Ein Winter in Spanien
eBook - ePub

Ein Winter in Spanien

  1. 676 Seiten
  2. German
  3. ePUB (handyfreundlich)
  4. Über iOS und Android verfügbar
eBook - ePub

Ein Winter in Spanien

Angaben zum Buch
Buchvorschau
Inhaltsverzeichnis
Quellenangaben

Über dieses Buch

1852 machte sich Hackländer mit Freunden auf zu einer Reise durch Spanien. Er berichtet von seinen Erlebnissen u.a. in Barcelona, Valencia, Madrid, Toledo, Granada und Sevilla.

Häufig gestellte Fragen

Gehe einfach zum Kontobereich in den Einstellungen und klicke auf „Abo kündigen“ – ganz einfach. Nachdem du gekündigt hast, bleibt deine Mitgliedschaft für den verbleibenden Abozeitraum, den du bereits bezahlt hast, aktiv. Mehr Informationen hier.
Derzeit stehen all unsere auf Mobilgeräte reagierenden ePub-Bücher zum Download über die App zur Verfügung. Die meisten unserer PDFs stehen ebenfalls zum Download bereit; wir arbeiten daran, auch die übrigen PDFs zum Download anzubieten, bei denen dies aktuell noch nicht möglich ist. Weitere Informationen hier.
Mit beiden Aboplänen erhältst du vollen Zugang zur Bibliothek und allen Funktionen von Perlego. Die einzigen Unterschiede bestehen im Preis und dem Abozeitraum: Mit dem Jahresabo sparst du auf 12 Monate gerechnet im Vergleich zum Monatsabo rund 30 %.
Wir sind ein Online-Abodienst für Lehrbücher, bei dem du für weniger als den Preis eines einzelnen Buches pro Monat Zugang zu einer ganzen Online-Bibliothek erhältst. Mit über 1 Million Büchern zu über 1.000 verschiedenen Themen haben wir bestimmt alles, was du brauchst! Weitere Informationen hier.
Achte auf das Symbol zum Vorlesen in deinem nächsten Buch, um zu sehen, ob du es dir auch anhören kannst. Bei diesem Tool wird dir Text laut vorgelesen, wobei der Text beim Vorlesen auch grafisch hervorgehoben wird. Du kannst das Vorlesen jederzeit anhalten, beschleunigen und verlangsamen. Weitere Informationen hier.
Ja, du hast Zugang zu Ein Winter in Spanien von Friedrich Wilhelm Hackländer im PDF- und/oder ePub-Format sowie zu anderen beliebten Büchern aus Personal Development & Travel. Aus unserem Katalog stehen dir über 1 Million Bücher zur Verfügung.

Information

Jahr
2012
ISBN
9783849626730
Ein Winter in Spanien
Friedrich Wilhelm Hackländer
Inhalt:
Friedrich Wilhelm Hackländer – Biografie und Bibliografie
Ein Winter in Spanien
Erstes Kapitel. Nach Italien.
Zweites Kapitel. Von Mailand nach Florenz.
Drittes Kapitel. Florenz.
Viertes Kapitel. Nach Carrara.
Fünftes Kapitel. Marseille.
Sechstes Kapitel. Von Marseille nach Barcelona.
Siebentes Kapitel. Ein Stiergefecht.
Achtes Kapitel. Ein Besuch auf dem Montserrat.
Neuntes Kapitel. Von Barcelona nach Valencia.
Zehntes Kapitel. Valencia.
Elftes Kapitel. Ein Ritt durch die Mancha.
Zwölftes Kapitel. Madrid.
Dreizehntes Kapitel. Escorial.
Vierzehntes Kapitel. Aranjuez.
Fünfzehntes Kapitel. Toledo.
Sechzehntes Kapitel. Ein Ritt nach Andalusien.
Siebenzehntes Kapitel. Jaen.
Achtzehntes Kapitel. Granada.
Neunzehntes Kapitel. Nach Cordova.
Zwanzigstes Kapitel. Sevilla.
Einundzwanzigstes Kapitel. Nach Gibraltar.
Zweiundzwanzigstes Kapitel. Ein Stückchen Afrika.
Ein Winter in Spanien, F. W. Hackländer
Jazzybee Verlag Jürgen Beck
86450 Altenmünster, Loschberg 9
Deutschland
ISBN: 978384962630
www.jazzybee-verlag.de

Friedrich Wilhelm Hackländer – Biografie und Bibliografie

Roman- und Lustspieldichter, geb. 1. Nov. 1816 in Burtscheid bei Aachen, gest. 6. Juli 1877 in seiner Villa Leoni am Starnberger See, widmete sich, früh verwaist, 1830 dem Kaufmannsstand, trat nach zwei Jahren bei der preußischen Artillerie ein, kehrte aber, da ihm der Mangel an Vorkenntnissen die Aussicht auf Avancement verschloß, zum Handelsstand zurück. Das Glück lächelte ihm indes erst, als er sein frisches Erzählertalent mit »Vier Könige« und »Bilder aus dem Soldatenleben« (Stuttg. 1841) geltend zu machen begann. Die auf eignen Erlebnissen beruhende Wahrheit und der liebenswürdige Humor dieses Büchleins, dem später die weitern Skizzen »Das Soldatenleben im Frieden« (Stuttg. 1844, 9. Aufl. 1883) folgten, erregten allgemeine Aufmerksamkeit und verschafften H. insbes. die Zuneigung des Barons v. Taubenheim, der ihn zum Begleiter auf seiner Reise in den Orient (1840–41) wählte. Deren literarische Früchte waren: »Daguerreotypen« (Stuttg. 1842, 2 Bde.; 2. Aufl. als »Reise in dem Orient«, 1846) und der »Pilgerzug nach Mekka« (das. 1847, 3. Aufl. 1881), eine Sammlung orientalischer Märchen und Sagen. Durch den Grafen Neipperg dem König von Württemberg empfohlen, arbeitete H. einige Zeit auf der Hofkammer in Stuttgart und wurde im Herbst 1843 zum Sekretär des Kronprinzen ernannt, den er auf Reisen und 1846 auch zu seiner Vermählung nach Petersburg begleitete. Im Winter 1849 aus dieser Stellung entlassen, begab er sich nach Italien, wo er im Hauptquartier Radetzkys dem Feldzug in Piemont beiwohnte, war darauf im Hauptquartier des damaligen Prinzen von Preußen (spätern Kaisers Wilhelm I.) Zeuge der Okkupation von Baden und nahm dann in Stuttgart seine schriftstellerische Tätigkeit wieder auf. 1859 wurde er vom König Wilhelm von Württemberg zum Direktor der königlichen Bauten und Gärten ernannt, begab sich noch in demselben Jahr, bei Ausbruch des italienischen Krieges, auf Einladung des Kaisers Franz Joseph in das österreichische Hauptquartier nach Italien, wo er bis nach der Schlacht bei Solferino blieb, und wurde 1861 für sich und seine Nachkommen in den österreichischen Ritterstand erhoben. Beim Regierungsantritt des Königs Karl (1865) plötzlich seines Amtes enthoben, lebte er seitdem abwechselnd in Stuttgart und in seiner Villa Leoni am Starnberger See. Die literarische Tätigkeit hatte H. während seiner verschiedenen amtlichen Obliegenheiten und Reisen eifrig fortgesetzt; aus der Teilnahme am piemontesischen Feldzug Radetzkys und der Belagerung von Rastatt im Sommer 1849 erwuchsen die »Bilder aus dem Soldatenleben im Krieg« (Stuttg. 1849–50, 2 Bde.); den »Wachtstubenabenteuern« (das. 1845, 3 Bde.; 6. Aufl. 1879), den »Humoristischen Erzählungen« (das. 1847, 5. Aufl. 1883) und »Bildern aus dem Leben« (das. 1850, 5. Aufl. 1883) folgten größere humoristische Romane: »Handel und Wandel« (Berl. 1850, 2 Bde.; 3. Aufl., Stuttg. 1869), voll ergötzlicher Reminiszenzen aus seiner kaufmännischen Lehrzeit, »Namenlose Geschichten« (das. 1851, 3 Bde.) und »Eugen Stillfried« (das. 1852, 3 Bde.). Hackländers Lustspiel »Der geheime Agent«, bei der von Laube 1850 ausgeschriebenen Konkurrenz mit einem Preis gekrönt (3. Aufl., Stuttg. 1856), wurde auf allen deutschen Bühnen mit Erfolg ausgeführt, auch mehrfach übersetzt. Weniger Glück machten: »Magnetische Kuren« und die Possen: »Schuldig« (1851), »Zur Ruhe setzen« (1857) und »Der verlorne Sohn« (1865). Geteilten Beifall fand sein Roman »Europäisches Sklavenleben« (Stuttg. 1854, 4 Bde.; 4. Aufl. 1876). Mit den »Soldatengeschichten« (das. 1854, 4 Bde.) begann eine gewisse Vielproduktion, in der Wiederholungen unvermeidlich waren, und die zuletzt in manieristische Flüchtigkeit auslief. Wir nennen noch: »Ein Winter in Spanien« (Stuttg. 1855, 2 Bde.), das Resultat einer 1853 nach Spanien unternommenen Reise; »Erlebtes. Kleinere [595] Erzählungen« (das. 1856, 2 Bde.); »Der neue Don Quixote« (das. 1858, 5 Bde.); »Krieg und Frieden« (das. 1859, 2 Bde.); »Der Tannhäuser« (das. 1860, 2 Bde.); »Tag und Nacht« (2, Aufl., das. 1861, 2 Bde.); »Der Wechsel des Lebens« (das. 1861, 3 Bde.); »Tagebuchblätter« (das. 1861, 2 Bde.); »Fürst und Kavalier« (das. 1865); »Künstlerroman« (das. 1866); »Neue Geschichten« (das. 1867); »Hinter blauen Brillen«, Novellen (Wien 1869); »Der letzte Bombardier«, Roman (Stuttg. 1870, 4 Bde.); »Geschichten im Zickzack« (das. 1871, 4 Bde.); »Sorgenlose Stunden in heitern Geschichten« (das. 1871, 2 Bde.); »Der Sturmvogel«, Seeroman (das. 1872, 4 Bde.); »Nullen«, Roman (das. 1873, 3 Bde.); »Verbotene Früchte« (das. 1878, 2 Bde.); »Das Ende der Gräfin Patatzky« (das. 1877); »Reisenovellen« (das. 1877); »Residenzgeschichten« (das. 1877); »Letzte Novellen«, mit seinen ersten literarischen Versuchen (das. 1879) etc. Eine Gesamtausgabe seiner Werke erschien Stuttgart 1855 bis 1874, 60 Bde. (neuer Abdruck 1876); eine Auswahl in 20 Bänden 1881, seitdem auch in illustrierten Ausgaben. Auf journalistischem Gebiet begründete H. 1855 mit Edm. Höfer die »Hausblätter« und 1859 mit Edm. Zoller die illustrierte Wochenschrift »Über Land und Meer«. H. zeigte sich in seinen literarischen Produktionen als eine gesunde und frisch genießende Natur von großer Welt- und Menschenkenntnis, soweit es sich um die Beobachtung der äußerlichen Weltzustände und der äußerlichen Charaktere handelt. Unter seinen größern Romanen zeichnen sich besonders die »Namenlosen Geschichten« und »Eugen Stillfried« durch die Frische aller Farben, die seltene Lebendigkeit der Erzählung vorteilhaft aus. Der Humor Hackländers ist vorwiegend harmlos und gutmütig; nur in einzelnen Romanen, wie im »Europäischen Sklavenleben«, spitzt er sich tendenziös zu. Aus seinem Nachlaß erschien eine interessante Selbstbiographie: »Der Roman meines Lebens« (Stuttg. 1878, 2 Bde.). Vgl. H. Morning, Erinnerungen an Friedr. Wilh. H. (Stuttg. 1878).

Ein Winter in Spanien

Der Titel des vorliegenden Buches nöthigt mich, ein paar einleitende Worte zu schreiben, denn es mag vielleicht einer Entschuldigung bedürfen, Spanien, das herrliche, südliche Land, das in unserer Phantasie mit Sonnenschein und Blüthenstaub lebt, das wir nicht zu trennen vermögen von dem Begriff lauer, entzückender Sommernächte nach glühendem Tagesbrand, im Winter bereist zu haben. Aber Verhältnisse bestimmen den Menschen, und eine Reise, deren Ausführung während des Sommers mir und meinen Freunden schwierig war, konnte zur Winterszeit leichter unternommen werden. Dabei will ich nicht verschweigen, daß Staub und unerträgliche Hitze, die in manchen Reisebeschreibungen eine so große Rolle spielen, uns ebenfalls für die kältere Jahreszeit bestimmten. Wenn wir hierbei so manches von dem so reizenden spanischen Volksleben verloren, so hatten wir dagegen bei unsern Zügen durch das Land gute Gelegenheit, das Innere desselben kennen zu lernen; und gerade der Winter gestattete es uns vom Sattel des Pferdes frei umzuschauen, wogegen uns der heiße Sommer fortwährend in den dunstigen Eilwagen mit seinen engen Fenstern gebannt hätte. Übrigens bin ich weit entfernt, irgend einen der verehrlichen Leser in Betreff einer Reise nach Spanien für den Winter bestimmen zu wollen, aber eben so wenig, Jemanden zu einer Tour durch das Land während der Sommerszeit zu veranlassen. Wer Spanien auf bequeme und angenehme Art besuchen will, reise im Frühjahr der Küste entlang und mache einen Abstecher von Malaga nach Granada, und von Cadiz über Sevilla nach Cordova, so hat er das Schönste gesehen, was die Erde ihm zu bieten vermag.
Wenn ich auch bei meiner Reise manches Ungemach zu ertragen hatte, so wurde dasselbe doch gemildert durch die Gesellschaft zweier lieben Freunde, mit denen ich die angenehmen Stunden doppelt genoß, und in deren Begleitung die unangenehmen durch guten Humor, durch Scherz und Lachen verkürzt wurden.
Dabei lehrte mich der eine dieser Freunde, Baumeister Leins von Stuttgart, der, noch ein junger Mann, hier in einem der schönsten und prächtigsten Bauwerke der Neuzeit den ganzen großen Schatz seiner Kunst entfaltet, und sich dadurch einen guten, wohlverdienten Namen in Deutschland gemacht, die herrlichen Bauwerke Spaniens kennen und verstehen, und seine gründliche Aufzeichnungen waren mir bei Entstehung dieses Buches von außerordentlichem Nutzen. Der Andere, der Maler Theodor Horschelt von München, ebenfalls ein treurer Freund in allen Verhältnissen, stellte mir seine gesammelten, zahlreichen und schönen Skizzen zur Verfügung, von denen ich gewiß Gebrauch machen werde, wenn die Gunst des Lesers mir erlaubt, in einer neuen Auflage das bescheidene Gewand meines Buches zu illustriren. Für Horschelt, der uns in Oran verließ, um noch längere Zeit in den französischen Kolonien Afrikas zu bleiben, war diese Reise ein bedeutender Wendepunkt in Leben und Kunst, denn wenn auch schon seine früheren Bilder den vollen Beifall der Kenner erhielten, und kaum beendigt angekauft wurden, so hat er doch vor Kurzem ein größeres, wirklich herrliches Gemälde für seine Majestät den König von Württemberg beendigt und so eine Frucht dieser Reise hervorgebracht, die seinem Namen einen guten und dauernden Klang verleihen muß.
Was ich nie für möglich gehalten, habe ich hier unwillkürlich getan, – eine Vorrede geschrieben, und bitte den Leser um Entschuldigung, mit dem feierlichen Versprechen, mich eines solchen Mißbrauchs seiner Geduld nie mehr schuldig machen zu wollen. – Vorrede ist eigentlich falsch: es müßte Nachrede heißen; denn erst, wenn das Buch beendigt ist, sagen wir dem geneigten Leser noch ein paar passende Worte, wie wir ja einen guten Freund, der uns besuchte, bis an die Hausthüre begleiten und mit der Bitte entlassen, bald wieder zu kommen, wenn es ihm bei uns gefallen, – womit ich denn auch hier auf der Schwelle meines Hauses von dem freundlichen Leser Abschied nehmen will.
Haide-Haus, bei Stuttgart, im September 1855
F. W. Hackländer.

Erstes Kapitel. Nach Italien.

Abreise von Stuttgart. Ein Eisenbahnbild. Das Neckarthal. Herbstliche Zeit. Ein Kirchlein. Bergriesen. Geißlingen. Ulm. Biberach. Ravensburg. Das Haus des Hannikel. »Turlesbach fertig«. Bodenseedampfer. Rorschach. Ein Freund. Schweizer Telegraphen. Über den Splügen. Chiavenna. Donna è mobile! Gewitterstürme. Colico und der Dampfer Adda. Fahrt auf dem Comersee. Regenmantel, Regenwetter und Passagiere. Der energische Kellner. Como. Postwesen auf der Eisenbahn. Hôtel Reichmann.
An einem warmen schönen Herbstmorgen, es war der 8. Oct. 1853, bestieg ich mit meiner Familie in Stuttgart den Eisenbahnwagen, um eine Reise nach Italien und Spanien anzutreten, – »fertig, fort« rief der Zugführer, und es ist das die letzte Abfertigung, das Signal zur Abfahrt – fertig, fort! – man hört es oft wenn man kleine Ausflüge in der Umgebung macht und freut sich alsdann den dunkeln Bahnhof verlassen zu können. Heute aber, wie das »fertig, fort« den leichten Faden zerriß, der uns noch an die Heimath band, und wir gleich darauf langsam vorwärts fahrend, noch einmal im Fluge die betrübten Gesichter der Freunde und Bekannten sahen, die uns vom Abschied schmerzlich bewegt das Geleite gegeben, winkend mit der Hand und mit feuchten Augen, unser letztes Lebewohl ebenso erwidernd – heute bewegt das einfache »fertig, fort« unsre Herzen, und wir, die wir abreisen, sitzen schweigend und gedankenvoll – an die Zukunft denkend, an den langen langen Weg vor uns, und auch viel und gern an eine glückliche Heimkehr. Nur die Kinder freuen sich des Fahrens und schauen mit glänzenden Augen in das vielfarbige Grün des Schloßgartens, an dessen Gränzen wir dahinfliegen, rücken aber nun ängstlich zusammen, als uns die Locomotive in den Rosensteintunnel hineinreißt, und lachen erst wieder als wir jenseits des Berges das sonnenbeglänzte Neckarthal erreichen. –
Ja es war ein schöner heiterer Tag, aber die Sonnenwärme hatte den klaren Himmel redlich erkämpft, erst nach langen heftigen Gefechten schlug sie die irdischen Nebelschauer aufs Haupt und zwang sie sich in ihre Schluchten und Berge zurückzuziehen. Wohl schwebten noch längere Zeit einige Nachzügler, als Wolken zusammengeballt, an dem tiefblauen Himmelsgewölbe dahin, doch führte der schöne Tag die Besiegten wie im Triumph mit sich; ihre weißen Massen dienten seiner Schönheit als Relief, und er benutzte sie, um die glühende im bunten Herbstschmuck prangende Gegend hin und wieder mit zierlichen leicht vorüberziehenden Wolkenschatten neu zu schmücken. So fuhren wir dahin in ziemlich leerem Wagen, weßhalb es denn auch möglich war, selbst gegen das Reglement hie und da an die Thür zu treten, um einen Blick in das schöne Neckarthal hinauszuwerfen. Bis nach Göppingen hinauf dampft die Locomotive fast unter lauter Obstbäumen dahin, die sich über der Bahn die Hände reichen und jetzt ihre reifen Früchte in gelb und roth beinahe auf die Wagendecken herabhängen lassen. Zur Rechten begleitet uns der Neckar bald in breitem Sand- und Kiesbette, bald durch mächtige Mauern eingeengt, die ihn auf die Seite drücken und ihm einen Platz für den Schienenweg abnöthigen; hier stürzt sich der Fluß schäumend über ein Wehr hinab, dort trägt er geduldig und ergeben das Joch einer alten hölzernen Brücke mit ihren plumpen unregelmäßigen Formen, während sich bei Untertürkheim die zierlichen Geländer der so eben neuentstandenen eisernen Gitterbrücke wohlgefällig in seinen klaren Fluthen abspiegeln. Zur Linken haben wir die Abhänge der Berge, welche die Eisenbahn tragen, auf ihnen alte und neue Schlösser, Wartthürme, an ihrem Fuß freundliche Dörfer, meistens in kleinen heimlichen Nebenthälern liegend. Die Ernte ist aller Orten vorüber, kaum weht der Wind über die Stoppeln, und schon wird ein Theil der Felder von dem unersättlichen Menschengeschlecht wieder zu neuem Dienst vorbereitet; der Pflug reißt hier die dampfende Erde auf, dort wird die Seele der Landwirthschaft ausgebreitet, und während man an dieser Stelle noch Kartoffeln ausgräbt, wirft man drüben schon wieder die Wintersaat aus. Aber dieses Leben, diese Bewegung in der herbstlichen Landschaft ist so mannichfaltig, so schön, die Erde hat sich, nachdem sie alles hingegeben, mit dem armseligen Überrest ihres reichen Sommers herrlich geschmückt, und lächelt uns noch einmal freundlich zu, ehe des Winters kalte Hand über sie dahinfährt und von ihr streift den letzten Schmuck, die gelben und rothen Blätter, die schon jetzt bei jedem Lufthauch, ahnend ihr baldiges Vergehen, ängstlich an den matten Stielen zittern. Die Gärten, an denen wir vorüberdampfen, sehen schon recht traurig und verwahrlost aus, die halbvertrockneten Stängel und verwelkten Kräuter sind niedergetreten; Unkraut wuchert triumphirend über sie empor und lacht recht höhnisch zu den hohen Dahlien auf, die gestern noch stolz ihre bunten Köpfe trugen, und sie jetzt, durch den Reif verletzt, tief und traurig herabhängen lassen. Die gelben Capuciner haben schon ein zäheres Leben, und ihre hellen Blumen leuchten noch ziemlich frisch aus dem dunkeln Laub hervor; – vorbei – vorbei! Dort in einem Waldwinkel weidet eine Schafheerde, und die weißen Thiere treten aus dem Grün deutlich hervor, der Hirt und sein Hund schauen uns nach, der Mann ist nachdenkend, er hat so traurige Gedanken über die Eisenbahn und das wilde Getriebe, das mit ihr hier in den stillen Thälern entstanden.
Während wir nun auf der einen Seite an dem Fluß dahinfahren, der bald den Eisenbahndamm bespült, bald in einem weiten Bogen das fruchtbare Thal durchzieht, kreuzen wir häufig die alte Landstraße und sausen hier an Fußwanderern vorbei, die alle das Gesicht gegen uns kehren, oder an Frachtwagen, die mit weißem Tuche überdeckt sind und, obgleich mit kräftigen Pferden bespannt, doch gar nicht von der Stelle zu kommen scheinen. Das alles lassen wir im Augenblick hinter uns, und wenn wir uns dort oben am Berge das weiße Haus mit seinen grünen Läden und rothem Ziegeldach betrachten, und die Augen fest darauf heften, so kommt es uns vor, als drehe sich das Gebäude langsam, um uns nachzuschauen. Neben diesem Hause, nicht weit davon, steht ein altes graues Kirchlein mit ehrwürdigem Schlafmützenthurm; von ihm aus gehen zwei weiße Mauern, die wie zwei lange Arme den stillen Friedhof umfassen; auch das Kirchlein schaut uns mit seinen gothischen Fenstern grämlich nach, scheint aber dabei die Arme fester zusammenzuziehen und flüstert wahrscheinlich zu den Ruhenden hinab, die früher auch hier vorüberzogen im Sonnenglanz und Leben: Laßt sie nur dahinsausen mit ihrem Feuerwagen, das hat alles sein Ende, und auch die da unten werden über kurz oder lang ihr Plätzchen finden; schlaft nur, schlaft! Es ist gut, daß in diesem Augenblick eine Schaar lustiger Tauben von dem Hügel nebenan emporfliegen und alle trüben Gedanken zerstreuen, denn man blickt ihnen gern nach, wie sie so dahinschießen mit ihrem glänzenden Gefieder, bald in einem dichten Haufen, bald weit auseinander und zerstreut, und wie sie nun dort auf der Höhe langsam einfallen neben einem Bauer mit Ochsen und Pflug, der gegen den klaren blauen Himmel wie eine dunkle Silhouette absticht. Aber an allem dem fliegen wir vorüber, immerzu, immerzu! Jetzt rast die Maschi...

Inhaltsverzeichnis

  1. Friedrich Wilhelm Hackländer – Biografie und Bibliografie
  2. Ein Winter in Spanien