DULDUNG / TOLERATION
1. Definition
Die DULDUNG ist nach der Definition des deutschen Aufenthaltsrechts eine „vorübergehende Aussetzung der Abschiebung“ von ausreisepflichtigen Ausländern, und stellt damit keinen Aufenthaltstitel dar und begründet daher keinen rechtmäßigen Aufenthalt. § 60a Aufenthaltsgesetz (AufenthG) regelt, wessen Abschiebung ausgesetzt wird und in der Folge dann eine Duldung (§ 60a Abs. 4 AufenthG) erhält. Die Duldung dient ausschließlich dazu, dem Ausländer zu bescheinigen, dass er ausländerbehördlich registriert ist und von einer Durchsetzung der bestehenden Ausreisepflicht für den genannten Zeitraum abgesehen wird. Der Aufenthalt eines Ausländers wird mit der Duldung zwar nicht rechtmäßig, jedoch entfällt mit der Duldung eine Strafbarkeit wegen „illegalen“ Aufenthalts nach § 95 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG. Die DULDUNG erlischt mit der Ausreise des Ausländers und berechtigt nicht zur Rückkehr in die Bundesrepublik Deutschland.1
‘TOLERATION’ (DULDUNG) is, according to the definition of German residency, a ‘temporary waiver of deportation’ for foreigners who are subject to expulsion and therefore does not equate to a residence permit, nor does it form any basis of lawful residency. § 60a Residence Act (AufenthG) indicates which deportation orders can be temporarily waived and replaced with ‘toleration’ (§ 60a Para. 4 AufenthG). ‘Toleration’, or exceptional leave to remain, merely certifies that a foreigner is registered with the local immigration authorities and is exempt from an otherwise existing obligation to leave the country for a specified duration of time. A foreigner’s residency does not become official through ‘toleration’, however criminal liability for an ‘illegal’ stay according to § 95 Para. 1 Nr. 2 AufenthG is no longer applicable. ‘TOLERATION’ expires upon departure from Germany and no longer applies upon re-entry into the country.1
E.A. (23) IN TUZLA (BOSNIEN UND HERZEGOWINA) GEBOREN, SEIT 18 JAHREN IN DEUTSCHLAND “GEDULDET”, TRAUMBERUF MALER. BORN IN TUZLA (BOSNIA AND HERZEGOVINA), ‘TOLERATED’ FOR THE PAST 18 YEARS IN GERMANY. DREAM JOB PAINTER.
LITH BAHLMANN
2. Einführung
Der Paß ist der edelste Teil von einem Menschen. Er kommt auch nicht auf so einfache Weise zustand wie ein Mensch. Ein Mensch kann überall zustandkommen, auf die leichtsinnigste Art und ohne gescheiten Grund, aber ein Paß niemals. Dafür wird er auch anerkannt, wenn er gut ist, während ein Mensch noch so gut sein kann und doch nicht anerkannt wird.2
PASS
Dieses Zitat ist Teil eines Dialoges zwischen zwei Flüchtlingen, den Brecht – selber von Flucht, Exil und Suche nach einem asylgewährenden Staat betroffen – Anfang der 1940er-Jahre verfasste. Brecht zeigt darin analytisch scharf die situationstypische Realität von Flüchtlingen im Asyl und die existenzielle Bedeutung, die der Pass für Flüchtlinge hat. Ein Blick in den Pass eines Flüchtlings macht das auch heute schlagend deutlich. Ein darin einfacher, eingestempelter oder eingeklebter Sichtvermerk, wie z.B. der der kurzfristigen Duldung, ergänzt mit den eingedruckten Restriktionen, der Residenzpflicht als Beschränkung der Bewegungsfreiheit und dem generellen Verbot von Ausbildungs- und Erwerbstätigkeit, bestimmt die rechtliche Grundlage des Aufenthalts sowie die gesamte Existenz im Asyl. Die „Duldung“ benennt den aufenthaltsrechtlichen Status ausreisepflichtiger Flüchtlinge in Deutschland, die jederzeit, auch ohne vorhergehende Ankündigung, ausgewiesen werden können. Mit jeder Abschiebung beginnt eine Odyssee ins Ungewisse, ein Leben in der Schwebe, ohne jeglichen Schutz und ohne Sicherheit.
DULDUNG
In seiner jüngsten und bereits mehrfach ausgestellten Werkserie Duldung Deluxe portraitiert der bosnische Fotograf Nihad Nino Pušija in einer Langzeitstudie Roma-Jugendliche und junge Erwachsene aus Bosnien, dem Kosovo und Serbien, die von Abschiebung aus Deutschland bedroht sind oder bereits abgeschoben wurden. Pušija, 1965 in Sarajewo geboren und mittlerweile im Besitz einer unbefristeten Aufenthaltsgenehmigung, verbindet mit seinen Protagonisten die gleiche Biografie. Sie alle kamen wie er als „geduldete“ Kriegsflüchtlinge aus den Teilstaaten Ex-Jugoslawiens nach Deutschland. Seit mehr als zwanzig Jahren dokumentiert er das Leben der Roma in ganz Europa und erfuhr erst kürzlich, dass seine Urgroßmutter eine bosnische Romni war.
Seit vielen Jahren kennt und begleitet er als Fotograf die Jugendlichen. Sie erzählen aus ihrem Leben und beantworten Fragen nach ihrer aktuellen Situation und geben ihren Hoffnungen und Ängsten Ausdruck. Ihr prekärer Aufenthaltsstatus und die ständige Furcht davor, abgeschoben zu werden, resultieren bei vielen in Perspektivlosigkeit und Verzweiflung. Nur für einen sehr geringen Teil der zur Zeit in Deutschland geduldeten Roma gibt es eine winzige Chance, ihren aufenthaltsrechtlichen Status zu verbessern. Denn nur jene, deren ökonomische und soziale Integration als sehr wahrscheinl...