Adam Smith für jedermann
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Adam Smith für jedermann

Pionier der modernen Ökonomie

  1. 224 Seiten
  2. German
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Adam Smith für jedermann

Pionier der modernen Ökonomie

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Über dieses Buch

Einer der wichtigsten ÖkonomenAdam Smith (1723 bis 1790) gilt als einer der wichtigsten Ökonomen. Seine beiden Bücher"Wohlstand der Nationen" und "Theorie der ethischen Gefühle" gehören immer noch zu denStandardwerken der Wirtschaftswissenschaften. Und viele neue Disziplinen der Ökonomie –wie die Spieltheorie – wären ohne die Grundlagenarbeit von Smith gar nicht möglich. Doch derschottische Aufklärer hat ebenso seine Gegner: Immer, wenn der Kapitalismus in die Kritikgerät, fällt fast unweigerlich der Name von Adam Smith.Was hat es mit diesem Menschen und seinem geistigen Schaffen auf sich, dass er selbst nachüber 200 Jahren unverzichtbar scheint und die Gemüter bewegt? "Adam Smith für jedermann"erklärt auf leicht verständliche, anschauliche und mitunter unterhaltende Weise die zweiwesentlichen Theorien von Smith. Und zwar kurz und knapp und so, dass sie auch Leserverstehen, die kein wirtschaftswissenschaftliches Studium mitbringen.

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Information

TEIL II
WERK
1 SMITH LESEN?
Weshalb lohnt es sich, die Werke Adam Smiths heute noch zu lesen? Rund zweieinhalb Jahrhunderte sind seit ihrem ersten Erscheinen vergangen. Weshalb wird Smith, genauer gesagt, seine zwei Hauptwerke, der Wealth of Nations und die Theory of Moral Sentiments, heute wie vor zweieinhalb Jahrhunderten, gelesen? Weshalb wird er heute in mehr Ausgaben denn je, in wohlfeilen Taschenbüchern und in akademisch anspruchsvollen Editionen immer wieder aufgelegt? Und: Warum spricht er so viele an, Konservative wie Progressive, Laien wie Fachleute? Warum wird er immer wieder – so auch wieder in unserer Zeit – neu entdeckt?
Offenbar hat Smith nicht nur einen Nerv seiner eigenen Zeit getroffen. Viele Probleme und Perspektiven, die er vor dem Hintergrund seiner Epoche des Übergangs zur Moderne aufgreift, sind zu Problemen und Perspektiven der Moderne schlechthin geworden. Es geht um das Funktionieren pluralistischer, dynamischer Gesellschaften. Gesellschaften, in denen sich Arbeitsteilung und Spezialisierung immer mehr ausbreiten, und in denen die wissenschaftsgestützte Technik Möglichkeiten eröffnet, die Jahrzehnte zuvor nicht einmal erträumt wurden. Gesellschaften schließlich, die in einem Prozess der Globalisierung begriffen sind, von dem wir hoffen, dass er die in der conditio humana liegenden Potentiale zu einem reicheren Leben zu realisieren erlaubt. Heute wie zu Smiths Zeiten ist dieser Prozess indes vielfältigen Gefährdungen, ja Krisen ausgesetzt.
Möglichkeiten und Grenzen der Politik. Smith weiß, dass solche Gesellschaften nicht mit primitiven Kommandos zu steuern sind. Er weiß es nicht nur, er liefert auch Erklärungen zum Weshalb. Und damit hat es nicht sein Bewenden. Sein Gesamtwerk ist von einer umfassenden Vorstellung getragen, wie solche Gesellschaften funktionieren können. Es bietet einen bisher kaum übertroffenen Versuch einer Antwort auf die Frage: Wie müssen moderne Ordnungen beschaffen sein, damit der wirtschaftliche Fortschritt die conditio humana insgesamt zum Besseren wendet – und nicht zu einem Prozess gesellschaftlicher Spaltung ausartet, in dem Freiheit und Wohlstand ein Minderheitenprogramm bleiben? Smiths Werk liefert keine „Kochrezepte“ für eine solche Ordnung. Ein Kochbuch entspräche allzu primitiven Steuerungsvorstellungen. Aber er entwickelt Prinzipien für jene Transformation von Staat und Politik, ohne die das Gedeihen moderner Marktwirtschaften kaum vorstellbar ist.
Politische Ökonomie als science of the legislator. Die Krönung des Ganzen ist Smiths Politische Ökonomie. Seine Beiträge zu dieser Wissenschaft, deren Entwicklung er wie kaum ein anderer vorangetrieben hat, werden wir später ausführlich zusammenfassen. Wir werden auf die Einsichten und Anregungen eingehen, die auch heute noch aktuell sind.
Aber sowohl seine Analyse wie auch seine Vision für die Moderne gehen über die Wirtschaft hinaus. Was er als Wissenschaftler anstrebt, ist nichts Geringeres als das: alle Erscheinungsformen des sozialen Lebens in menschlichen Gesellschaften mit wissenschaftlichen Methoden zu erklären, zu verstehen und in Hinblick auf vorteilhafte Gestaltungsmöglichkeiten auszuloten. Manchmal sind diese Gestaltungsmöglichkeiten größer, manchmal kleiner, mitunter fehlen sie vielleicht ganz. Über diese Möglichkeiten und Grenzen ein nüchternes Urteil zu bilden, kann in modernen komplexen Gesellschaften ohne die Wissenschaft nicht gelingen. Science of the legislator nennt er daher die Wissenschaft von Wirtschaft und Gesellschaft, die solches ermöglicht.
Die aktive Bemühung um die Verbesserung der Lebenssituation ist ein konstanter Grundzug menschlichen Lebens und Strebens, im Kleinen wie im Großen. Smith betont dies an vielen Stellen. Die Hände in den Schoß zu legen, widerspricht der menschlichen Natur. Es ist nicht mit den natürlichen Umweltbedingungen vereinbar, denen der Mensch als Mängelwesen immer ausgesetzt ist; als Mängelwesen, das vielfach schon für das Überleben auf die Dienste anderer angewiesen ist. Er muss tätig werden, er muss arbeiten und handeln, um seine Wünsche und Bedürfnisse zu befriedigen. Folglich müssen die Menschen auch an ihren Institutionen arbeiten, sie reformieren, verbessern. Verbesserung, improvement, ist seine Parole und die seiner schottischen Freunde.
Die Organisation und Koordination produktiver Prozesse ändert sich im Verlauf der Geschichte dramatisch, und damit müssen sich auch die Institutionen, einschließlich der öffentlichen Institutionen von Staat und Recht ändern. Die Wissenschaft ist für das Design vernünftiger Reformen nützlich und für die nüchterne Einschätzung von Reformmöglichkeiten und -prioritäten unentbehrlich. Im Überschwang des wissenschaftlichen Fortschritts soll sich jedoch niemand anmaßen, einen theoretisch erarbeiteten Bauplan der idealen Gesellschaft 1:1 umsetzten zu wollen. Diesen gibt es nicht und kann es auch nicht geben. Dazu ist die moderne Gesellschaft viel zu komplex. Technokratische Brachialreformen werden im Endeffekt nur Unordnung bringen.
Smith formuliert also eine Mittelposition zwischen Konservatismus und progressivem Gestaltungswillen. Wie wir sehen werden, ist es auch eine Mittelposition, die doktrinäres Laissez faire vermeidet und trotzdem glaubwürdig gegen Überregulierung und für die Sache der Freiheit eintritt. Noch in einigen anderen Belangen formuliert Smith Mittelpositionen, die nie zum uninspirierten Kompromiss werden. Dies macht seine Genialität aus. Er schafft es, gegensätzliche Gesichtspunkte nicht nur balanciert zu ihrem Recht kommen zu lassen, sondern zu zeigen, weshalb, unter welchen Voraussetzungen und inwieweit sie jeweils ein Stück weit Recht haben.
Konstruktive Kritik. Noch etwas macht Smith für viele anziehend. Er knüpft an den wirklich entscheidenden Stellen ganz in schottischer Tradition am common sense und an nachvollziehbaren Beobachtungen menschlichen Tuns an. Dass man Argumente auch auf der Basis überspannter Prämissen aufbauen kann, ist ihm zwar bekannt. Hier und da praktiziert er dies sogar. An entscheidenden Stellen setzt er jedoch nur voraus, was jeder mit gesundem Menschenverstand zugeben wird. Trotzdem fördert er Einsichten zutage, die oft überraschen.
Er zeichnet ein Bild von der Gesellschaft und den Menschen, ihren Neigungen und Lastern, das nichts beschönigt. Allen kommt er auf die Schliche. Allen voran den Reichen und Mächtigen. Kaum jemand wird ausgespart: Weder Grundbesitzer noch Unternehmer, weder Politiker noch Klerus – und schon gar nicht sein eigener Stand, die Professoren und Theoretiker. Allen liest er die Leviten. Aber auch solche Kritik hat bei ihm konstruktive Züge. Das scheinbar alles durchdringende Säurebad der Kritik artet bei ihm weder in destruktiven Zynismus noch in apathischen Fatalismus aus. Die realistische Analyse gerät in Smiths Feder nicht zu einer pessimistischen Tinktur, die alles überzieht, verdrießlich macht und letztlich keine Perspektive bietet.
Smiths Analyse menschlicher Verhältnisse ist differenziert. Vor allem jedoch ist sie immer darauf ausgerichtet, Ansätze zur Verbesserung (improvement) sichtbar zu machen; Verbesserung des einzelnen durch Erziehung und der Gesellschaft durch Reformen. Denn der Mensch mit seinen Anlagen und Potentialen, aber auch mit seinen Fehlern und Obsessionen kann sich entwickeln, kann Bemerkenswertes schaffen, wenn soziale Ordnung und Institutionen passen. Eine besondere Rolle kommt hierin dem Markt zu. Keineswegs aber ist es so, dass der Markt alles richtet. Weswegen auch diese Mittelposition bei ihm kein fader Kompromiss ist; davon später mehr.
Entwicklung, Vermehrung des Reichtums, die Ausdehnung von Märkten, zivilisatorischer Fortschritt liegen im natürlichen Lauf der Dinge, im natural course of things. Ein natural course, der freilich auf aktive Akteure angewiesen ist. Akteure, die ihre Situation zu verbessern trachten und nicht passiv dem Weltenlauf zuschauen. Aus einem Menschenbild, das die Licht- und Schattenseiten menschlichen Tuns ungeschminkt analysiert, entwickelt Smith eine Gesellschafts- und Wirtschaftstheorie mit einer optimistischen Grundstimmung und einer konstruktiv-praktischen Perspektive.
Allerdings versäumt Smith selten eine Gelegenheit, Wasser in den Wein des Fortschrittsoptimismus zu gießen. Zu viele Gefährdungen durch Fortschritt und Ambivalenzen des Fortschritts macht er aus. Von diesen Ambivalenzen sind alle Phänomene betroffen, die er analysiert: die Sprache, die Literatur, die Wissenschaft, die Moral, das Recht, der Staat und schließlich die Wirtschaft.
Im Folgenden werden wir diese Bereiche nicht symmetrisch behandeln. Bezüglich Smiths Politischer Ökonomie versuchen wir, sowohl die wesentlichen Botschaften als auch deren Bedeutung für die Wirtschaftswissenschaften zusammenzufassen. Dagegen soll im Hinblick auf die anderen Be reiche eher ein Überblick über einige prägende Ideen von weiterreichender Bedeutung geboten werden. Dabei sollen jene Aspekte im Vordergrund stehen, die für Smiths Bedeutung als dem Gesellschaftstheoretiker der Moderne zentral sind. Denn diese helfen uns noch heute, besser zu verstehen, in welcher Welt wir eigentlich leben und wie sie zu verbessern wäre.
2 NICHTINTENDIERTE KONSEQUENZEN UND DIE REFORM DER INSTITUTIONEN
Smith verfolgt ein ambitioniertes wissenschaftliches Programm. Was Newton für die Naturwissenschaften geleistet hat, will er für die Wissenschaften vom Menschen leisten. Alle wichtigen Erscheinungsformen menschlicher Zivilisation, angefangen von der Sprache über die Moral bis hin zu Recht, Staat und Marktwirtschaft sollen aufgrund weniger, einleuchtender und empirisch nachvollziehbarer Prinzipien wissenschaftlich erklärt werden. Sein Freund David Hume hat für dieses Programm die philosophischen Grundlagen gelegt und selbst bereits Bedeutendes auf den Gebieten von Sozialwissenschaft und Ökonomik geleistet. Smith ist ein Aufklärer: Er will erklären, verstehen, entmystifizieren – und dafür braucht er die Wissenschaft. Wie die Aufklärer Kontinentaleuropas sieht er, dass Machthaber und Privilegierte typischerweise Mystifikationen nutzen, um herrschende Zustände zu festigen. Zustände, die dafür sorgen, dass Individuen und Gesellschaften hinter ihren Möglichkeiten zurückbleiben. Im Vergleich zu den französischen Aufklärern ist Smith aber vorsichtiger und umsichtiger, was die politischen Schlussfolgerungen aus der neuen Klarheit anbelangt. Jedenfalls bestehen diese nicht im sofortigen Umsturz aller herrschenden Verhältnisse.
Die Schottische Aufklärung. Die wissenschaftliche Erklärung gesellschaftlicher Mechanismen und Zusammenhänge zeigt nicht nur, dass viele Privilegien auf Pseudo-Rechtfertigungen beruhen. Rechtfertigungen, die sich im Säurebad wissenschaftlicher Analyse in Nichts auflösen. Sie zeigt auch, wie komplex menschliches Handeln in großen Gesellschaften geworden ist, wie viele Wechselwirkungen es zu berücksichtigen gilt.
Die Betonung solcher Aspekte ist charakteristisch für jene Strömung, die als Schottische Aufklärung bekannt ist. Diese geht auf einen multi-disziplinären Kreis von Denkern zurück, von denen viele miteinander freundschaftlich oder zumindest in Diskussionszirkeln verbunden sind. Neben den beiden Freunden Hume und Smith zählen dazu etwa die Gesellschaftstheoretiker und Sozialphilosophen Francis Hutcheson (Smiths Lehrer), der gleichaltrige Adam Ferguson, Lord Kames (Smiths Förderer), John Millar (Smiths bedeutender Schüler), Douglas Stewart (Smiths kongenialer Biograph), der Philosoph Thomas Reid (sein Lehrstuhlnachfolger), der Geologe James Hutton und der Naturwissenschaftler Joseph Black, deren Freundschaft vor allem für den späten Smith wichtig war.
Die Schotten entwickeln einen spezifischen Blick auf gesellschaftliche Phänomene: Bedeutende komplexe Phänomene wie Sprache, Moral und der erreichte Stand wirtschaftlicher Entwicklung seien am besten zu verstehen, wenn wir sie als nichtintendierte Ergebnisse menschlichen Handelns modellieren. Ausgehend von einer solchen Sichtweise liegt es nahe, dass auch institutionelle Reformen (wie alle anderen Aktivitäten) nichtintendierte Konsequenzen (Unintended Consequences) zeitigen. Dies macht große institutionelle Reformen zu einem delikaten Unterfangen. In der Sicht Smiths und der Schottischen Aufklärung sind gesellschaftliche Institutionen nicht wie Maschinen zu behandeln, die man problemlos verschrotten und durch neue, bessere ersetzen kann, wenn man Funktionsmängel festgestellt hat.
Die Tugenden des Staatsmanns und eine Theorie nichttechnokratischer Politik. Smith und die Schottische Aufklärung stehen im eben skizzierten Sinn für eine Theorie nichttechnokratischer Politik. Die prägnanteste Ausarbeitung dieser Theorie verdanken wir Smith. Ihre Leitmotive werden in jenem 1790 neu aufgenommenen Teil VI seiner Theory ausgeführt, wo Smith die Tugenden des statesman erörtert. Die Hintergründe dieser Tugenden des statesman, der klug, umsichtig, gemeinwohlorientiert und in Kenntnis relevanter Wirkungszusammenhänge Verbesserungen auf den Weg bringt, umfassen mehrere Dimensionen. Erstens den skizzierten gesellschaftstheoretisch-ökonomischen Hintergrund, der die Komplexität von Wirkungszusammenhängen und nichtintendierten Konsequenzen betont. Zweitens Smiths Sicht des Stellenwerts und der Grenzen von wissenschaftlichen Modellen, die er vor allem in seiner brillanten Geschichte der Astronomie erläutert. Wissenschaftliche Modelle beruhen ihrem Wesen nach immer auf Vereinfachungen. Ihre praktische Anwendung darf gerade angesichts der vielgestaltigen sozio-ökonomischen Realität nie mechanisch erfolgen, sondern bedarf spezifischer Urteilskraft. Die dritte
Dimension des Hintergrunds ist Smiths Moraltheorie, die weiter unten kurz erörtert wird. Viertens ist auch das soziale Gefüge zu berücksichtigen, innerhalb dessen Smith gerade mit seiner Politischen Ökonomie Wirkung zu entfalten hofft. Gemeint sind die Clubs, Societies und Patronage-Netzwerke seiner Zeit, in denen neben Intellektuellen und Wissenschaftlern auch eine aufgeklärte Elite mit politischem Hintergrund vertreten ist, die zum Teil Smiths Vorstellung einer natürlichen Aristokratie entsprochen haben mag. Es liegt nahe, dass dies ein günstiges Milieu für einen diskursiven, nichttechnokratischen Politikstil war. Erfolgreiche Reformen und Verbesserungen setzen folglich das Verstehen von Wirkungszusammenhängen – und einiges mehr – voraus.
Worin besteht dieses „Mehr“? Der mit dem idealen Mix an politischen Tugenden ausgestattete Staatsmann, so lesen wir in Teil VI der Theory (395), wird sich oft damit begnügen, Missstände zu mäßigen. Er wird nicht immer auf ihre sofortige Ausmerzung hinwirken. Und er wird klugerweise jene Missstände mäßigen, die er „nicht ohne Aufwendung großer Gewalt“ beseitigen kann. Wie Solon (athenischer Staatsmann und Reformer) wird er „das beste unter jenen Systemen einführen, die das Volk noch zu ertragen vermag“, sofern das perfekte System sich als unrealisierbar erweist. Der man of system hingegen, der darauf aus ist, das am theoretischen Reißbrett ausgearbeitete System 1: 1 umzusetzen, ist, so setzt Smith fort, „oft so verliebt in die eingebildete Schönheit seines bloß vorgestellten Regierungsplanes, daß er nicht die geringste Abweichung von diesem Plane verträgt … Er scheint sich einzubilden, dass er die verschiedenen Glieder der Gesellschaft mit ebensolcher Leichtigkeit anordnen kann, als die Hand die verschiedenen Schachfiguren anordnet. Er bedenkt nicht, dass die Figuren auf dem Schachbrett kein anderes Bewegungsprinzip besitzen als jenes, welches die Hand ihnen auferlegt, daß aber auf dem großen Schachbrett der Gesellschaft jede einzelnen Figur ein eigenes Bewegungsprinzip besitzt, das durchaus von demjenigen verschieden ist, welches der Gesetzgeber nach seinem Gutdünken ihm auferlegen möchte. … Wenn sie einander entgegengesetzt sind … , dann wird das Spiel sehr schlecht vorwärts gehen und die Gesellschaft muß sich dann in höchster Unordnung und Verwirrung befinden. … Eine gewisse … systematische Vorstellung von vollkommenen politischen und rechtlichen Zuständen mag zweifellos notwendig sein“, um die Anschauungen des Staatsmanns zu leiten. Einen solchen Plan in seiner praktischen Umsetzung absolut zu setzten, ist aber anmaßend. Dies ist anmaßend, weil damit unterstellt wird, dass der Staatsmann und sein Expertenstab die einzigen im ganzen Lande sind, die über relevante Urteilskraft verfügen.
Smith beschließt diese Ausführungen...

Inhaltsverzeichnis

  1. Deckel
  2. Titelblatt
  3. Urheberrecht
  4. Inhaltsverzeichnis
  5. Einführung
  6. I Leben und Karriere
  7. II Werk
  8. III Wirkung
  9. Literatur
  10. Auswahlbibliographie Adam Smith
  11. Die Autoren