Arbeit
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Arbeit

  1. 355 Seiten
  2. German
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Über dieses Buch

"Arbeit" ist der zweite Teil des gesellschaftskritischen Romanzyklus "Die vier Evangelien". Das E-Book Arbeit wird angeboten von Jazzybee Verlag und wurde mit folgenden Begriffen kategorisiert:

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Information

Jahr
2012
ISBN
9783849618070

Lucas hatte sich wiedergefunden, willenskräftiger und tatfreudiger denn je regte sich in ihm der Städtegründer und Städtebauer, und die Menschen und die Steine gehorchten seiner Stimme. Mit dem Glauben an seine Mission war ihm alle Stärke, alle Heiterkeit seiner Seele wiedergekehrt. Rüstig und fröhlich führte er den Kampf der Crêcherie gegen die Hölle, und von Tag zu Tag vergrößerte er seine Eroberung der Menschen und Dinge. Seine neue Stadt sollte ihm Josine wiederbringen. Mit Josine waren alle Unglücklichen der Erde erlöst. Darauf hätte er seine Zuversicht gesetzt, und er arbeitete für und durch die Liebe.
An einem schönen, klaren Tage wurde er ungesehen Zeuge einer Szene, die ihn zugleich ergötzte und rührte. Er war im Begriff, einen Rundgang durch die Nebengebäude der Fabrik zu machen, um auch hier nach dem Rechten zu sehen, als unerwartet helle Stimmen und lustiges Gelächter aus einer Ecke des Gebietes zu ihm drangen, wo am Fuße des steilen Abhanges der Monts Bleuses eine Mauer das Gebiet der Crêcherie von dem der Hölle trennte. Er näherte sich sachte, um nicht gehört zu werden, und blickte auf das reizende Schauspiel einer Schar Kinder, die zwanglos unter der hellen Sonne spielten.
Diesseits der Mauer befand sich Nanet, der täglich zu seinen Freunden in die Crêcherie kam, mit Lucien und Antoinette Bonnaire, die er wahrscheinlich auf einer hitzigen Jagd nach Eidechsen bis hierher geführt hatte. Alle drei hatten die Köpfe erhoben und lachten und schrien, während auf der anderen Seite der Mauer andere Kinder, die man nicht sah, ebenfalls lachten und schrien. Und es war leicht zu erraten, daß drüben bei Nise Delaveau wieder ein Kindermahl stattgefunden hatte, daß die kleinen Gäste samt ihrer Wirtin, im Garten spielend, die Stimmen der Kameraden von drüben gehört hatten und daß nun beide Teile vor Begierde brannten, sich zu sehen, um miteinander spielen zu können. Leider aber war die Tür, die sich früher hier befand, vermauert worden, da man hatte erkennen müssen, daß alle Verbote und Schelte die Kinder nicht abhielten, miteinander zu verkehren. Bei Delaveau war ihnen streng verboten worden, auch nur bis ans Ende des Gartens zu gehen. In der Crêcherie bemühte man sich, ihnen zum Bewußtsein zu bringen, daß sie noch Unannehmlichkeiten, Streitigkeiten, vielleicht sogar einen Prozeß heraufbeschwören würden. Aber das alles fruchtete nichts, sie setzten sich über Verbote und Ermahnungen hinweg, als arglose Kinder, die den unbekannten Kräften der Zukunft gehorchten, sie ließen sich nicht abhalten, sich miteinander zu verbrüdern, in göttlicher Unkenntnis des Klassenhasses und der wütenden Kämpfe der Erwachsenen.
Die reinen, hohen Stimmen ertönten immerzu wie Lerchentriller.
»Bist du's, Nise? Guten Tag, Nise!«
»Guten Tag, Nanet! Bist du allein, Nanet?«
»O nein, Lucien und Antoinette sind auch da. Und du, Nise, bist du allein?«
»O nein, Louise ist bei mir und Paul. Guten Tag, guten Tag, Nanet!«
»Guten Tag, guten Tag, Nise!«
Sie wurden nicht müde, einander guten Tag zuzurufen, und begleiteten jeden Ruf mit nicht endenwollendem Gelächter.
»Du, Nise, bist du noch da?«
»Ja, ja, Nanet, ich bin noch da.«
»Nise, hör einmal, kommst du nicht herüber?«
»Wie sollt' ich hinüberkommen, Nanet, da die Tür vermauert ist?«
»So spring doch, Nise, spring doch!«
»Spring du doch, Nanet, spring du doch!«
Und alle sechs fingen an zu rufen: »Spring doch, spring!« und hüpften wie toll an der Mauer in die Höhe, als ob sie hofften, sich sehen zu können, wenn sie recht hoch sprangen. Sie drehten sich, sie tanzten, sie verbeugten sich vor der unbarmherzigen Wand, sie taten, als machten sie sich gegenseitig Gesten durch sie hindurch, mit der kindlichen Einbildungskraft, die alle Hindernisse überwindet.
Dann begannen die hellen Stimmen wieder. »Du, Nise, weißt du was?«
»Was denn, Nanet?«
»Ich werde auf die Mauer steigen, Nise, und dich hinaufziehen, damit du herüberkommst.«
»O ja, o ja! Steig hinauf, Nanet, steig hinauf!«
Mit katzenartiger Gewandtheit kletterte Nanet an der Mauer in die Höhe und war im nächsten Augenblicke oben. Dann setzte er sich rittlings oben hin, und war lustig anzusehen mit seinem runden Kopfe mit den blonden, zerzausten Haaren und den großen blauen Augen. Er war schon vierzehn Jahre alt, von kleiner, aber kräftiger Gestalt, mit einem lächelnden, dreisten Gesicht.
»Lucien, Antoinette, paßt auf, ob jemand kommt!«
Dann rief er, stolz auf seinen gebietenden Platz, von dem er beide Seiten übersah:
»Komm herauf, Nise, ich helfe dir!«
»Nein, nein, nicht ich zuerst. Ich werde auf dieser Seite aufpassen, Nanet.«
»Wer soll also zuerst kommen, Nise?«
»Wart einmal, Nanet, gib acht! Paul kommt hinauf. Hier ist ein Gitter an der Mauer. Er wird erst probieren, ob es bricht.«
Ein Schweigen folgte und man hörte nur das Knacken alten Holzes und unterdrücktes Gelächter. Lucas überlegte, ob er nicht vortreten sollte, um die Ordnung herzustellen und die beiden Kindergruppen wie eine Schar Sperlinge zu verscheuchen. Wie oft hatte er selbst die Kinder ausgescholten, aus Furcht, daß ihre Zusammenkünfte doch einmal ernstliche Mißhelligkeiten hervorrufen könnten. Aber er fand die Kleinen so köstlich in ihrer Furchtlosigkeit und ihrem Übermut, daß er sich noch nicht entschließen konnte, sie zu stören. Eine kleine Weile wollte er noch zusehen und dann einschreiten.
Ein Triumphgeschrei erscholl, Pauls Kopf erschien über der Mauer, Nanet zog ihn vollends herauf und ließ ihn dann auf dieser Seite in die Arme Luciens und Antoinettens hinabgleiten. Paul, obgleich auch schon über vierzehn Jahre alt, war nicht schwer, ein schmächtiger, hübscher blonder Junge von sanfter, guter Gemütsart, mit weichen, klug blickenden Augen. Kaum auf dieser Seite der Mauer angelangt, umarmte er Antoinette, seine Freundin, die er sehr gern hatte, weil sie so groß und schön für ihre zwölf Jahre war und sehr viel Anmut besaß.
»So, der wäre drüben, Nise. Wer kommt jetzt?«
Aber Nise rief leise und ängstlich:
»St, st, Nanet! Dort beim Hühnerstall rührt sich was! Duck dich auf die Mauer, schnell, schnell!«
Dann, als die Gefahr vorüber war:
»Nanet, aufgepaßt, jetzt kommt Louise, ich helfe Louise hinauf!«
Und bald darauf erschien in der Tat der Kopf Louisens, ein Zickleinkopf mit schwarzen, ein wenig schiefgestellten Augen, einem winzigen Näschen und spitzen Kinn. Elf Jahre alt, war sie bereits ein kleines, eigenwilliges und selbständiges Persönchen, die ihre Eltern, die guten Mazelles, täglich mehr außer Fassung brachte, da sie nicht begreifen konnten, wie ein solcher Wildfang aus ihrem sanften Egoismus hatte entspringen können. Sie wartete nicht einmal ab, daß Nanet ihr herüberhalf, sondern sprang gleich selbst herunter und fiel Lucien, ihrem Herzensfreund, um den Hals. Dieser, der älteste von allen, war groß und kräftig, fast wie ein Mann mit seinen fünfzehn Jahren, und war ein erfinderischer Kopf, der seiner kleinen Freundin ganz außerordentliche Spielzeuge verfertigte.
»Nummer zwei, Nise. Jetzt bist nur noch du übrig. Komm schnell, dort beim Brunnen rührt sich wieder was!«
Das Knacken brechenden Holzes wurde hörbar, offenbar war ein ganzes Blatt des Gitterwerks umgefallen.
»O Nanet, ich kann nicht. Louise hat das ganze Gitter niedergetreten!«
»Das macht nichts, Nise. Gib mir nur deine Hand, ich zieh dich herauf.«
»Nein, nein, es geht nicht, Nanet, du siehst, ich bin zu klein.«
»Wenn ich dir sage, daß ich dich heraufziehe. Noch ein Stückchen! Ich bück' mich, und du streckst dich. Hoppla! Siehst du, wie es geht!«
Er hatte sich flach auf die Mauer gelegt, so daß er sich nur wie durch ein Wunder im Gleichgewicht hielt, und mit einem kräftigen Ruck hob er Nise herauf und setzte sie rittlings vor sich hin. Sie sah noch zerzauster aus als sonst mit ihrem blonden Lockenkopf, ihrem rosigen, stets lachenden Mäulchen und ihren blauen Augen.
Eine kurze Weile blieben sie so rittlings oben sitzen, eins dem anderen gegenüber, triumphierend, sich so hoch in der Luft zu befinden.
»Oh, dieser Nanet, wie stark er ist! Er hat mich richtig heraufgezogen.«
»Du hast dich aber auch ordentlich groß gemacht. Weißt du, ich bin vierzehn Jahre alt.«
»Und ich elf! Sag, sitzen wir nicht da, wie auf einem Pferd, einem sehr hohen Pferd aus Stein?«
»Weißt du was, Nise? Ich stell' mich auf, willst du?«
»O ja, ja, aufstellen! Ich stell' mich auch auf!«
Da rührte sich wieder was im Garten, diesmal von der Küchenseite her. Und von Furcht ergriffen, umfaßten sie sich und kollerten, eins in des anderen Armen, von der Mauer herab, indem sie sich mit aller Kraft aneinanderdrückten. Sie hätten sich zu Tode fallen können, aber sie waren ganz heil geblieben, sie erhoben sich lachend und begannen sogleich munter zu spielen. Paul und Antoinette, Lucien und Louises tollten schon zwischen den Büschen und Felsblöcken umher, die hier, am Fuße der Felswand, köstliche Verstecke boten.
Lucas, der einsah, daß es zu spät war, zog sich leise und geräuschlos zurück. Da ihn niemand gesehen hatte, so würde auch niemand wissen, daß er die Augen zugedrückt hatte. Ach, die lieben Kleinen, mochten sie doch nur dem Trieb ihrer reinen Jugend folgen und sich unter Gottes freiem Himmel zusammenfinden, trotz aller Verbote! Sie waren die Blüte des Lebens! Sie waren vielleicht bestimmt, die Versöhnung der Klassen zu verwirklichen, sie trugen vielleicht die Zukunft in sich, in der Gerechtigkeit und Frieden herrschen sollte. Was die Väter nicht tun konnten, das würden sie tun, und ihre Kinder würden es noch stärker tun, dank der unbesieglichen Kraft der menschlichen Entwicklung, die in ihren Adern pochte. Und während er sich sachte entfernte, um sie nicht zu stören, lachte Lucas vergnügt in sich hinein über ihren Frohsinn und ihren lauten Übermut, der von keinem Gedanken an die Schwierigkeit getrübt war, die das Wiedererklettern der Mauer ihnen bereiten mußte. Noch nie war der Ausblick in die Zukunft ihm so hoffnungsfreudig erschienen, nie hatte er mehr Kraft zum Kampf und Zuversicht auf den Sieg in sich gefühlt.
Und lange Monate dauerte der Kampf, der erbitterte, erbarmungslose Krieg zwischen der Crêcherie und der Hölle. Lucas, der die Crêcherie schon erschüttert, auf dem Wege zum Niedergang geglaubt hätte, bot alle seine Kraft auf, um sie aufrechtzuerhalten. Er hoffte für lange Zeit hinaus auf keine Erweiterung seines Unternehmens, er wollte nur keinen Boden verlieren. Und es war schon ein schöner Erfolg, daß er sich auf derselben Höhe erhalten, daß er lebensfähig bleiben konnte unter den Schlägen, die von allen Seiten auf ihn niederfielen. Aber welch eine gewaltige Aufgabe; welche Tapferkeit und übermenschliche Arbeit erforderte sie! Die Macht der Idee gab ihm die Größe und Kraft eines Apostels und wirkte Wunder durch ihn. Er war überall zu gleicher Zeit, feuerte die Arbeiter in den Werkstätten an, befestigte die Bande der Brüderlichkeit zwischen Großen und Kleinen im Gemeindehaus, wachte über die geregelte Verwaltung in den Lagern. Man sah ihn täglich in den sonnigen Gassen der jungen Stadt, mit den Frauen lachen und mit den Kindern spielen, ein junger Vater dieses kleinen Volkes. Alles wuchs, dehnte sich, ordnete sich nach seinem Winke, dank seinem Schöpfergenie, seiner Fruchtbarkeit, die überall Samen ausstreute, wohin er den Fuß setzte. Und das größte Wunder war die vollständige Eroberung seiner Arbeiter, unter denen die Uneinigkeit und der Aufruhr einen Augenblick einzureißen gedroht hatten. Obgleich Bonnaire noch immer nicht so dachte wie er, hatte Lucas die Zuneigung dieses braven und guten Menschen so vollständig erworben, daß er in ihm seinen treuesten und ergebensten Gehilfen fand, ohne den das Werk sicherlich nicht hätte durchgeführt werden können. Ebenso hatte sein unerschöpflicher Reichtum an Liebe allmählich alle Arbeiter durchströmt, sie scharten sich immer fester um seine Person, als sie sahen, wie zartfühlend, wie brüderlich er war, wie er nur für das Glück anderer lebte. Alle Angehörigen der Crêcherie bildeten eine große Familie, um die das Band der Gemeinsamkeit sich immer fester schloß, da alle endlich begriffen, daß es für sein eigenes Glück arbeiten heiße, wenn man für das Glück aller arbeitete. Während eines halben Jahres verließ nicht ein einziger Arbeiter die Fabrik, und wenn auch die, die ausgetreten waren, noch nicht wiederkehrten, so waren doch die Treugebliebenen opferfreudig genug, nicht ihren ganzen Anteil zu beziehen, sondern einen Teil in der Kasse des Unternehmens zu lassen, um diesem zu ermöglichen, einen beträchtlichen Reservefond anzulegen.
Und in dieser kritischen Zeit war es zweifellos die Gemeinsamkeit aller Genossenschaftsmitglieder, die sich zur Verteidigung des We...

Inhaltsverzeichnis

  1. Emile Zola – Biografie und Bibliografie
  2. Arbeit
  3. Erster Teil
  4. Zweiter Teil
  5. Dritter Teil