Feminismus an und hinter der Fassade?
eBook - ePub

Feminismus an und hinter der Fassade?

Eine qualitative Untersuchung des persönlichen Zugangs der Sprayer_innen von feministischen Werken im öffentlichen Raum

  1. 92 Seiten
  2. German
  3. ePUB (handyfreundlich)
  4. Über iOS und Android verfügbar
eBook - ePub

Feminismus an und hinter der Fassade?

Eine qualitative Untersuchung des persönlichen Zugangs der Sprayer_innen von feministischen Werken im öffentlichen Raum

Angaben zum Buch
Buchvorschau
Inhaltsverzeichnis
Quellenangaben

Über dieses Buch

Der Fokus dieser Abschlussarbeit liegt in der Untersuchung der Hintergründe der – von der Verfasserin als feministisch deklarierten – Werke im öffentlichen Raum. Es geht darum herauszufinden, welche Gedanken hinter feministischer Street Art bzw. feministischen Graffiti stehen. Zunächst wird im Theorieteil der Arbeit Einblick in Definitionen von Graffiti und Street Art gegeben. Des Weiteren setzt sich dieses Kapitel mit dem Begriff "Feminismus" auseinander und bespricht außerdem die Bereiche öffentlicher Raum und mögliche Berührungspunkte mit dem österreichischen und deutschen Gesetz. Um tatsächlich die Gedanken hinter den Werken zu erfahren, wurden Gespräche mit in der Szene aktiven Sprayenden und Street-Art-Artists geführt. Die dafür angewandten Forschungsmethoden umfassen leitfadengestützte Interviews, einmal in Form eines Expert_inn_eninterviews, die weiteren sechs als problemzentrierte Interviews mit benannten Künstler_innen. Die Ergebnisse zeigen, dass verschiedene Motivationen hinter diesen Kunstwerken stehen. So wird feministisches Handeln genauso angeführt wie die Rückeroberung des öffentlichen Raumes oder die Lust, etwas Verbotenes zu machen. Es kann festgehalten werden, dass das Anbringen von feministisch-einlesbaren Werken nicht gleichbedeutend mit einer feministischen Einstellung der Künstler_innen sein muss. Es konnte jedoch nachgewiesen werden, dass hinter dem Feminismus an der Fassade oft auch eine feministische Grundhaltung steht.

Häufig gestellte Fragen

Gehe einfach zum Kontobereich in den Einstellungen und klicke auf „Abo kündigen“ – ganz einfach. Nachdem du gekündigt hast, bleibt deine Mitgliedschaft für den verbleibenden Abozeitraum, den du bereits bezahlt hast, aktiv. Mehr Informationen hier.
Derzeit stehen all unsere auf Mobilgeräte reagierenden ePub-Bücher zum Download über die App zur Verfügung. Die meisten unserer PDFs stehen ebenfalls zum Download bereit; wir arbeiten daran, auch die übrigen PDFs zum Download anzubieten, bei denen dies aktuell noch nicht möglich ist. Weitere Informationen hier.
Mit beiden Aboplänen erhältst du vollen Zugang zur Bibliothek und allen Funktionen von Perlego. Die einzigen Unterschiede bestehen im Preis und dem Abozeitraum: Mit dem Jahresabo sparst du auf 12 Monate gerechnet im Vergleich zum Monatsabo rund 30 %.
Wir sind ein Online-Abodienst für Lehrbücher, bei dem du für weniger als den Preis eines einzelnen Buches pro Monat Zugang zu einer ganzen Online-Bibliothek erhältst. Mit über 1 Million Büchern zu über 1.000 verschiedenen Themen haben wir bestimmt alles, was du brauchst! Weitere Informationen hier.
Achte auf das Symbol zum Vorlesen in deinem nächsten Buch, um zu sehen, ob du es dir auch anhören kannst. Bei diesem Tool wird dir Text laut vorgelesen, wobei der Text beim Vorlesen auch grafisch hervorgehoben wird. Du kannst das Vorlesen jederzeit anhalten, beschleunigen und verlangsamen. Weitere Informationen hier.
Ja, du hast Zugang zu Feminismus an und hinter der Fassade? von Katharina Schmied im PDF- und/oder ePub-Format sowie zu anderen beliebten Büchern aus Social Sciences & Urban Sociology. Aus unserem Katalog stehen dir über 1 Million Bücher zur Verfügung.

Information

Verlag
Hirnkost
Jahr
2016
ISBN
9783945398395

1. Einleitung

Welche Sprayer_innen1 stehen hinter feministischer Street Art oder feministischen Graffiti? Was wollen sie mit den Bildern erreichen? Wollten sie eine feministische/frauenpolitische Aussage vermitteln? – Beim Entdecken von Werken im öffentlichen Raum, in welchen die Verfasserin einen gewissen frauenpolitischen Anspruch, eine Aufforderung oder etwas Aufdeckendes bemerkt, hat sich diese Frage schon oft gestellt.
Es sind Werke, wie etwa das folgende Schablonenwerk aus Istanbul, die im Mittelpunkt dieser Arbeit stehen. Dieses Bild war einer der Auslöser dafür, dass diese Arbeit von der Verfasserin in dieser Form angedacht wurde. Insofern soll es hier auch für die Lesenden als Einstieg dienen und schon zu Beginn eine konkretere Vorstellung von dem, was unter feministischen Stencils verstanden wird, geben. Im Zuge dieser Arbeit werden keine weiteren Bilder präsentiert werden, da es sich die Verfasserin nicht zur Aufgabe gemacht hat, eine wissenschaftliche Bildinterpretation zu machen. Außerdem kann durch das Vermeiden der Bilder die Anonymität der Befragten besser gewahrt werden. Im Laufe der Arbeit wird dennoch detailliert erklärt, warum die Werke jener als feministisch deklariert wurden.
image
Grafik 1 – Stencil: Istanbul – „killers are in our households”
Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, die eigene Faszination der Verfasserin rund um feministische Werke im öffentlichen Raum zu nutzen, um so mittels Forschung in der Steiermark, Wien, Oberösterreich, Niederösterreich und auch in Berlin durch Interviews mit Akteur_inn_en als/und Expert_inn_en Erkenntnisse über die Gedanken beim Erstellen der Werke zu erlangen. Der Fokus auch in Bezug auf Literatur liegt demnach in Österreich und Deutschland. Es gilt zu erforschen, was hinter den Werken steht, was die Künstler_innen damit erreichen wollen und ob Formen bzw. welche Form von Feminismus dahinter verborgen ist.
In der Vergangenheit wurde zum Thema feministische Graffiti/Street Art kaum geforscht. Wird nach Literatur in diesem Bereich gesucht, so werden durch die Kombination von „feministisch“ und „Graffiti“ bzw. „Street Art“ kaum sinnvolle Treffer erzielt. Dies soll nun mit der Beantwortung der folgenden Frage innerhalb dieser Abschlussarbeit geändert werden:
Forschungsfrage
Welche Gedanken der Akteur_inn_e_n stecken hinter dem Sprayen und Platzieren von durch die Verfasserin als feministisch deklarierten Werken im Bereich Graffiti und Street Art im öffentlichen Raum?
Soziale Positionierung und kritische Ver_Ortung2
Ich3 selbst kenne die Graffiti- oder auch die Street-Art-Szene nur als außenstehende Betrachterin und dennoch möchte ich genau diese Kunst zum Thema meiner Abschlussarbeit machen. Sowohl das politische Statement als auch die Tatsache, dass beispielsweise Sprayen gegen das Strafgesetzbuch verstößt, aber gleichzeitig den Anspruch hat, Flächen zu verschönern und sie vor Kommerzialisierung zu bewahren, stehen im Zentrum meiner Begeisterung für diese Art von Kunst. Die Faszination und die Neugier treiben mich an, einen Zugang in die Szenen zu finden und den Akteur_inn_en mit ihren Gedanken Raum zu geben.
Ich bin mir darüber bewusst, dass ich in dieser Arbeit durch meine soziale Positionierung und meine Auswahl keinem Anspruch von Objektivität gerecht werden kann. Insofern versuche ich anhand einer kritischen Ver_Ortung darzulegen, aus welcher Position ich schreibe. Kritische Ver_Ortungen „sind Ver_Suche [...] soziale Positionierungen bei der Produktion von Wissen zu reflektieren und zu hinterfragen bzw. empowernd einzusetzen, auf verschiedenen Ebenen der Wissensproduktion zu explizieren und zu theoretisieren und Intervention in Effekte gesellschaftlicher
Macht- und in
Diskriminierungsverhältnisse daraus abzuleiten.“4
Ich, als weiße, mittelschichtsangehörige Frau,5 die in Mitteleuropa aufgewachsen und ableisiert6 ist und die das Privileg hat, innerhalb ihres Studiums und dieser Arbeit über vieles nachzudenken, kann nur versuchen, Blicke verschiedener Theoretiker_innen auf die in Kapitel 2 folgenden Themenbereiche in mein Schreiben mit einzubringen.
In dieser Arbeit möchte ich ein besonderes Augenmerk darauf legen, strukturelle Diskriminierungsformen dieser Gesellschaft – insbesondere jene, die mich im letzten Studienabschnitt am meisten beschäftigt haben, nämlich Sexismus und Rassismus – nicht fortzuführen. Meine kritische Ver_Ortung ist demnach anti_genderistisch und contra_rassistisch. Eine „mit >anti< benannte kritische ver_ortung bezieht sich auf personen, die strukturell diskriminiert sind, wohingegen eine kritische ver_ortung mit >contra< eine positionierung über strukturelle privilegierung in eine kritische ver_ortung umsetzt.“7 Das heißt im konkreten Fall „anti-sexistisch“ weil ich als weiße, akademisierte Frau teilweise von Sexismus betroffen bin; „contra_rassistisch“ deshalb, weil ich als weiße Frau nicht von Rassismus betroffen bin, aber ich mich vor allem aus meiner privilegierten Position heraus gegen Rassismus stellen möchte.
Mir ist es wichtig, meine Ver_Ortung in der Gesellschaft dieser Arbeit voranzustellen, damit den Lesenden bekannt ist, aus welcher (meist privilegierten) Position heraus ich schreibe und dass ich versuche, mir dies im Bewusstsein zu halten, um nicht durch diese Privilegierung strukturelle Diskriminierung fortzusetzen.
Ich befinde mich im Reflexionsprozess; viele Dinge sind mir noch nicht bewusst. Insofern kann ich nur versuchen, dieses Vorhaben möglichst gut umzusetzen.
Die Verfasserin bestimmt den Aufbau dieser Arbeit und prägt auch die Ergebnisse mit, insofern war es wichtig darzustellen, welche Positionierung hinter dem Schreiben steht.
Während der intensiven Beschäftigung mit dem Thema entwickelte die Verfasserin Hypothesen, die innerhalb dieser Arbeit verifiziert bzw. falsifiziert werden sollen.
Hinter den von der Verfasserin als feministisch wahrgenommenen Werken steckt oft ein Aktivismus, der nicht als feministisch deklariert wird.
Feminismus hat eine negative Bedeutung für die Künstler_innen.
Feministische Werke werden oft „nur“ als Nebentätigkeiten gemacht; der Hauptfokus der Akteur_inn_e_n liegt bei anderen Motiven.

2. Theoretische Definitionen

In diesem Kapitel finden sich vor allem Inhalte aus der Literatur mit Fokus auf den deutschsprachigen Raum. Da allerdings besonders der Bereich der untersuchten Kunst in Verbindung mit Feminismus in der Literatur kaum behandelt wird, werden auch Informationen aus den in Kapitel 3 näher erläuterten Interviews mit der Expertin I und den Akteur_inn_en
, JMP,
image
,
image
, B. und feminist production8 dazu verwendet, das Wissen aus der Literatur zu erweitern.

2.1 Theoretischer Hintergrund der Werke

Dieses erste Unterkapitel beschäftigt sich mit den Werken und den Künstler_inne_n dahinter. Graffiti und Street Art werden definiert und die Frage nach dem Unterschied zwischen den beiden Begriffen wird gestellt. Des Weiteren wird die Motivation der Sprayenden theoretisch thematisiert.

2.1.1 Graffiti sind ...

Der Wortursprung des Begriffes „Graffiti“ (Singular: „Graffito“) entstammt dem Griechischen; später wurde unter dem italienischen „Sgraffito“ eine spezielle Kratzputztechnik zur Fassadengestaltung verstanden.9 Ab Mitte des 19. Jahrhunderts wurde von Altertumsforschenden und Archäolog_inn_en das Wort „Graffiti“ zur Benennung der Zeichnungen und Inschriften, welche sie gefunden hatten, verwendet.10
In jüngerer Zeit wird die Verbreitung des Begriffes auf einen New Yorker Boten zurückgeführt. Dieser hatte auf seinen Wegen durch die Stadt überall das Pseudonym „Taki 183“ hinterlassen. Die New York Times berichtete darüber am 21.07.1971 und sorgte dadurch für die weitere Verbreitung des Phänomens. Filme wie etwa Wildstyle von George Lucas trugen auch ihren Teil dazu bei.11
Die Kultur des Graffiti-Writings und der Aufbau der Spray-Szene begann um die 1970er Jahre in den USA, erreichte Europa über Amsterdam und Berlin in den 1980er Jahren und wird heute zusammen mit Breakdance, DJ_ane-ing und Rap der HipHop-Bewegung zugeordnet. Als Entstehungsort der Graffiti-Kultur wird manchmal auch Philadelphia genannt. Die (meist männlichen) Jugendlichen platzierten ihre Namensabkürzungen, persönlichen Logos oder Pseudonyme im Allgemeinen an allen Orten, an welchen sie sich aufhielten, in der Hoffnung, durch diese bekannt und berühmt zu werden.12
Der Drang der Jugendlichen, ihre Namen möglichst weit zu verbreiten und dadurch stärker wahrgenommen zu werden, führte dazu, dass sie auch mobile Flächen wie U-Bahnen und Züge nutzten, um diese Schriftzüge auf die Reise zu schicken.
Mit der Zeit kam ein qualitativ-ästhetischer Anspruch dazu: Die Werke wurden mehrfarbig und sorgfältiger ausgestaltet.13
Im Lexikon Britannica wird der Begriff im Jahr 2007 stark in Zusammenhang mit Banden-Identität und Illegalität gesetzt:
graffiti, singular GRAFFITO, a form of visual communication, usually illegal, involving the unauthorized marking of public space by an individual or group. Although graffiti are commonly thought of as stylistic symbols or phrases spray-painted on walls by members of street gangs, some graffiti are not gang-related. Graffiti can be understood as antisocial behaviour performed in order to gain attention or as a kind of thrill seeking, but they also can be understood as an expressive art form.14
In der vorliegenden Arbeit wird der Fokus nicht auf Illegalität oder Bandenidentität, sondern vielmehr auf die Inhalte der Graffiti gelegt.
Norbert Siegl spricht von „Graffiti“ als einem Oberbegriff für viele Erscheinungsformen von visuell wahrnehmbaren Elementen, welche ohne zu fragen und meist anonym von Einzelpersonen oder Gruppen auf fremden oder in öffentlicher Hand befindlichen Oberflächen angebracht werden. Siegl meint damit alle Werke, die durch Sprühen entstehen, aber auch Sprüche, die mit anderen Schreibutensilien in öffentlichen Toiletten angebracht wurden. Bei dieser Definition wird davon ausgegangen, dass Graffiti niemals auf Flächen, die sich beispielsweise im Eigentum der Sprayenden befinden, entstehen können. Dies ist umstritten, denn umgangssprachlich werden mittlerweile auch legale Formen, wie etwa Auftragsarbeiten oder käufliche künstlerische Produktionen, als Graffiti bezeichnet, obwohl dies der zuvor dargelegten klassischen Definition nicht entspricht.15
In Wien kann erstmals ab 1984 – wenn sie auch nur aus 20-30 Personen bestand – von einer Graffiti-Szene gesprochen werden. Nachdem die erste Szene von der Polizei zerschlagen worden war,16 fand sich erst 1992 eine zweite Generation. Als Grund für die späte Manifestation der Graffiti-Kultur in Österreich wird die geografische Lage im Osten, weit weg von Ne...

Inhaltsverzeichnis

  1. Cover
  2. Impressum
  3. Titel
  4. Inhalt
  5. KURZZUSAMMENFASSUNG
  6. ABSTRACT
  7. DANKSAGUNG
  8. 1. EINLEITUNG
  9. 2. THEORETISCHE DEFINITIONEN
  10. 3. EMPIRISCHE FORSCHUNG
  11. 4. RESÜMEE
  12. QUELLENVERZEICHNIS
  13. ANHANG
  14. Fußnoten