1. Die Grundannahmen
Es gibt einige Grundannahmen, von denen wir in diesem Buch ausgehen. Grundannahmen, die Sie kennen sollten, um das Weitere zu verstehen. Deshalb zunächst – kurz und knapp – ein Überblick darüber.
Grundannahme I: Die Verschuldung steigt rasant
Alan Greenspan, späterer Notenbankchef, äußerte sich im Jahr 1966 mit folgenden Worten zur Weltwirtschaftskrise und der anschließenden Hyperinflation:
»Die überschüssigen Kredite, die die Fed in die Wirtschaft pumpte, fanden ihren Weg an den Aktienmarkt und lösten einen fantastischen Boom aus. Zu spät versuchen die Notenbanker, die überschüssige Liquidität abzuziehen, und waren schließlich erfolgreich in ihren Bemühungen, den Boom zu beenden. Aber es war zu spät.«
Natürlich können auch Politiker immer wieder sagen, sie würden die Schulden zurückzahlen. Selbst der griechische Ministerpräsident Papandreou hat kürzlich wieder Stein und Bein geschworen, Griechenland werde seine Schulden auf Euro und Cent begleichen.
Aber sehen Sie selbst, wie die Situation aussieht. Dafür brauchen wir gar nicht Griechenland oder sonst einen Staat anzuführen, der aktuell als Pleitekandidat in den Medien gehandelt wird. Nehmen wir stattdessen die USA: Die Vereinigten Staaten haben ungefähr 2 Billionen US-Dollar Auslandsschulden, also Schulden bei anderen Staaten. Rechnen Sie kurz 5 % Zinsen darauf, dann zahlen die USA alleine 100 Milliarden Dollar Zinsen an die Gläubigerstaaten (wenn sie denn zahlen).
Pro Haushalt sind das etwa 1.000 Dollar jährlich nur an Zinsen nur an diese Staaten Wie und mit welchen Steuern sollte dieses Defizit sich reduzieren?
Auch in Deutschland ist die Staatsverschuldung immer nur gestiegen, wie die folgende Grafik zeigt:
Quelle: Statistisches Bundesamt Deutschland (bis 2007), Bund der Steuerzahler (ab 2008)
Und nicht nur in Deutschland ist die Lage kritisch. Weitere Fakten, die zeigen, dass es keinen Weg mehr zurück gibt:
- Alle Staaten der Euro-Zone zusammen haben 2009 ein Minus von 6,3 % erwirtschaftet.
- Alle Staaten zusammen haben eine Gesamtverschuldung in Höhe des jährlichen Bruttoinlandsproduktes von 73,6 %. Gegenüber 2008 ist dies ein Anstieg von 12 Prozentpunkten ausgehend von 61,6 %. Umgerechnet heißt dies auch: Die Schulden sind innerhalb eines einzigen Jahres bereits ohne die jüngst beschlossenen großen Rettungspakete um 19,48 % gestiegen.
- Allein Deutschland musste für 2009 – damals noch bescheidene – 43 Milliarden Euro an Zinsen für die Schulden aufnehmen. Dieser Betrag wird Jahr für Jahr wachsen, ebenso wie die Schulden Jahr für Jahr wachsen.
Die Haushaltsbilanz Deutschlands für das Jahr 2009 |
Einnahmen | 474 Mrd. Euro |
Ausgaben | 451 Mrd. Euro |
Plus | 23 Mrd. Euro |
Zinsen | 66 Mrd. Euro |
Defizit 2009 | 43 Mrd. Euro |
Die deutschen Schulden liegen insgesamt offiziell bei gut 1,7 Billionen Euro. Damit ist bei dem aktuellen Defizit klar: Auf Jahrzehnte wird es keine Rückzahlung geben, und damit auch keine Entlastung wenigstens bei den Zinsen. Allein die Griechenland-Hilfe und die zugesagten Bürgschaften schnüren den Bewegungsspielraum weiter ein.
Grundannahme II: Die wahren Schulden sind viel höher als ausgewiesen
Die oben angeführten Zahlen spiegeln noch nicht einmal annähernd die wahren Schulden wider. Schulden sind Zahlungsverpflichtungen. Wenn Sie zu den oben genannten Verpflichtungen noch die jetzt schon absehbaren Zahlungsverpflichtungen zählen, landen Sie bei einem Schuldenberg von gut 5 Billionen Euro. Dazu gehören beispielsweise die Pensionen, die der Staat seinen Beamten in Zukunft zahlen muss. Für diese Pensionen gibt es keine Vorsorge, sie werden stets aus dem laufenden Staatshaushalt beglichen. Folglich fließen künftige Pensionen jetzt auch noch nicht in die Gesamtrechnung ein. Das heißt zwangsläufig: Die wahren Staatsschulden sind viel höher als die ausgewiesenen. So hoch, dass ein Zurück in die Schuldenfreiheit erst recht nicht mehr möglich ist.
Grundannahme III: Es kann kein Zurück geben – dafür sorgt die Demokratie
Wir könnten es auch Eigennutz nennen. Wer für fünf (oder bei zwei Legislaturperioden) zehn Jahre ins Amt gewählt ist oder werden will, wird es sich mit seinen Wählern nicht verscherzen wollen.
Einsparungen bedeuteten aber Einschnitte bei freiwilligen Leistungen, also bei Leistungen, für die keine Pflicht besteht. Dies sind Sozial- und Bildungsleistungen – nichts anderes. Zinszahlungen sowie die meisten Investitionen in Militär und Infrastruktur sind auf Jahre festgeschrieben. Ein Zurück gibt es auch hier nicht mehr.
Grundannahme IV: Niemand kann die Situation überblicken und steuern
Es gibt niemanden, keinen einzigen Volkswirt weltweit, der das gesamte Schuldengeflecht und sämtliche Auswirkungen einzelner Maßnahmen noch berechnen oder gar steuern kann. Zu viele Interessen, zu viele Daten, zu viele nicht untersuchte Zusammenhänge verhindern eine Zentralsteuerung.
Mit anderen Worten: Wir alle sind nicht nur Zuschauer, sondern auch Akteure dieses Stückes. Es gibt nicht die eine Verschwörung, den Masterplan, nach dem die Welt neu aufteilt wird. Das ist eine gute Nachricht: Es wird Sie zur Zeit niemand daran hindern, das Geschick in dieser nicht 100-prozentig kalkulierbaren Situation selbst in die Hand zu nehmen. Wir fühlen uns aufgefordert, Sie auf diesem Weg zu begleiten.
Grundannahme V: Viele Staaten sind zugleich bedroht
Staatsbankrotte hat es schon viele gegeben. Aber dass mehrere bedeutende Wirtschaftsnationen, darunter Japan, die USA und Deutschland, gleichzeitig Gefahr laufen, zahlungsunfähig zu werden, gab es noch nie. Ein genaues Vorbild für die kommende Serie von Staatsbankrotten haben wir folglich nicht. Wir können nur beschreiben, wie ein Staatsbankrott in der Regel abläuft, Szenarien für dieses Ereignis entwickeln, und die einzelnen Szenarien mit Wahrscheinlichkeiten gewichten.
Die große Depression (Weltwirtschaftskrise) der 30er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts, die vorhergehende Hyperinflation in Deutschland Anfang der 20er-Jahre, die Währungsreform in Deutschland im Jahr 1948. Es sieht so aus, als sei alles schon einmal dagewesen. Das mag in Ansätzen stimmen, und doch ist heute alles anders:
Heute wissen wir, was damals passiert ist. Wir wissen, was Politik, Zentralbanken und Investoren falsch oder richtig gemacht haben. Diese Erfahrungen selbst beeinflussen den Umgang mit dieser, der größten weltweiten Finanzmarktkrise aller Zeiten. Das muss nicht gut oder schlecht sein. Es heißt aber: Es gibt keinen Automatismus, kein Muster, nach dem sich alles wiederholen wird.
Wir alle sind aber nicht nur Zuschauer einer neuen Aufführung des immergleichen Stückes, sondern auch Akteure, die darin mitspielen. Sie können Ihr Geschick in die eigene Hand nehmen. Es gibt keinen unausweichlichen »Crash« für Ihr Vermögen.
Grundannahme VI: Vorsorge ist einfacher, als viele denken
Sie müssen kein Volkswirt sein, Sie müssen ke...