Der Kandidaten-Test
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Der Kandidaten-Test

Einstellungsinterviews: Wie man den richtigen Mitarbeiter findet

  1. 196 Seiten
  2. German
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Der Kandidaten-Test

Einstellungsinterviews: Wie man den richtigen Mitarbeiter findet

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Inhaltsverzeichnis
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Über dieses Buch

Ihre Mitarbeiter sind Ihr größtes Risiko! Denn der Erfolg eines Unternehmens steht und fällt mit seinen Personalentscheidungen. Aber noch immer wird die Auswahl nach dem Bauchgefühl getroffen. Die Kompetenz, Einstellungsgespräche mit Kandidaten führen zu können, wird offenbar vorausgesetzt. Doch worauf kommt es dabei an? Was unterscheidet ein professionelles von einem laienhaft geführten Interview? Wo liegen die Chancen und wo die Risiken?Anhand der professionellen Form des Biografischen Interviews zeigen die Autoren, wie ein Gespräch vorzubereiten, zu führen und auszuwerten ist. "Der Kandidatentest" vermittelt das kompakte Know-how, um Bewerber für verschiedene Ebenen und Funktionsbereiche auf Herz und Nieren zu testen. Denn schließlich ist ein potenzieller Abteilungsleiter im Vertrieb anders zu befragen als ein künftiger Kommunikationschef.Mit Interviewleitfäden und Fragebögen für verschiedene Positionen, beispielhaften Gutachten und Kernfragen für die richtige Personalauswahl.

Häufig gestellte Fragen

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Information

Jahr
2010
ISBN
9783899814569
Auflage
1

1     Die Bedeutung von Stellenbesetzungen

Man sollte erwarten, dass der Verantwortliche es selbst in die Hand nimmt, die Kandidaten zu durchleuchten und aus ihnen den Besten oder die Beste auszuwählen. Tatsächlich stellen wir fest, dass immer mehr Führungskräfte diese Aufgabe vollständig oder zumindest in Teilen delegieren. Ist man sich heute der Gefahren vielleicht stärker bewusst als noch vor zehn Jahren? Riskiert man doch am Ende mit einer Fehlentscheidung unter Umständen sogar den eigenen Arbeitsplatz.
Vor welchen Aufgaben stehen Führungskräfte und Personaler heute, wenn sie Stellen zu besetzen haben? Welche Tücken gibt es, wie kann man ihnen entgehen? Und warum scheuen sich Menschen – vielleicht aus gutem Grund – sich dieser Aufgabe zu stellen?

1     Der Erwartungsdruck

Wer immer heute eine Personalentscheidung für die Besetzung einer Stelle trifft, steht unter dem Erwartungsdruck, genau den Mitarbeiter auszuwählen, den das Unternehmen beziehungsweise eine bestimmte Abteilung benötigt. Wie aber findet man heraus, was das Unternehmen braucht?
Problematisch in diesem Zusammenhang ist zum einen die Entwicklung zu immer mehr Spezialisierung. Dies gilt sowohl für das Unternehmen als Gesamtes als auch für den einzelnen Mitarbeiter. Aufgrund dieser Spezialisierung macht sich das Unternehmen zugleich abhängig von Experten. Experten können mit den traditionellen Führungsmitteln nicht kontrolliert werden, da sie selbst oft der einzige Mensch im Unternehmen sind, der über eine detaillierte Kenntnis seiner Arbeit verfügt und sie somit kontrollieren kann. Das heißt, wir sind darauf angewiesen, den Experten zu finden, der eigenmotiviert ist und in hohem Maße selbstverantwortlich handelt.
Eine zusätzliche Erschwernis ist das Tempo der Entwicklung, das uns zwingt, rasch Entscheidungen zu treffen und damit Entscheidungskompetenz an die Peripherie zu verlagern. Hinzu kommt die Komplexität von Prozessen, die der Einzelne nicht mehr überblickt, und der Druck des Marktes, der nur in einem funktionierenden Team aufgefangen werden kann.
Vor diesem Hintergrund wird die Führungskraft vor die große Herausforderung gestellt, genau den Mitarbeiter zu finden, dessen Interessen, Potenzial und Fähigkeiten in besonderem Maße auf diese eine Aufgabe abgestimmt sind. Diese Auswahl muss sich an den differenzierten Kriterien orientieren, die der geforderten Leistung entsprechen, und nicht an allgemeinen Kriterien.
Wer über dieses differenzierte Wissen verfügt, kann sich glücklich schätzen. Oft aber werden Sie selbstkritisch feststellen, dass Sie zu wenig Einblick in die Arbeit haben, die der Kandidat später ausführen wird. Das ist eine der großen Belastungen, der Personalverantwortliche heute ausgesetzt sind. Kein Wunder, dass sie versuchen, andere Personen einzubinden, die die Entscheidung mittragen. Diese haben aber nicht selten noch weniger Ahnung vom eigentlichen Job.

2     Die Angst vor Fehlentscheidungen

Dieses Dilemma ist natürlich auch den Betroffenen bewusst. Der Verkaufsdirektor, der die Stelle des Verkaufsleiters besetzen will, weiß wohl, dass ein Außenstehender unmöglich wissen kann, worauf es bei dieser Position genau ankommt, woran der Erfolg hängt und woran der Misserfolg. Dennoch wird diese Verantwortung aus Angst vor einem Irrtum in die Hände von Experten abgegeben. Die Auswirkungen von Fehlentscheidungen können gravierend sein, angefangen bei Umsatzzielen, die nicht erreicht werden, über Projekte, die nicht vorangebracht werden, oder Reibungsverluste, die im Team entstehen, bis hin zu Unzufriedenheit bei den Mitarbeitern, die vielleicht sogar zu Kündigungen führen. Letztlich bedeutet eine Fehlentscheidung Zeitverlust, Kundenverlust, Umsatzverlust und Unproduktivität.
Die Kosten einer Fehlentscheidung können sogar identifiziert und im Ansatz auch quantitativ berechnet werden, wenn sie sich beispielsweise auf Zielvereinbarungen beziehen, deretwegen der Mitarbeiter eingestellt worden ist. Vor solchen Studien, die das Risiko des Unternehmens für verschiedene Positionen einschätzen könnten, schrecken Unternehmen noch zurück. Es berechnet niemand gern die Kosten seiner Fehlentscheidungen. Mittlerweile werden aber auch Führungskräfte immer häufiger direkt an den Leistungen der Mitarbeiter gemessen. So ist es heute in der Wirtschaft schon fast so verbreitet wie im Fußball, dass bei schlechter Leistung der Chef ausgetauscht wird.

3     Die Schwierigkeit, Kandidaten zu beurteilen

Woran erkennen wir aber, ob ein Kandidat erfolgreich sein wird? Was gibt uns die Sicherheit, dass es rückblickend betrachtet eine gute Entscheidung gewesen sein wird? Wir haben oben hervorgehoben, wie wichtig eine genaue Kenntnis der zu besetzenden Stelle ist. Die Schwierigkeit, Kandidaten zu beurteilen, hängt aber an weiteren Punkten.
Man sollte davon ausgehen, dass sowohl Kandidat als auch Personalberater das gleiche Anliegen haben, nämlich die richtige Entscheidung zu treffen. Sie stimmen grundsätzlich auch darin überein, was eine richtige Entscheidung ist, nämlich eine, die sowohl den Erwartungen des Unternehmens als auch denen des Arbeitnehmers gerecht wird. Werden diese Erwartungen verfehlt, kommt es früher oder später zu einer Trennung. Im Detail jedoch können diese Erwartungen weit auseinander liegen. Der Kandidat wird deshalb alles tun, um die Entscheidung in seinem Sinne zu beeinflussen, und er wird die Informationen, die er gibt, sorgsam danach selektieren.
Das wissen natürlich auch die mit der Auswahl betrauten Personen im Unternehmen und begegnen deshalb dem Kandidaten mit einer gehörigen Portion Misstrauen. Spürt der Kandidat dieses Misstrauen, wird er sich verschließen, um sich zu schützen. Der Auswahlprozess kann so leicht zu einem Schattenboxen entarten.

4     Die erschwerende Situation am Arbeitsmarkt

Hohe Arbeitslosigkeit, könnte man vermuten, führt zu einfacheren Personalentscheidungen. Leider ist das Gegenteil der Fall. Sie verführt geradezu zu Fehlentscheidungen. Sucht nämlich ein Mitarbeiter, der längere Zeit ohne Arbeit ist, eine Tätigkeit, so wird er die erste Gelegenheit nutzen, um sich gut zu verkaufen und eine Stelle anzutreten. Hartz IV verschärft die Bedingungen nochmals, indem der Handlungsspielraum, auch eine Möglichkeit auszuschlagen, kaum noch gegeben ist. In der Not neigt man zu Kompromissen, die letztendlich nur ein neues Problem schaffen.
Je stärker der Kandidat unter Druck steht, eine Arbeitsstelle finden zu müssen, desto problematischer ist es leider auch, eine objektive Prüfung der Eignung durchzuführen. Ein ernstes Abwägen von Anforderungen und Leistungsprofil ist in dieser Situation nochmals schwieriger. Ohne das aktive und offene Mitwirken des Kandidaten erreichen aber selbst Assessment-Center eine Validität, die nur knapp über dem Zufallsprinzip liegt.

5     Die einseitige Sicht des Unternehmens

Aktive Mitwirkung verlangt Vertrauen, und Vertrauen gibt es nur, wenn Offenheit und eine gewisse Gleichberechtigung herrschen. Wenn nicht aus ethischer Einstellung, so doch wenigstens aus Klugheit sollte der Auswahlprozess vertrauensbildend, das heißt symmetrisch gestaltet werden.
Die Praxis entspricht dieser Forderung wenig. Die heute verfügbaren professionellen Verfahren der Eignungsdiagnostik nutzen die Kooperation mit dem Kandidaten nicht nur nicht, sondern sind gezielt darauf angelegt, sie zu verhindern. Einstellungsinterviews ähneln in ihrer Gestaltung eher einer Verhandlung zwischen Kontrahenten, in der man sich nicht in die Karten blicken lässt, als einer objektiven diagnostischen Abklärung von gemeinsamen Chancen und Risiken, wie sie für ein Arbeitsverhältnis im Alltag gegeben sind.
Viele heutige Verfahren gehen davon aus, dass der Kandidat einseitig vom Interesse getrieben ist, die Anstellung zu bekommen, und dass es am Unternehmen liegt, die Eignung zu prüfen und die Entscheidung zu evaluieren. Sie sind daher methodisch so angelegt, dass der Kandidat möglichst wenig Einblick in das Verfahren und in die Bewertung bekommt. Der Kandidat wird getestet, er wird beobachtet, und zur Auswertung zieht sich die Jury zur Beratung zurück, zu der der Kandidat keinen Zugang hat. Niemand kann bei dieser Rollenverteilung erwarten, dass der Kandidat Schwächen zugibt oder bereit ist, auf Fragen ehrlich zu antworten. Vielmehr wird er versuchen, nachteilige Informationen für sich zu behalten und auf Fragen so zu antworten, dass es für ihn günstig erscheint. Die Prüfung der Eignung ist für ihn kein wesentliches Interesse mehr. Das Auswahlverfahren führt so nicht zu einer Klärung der Gegebenheiten, sondern wird zur Verhandlung mit festgelegten Positionen. Das ist die Karikierung des Auswahlprozesses und der eignungsdiagnostischen Prüfung.
Wer diese Kultur der Auswahlentscheidung lebt, realisiert nicht, dass das Unternehmen Mitarbeiter braucht, die ein hohes Maß an Selbstverantwortung mitbringen, die in unternehmerischem Denken und eigenständigem Handeln ausgezeichnet sind und die loyal zum Unternehmen stehen. Diese Mitarbeiter findet man nicht mit einem Auswahlverfahren, das die Kandidaten wie unselbständige und wenig motivierte Hilfskräfte behandelt. In dem Maße, in dem wir von einem neuen Mitarbeiter die Übernahme von Verantwortung verlangen, müssen wir ihn auch an der Auswahlentscheidung beteiligen. Warum sollte man ihm gerade hier das verantwortungsvolle Handeln absprechen, das man am Arbeitsplatz von ihm verlangt?
Ausgangspunkt unserer Ausführungen ist die wechselseitige Abhängigkeit von Unternehmen und Mitarbeiter und das neue Verständnis von der Verteilung der Verantwortung. Es entspricht nicht mehr unserem Verständnis der Rolle des Mitarbeiters im modernen Unternehmen, dass er aus der Verantwortung ausgeklammert wird. Jeder verfügt über einen Teil von Informationen, die für die richtige Entscheidung nötig sind. Der Mitarbeiter weiß, was er kann, und kennt die Bedingungen, unter denen er eine Arbeitszufriedenheit finden kann. Das Unternehmen auf der anderen Seite kennt die Anforderungen und die Tücken des neuen Arbeitsplatzes, es ist sich bewusst, woran Vorgänger an der Stelle gescheitert sind, und weiß auch recht genau, was es dem Mitarbeiter bieten kann und was nicht.

6     Die Sicht des Kandidaten

Wir haben schon gesagt, dass der Kandidat, vor allem wenn ihm der Arbeitsmarkt wenig Möglichkeiten bietet, dazu verleitet ist, an die Stelle einer ernsten Prüfung die Selbstinszenierung zu setzen. Tatsächlich steht dem Mitarbeiter aber in den meisten Fällen auch gar kein Repertoire zur Verfügung, um den Arbeitsplatz aus seiner Sicht zu bewerten. Den Begriff „Arbeitsplatzprofil“ als Pendant zum „Eignungsprofil“ gibt es noch nicht. Was soll er also prüfen? Im Vordergrund seiner Überlegungen stehen einige Hard Facts wie das Gehalt und die Nebenleistungen, die Aufstiegschancen, vielleicht auch die Rahmenbedingungen wie Arbeitsweg, Arbeits- und Urlaubszeiten. Diese Informationen über den Arbeitsplatz bewegen sich jedoch auf einem abstrakten Niveau und sind damit ungeeignet, die Qualität für den Mitarbeiter richtig einschätzen zu können. So bleibt der für die Zufriedenheit wichtigere Bereich der so genannten Soft Facts wegen mangelnder Beschreibungs- und Interpretationsmöglichkeiten unreflektiert, und die Frage nach dem Arbeitsplatzprofil reduziert sich auf technische Voraussetzungen: die Anforderungen an Fertigkeiten und Fachwissen sowie an die Erfahrung.
Was sind diese Soft Facts, die für die Arbeitszufriedenheit so wichtig sind? Das ist zum einen das Arbeitsteam, die Kollegen. Findet der neue Mitarbeiter dort das für ihn so wichtige soziale Umfeld, die Aufmerksamkeit und Wertschätzung, die er braucht? Das ist zum anderen die Arbeit selbst: Bietet sie ihm die Anregungen und die Herausforderung, dass er seine Fähigkeiten entwickeln und ausleben kann, ohne überfordert oder unterfordert zu werden? Wie harmoniert er mit der Führung, gibt sie ihm Sicherheit und Zuversicht oder verunsichert und demotiviert sie ihn? Schenkt sie ihm die positive Aufmerksamkeit, die die tägliche Arbeit für ihn leicht macht, oder fühlt er sich vernachlässigt, ignoriert, übergangen? Das sind einige, aus einem Gesamtbild herausgegriffene Aspekte.
Unternehmen haben aus der Erfahrung gelernt, dass es sinnvoll ist, sich bei einer komplexen Aufgabe, wie es die Mitarbeiterauswahl ist, von Experten, wie beispielsweise Headhuntern oder Personalberatern, helfen zu lassen. Der Mitarbeiter bräuchte diese Hilfe auch, aber er ist noch nicht so weit, seinen Bedarf an Hilfe zu erkennen und anzunehmen. Ein Grund dafür liegt – wie wir vermuten – auch bei der Diagnostik selbst. Sie hat sich noch nicht auf den Mitarbeiter eingestellt.

7     Unser Ziel: Die bilaterale Mitarbeiterauswahl

Wir möchten diesen Abschnitt nicht abschließen, ohne unsere Vorstellung von einer ganzheitlichen Eignungsdiagnostik zu skizzieren, die die Belange des Mitarbeiters ebenso berücksichtigt wie jene des Unternehmens.
Die Besetzung einer neuen Stelle ist die Gelegenheit für das Unternehmen, sich mit der Stelle grundsätzlich auseinander zu setzen. Zu Beginn einer neuen Anstellung – und wann wäre der Zeitpunkt für eine grundsätzliche Reflexion des Arbeitsplatzes, seiner Rolle, seiner Aufgaben und seiner Verantwortung wohl günstiger – wären Manager des Unternehmens, Führungskräfte und Mitarbeiter angehalten, sich im Detail mit der Frage auseinander zu setzen und in einem Businessplan festzuhalten, was den Stelleninhaber erfolgreich sein lassen wird und was nicht, was beim vorherigen Stelleninhaber geglückt war und was nicht, aber auch was ihn dabei unterstützt und gefördert hat und was ihn behindert und gehemmt hat. Das ist ein notwendiger Schritt, um eine Stelle weiterzuentwickeln.
Diese Vorarbeit zwingt das Unternehmen, die Erwartungen, die es an den Arbeitsplatz knüpft, präzise zu definieren und die Ziele zugleich in einem Businessplan zu verankern. Gefordert ist dabei auch die zukünftige Führungskraft des Mitarbeiters. Sie übernimmt ebenfalls Verantwortung und muss deklarieren, wie sie den Mitarbeiter dabei unterstützen wird, seine Ziele zu erreichen.
Die bilaterale Form der Mitarbeiterauswahl ist zugleich eine Neudefinition des Arbeitsplatzes, die Verknüpfung der Zielvereinbarung mit dem Businessplan, eine Überprüfung der Stimmigkeit der Rahmenbedingungen.
Unser Ziel ist es, die Eignungsdiagnostik als einen symmetrischen Prozess zu konzipieren, der dem Unternehmen wie dem Mitarbeiter helfen soll, Entscheidungen zu optimieren. In einem solchen Verfahren muss mehr geändert werden als nur die Zielsetzung. Dieses neue Verständnis muss auch ein neues Verständnis der Methoden mit einschließen.
Ein altes Sprichwort besagt: „Wer zahlt, schafft an“. Es ist der Arbeitgeber, der heute noch das diagnostische Verfahren bezahlt, also stellt auch er die Fragen, nicht der Mitarbeiter. Doch zeigt sich darin eine gefährliche, verengte Sicht der Zusammenhänge. Denn der scheinbar ideale Mitarbeiter, der gut qualifiziert ist und alles Notwendige für den Job mitbringt, mag dennoch versagen, wenn er sich im Betrieb, mit der Arbeit, mit seinen Kollegen oder mit seiner Führungskraft nicht wohl fühlt.
Wenn der Mitarbeiter nicht ebenso überzeugt ist von der Entscheidung wie das Unternehmen, wird der spätere Erfolg dem Zufall überlassen. Wie soll der Mitarbeiter aber die Sicherheit in seiner eigenen Entscheidung finden, wenn dies in einem Rahmen geschieht, der einzig auf die Anliegen des Unternehmens zugeschnitten ist?
Aus all diesen Überlegungen heraus sollte die Aufgabe der Eignungsdiagnostik neben der Persönlichkeitsdiagnostik auch die Arbeitsplatzdiagnostik umfassen – das Umfeld also, das für die Arbeit des Mitarbeiters, für die Leistung wie für das Wohlbefinden ausschlaggebend ist.

2 Das Biografische Interview als Instrument der Stellenbesetzung

Eignungsdiagnostik und Arbeitsplatzanalyse sind die beiden Aufgaben, die zur richtigen Personalentscheidung hinführen. Das Biografische Interview ist das Instrument dazu. Zum Einstieg wollen wir kurz auf die Historie eingehen, den wissenschaftlichen Hintergrund und die Arbeitsweise skizzieren.

1 Was ist das Biografische Interview?

Das Wort „Interview“ stammt aus dem Englischen, wo es seinerseits aus dem Französischen „entrevue“ von „s’entrevoir“ entlehnt wurde, was so viel bedeutet wie „sich gegenseitig sehen“. Laut Christopher Silvester (The Norton Book of Interviews: An Anthology from 1859 to the Present Day, 1996, W. W. Norton & Co Inc.) war es der amerikanische Journalist Horace Greeley, der das erste als solches dokumentierte Interview führte. Er interviewte 1859 Brigham Young, den damaligen Anführer der Mormonen, für die „New York Tribune“. Das Interview gilt als amerikanische Erfin-dung und wurde primär in der westlichen Kultur gepflegt.
Neben seiner (Erst-)Anwendung, Fragen einer Person von öffentlichem Interesse zu stellen und die Antworten für die Öffentlichkeit zu publizieren, wurde das Interview später als mündlicher Test für Bewerber eines Studienplatzes und als fo...

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort
  2. Einleitung
  3. 1 Die Bedeutung von Stellenbesetzungen
  4. 2 Das Biografische Interview als Instrument der Stellenbesetzung
  5. 3 Berufliche Eignung
  6. 4 Die Biografie als Dokumentation der Persönlichkeit
  7. 5 Die Psychologie des Interviews
  8. 6 Interviews vorbereiten, führen und auswerten
  9. 7 Fragetechnik
  10. 8 Nonverbale Kommunikation im Interview
  11. 9 Ausbildung zum Interviewer
  12. Anhang