Wenn der Staatsanwalt kommt
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Wenn der Staatsanwalt kommt

So sind Sie bei unerwünschten Besuchen gewappnet

  1. 224 Seiten
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Wenn der Staatsanwalt kommt

So sind Sie bei unerwünschten Besuchen gewappnet

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Über dieses Buch

Wenn die Staatsanwaltschaft oder die Steuerfahndung vor der Tür stehen, hat das für die betroffenen Unternehmen und Personen erhebliche Konsequenzen. Fehler, die aus Unsicherheit oder Nervosität passieren, können für den Betroffenen sehr unangenehme Folgen haben - bis hin zur strafrechtlichen Verfolgung oder nachhaltigen Imageschädigung.Häufig tappen aber auch unbescholtene Unternehmer und Führungskräfte aus Unkenntnis in eine der vielen möglichen Fallen oder machen sich unwissentlich strafbar.Marco Geuenich und Lars Kutzner leisten Abhilfe und geben einen Leitfaden an die Hand, wie man sich im Umgang mit der Staatsgewalt richtig verhält und unangenehmen Besuchen am besten vorbeugt.Die beiden Rechtsanwälte gewähren Einblicke in Ermittlungsanlässe, Fahndungsschwerpunkte und das Verhalten bei Durchsuchungen. Dabei werden neben Checklisten und vielen Beispielen die häufigsten Praxissituationen genauer unter die Lupe genommen."Wenn der Staatsanwalt kommt" wappnet Sie, damit im Krisenfall nichts an Ihnen hängen bleibt.

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Information

Jahr
2010
ISBN
9783899814507
Auflage
1
Thema
Diritto
image


1 Korruption im Unternehmen – Risiko Mitarbeiter

Das klassische Beispiel für die unverschuldete Berührung mit den Strafverfolgungsbehörden ist die Korruption im Unternehmen. Wer dabei nur an Stadtbauräte, Kunstbeauftragte oder andere Landes- bzw. Bundesbeamte denkt, der hat Recht und liegt trotzdem falsch. Bestechungen sind über Jahre hinweg aus strafrechtlicher Perspektive ein Phänomen des Zusammentreffens von Wirtschaftsunternehmen mit staatlichen Stellen gewesen und zwar immer dort, wo es galt, etwas von Seiten des Staates dem Bürger oder Unternehmen zu gewähren. Geradezu typisch ist Korruption im Bereich der Bauwirtschaft und für die Vergabe von Aufträgen des Staates an Private. Nach wie vor füllen solche Skandale die Zeitungen der Republik. Jüngstes Beispiel für den gutsherrenartigen Umgang mit den öffentlichen Kassen zum eigenen Vorteil sind die Vorfälle im so genannten Kölner Müllskandal.
Dennoch setzt sich auch in bundesrepublikanischen Amtsstuben eine Art „Best Governance“ durch. Der Gesetzgeber hat der Korruption den Kampf angesagt. Dies zeigt sich etwa daran, dass immer mehr Landesgesetze zur Verbesserung der Korruptionsbekämpfung in öffentlichen Stellen verabschiedet werden. Verhaltensregeln und spezielle Schulungen für Mitarbeiter in öffentlichen Ämtern sollen für Bestechungsversuche sensibilisieren und richtiges Verhalten trainieren.
Diese Schritte und der neue Umgang mit der Privatwirtschaft sollte eigentlich auch für letztere eine Selbstverständlichkeit sein. Nur im Bereich der Korruptionsbekämpfung scheint sich diese Erkenntnis bisher nicht richtig durchgesetzt zu haben. Immer wieder treten Korruptionsfälle auf, welche die betroffenen Unternehmer ebenso schockieren wie die interessierte Öffentlichkeit. Und dennoch, trotz der Medienpräsenz beziffert das „Bundeslagebild Korruption 2004“ anhand der Anspruchssumme, die im Zuge vermögensabschöpfender Maßnahmen von den Strafverfolgungsorganen gesichert wurde, den Schaden, der in Deutschland jährlich durch Korruption entsteht, auf circa 9,4 Milliarden Euro. Eine schier unglaubliche Summe. Aufgrund der relativ hohen Dunkelziffern dürfte der tatsächliche volkswirtschaftliche Schaden aber noch um ein Vielfaches höher liegen.
Um so dringlicher ist es, dass sich auch Unternehmen mit dem Dunkelfeld Korruption beschäftigen. Dies in zweierlei Hinsicht: So können im Unternehmen Schäden allein dadurch entstehen, dass Schmiergelder z. B. in Form überhöhter Einkaufspreise auf das Unternehmen umlegt werden. Es kann aber auch zu Pfändungen von Geschäftskonten kommen, wenn der unrechtmäßige Erlös aus der Straftat des Mitarbeiters dem →Verfall oder der →Rückgewinnhilfe unterliegt. Ein Unternehmen mit korrupten Mitarbeitern kann also aus mehreren Gründen Besuch von der Staatsanwaltschaft bekommen.
Unabhängig davon, ob die Korruption dem Unternehmen zunächst wirtschaftlich geschadet oder genützt hat, ist der Vertrauensschaden immens, wenn der Fall aufgedeckt wird. Dass Unternehmen heutzutage verstärkt Besuch von Staatsanwälten bekommen, liegt dabei nicht an der besonders hohen Aufdeckungsrate, sondern schlicht daran, dass bei Aufdeckung eines Korruptionsfalles auch Ermittlungen bei Drittunternehmen anlaufen, die möglicherweise weite Kreise ziehen können. Im Schnitt gehören zum Korruptionskreis mindestens drei bis sechs solcher Drittunternehmen. Die Aufdeckung eines Korruptionsfalls löst in der Regel eine Art Dominoeffekt aus. Die Anzahl der Steinchen, die umfallen, ist unterschiedlich groß. Dies hängt maßgeblich von der Dreistigkeit und Unvorsichtigkeit des korrupten Mitarbeiters ab, die erfahrungsgemäß im Laufe der Jahre zunimmt. Bei mittelständischen Unternehmen und Großunternehmen wissen in der Regel die Inhaber bzw. Vorgesetzten nichts von den korrupten Verhaltensweisen. Werden sie dann mit dem korrupten Mitarbeiter konfrontiert, dem sie einst absolut vertrauten, ist das Entsetzen nicht nur über den Vertrauensmissbrauch, sondern auch über den angerichteten wirtschaftlichen Schaden groß.
Dass trotz der weiterhin hohen Dunkelziffer inzwischen mehr Korruptionsfälle als früher, ja ganze Korruptionskarusselle, aufgedeckt werden, liegt vor allem daran, dass Vater Staat verstärkt Bestechung und Bestechlichkeit im Wirtschaftsverkehr bekämpft. Zwar existierte bereits früher § 12 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), der Bestechungen in der Wirtschaft sanktionierte. Dieser hatte aber kaum praktische Bedeutung. Um der Korruption im Wirtschaftsverkehr effektiv entgegen treten zu können, strich man den alten § 12 UWG ersatzlos und führte stattdessen mit den §§ 299 ff. des Strafgesetzbuches (StGB) eine reformierte Version der Altregelung ein. Allein die Tatsache, dass sich die Norm des § 299 StGB nun im Kernstrafrecht befindet und nicht erneut ihr Dasein im Nebenstrafrecht, in Form einer Regelung im UWG, fristet, zeigt, wie wichtig dem Gesetzgeber der Regelungsgegenstand ist.
Die Grundnorm der Bestechung und Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr (§ 299 StGB) ist der Regelung über die Bestechung bzw. Bestechlichkeit bei Amtsträgern nach den §§ 332 und 334 StGB nachgebildet. Um nach § 299 StGB eine Bestechung im geschäftlichen Verkehr zu begehen, muss der Bestechende eine entsprechende Bestechungshandlung im Geschäftsverkehr zu Wettbewerbszwecken vornehmen. Dabei reicht es schon aus, dass der Bestechende der anderen Seite für die Gewährung eines Vorteils etwas verspricht. Zum tatsächlichen Austausch des versprochenen Vorteils muss es nicht kommen. Umgekehrt macht sich der Bestochene schon wegen Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr strafbar, wenn er sich für die Gewährung einer Leistung, z. B. die Eingehung eines Vertrages, einen Vorteil versprechen lässt. Schon rein zeitlich gesehen umfasst § 299 StGB daher einen weiten Bereich wirtschaftlichen Handelns.
Kommt es dann zur Aufdeckung, machen die Betroffenen oft zu ihren Gunsten geltend, dass zwar eine entsprechende Vereinbarung bestanden habe, indes kein Mitbewerber benachteiligt wurde, da es entweder gar nicht öffentlich bekannt war, dass das Unternehmen einen Auftrag zu vergeben hatte oder es im nahen Umfeld ohnehin kein anderes Unternehmen gegeben habe, welches den Auftrag hätte ausführen können. Diese Argumente helfen dem Einzelnen jedoch nicht. Die Regelungen über die Bestechung und Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr schützen zwar die Chancengleichheit der Mitbewerber. Allerdings kommt es nicht darauf an, ob tatsächlich ein Mitbewerber benachteiligt wurde, sondern nur darauf, dass es zu einer Benachteiligung hätte kommen können. Ausreichend ist die Beeinträchtigung potenziellen Wettbewerbs. Ebenso wenig hilft es, wenn der gewährte Vorteil nicht an die unmittelbar Beteiligten, sondern an einen Dritten fließt. Auch die Gewährung, das Versprechen bzw. die Entgegennahme und das sich Versprechen lassen solcher Drittvorteile ist gemäß § 299 StGB strafbar.
Von besonderer Bedeutung ist schließlich, dass § 299 StGB früher nur bedingt auf Auslandssachverhalte anzuwenden war. Gerade im außereuropäischen Ausland kommt es vor, dass ohne vorherige Zuwendung an private Dritte keine Aufträge bzw. Genehmigungen für Geschäftsvorhaben zu erlangen sind. Früher war es nicht möglich, diese Sachverhalte zu erfassen, weil § 299 StGB nur den inländischen Wettbewerb schützte. Diesen Unzulänglichkeiten ist der deutsche Gesetzgeber in Zeiten der Internationalisierung der Wirtschaft mit einer internationalisierten Norm entgegen getreten: § 299 Abs. 3 StGB. Danach ist eine Bestechung oder Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr auch strafbar, wenn es sich um eine Unrechtsvereinbarung handelt, die sich auf das Ausland bezieht. Damit werden auch alle korrupten Verhaltensweisen im Zusammenhang mit Auslandsgeschäften in den Anwendungsbereich des § 299 StGB integriert, soweit die Tat – was heutzutage regelmäßig der Fall ist – auch im Ausland mit Strafe bedroht ist (vgl. § 7 Abs. 2 StGB).
Dass die Schäden, die den Unternehmen durch korrupte Mitarbeiter entstehen, nicht gering sind, ist bekannt. Dennoch rüsten sich Unternehmen nicht immer in ausreichendem Maße gegen die Mitnahmekultur zu ihren Lasten. In diesem Zusammenhang wird oft angeführt, man könne sich gegen korruptes Verhalten nur schwer schützen, da es zahlreiche Varianten korrupten Handelns gebe. Dies ist nur zum Teil zutreffend. Erfahrungsgemäß reduziert sich das korrupte Verhalten aber auf bestimmte, immer wiederkehrende Verhaltensweisen. Eine in Deutschland bisher in ihren tatsächlichen Auswirkungen nur wenig erforschte Verhaltensweise ist die so genannte Kick-back-Vereinbarung. Sie ist häufig dadurch gekennzeichnet, dass der Vertreter des einkaufenden Unternehmens bemerkt, dass der Vertreter des verkaufenden Unternehmens den Kaufgegenstand auch günstiger verkaufen würde. Dennoch besteht er auf dem höheren Preis, wobei er sich den Differenzbetrag zum wahren, d. h. angemessenen Preis als Schmiergeld auszahlen lässt.
Oft erfolgt die Finanzierung des Schmiergeldes durch eine Überbürdung auf das Unternehmen, in dem der Einkäufer arbeitet, so dass der Verkäufer normal kalkulieren kann. Ist der korrupte Einkäufer befugt, über den ihm anvertrauten Bereich des Vermögens seines Unternehmens selbständig zu verfügen, begeht er letzterem gegenüber eine Untreue. Weitaus schwieriger sind die Fälle zu beurteilen, in denen das Schmiergeld aus dem Vermögen des Verkäufers stammt. Ob hier eine Untreue auf Seiten des Bestochenen vorliegt, ist aus juristischer Sicht fraglich. Eine Untreue lässt sich nicht daraus herleiten, dass der Bestochene zivilrechtlich dazu verpflichtet ist, das Schmiergeld an das eigene Unternehmen abzuführen. In diesen Konstellationen lässt sich eine Untreue allein damit begründen, dass dem Unternehmen wirtschaftliche Chancen, so genannte vermögenswerte Expektanzen, entgangen sind, weil der bestechliche Mitarbeiter ein Unternehmen bevorzugt hat. Dazu reicht es aber nicht aus, dass womöglich bei anderen Unternehmen ein günstigerer Einkaufspreis hätte erzielt werden können. Für die Annahme einer Untreue ist vielmehr entscheidend, ob konkrete, für das Unternehmen wirtschaftlich günstigere Geschäfte hätten abgeschlossen werden können.
Viele weitere Varianten der Korruption sind denkbar. Hier liegen sowohl in wirtschaftlicher als auch in persönlicher Sicht für Unternehmer erhebliche Risiken. Sich gegen diese zu wappnen, ist eine der Hauptaufgaben moderner Unternehmensleitung.

2 Probleme bei der Unternehmensdarstellung – Immer schön ehrlich bleiben

Die Unternehmensdarstellung hat sich in den vergangenen Jahren zu einem „Renner“ der staatsanwaltlichen Verfolgungspraxis entwickelt. Während die Strafverfolgungsbehörden es trotz entsprechender gesetzlicher Regelungen mit dem Argument, es handle sich um rein zivilrechtliche Bewertungsfragen, jahrelang versäumten, gegen unrichtige oder zwar richtige, aber die Wahrheit verschleiernde Unternehmensdarstellungen vorzugehen, hat sich das Blatt mit Niedergang des Neuen Marktes und dem Ende des Börsenbooms deutlich zu Ungunsten der Unternehmen gewendet. Obwohl bislang verlässliche Aussagen über die tatsächliche kriminalpolitische Bedeutung von Bilanzdelikten nur schwer möglich sind, weil diese weder in der polizeilichen Kriminalstatistik noch im „Bundeslagebild Wirtschaftskriminalität“ gesondert aufgeführt sind, beweisen doch die jüngsten Strafverfahren, dass sich die Strafverfolgungsbehörden der Bedeutung dieser Delikte bewusst geworden sind. Dies zeigt sich auch an dem am 21. Dezember 2004 in Kraft getretenen Bilanzkontrollgesetz (BilKoG), mit dem der Gesetzgeber, nach dem Wortlaut der Gesetzesbegründung, nach den „Unternehmensskandale[n] in der Vergangenheit – verursacht durch Bilanzmanipulationen – … das Vertrauen der Anleger in die Richtigkeit von Unternehmensabschlüssen und damit in den Kapitalmarkt“ wiederherzustellen und nachhaltig zu stärken sucht.
Die Vorschriften des Bilanzstrafrechts sind, wie sollte man es anders erwarten, über zahlreiche Einzelgesetze verteilt. Um nur ein paar zu nennen: Die Grundnormen finden sich in den §§ 331 ff. des Handelsgesetzbuchs (HGB). Danach ist es unter Strafandrohung verboten, in Jahresabschlüssen oder vergleichbaren Darstellungen über die wirtschaftlichen Verhältnisse des Unternehmens bzw. des →Konzerns zu täuschen (§ 331 Abs. 1 Nr. 1 und 3 HGB). Für Aktiengesellschaften gilt zudem nach § 400 Abs. 1 Nr. 1 des Aktiengesetzes (AktG), dass die verantwortlichen Personen auch in sonstigen Darstellungen über den Vermögensgegenstand der Gesellschaft und in Vorträgen oder Auskünften auf der Hauptversammlung richtige Angaben machen müssen. Da ferner Jahresabschlüsse – zumindest bei größeren Kapitalgesellschaften – ohne Abschlussprüfer nicht denkbar sind, normiert § 403 Abs. 1 AktG folgerichtig die Strafbarkeit der Verletzung der Berichtspflicht gegenüber dem Abschlussprüfer. Schließlich ist auch im Bereich der Umwandlungen Ehrlichkeit geboten. Spiegelbildlich zu den vorgenannten Regelungen stellt § 313 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 des Umwandlungsgesetzes (UmwG) die unrichtige Wiedergabe bzw. Verschleierung der Verhältnisse des Rechtsträgers in Darstellungen oder Übersichten über den Vermögensgegenstand oder in Vorträgen oder Auskünften auf der Hauptversammlung bzw. die Falschangabe gegenüber Prüfern bei Umwandlungen unter Strafe.
Darüber hinaus verbieten zahlreiche weitere Regelungen im HGB und im AktG, aber auch im GmbH-Gesetz (GmbHG), im Genossenschaftsgesetz (GenG) und im Publizitätsgesetz (PublizitätsG) verschiedene Möglichkeiten vorsätzlicher Falschangaben etwa bei Gründung oder Abwicklung der Gesellschaft oder bei der öffentlichen Ankündigung von Aktien und Kapitalerhöhungen. Kaum ein Bereich der Außenwirkung einer Gesellschaft wird nicht reglementiert und bei Fehlverhalten unter Strafe gestellt bzw. zumindest mit einem Bußgeld bedroht. Schon diese immense Regelungsdichte zeigt, wie wichtig dem Gesetzgeber die Transparenz und die Wahrheit der aktien-, handels- und gesellschaftsrechtlich relevanten Darstellungen sind. Dass konsequenterweise auch die Strafverfolgungsbehörden und die Rechtsprechung bei Verstößen gegen diese Normen keinen Spaß verstehen, zeigt das Urteil des 1. Strafsenats des Bundesgerichtshofs in Sachen „EM.TV“. Was war passiert?
Die Brüder Thomas und Florian Haffa waren Vorstandsmitglieder der „EM.TV & Merchandising AG“ (EM.TV). Mit Wirkung vom 12. Mai 2000 erwarb „EM.TV“ 50 Prozent der Anteile an der „SLEC“, einer Holding-Gesellschaft, die unter anderem sämtliche Rechte an der Formel 1 (Motorsport) bündelte. Am 24. August 2000 gab „EM.TV“ im Rahmen einer →Ad-hoc-Meldung sowie in einer parallel dazu veröffentlichten Pressemitteilung die Konzern-Halbjahreszahlen erstmals einschließlich der Beteiligungen bekannt. Die Zahlen hinsichtlich der „SLEC“ bezogen sich auf das gesamte erste Halbjahr 2000. Obwohl also „EM.TV“ die Beteiligung an der „SLEC“ erst zum 12. Mai 2000 erworben hatte, enthielten die angegebenen Umsatzzahlen auch den auf den Zeitraum vom 1. Januar 2000 bis zum 11. Mai 2000 entfallenden Umsatzanteil der „SLEC“ in Höhe von 138,189 Millionen DM. Zudem enthielten die Umsatzzahlen für den Bereich „EM.TV“ einen Betrag von 60 Millionen DM aus einem Lizenzvertrag zwischen „EM.TV“ und der „Junior GmbH & Co. KG“, der erst nach Ablauf des ersten Halbjahres 2000 geschlossen worden war.
Die auf die „SLEC“-Beteiligung entfallenden Beträge hätten nach dem HGB erst ab dem Erwerbszeitpunkt, also ab dem 12. Mai 2000, und die auf den Lizenzvertrag entfallenden Anteile überhaupt nicht in die Zahlen für das erste Halbjahr aufgenommen werden dürfen. Dies war – so die gerichtlichen Feststellungen – den Angeklagten auch bewusst gewesen. Ihnen war ferner auch klar gewesen, dass die Umsätze und Erträge für die Bewertung der Aktien der „EM.TV“ erheblich waren. Dennoch gaben sie die falschen Zahlen bekannt, um den Kurs der „EM.TV“-Aktien positiv zu beeinflussen.
Dass im Fall „EM.TV“ eine pflichtwidrige Übertretung der rechtlich erlaubten Bilanzierung vorliegt, steht außer Frage. Das Gesetz erlaubt es in § 301 Abs. 2 Satz 1 HGB ausdrücklich nur, den Wert einer Tochtergesellschaft „zum Zeitpunkt des Erwerbs“ in den Konzernabschluss einzubeziehen (Erstkonsolidierungszeitpunkt). Unternehmensgewinne vor diesem Zeitpunkt dürfen den Konzernabschluss nicht verändern. Dies ist einleuchtend. Warum aber führt ein vorsätzlicher Verstoß gegen diese Bilanzierungsvorschrift nun gleich zu einer Strafbarkeit und zieht nicht nur die Verpflichtung zur Bilanzänderung oder allenfalls einen zivilrechtlichen Schadensersatzanspruch nach sich? Der Grund liegt im Schutzgedanken des § 400 Abs. 1 Nr. 1 AktG: Im Vordergrund steht die Idee, es Personen, die ein Interesse an der Lage der Gesellschaft haben oder haben können, zu ermöglichen, sich sachlich zutreffend über die Gesellschaftsverhältnisse zu informieren. Schutzgut der Strafnorm ist deshalb das Vertrauen dieser Personen in die Richtigkeit von Darstellungen über den Vermögensstand der Gesellschaft.
So zutreffend der gesetzgeberische Schutzgedanke und die Zielrichtung der Strafnorm ist, so schwierig erweist sich die Einordnung von Bilanzierungsfehlern in strafrechtlicher Hinsicht außerhalb von solch eindeutigen Fällen wie eben der Entscheidung in Sachen „EM.TV“. Das Bilanzrecht kennt nur wenige eindeutige Regeln, die eine zweifelsfreie rechtliche Bewertung eines Bilanzierungsvorgangs erlauben. Das deutsche Bilanzrecht unternimmt in den §§ 238 ff. HGB den Versuch, durch abstrakt gehaltene Normen, die ihrerseits mit einer Vielzahl unbestimmter Rechtsbegriffe gespickt sind, Grund- und Spezialregeln für die Bilanzierung und Buchführung in Unternehmen aufzustellen. Dass jeder Kaufmann zu Beginn seines Handelsgewerbes und zum Schluss eines jeden Geschäftsjahres im Rahmen des Jahresabschlusses ein Inventar und eine Bilanz zu erstellen hat (§§ 240, 242 Abs. 1 HGB), ist noch eine der eindeutigen Regelungen.
Die Probleme beginnen, wenn man in die Einzelfragen der Bilanzierung eintaucht. Dabei bereiten schon bzw. gerade die grundsätzlichen Fragen Schwierigkeiten: Bilanzen müssen nach dem Grundsatz der Bilanzwahrheit vollständig und richtig sein. Ein Prinzip der absoluten Wahrheit gibt es aber schon deshalb nicht, weil das Bilanzrecht sowohl in steuerlicher als auch in handelsrechtlicher Hinsicht Bilanzierungs- und Bewertungswahlrechte enthält. Welche Wahl ist aber richtig? Jedenfalls wohl die, welche den Grundsätzen der Wahrheit und Vorsicht bei der Bilanzierung Rechnung trägt. Nur, was ist die Wahrheit, und wie vorsichtig muss man sein?
Um im Strudel der zahlreichen Regelungen den Normanwender nicht zu sehr zu belasten, bleibt ihm bei der Ausübung der Wahlrechte ein breiter kaufmännischer Beurteilungsspielraum. Die Liste der Bilanzierungswahlrechte ist lang. So bestehen z. B. handelsrechtliche Wahlrechte im Rahmen des Ansatzes von Rücklageposten, Instandhaltungsrückstellungen, besonderer Aufwendungsrückstellungen, für das Disagio oder für die Aktivierung eines entgeltlich erworbenen Geschäfts- oder Firmenwertes. Im Steuerrecht wiederum existieren z. B. Wahlrechte bei Pensionsverpflichtungen, Rücklagen für Reinvestitionen, bei der Bildung einer Euroumrechnungsrücklage oder für die befristete Rücklage beim Erwerb von Betrieben, deren Fortbestand gefährdet ist.
Das Bilanzrecht bildet also seine eigenen Regeln und Begriffe. Entsprechend kann es bei derart diffizilen und komplexen Regelungen nicht die Aufgabe des Strafrechts sein, im Rahmen des strafrechtlichen Schutzes neue, eigenständige Begr...

Inhaltsverzeichnis

  1. I. Ermittlungen im Unternehmen? Doch nicht bei mir!?
  2. II. Auswirkungen auf das Unternehmen
  3. III. Wo liegen die Risiken?
  4. IV. Neue Fahndungsschwerpunkte der Staatsanwälte
  5. V. Woher wissen die das? - Inländische Informationsquellen der Finanzverwaltung
  6. VI. Grenzüberschreitende Irrtümer - Ausländische Informationsquellen der Finanzverwaltung
  7. VII. Um 9:00 Uhr klingeln die Ermittler - Durchsuchung von Wohn- und Geschäftsräumen
  8. VIII. Hätte man das nicht vermeiden können? - Möglichkeiten der Prävention
  9. IX. Wie geht es weiter? - Ein Ausblick
  10. X. Checklisten
  11. Glossar
  12. Danksagung
  13. Die Autoren