Die Berliner Mauer
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Die Berliner Mauer

Geschichte eines monströsen Bauwerks

  1. 40 Seiten
  2. German
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Die Berliner Mauer

Geschichte eines monströsen Bauwerks

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Inhaltsverzeichnis
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Über dieses Buch

Es sind im Herbst 2014 genau 25 Jahre vergangen, seit sich die Berliner Mauer öffnete. Doch trotz der kurzen Zeitspanne erscheint vielen Menschen in Deutschland - und erst recht der seither aufgewachsenen Generation - im Rückblick das Bauwerk wie ein monströses Traumgebilde. Aber all das hat es wirklich gegeben: einen 155 Kilometer langen Sperrgürtel, teils Betonwall, teils Metallzaun, mit Panzersperren, Stacheldraht und Postentürmen. Diese bis zu 500 Meter breite Demarkationslinie, die die frühere Hauptstadt zerschnitt und gesichert war durch Hundestreifen, Signaldrähte und Soldaten mit Schießbefehl. Die Grenzübergänge von Stadtteil zu Stadtteil, für die eine Hälfte der Berliner unpassierbar, für die andere nur nach demütigenden Kontrollen zu überschreiten.In diesem eBook erzählt GEO EPOCHE die Geschichte der Berliner Mauer. Es enthält zwei minutiöse Rekonstruktionen. "Die grausame Mauer" schildert, wie die SED 1961 den Plan fasste, die Grenzen rings um West-Berlin abzuriegeln. Es war der Versuch eines taumelnden Regimes, die immer weiter anschwellende Massenflucht ihrer Bürger in den Westen zu beenden. Der zweite Text dieses Lesebuchs berichtet von der wachsenden Protestbewegung in der DDR, von der Herbstrevolution - und von jenen dramatischen Tagen im November 1989, als nach 28 Jahren die Berliner Mauer fiel.Inhalt1. Bau des Grenzwalls: Die grausame MauerVon Mathias Mesenhöller2. Herbstrevolution: Die Macht der StraßeVon Christoph Kucklick

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Information

Jahr
2014
ISBN
9783652003971
Herbstrevolution

Die Macht der Straße

Von Greisen regiert, bei vielen Bürgern verhasst und nahezu bankrott: Im Januar 1989 ist die DDR eigentlich am Ende – und trotzdem kann sich kaum jemand einen schnellen Sturz des SED-Regimes vorstellen. Nur eine kleine Minderheit von Dissidenten kämpft für Freiheit und Reformen. Auch sie ahnen nicht, dass das letzte Jahr der DDR-Diktatur schon begonnen hat

Von Christoph Kucklick

Das Jahr, in dem die Geschichte allen enteilt, beginnt flirrend, unentschieden. In Moskau taumelt Michail Gorbatschows Perestroika voran, und niemand weiß, ob der Generalsekretär der KPdSU nur das alte System beerdigt oder auch einen neuen, funktionstüchtigen Sozialismus erschafft.
Immer weniger kann sich Moskau die Kosten für die Unterstützung der Regime in Osteuropa leisten, auch deshalb hat Gorbatschow die Breschnew-Doktrin abgeschafft, die den Bruderstaaten nur eine beschränkte Souveränität zugestand – und der UdSSR das Recht, jederzeit militärisch einzugreifen. Damit ist es jetzt vorbei, jedes Land darf fortan seinen eigenen Weg gehen.
Das spaltet den Ostblock: Ungarn lässt am 11. Februar 1989 unabhängige Parteien zu, in Polen setzen sich im Februar Regierung und die Aktivisten der ersten freien Gewerkschaft „Solidarnosc“ zu einem Runden Tisch zusammen. Der Rest des Ostblocks will von Reformen dagegen nichts wissen.
Erich Honecker, 76, hält die Ruhe im eigenen Land für ein Zeichen der Überlegenheit des sozialistischen Systems. Am 19. Januar lobt er seinen Staat für die Einhaltung aller Menschenrechte; es ist davon auszugehen, dass er wirklich daran glaubt. 280.000 Stasi-Leute im Land vermelden die üblichen Unzufriedenheiten, aber keinen Stimmungsumschwung gegen die SED. Im Oktober will Honecker den 40. Jahrestag der DDR feiern. Er sieht keinen Grund, warum es nicht ein schönes Fest werden sollte.
15. Januar, Leipzig
Gegen 16 Uhr an diesem Sonntag steigt Fred Kowasch auf eine Mauerbrüstung am Markt. Unmittelbar vor ihm stehen drei Freunde, die ihn abschirmen sollen, wenn die Stasi zugreift.
Kowasch blickt auf eine beachtliche Menschenmenge: Mindestens 500 Bürger haben sich zu einer der größten Protestaktionen seit 1953 versammelt. Er kennt die wenigsten, der Kern der Opposition in Leipzig umfasst nicht mehr als 300 Aktivisten, die meisten Demonstranten haben sich zum ersten Mal ein Herz gefasst, erstmals Mut geschöpft.
Es sind wohl vor allem Menschen, die bereits vor Jahren einen Ausreiseantrag gestellt haben – ein „Rechtswidriges Übersiedlungsersuchen“ in der Sprache des Regimes. Weit mehr als 100.000 von ihnen gibt es inzwischen in der DDR.
Sie mussten ihren Beruf aufgeben, oft haben sich Familienmitglieder und Freunde von ihnen losgesagt. Sie haben also nichts mehr zu verlieren.
Deshalb können die Ausreisewilligen gemeinsam mit den wenigen Oppositionellen unverblümt die Zustände in der DDR kritisieren. Und werden im Laufe dieses Jahres zu einer kritischen Masse, die den Rest der Bevölkerung mitreißt.
Doch der öffentliche Protest kommt nur zustande, weil der „Initiative zur demokratischen Erneuerung unserer Gesellschaft“ zuvor ein unvergleichliches Bravourstück gelungen ist.
In einem Pfarrhaus haben ihre Mitglieder per Hand 11.000 Flugblätter mit dem Aufruf zur Demonstration am 15. Januar hektographiert, einen Tag und zwei Nächte lang – und dann fast 5000 Zettel in Leipziger Briefkästen verteilt, ehe die Stasi elf der Aktivisten festnahm. Anschließend zogen Mitarbeiter des MfS mit Pinzetten los, um die Flugblätter aus den Briefkästen zu fischen. Sie lasen darauf: „Es ist an der Zeit, mutig und offen unsere Meinung zu sagen: Schluss mit der uns lähmenden Teilnahmslosigkeit und Gleichgültigkeit!“
Bedrohlicher für die DDR aber ist der internationale Protest, den die Festnahmen ausgelöst haben. In Wien tagt die Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa; in ihren Abschlussreden protestieren die Außenminister der Bundesrepublik und der USA scharf gegen die Verhaftungen.
Und der Deutschlandfunk, der in der DDR viel gehört wird, berichtet ausführlich über die Stasi-Aktion – das ist eine Erklärung, weshalb sich an diesem 15. Januar so viele Bürger versammeln.
Die andere ist schlichter und schwerer greifbar: Das Gefühl, etwas tun zu müssen gegen die Verhältnisse, gegen „das System“, hat unmerklich und über lange Jahre an Dringlichkeit gewonnen. Die Wut ist gewachsen. Doch sie wird sich nicht abrupt entladen, sondern nach und nach den Staat unterspülen.
Auf der Brüstung hält Kowasch, 23 Jahre alt und bis vor Kurzem Sänger einer Anarcho-Band, nun eine Rede, in der er die Festnahme der Flugblattverteiler verurteilt: „Dieses Vorgehen verdeutlicht, dass zur Zeit grundlegende Artikel der Verfassung außer Kraft gesetzt sind. Es betrifft im Besonderen Andersdenkende, die sich für Reformen in der erstarrten Gesellschaftsstruktur der DDR einsetzen.“
Die Zuhörer applaudieren kräftig.
Und die Polizisten halten sich zurück, aus Verblüffung möglicherweise. Die mehr als 500 Leipziger aber haken einander unter, so wie sie es von Demonstrationen aus dem Westfernsehen kennen, verlassen schweigend den Markt, ein paar Passanten schließen sich an. Vielleicht eine Viertelstunde laufen sie an Leipzigs bröckelnden Fassaden entlang, bis die Polizei eingreift, 53 Leute festnimmt und den Rest vertreibt.
Fred Kowasch wird ebenfalls festgesetzt, dann wieder freigelassen, weil man ihn zunächst nicht als Redner identifiziert, und am nächsten Tag erneut festgenommen. Er rechnet mit mehrjähriger Haft, aber kommt, wie die anderen auch, schon wenige Tage später frei – auf direkten Befehl Erich Honeckers.
Der SED-Chef befürchtet erneute internationale Proteste. Er will Ruhe in seinem Land, dessen 40. Jubiläum er im Oktober feiern will und über dessen Westgrenzen er vier Tage später sagt: „Die Mauer wird in 50 und auch in 100 Jahren noch bestehen bleiben, wenn die dazu vorhandenen Gründe noch nicht beseitigt sind.“
5. Februar, Ostberlin
Chris Gueffroy und Christian Gaudian, beide 20 Jahre alt, robben seit drei Stunden durch den Grenzstreifen am Britzer Verbindungskanal und haben jetzt nur noch ein letztes Hindernis vor sich: einen drei Meter hohen Stahlgitterzaun.
Die beiden schleudern zwei Anker über die Absperrung, die sie aus Wäscheleine und einem abgebrochenen Rechenstiel gebaut haben. Da heult eine Sirene los, kurz darauf beginnen Soldaten zu feuern. Eine Kugel trifft Gueffroy ins Herz, er stirbt wenige Minuten später; sein Freund überlebt und wird festgenommen. Chris Gueffroy ist nicht das letzte Opfer der Mauer, aber er ist der letzte Flüchtling, der erschossen wird.
Westjournalisten erfahren von dem Mord, eine Woge der Anklagen schwappt über die DDR. Sie ist so mächtig, dass Honecker seinen Vertrauten Egon Krenz, 51, anweist, den Schießbefehl aufzuheben. Krenz ist im Politbüro der SED unter anderem für Sicherheit zuständig. Intern begründet er das Ende des Schießbefehls so: „Lieber einen Menschen abhauen lassen, als in der jetzigen politischen Situation die Schusswaffe anzuwenden.“
2. Mai, Hegyeshalom, Ungarn
Ein Dorf an der Grenze zwischen Ungarn und Österreich, ein Signalzaun, sowjetisches Fabrikat, 2,13 Meter hoch, Stacheldraht und 25 Querdrähte, die bei jedem Kontakt Alarm auslösen: der Eiserne Vorhang. 13.500 Fluchtversuche hat es in Ungarn seit den 1960er Jahren gegeben, nur wenige waren erfolgreich.
Aber das interessiert Oberst Balázs Nováky, den stellvertretenden Chef der Grenztruppen, nicht mehr: „Wir haben dieses Treffen hier organisiert“, sagt er zu Journalisten, „da heute an diesem Tag die elektrischen Alarmanlagen zwischen Ost- und Westeuropa abgebaut werden.“ Allerdings wird die Grenze weiterhin von seinen Leuten bewacht.
Ungarn will die Abschottung zum Westen überwinden und sich aus der Bevormundung durch die Sowjetunion befreien; zudem ist das Land nahezu pleite, wie fast alle Ostblock-Staaten, und es will die hohen Kosten für die Grenzanlagen nicht länger tragen.
Nach Novákys Ansprache durchtrennen Soldaten den Draht mit Bolzenschneidern, und sogenannte Pfostenheber ziehen die Betonpfeiler aus der Erde wie wurzellose Zähne. Jeden Tag sollen fortan Hunderte Meter Zaun verschwinden, sagt Nováky.
Am Abend überträgt die „Tagesschau“ das Ereignis auch in die DDR. Sie meldet es an hinterer Stelle, nach Krawallen in Westberlin und Abrüstungsverhandlungen. Wie schwer es ist, Historisches zu erkennen, noch während es geschieht – diese Lehre wird das Jahr 1989 immer wieder bestätigen.
7. Mai, Ostberlin, Prenzlauer Berg
In der Oderberger Straße betritt einer der wenigen Oppositionskandidaten, die je bei einer Kommunalwahl in der DDR antreten konnten, die Wahlkabine und stimmt – gegen sich selbst. Der 27-jährige Bauingenieur Matthias Klipp arbeitet wie Hunderte Oppositionelle seit Monaten darauf hin, die SED bei der Wahl vorzuführen.
Wahlen sind heikel. Die SED lebt von der Fiktion, dass Volk und Staat eins sind, daher frisiert sie die Ergebnisse stets so, dass nicht mehr als ein Prozent Gegenstimmen vermeldet werden: Sie streicht aufsässige Bürger aus dem Wählerregister, sie richtet Sonderwahllokale ein, in denen nicht öffentlich ausgezählt wird, und sie drängt die Wahlkommissionen vor Ort, unerwünschte Ergebnisse zu überarbeiten.
Die Bürger kennen diesen Wunsch der Regierenden – und machen ihn sich zunutze. Ganze Gruppen von Dorfbewohnern drohen mit Wahlenthaltung, wenn nicht Telefonanschlüsse gelegt oder Straßen gebaut werden, manche Bürger fordern Westreisen oder eine Wohnung. Aber dieses Jahr ist das Geschacher frecher als sonst, die Zahl der Eingaben liegt doppelt so hoch wie bei der Volkskammerwahl 1986.
Auch sonst registriert die Stasi vermehrt „negativ-feindliche Losungen“, besonders oft die Aufschrift: „Wer die Wahl hat, hat die Qual, wer nicht wählt, wird gequält“. In Berlin vermessen ihre Mitarbeiter akribisch die 1,4 Meter lange, mit Pinselstrichen hingeworfene Beleidigung „DDR-KZ“ und im brandenburgischen Müncheberg auf zehn Metern die gemalte Frage: „7. Mai, soll das Chaos weitergehen?“
Proteste gab es vereinzelt auch bei früheren Wahlen, aber der Widerwille gegen die Farce hat weiter zugenommen, und deshalb ist der Widerstand diesmal größer.
Dazu ermutigen auch jene Bruderländer, die gerade dabei sind, sich von der Ein...

Inhaltsverzeichnis

  1. Cover
  2. Titel
  3. Impressum
  4. Inhalt
  5. Bau des Grenzwalls: Die grausame Mauer
  6. Herbstrevolution: Die Macht der Straße