch

Nach dem Schweigen spricht die WahrheitSchwer genug, wenn man in Braunau am Inn zur Welt kommt. Noch schwerer wiegt für Henning Burk, dass er es nie vermochte, seine Mutter über ihren Einsatz als Reichsangestellte zu befragen. Sie schwieg und sprach weder über Braunau noch über ihr Verhältnis zum "größten Sohn der Stadt", Adolf Hitler. Und dann gibt es da noch die Urgroßmutter, die Hitlers Hebamme war, ein bis heute schweres Familienerbe. Henning Burk macht sich erst nach dem Tod der Mutter auf die Suche nach der Wahrheit und offenbart in diesem Buch exemplarisch die Verstrickungen, in die seine Mutter in Weißrussland geraten war, und deren Ursprung in Braunau zu finden ist.

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Information

Verlag
Westend
Jahr
2017
ISBN
9783864896781
Auflage
1
Thema
History

»Ein unvergesslicher Festtag«1

»Braunau am Inn feiert Deutschlands größten Sohn. Festlicher und eindrucksvoller als je zuvor wurde des Führers Geburtstag in Braunau begangen. Die Geburtsstadt Adolf Hitlers hatte ein einzig schönes Festkleid angelegt. Von den Giebeln der Häuser wehten unzählige Fahnen. Besonders reichen Festschmuck trug der Adolf-Hitler-Platz, die Adolf-Hitler-Straße mit dem Führer-Geburtshaus und die Linzer Straße. In der Mitte des Adolf-Hitler-Platzes, der in ein Meer von Rot, Gold und Grün getaucht war, stand, flankiert von Festtribünen, ein übergroßes Führerbild. Am unteren Teil des Platzes bei der Brücke flatterte die historische Hakenkreuzfahne, die den Führer am denkwürdigen 12. März 1938 beim Einzug in seine Heimat schon von weitem grüßte.
Der schneidige Spielmannszug der Hitlerjugend leitete den Festtagmorgen mit einem Weckruf ein. Alsbald rückten dichte Kolonnen der Hitlerjugend in die Stadt heran. Ungemein viele Festgäste kamen im Laufe des Vormittags hinzu …«
Bei einem erneuten Besuch fragte ich Elli: »Wie war die Stimmung bei der herrlichen Geburtstagsfeier 1942 für den Führer?«
»Kannst du dir doch denken.«
»Euphorisch?«
»Und wie.«
»Und ihr musstet beim Schmelcher im Büro sitzen und schmoren?«
»Was denkst denn du? Nicht an diesem Tag. Der war natürlich dafür, dass wir dahin gehen. Der hat sich selbst ganz vorne hingestellt. Damit ihn alle sehen.«
»Und ihr?«
»Wir haben uns das Ganze von oben angeschaut. Im Stadtplatz 36, zweiter Stock. Bei den Schneiders.«
»Waren alle da?«
»Weiß nicht mehr. Glaube schon.«
»Und meine Mutter?«
»Was denkst du?«
»Die war bestimmt freudig erregt.«
»Schließlich war ich ja auch dabei.«
»Gauleiter und Reichsstatthalter Pg. Eigruber wurde bei seinem Eintreffen um 14.30 Uhr am Adolf-Hitlerplatz von Kreisleiter und Bürgermeister Pg. Fritz Reithofer begrüßt.
Zum Empfange hatten sich weiter eingefunden der SA-Brigadeführer Nohel, der NSKK2-Brigadeführer Pg. Mayer, Gaupropagandaleiter Irkowsky, Gauobmann Stadlbauer, Gauinspektor Schachermeyer, SA-Oberführer Prohaska, Gauschatzmeister Geiginger, Gebietsführer Reß, Gebietsführerin Rotraut Liebenwein, der SS-Abschnitt-Sturmbannführer Stichnoth, ein NSFK3-Hauptsturmführer Bankenhun, Polizeipräsident SS-Standartenführer Dr. Plakolm, Landrat Dr. Beer, der Standortälteste Hauptmann Eurich mit einer Offiziersabordnung der Wehrmacht, die Ratsherren, geführt vom Ersten Beigeordneten der Stadt, Pg. Raupach, und vielen anderen Politischen Leitern und Leiterinnen.
Vor dem festlich geschmückten Führer-Geburtshaus folgte nun in sehr feierlicher Form die Aufnahme der Zehnjährigen in die HJ.
Der Gauleiter erinnerte die Pimpfe und Mädel vor allem daran, daß sie in einem entscheidungsreichen Jahre im Angesicht des Führer-Geburtshauses in die HJ Aufnahme finden. Auch der Gebietsführer und die Gebietsmädelführerin hielten kurze Ansprachen.«
»Die Braunauer kamen sich an diesem Tag bestimmt als besonders Auserwählte vor?«
»Kannst’s dir ja vorstellen. Die glaubten, sie könnten die heranstürmende asiatische Flut aufhalten …«
»… Zumindest ihren bereits gegen den jüdischen Bolschewismus erreichten Sieg festigen.«
»Jeder hatte das Gefühl, er spiele bei der Entscheidungsschlacht ums Abendland eine wichtige Rolle.«
»Als Braunauer hat man schließlich eine besondere Verantwortung.«
Sie lacht.
»Und der Schmelcher?«
»Der doch net.«
»Aber meine Mutter?«
»Die schon.«
»Von 15.30 bis 17 Uhr folgten prächtige Sing-, Tanz- und Spielvorführungen der Jugend auf der Festtribüne in der Stadtmitte.
Vor dem Führer-Geburtshaus nahm um 17 Uhr Gauleiter Eigruber den strammen Vorbeimarsch der nach dem Huldigungsmarsch in die Stadt zurückkehrenden Formationen ab. (…)
Im Gruß an den Führer flocht der Gauleiter die Versicherung, daß er auf uns bauen kann, daß unsere ganze Kraft, unser Geist und unser Leben einem Ziel gehören: dem deutschen Sieg! Komme, was wolle, und wer immer auch gegen uns stehen und sein mag, wir Nationalsozialisten stehen zum Führer, unser Leben gehört nur ihm! Dieses Gelöbnis senden wir unserem Führer zu dieser Stunde aus Braunau ins Feld.
Mächtig brauste das ›Sieg Heil dem Führer!‹ auf, worauf mit den Liedern der Nation die nachmittäglichen Veranstaltungen ihren Abschluss fanden.«
»Wie kam Lola zum Osteinsatz?«
»Bei der Firma Gugg kündigte ein Angestellter.«
»Wie hieß der?«
»Ich weiß nicht mehr, wie der hieß.«
»Der hatte auch keine Lust mehr auf Schmelcher?«
»Der hatte Lust auf Weißrussland. Es hieß, dort entstünde eine neue deutsche Kolonie. Da würde er hingehen. Die wollte er mit aufbauen helfen.«
»Das hat meine Mutter mitbekommen?«
»Nicht nur mitbekommen: Sie war von der Idee völlig begeistert. Sie hat sich gleich beim Anwerber gemeldet, der in Braunau nach Freiwilligen für den Dienst im Osten suchte …«
»… und hat gekündigt.«
»Na klar.«
»Du wolltest nicht mit?«
»Weißt du, die Lola hat immer etwas gemacht, was ihr günstiger erschien. So ist sie nach Osten.«
Dass Elli keine Abenteurerin wie meine Mutter war, war mir wieder einmal klargeworden. Sie war bodenständig und ängstlich.
»Am Abend flammte am Adolf-Hitlerplatz, in der Adolf-Hitlerstraße, sowie in der Linzer Straße eine feenhafte Beleuchtung auf. Alle Fenster waren festlich beleuchtet. Das Führer-Geburtshaus allein erstrahlte im Glanze von 1 200 Glühbirnen. Tausend Lampen zierten den 98 Meter hohen gotischen Kirchturm der Stadt bis zur Uhrhöhe und die Zinnen des Stadtturmes. Mehrere Scheinwerfer hoben das Bild des Führers aus der Nacht.
Fanfarenklänge vom Stadtturm der Hitlerjugend, Märsche und Lieder des Gaumusikzuges vom NSKK am Adolf-Hitlerplatz und der altehrwürdige Klang aller Glocken beschlossen in feierlicher Weise den Tag des Gedenkens an Deutschlands größten Sohn.«
Am 12. Mai 1942 beendete meine Mutter das Arbeitsverhältnis als Schreibkraft bei Gugg. Sie verließ die kleinbürgerliche Enge von Braunau in der Hoffnung auf ein bedeutsameres Leben. Vor dem Einsatz im Osten musste sie an einer Schulung in Potsdam teilnehmen. Ein Foto, das sie ihrer Freundin in Braunau zuschickte, datiert auf den 5. Juni 1942, zeigt die »Kriegsschüler« vor dem ehrwürdigen Schloss Sanssouci. Dessen ehemaliger Hausherr, Friedrich II., war das große Vorbild für Adolf Hitler. Ich bin sicher, dass das Ambiente ihr gefallen hat. In herrschaftlicher Umgebung fühlte sich meine Mutter immer wohl, egal ob in Kirchen oder Schlössern. Elli antwortete ihr mit einem Foto von sich, mit traurigem Blick. Auf die Rückseite schrieb sie: »Vergiss Deine Freundin nicht.«
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Ausschnitt aus einem Gruppenfoto auf der Treppe vor dem Schloss Sanssouci während des Vorbereitungskurses auf den Osteinsatz. Zweite von links: meine Mutter

Dr. Ludwig Ehrenleitner

Die Sonne erkaltet. In den Fenstern versinkt das Abendlicht. Im flachen Wasser des Inn spiegelt sich die Altstadt. Der riesige Kirchturm wirkt noch mächtiger als sonst. Der Sog verstärkt sich. Senkrecht ragt die Rückwand des Hauses der Urgroßmutter. Unerreichbar. Der Inn ist gefährlich. Im Sog lässt sich ein Simbacher hinaustreiben.
»Komm!« ruft er mir zu. »Du schaffst es.«
»Ich bleibe.«
Die Strömung nimmt zu. Die Uferböschung bietet keinen Halt mehr. Der Simbacher ist bereits weit flussabwärts unter der Innbrücke..
Am 25. Mai 1942 begann das Dienstverhältnis meiner Mutter als Reichsangestellte. Mit dem Zug ging es von Potsdam nach Minsk, der Hauptstadt von Weißrussland. Sie bekam einen Arbeitsplatz im Generalkommissariat zugeteilt, der zivilen Hauptverwaltung im besetzten Weißrussland, als Schreibkraft des Gebietskommissars Dr. Ludwig Ehrenleitner, auch ein Oberösterreicher wie sie selbst. Aus dem Hausruck, das direkt an das Innviertel angrenzt.
Ich habe nur wenige Fotos aus der Zeit, in der meine Mutter im Osteinsatz war, in ihrem Nachlass gefunden. Darunter eines mit einem großen Verwaltungsgebäude. Vermutlich der Sitz des Generalkommissariats von Minsk. Generalkommissar war Wilhelm Kube. Ein altgedienter Nationalsozialist und glühender Antisemit. Bei systematischem Judenmord bekam er dann doch Skrupel. Ein anderes Foto zeigt massive Zerstörungen der Stadt, vermutlich durch Bomben. Briefe oder Nachrichten von meiner Mutter aus dieser Zeit fand ich keine.
»Hat sie dir aus Russland geschrieben?«, fragte ich Elli.
»Sie hat mir immer aus Russland geschrieben.«
»Was hat sie geschrieben?«
»Ich solle doch auch nach Russland kommen. Es sei so toll dort.«
»Und? Du bist doch nicht hingefahren. Oder?«
»Warum sollte ich fahren?«
»Ja, warum solltest du fahren? Du warst ja verlobt!«
»Geh, hör auf. Mit dem war doch nix.«
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Ludwig Ehrenleitner (Zweiter von rechts)
»Haben dich seine übersinnlichen Fähigkeiten nicht beeindruckt?«
»Nein, gar nicht.«
»Und warum nicht?«
»Er hat immer damit angegeben. Mit allem hat er angegeben. Aber meistens war nichts dran.«
»Und Lola?«
»Die war ganz narrisch mit dem Zeug. Die war ja der Liebling vom Rudi. Die war ganz abergläubisch.«
Elli schwieg, als ginge ihr gerade viel durch den Kopf. Dann sagte sie: »Lola wollte immer, dass wir wieder beisammen sind.«
»Aber nach ihren Bedingungen.«
»Sie wollte nicht mehr zurück, weißt du.«
»Was weiß ich?«
»Ach nix.«
»Warum wollte sie nicht zurück?«
Elli schaute mich lächelnd an. »Sie hat sich dort gleich wieder verliebt.«
»Jetzt sag nur, in einen SS-Mann.«
»Freilich. In wen sonst.«
»Na, deiner war doch auch ein Brauner.«
»Mein späterer Mann war keiner. Mit dem wurde ich glücklich.«
»Jetzt sag schon. Wer war’s?«
»Ihr Chef.«
»Der Dr. Ehrenleitner, der Gebietskommissar von Minsk-Land?«
»Woher weißt du denn schon wieder alles?«
»Von meinem Vater. Der h...

Inhaltsverzeichnis

  1. Titel
  2. Inhalt
  3. Braunau, Stadtplatz
  4. Das erste Foto
  5. Meine Urgroßmutter
  6. Das Triangulum
  7. Das »Führer-Haus«
  8. Kastrationsdrohung
  9. Am Gedenkstein
  10. Der Anschluss-Film
  11. Die Linde am Dichterstein
  12. Das Hörl-Haus
  13. Erster Weltkrieg, Gródek
  14. Okkultismus
  15. Ein Korvettenkapitän a. D. läuft auf Grund
  16. Lola Montez
  17. Thomas Manns okkulte Erlebnisse mit Willi
  18. Rudi als Zirkuspferd
  19. Raumkraft1
  20. Lola im Beruf
  21. »Ein unvergesslicher Festtag«1
  22. Dr. Ludwig Ehrenleitner
  23. Kunst im Führer-Geburtshaus
  24. Slonim
  25. Kriegsende
  26. Vaterwelt und Mutterwelt
  27. Melancholie
  28. Wien
  29. Austromarxismus
  30. Heldenverehrung
  31. Der Fall Jägerstätter
  32. Megalomania
  33. P.S.
  34. Literatur
  35. Anmerkungen
  36. Bildnachweis