Altern im ländlichen Raum
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Altern im ländlichen Raum

Entwicklungsmöglichkeiten und Teilhabepotentiale

  1. 200 Seiten
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Altern im ländlichen Raum

Entwicklungsmöglichkeiten und Teilhabepotentiale

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Über dieses Buch

Die Lebenssituation älterer Menschen im ländlichen Raum ist einem starken Wandel unterworfen. Zu diesem Wandel gehören demographische Veränderungen, die Verbesserung der materiellen Lebensbedingungen und mehr Bildung. Damit steigen der Wunsch und die Fähigkeit zur sozialen Teilhabe älterer Menschen. Das Buch bietet auf der Basis eigener empirischer Forschung einen Zugang zu den Potentialen des Alters in ländlichen Gemeinden.

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Information

Jahr
2013
ISBN
9783170282506

1 Altern als soziale und räumliche Dimension

1.1 Alter(n) im Wandel

Alter ist eine soziale Konstruktion und kann nicht als biologisch eindeutiges Merkmal aufgegriffen werden. Denn jedes Individuum altert anders. Der Prozess des Alterns ist von diversen sozialen bzw. soziodemographischen Merkmalen abhängig. Solche Merkmale sind beispielsweise der höchst erworbene Bildungsstand, die Höhe des Einkommens bzw. der (frühere) Berufsstatus, der Gesundheitszustand und Geschlecht. Wobei der Bildungsstatus wiederum auf den Berufsstatus und dieser wiederum auf die Höhe des Einkommens wirkt. Diese Umstände beeinflussen den Gesundheitsstatus und im Alter die persönliche Mobilität, also wie man sich in seiner Umgebung, der Umwelt, bewegen kann und wie weit dieser Radius reicht. Der Radius wird aber auch über die Einbindung in soziale Netzwerke entscheidend determiniert. Freunde und ehemalige Arbeitskolleginnen können auf Neues aufmerksam machen und hierfür Interesse wecken. An der Gesellschaft teilzuhaben, kann auch bedeuten, an Bildung teilzuhaben. Diese Teilhabe ist allerdings von der jeweiligen Entfernung der Bildungsstätten zum Wohnort und dementsprechend auch von der Mobilität sowie vom jeweiligen Gesundheitszustand abhängig.
Zusätzlich zu diesen Einflussfaktoren handelt jedes Individuum anders, wobei die Handlungsmotivation meist wiederum von diesen Faktoren beeinflusst wird. Neben soziodemographischen Merkmalen wird das Handeln also von subjektiven Einschätzungen beeinflusst, die dann zusammen auf die Lebenssituation eines Individuums wirken. Für die Lebenssituation im Alter und die Verarbeitung des Alterns sind persönliche Einschätzungen der körperlichen Veränderungen und individuelle Bewältigungsstrategien dieser ebenfalls verantwortlich.
Durch diese Einflussgrößen und die heterogenen Biographien, die sie bestimmen, kommt es zu einer Differenzierung des Alter(n)s. Die Lebensphase Alter und der Prozess dorthin können nicht mehr als eine einheitliche Kategorie verallgemeinert werden. Durch Individualisierungstendenzen kommt es zu Differenzierungen in der Lebensphase Alter. So werden in jüngster Zeit Ältere und das Alter als Gesamtes nicht mehr als Verfall, Krankheit und Rückzug vom gesellschaftlichen Leben begriffen, sondern – auch durch die Ausdehnung der Lebensphase „Alter“ durch immer längere Lebenszeiten – Ältere als aktive, am Leben teilhabende Menschen erfasst. Es haben sich also auch die Altersbilder – die Vorstellungen über das Alter und Altern – gewandelt. Gemäß der Theorie des aktiven Alterns bleiben aktive Menschen länger gesund und selbstständig und können daher entsprechend lange am sozialen Leben teilhaben. Dennoch wurde dieses Konzept kritisiert, da Menschen nicht immer produktiv sein müssen bzw. können – es soll auch gebrechliche Ältere geben. Zudem wird argumentiert, dass die Theorie aus Angst vor der Untragbarkeit immer mehr Älterer und immer älter werdender Menschen, welche die Gesellschaft belasten, entstanden ist. Durch soziale Teilhabe und Produktivität soll eine möglichst lange Emanzipation und Eigenständigkeit gegeben sein, die jedoch auch wieder auf die Lebensqualität bzw. Lebenszufriedenheit eines Individuums wirkt. Kernelement hier ist die soziale Teilhabe am gesellschaftlichen Leben durch Weiterbildung und Lernen im Alter.
Soziale Wandlungsprozesse haben innerhalb der letzten Jahrzehnte zu einem Strukturwandel der Gesellschaft und infolgedessen auch zu einem Strukturwandel des Alters geführt. Verbesserte Lebensbedingungen und medizinischer Fortschritt erhöhten die Lebenserwartung; gepaart mit der in Relation dazu frühen Entberuflichung kommt es zu einer Ausweitung der Lebensphase „Alter“. Mit diesen demographischen und sozialen Veränderungen geht somit eine Differenzierung des Alters einher. Durch diese sowie durch Individualisierungstendenzen, die infolge des Strukturwandels erscheinen, gibt es auch immer mehr Ältere, die ihr Leben aktiv gestalten und teilhaben wollen.
Durch die Verlängerung der Lebensphase „Alter“ und den daraus entstehenden Entwicklungen innerhalb dieser, entsteht die Problematik für die Wissenschaft diese lange Altersphase entsprechend zu differenzieren – und zwar in angemessene Phasen einzuteilen. Peter Laslett (1995) orientiert sich dabei am Lebenslauf des Individuums und bietet die Bezeichnung des zweiten, dritten und vierten Alters an (vgl. ebd.: 33ff). Das erste Alter wird von Laslett als „Zeit der Abhängigkeit, Sozialisation, Unreife und Erziehung“ definiert. Das zweite Alter steht für die Zeit der Unabhängigkeit, Reife und Verantwortung, des Verdienens und Sparens. Das dritte Alter bezeichnet die Zeit der persönlichen Erfüllung und das vierte Alter ist die Zeit der unabänderlichen Abhängigkeit, der Altersschwäche und des Todes (Laslett, 1995: 35). Laslett möchte diese Einteilung jedoch nicht an bestimmten Grenzen festmachen, die an Jahre gebunden sind und betont, dass das dritte Alter gleichzeitig mit dem zweiten oder sogar mit dem ersten Alter gelebt werden kann. Der Autor bezeichnet jedoch gerade das dritte Alter als bedeutsamste Phase im Lebenslauf eines Menschen (vgl. Laslett, 1995: 35). Oft wird das dritte mit dem vierten Alter verwechselt, also das Alter der Erfüllung mit dem Alter des Verfalls. Somit erscheint es noch wichtiger, das dritte Alter als etwas Eigenständiges zu identifizieren (vgl. Laslett, 1995: 36). Laslett bezeichnet den Übergang zwischen zweitem und drittem Lebensalter als Beginn des Ruhestandes und Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis (vgl. ebd.: 130). Die vierte Lebensphase kann als fragiles Alter und Phase der Pflegebedürftigkeit bezeichnet werden (vgl. Höpflinger, 2011: 4f). Bei letzterer Begriffsbestimmung treten die klassischen Defizitvorstellungen des Alters hervor. Hier macht sich ein asymmetrischer Wertewandel bemerkbar: Einerseits sprechen wir von einem starken, generationsbedingten Strukturwandel mit damit einhergehender verstärkter Individualisierung und neuen gesellschaftlichen Verpflichtungen. Andererseits konzentrieren sich traditionelle negative Altersbilder immer stärker auf das hohe Lebensalter, in dem sich aufgrund altersbezogener Einschränkungen deutliche Begrenzungen individueller Gestaltungspielräume ergeben. Daraus folgt, dass es das Alter als klar und abgrenzbare soziale Größe nicht gibt, sondern es zeigen sich unterschiedliche und teilweise gegensätzlich wertmäßige und strukturelle Entwicklungen je nach Altersphase (vgl. Höpflinger, 2011: 4f).
Laslett wollte sich nicht mit einer Klassifizierung anhand des kalendarischen Alters begnügen, jedoch ist für empirische Untersuchungen eine solche notwendig. So werden „junge Alte“ bzw. „neue Alte“ als jene klassifiziert, die zwischen 50 und 70 Jahre alt sind und für Produktivität und Erfolg stehen. „Hochaltrige“ bzw. „alte Alte“ stehen zwischen 80 und 100 Jahren. Junge Alte sind im dritten, Hochaltrige im vierten Lebensalter (vgl. Sternberg, 2009: 21). In der sozialwissenschaftlichen Diskussion werden über 80-Jährige bzw. über 85-Jähirge meist als „Hochbetagte“ definiert. Diese Festlegungen beruhen auf demographischen Überlegungen und Zahlen zur Pflegeprävalenz (vgl. Kolland, 2011: 432). Ähnlich gestaltet ist auch die Einteilung in das frühe Alter ab dem 65. Lebensjahr und in das späte Alter ab dem 80. Lebensjahr.
Zu den demographischen Veränderungen, der Verlängerung der Lebenszeit und der Ausdifferenzierung der Lebensphase Alter kommt ein Strukturwandel im Altersaufbau, der sogenannten Altersstrukturwandel (vgl. Tews, 1993; Kade, 2009).
Der Strukturwandel des Alters wird nach Tews (1993) durch vier zentrale Merkmale definiert, welche den individuellen Alternsprozess beeinflussen:
  • Die immer frühere Entberuflichung,
  • hohe kognitive und physische Fähigkeiten
  • und aktive Teilhabe am Leben erfüllt sind.
Die Entberuflichung wird dadurch definiert, dass immer mehr Ältere immer früher das Ruhestandsalter erreichen. Diese Entwicklung wird als Begleiterscheinung des demografischen Wandels und der dadurch veränderten Erwerbsquoten bzw. des Erwerbsverhaltens erklärt. Somit wird die Lebensphase nach der Erwerbsarbeit auch immer länger und steht als eigene Lebensphase für sich (vgl. Imhoff, 1981; zit.n. Kade, 2009: 24).
„Ein weiteres Charakteristikum der Moderne ist die ‚Feminisierung des Alters‘“ (vgl. Tews, 1993). Vorerst können Auswirkungen des Zweiten Weltkriegs Erklärungsansätze bieten, warum es weniger Männer in der Bevölkerung gibt, allerdings ist ebenso zu beachten, dass der Anteil der Frauen an der Bevölkerung im höheren Alter aufgrund ihrer höheren Lebenserwartung stetig ansteigt. Es kann behauptet werden, dass das Alter weiblich ist (vgl. Kade, 2009: 26). Dies bilden auch die Bevölkerungszahlen in Österreich für das Jahr 2011 ab: In der Altersgruppe der 60 bis 69-Jährigen beginnt schon ein leichter Frauenüberschuss, 52 % der Bevölkerung ist weiblich, 48 % männlich. In der Altersgruppe der 70 bis 79-Jährigen zeigt sich ein Frauen-Anteil von 56 %, bei den 80-Jährigen und Älteren liegt der Frauenanteil bei 68 % dieser Altersgruppe (Statistik Austria, 20112).
Männer
Frauen
60–69 Jahre
48 %
52 %
70–79 Jahre
44 %
56 %
80+ Jahre
32 %
68 %
Tabelle 1: Bevölkerung Österreich nach Geschlecht und Alter3
In Deutschland waren 2004 rund 59 % der 65-jährigen Frauen (vgl. Destatis, 20064). Die Feminisierung des Alters ist ein gesamteuropäisches Phänomen.
Mit der strukturellen Entwicklung der Feminisierung ist auch die Singularisierung – das Alleinleben in einem Haushalt – verbunden. Diese Lebensform macht auch nicht mehr vor dem Alter halt. Die Zeit der Großfamilie ist vorbei. „Weder in Städten noch auf dem Lande lebt die Mehrheit der Älteren im Haushalt der Kinder.“ (Kade, 2009: 26). Die Feminisierung im Alter schlägt sich mit der Singularisierung so nieder, dass Frauen im Alter häufiger in Einpersonenhaushalten leben, während Männer häufiger in Zweipersonenhaushalten leben. „In den Altersgruppen über 60 sind die Mehrheit verwitwete Frauen aufgrund der höheren Lebenserwartung und des höheren Heiratsalters“ (Kade, 2009: 27). „Erst unter Hochaltrigen sind auch über die Hälfte der Männer allein“ (Kade, 2007: 27). Durch das Alleinleben schleicht sich auch oft Vereinsamung und Isolation bei älteren Frauen ein. Diese Tatsache ist ein Erklärungsansatz, warum Frauen häufiger Bildungsangebote aufsuchen, nämlich damit sie unter Leute kommen und am gesellschaftlichen Leben teilhaben können (vgl. Kade, 2009: 26f).
Das Merkmal der Hochaltrigkeit wird u.a. durch das „dreifache Altern“ von Tews (1993) determiniert. Damit ist gemeint, dass, wenn man die demographische Entwicklung und die Prognosen dazu betrachtet, der Anteil älterer Menschen absolut und relativ gesehen zum sinkenden Anteil jüngerer Menschen wachsen wird und dass mit einem starken Anstieg der über 75-Jährigen zu rechnen ist. „Dreifaches Altern heißt somit, dass mehr alte Menschen im Verhältnis zu weniger werdenden Jüngeren noch immer etwas älter werden. Dies hängt von der Entwicklung der Lebenserwartung ab.“ (Tews, 1993: 17). Diese Entwicklung des „dreifachen Alterns“ hat dazu geführt, dass die heute 80-Jährigen zu den Hochaltrigen gerechnet werden und nicht wie „früher“ (Tews, 1993: 32) schon ab 75 Jahren von „Hochaltrigkeit“ gesprochen wurde. Mit dem hohen Alter sind häufig die negativen Seiten wie familiäre Isolierung, Vereinsamung, Krankheit, Hilfe- und Pflegeabhängigkeit und Behandlungsbedürftigkeit, wie z.B. die Aufnahme in ein Pflegeheim, verbunden, wobei diese negativen Seiten bereits vor zwei Jahrzehnten rückläufig/in der Minderheit waren (vgl. Tews, 1993: 17ff). Die Zunahme der Hochaltrigkeit wird ebenso in den Bevölkerungsprognosen für Österreich ersichtlich: Im Jahre 2011 stieg der Anteil der 65-Jährigen und Älteren auf 17,7 % gegenüber 14,9 % im Jahre 1990 (vgl. Statistik Austria5). Im Jahr 2011 waren 4,9 % der Bevölkerung 80 Jahre oder älter. Bis zum Jahr 2030 wird für Österreich geschätzt, dass sogar 24,0 % der Bevölkerung 65 Jahre oder älter sein wird bzw. 7,1 % 80 Jahre und älter (vgl. Statistik Austria, 2012: 799).
Parallel zu diesem Strukturwandel des Alters, der durch die oben genannten Entwicklungen der frühen Entberuflichung, Feminisierung und Hochaltrigkeit gekennzeichnet ist, findet eine Differenzierung im Alter statt. Aufgrund der Auflösung der Normalbiographie kommt heute eine Generation mit stark individualisierten Lebensverläufen „in die Jahre“. Diese Gruppe bezeichnet man auch als die „Neuen Alten“. Sie prägen in ihrem Alterungsprozess gleichsam die Lebensphase Alter neu. Das „neue Alter“ ist u.a. durch Kreativität und Aktivität, Unabhängigkeit und Eigenständigkeit, Freizeit- und Konsumorientierung inklusiver vergleichsweise guter Einkommens- und Vermögensverhältnisse gekennzeichnet (vgl. Dieck/Naegele, 1993: 43ff). Dieses „neue Alter“ wird als positive Antwort auf das Defizitmodell des Alters formuliert. In diesem Zusammenhang sei noch der Begriff der „Babyboomer“ erwähnt. Die „Babyboomer“ bezeichnen die geburtenstarken Jahrgänge der Nachkriegsjahre bis Mitte der 1960er Jahre. Die 1960er Babyboomer, auch „Wohlstands-Babyboomer“ genannt, sind ein Auslöser der verstärkten demografischen Alterung.6 Da sie im Wohlstand aufgewachsen sind und den daraus entwickelten bürgerlichen Idealen ihrer Eltern entgehen wollen, bekommen sie selbst weniger Kinder. Die Nachkriegsgeneration wiederum profitiert vom enormen Wohlstandsgewinn und der bildungsbezogenen Modernisierung. Und zwar in dem Sinne, dass diese mit dem Älterwerden – durch bessere Gesundheit und einer guten wirtschaftlichen Absicherung im Alter – aktivere Verhaltensweisen aufweist. Zusätzlich bleiben die Angehörigen dieser Generation durch das Leben in einer mobilen und sich ständig ändernden Gesellschaft innovativ und lernbereit. Sie stellen somit die erste Generation Alternder dar, welche die Erfahrung macht, dass Altern kein passiver Prozess ist, sondern ein „aktives Altern“ auch aktiv gestaltet werden muss (vgl. Höpflinger, 2011: 1ff).
Dieses neue Alter wird als Leitbild für aktives – im Sinne von produktiven – Altern definiert. Das Konzept des produktiven Alterns kann als Gegenargument zu Ängsten bezüglich einer steigenden Alterslast betrachtet werden. Denn wenn ältere Menschen weiterhin produktive gesellschaftliche Leistungen erbringen, werden Befürchtungen einer demografisch bedingten Gefährdung des Generationenvertrags hinfällig (Höpflinger, 2011: 28). Dabei stehen (lt. Höpflinger) zwei unterschiedliche Ansätze im Zentrum produktiven Alterns. Einerseits die Ausdehnung der Lebensarbeitszeit nach oben durch die Erhöhung des Rentenalters und andererseits die Stärkung und Förderung unbezahlter ehrenamtlicher bzw. freiwilliger Aktivitäten älterer Menschen.
Die Erhöhung des Rentenalters soll als beruhigendes Argument gelten und dafür stehen, dass sich zukünftige Probleme der umlagefinanzierten Altersvorsorge entschärfen können. Durch die demografische Alterung steigt der Anteil der Menschen im Ruhestand, was eine Herausforderung für das Pensionssystem darstellt. Das Modell der Altersteilzeit wird als zukünftige vierte Säule der Altersvorsorge und somit „Lösung des Problems“ gehandhabt.
Die Förderung von ehrenamtlichen Aktivitäten im Alter wird u.a. damit argumentiert, dass sich das Potential älterer Menschen nutzbar machen lässt und es positive Auswirkungen auf Generationenzusammenhalt gibt (vgl. Höpflinger, 2011: 28f). Ehrenamtliche Engagements im Alter zeichnen sich durch ihre hohe Bedeutung für ein produktives und selbstbestimmtes Altern bzw. ihren Anteil an lebenslangem Lernen als essentiell für soziale Teilhabe im Alter aus.
Nicht zu vergessen bleibt der Wandel der Altersbilder, der durch den Altersstrukturwandel beeinflusst wurde. „Unter Altersbildern versteht man im Allgemeinen orientierende Ansichten sowie Vorstellungen über das Alter und über die im Alternsprozess zu erwartenden Veränderungen sowie über die für ältere Menschen mutmaßlich charakteristischen Eigenschaften. Altersbilder umfassen Ansichten von Gesundheit und Krankheit im Alter, Vorstellungen über Autonomie und Abhängigkeiten, Kompetenzen und Defizite, über Freiräume, Gelassenheit und Weisheit, aber auch Befürchtungen über materielle Einbußen und Gedanken über Sterben und Tod. Grundsätzlich muss bei der Betrachtung des Altersbildes unterschieden werden zwischen dem Bild, dass sich die Gesellschaft, also viele Menschen jeden Alters, von ‚den alten Menschen‘ und vom Alter allgemein macht (Fremdbild) und der Art und Weise, wie ältere und alte Menschen sich selbst sehen (Selbstbild)“ (Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend 2001, zit.n. Adolph, 2006: 2). Es wird davon ausgegangen, dass Alterswahrnehmungen schon ab 30 Jahren stattfinden ...

Inhaltsverzeichnis

  1. Deckblatt
  2. Titelseite
  3. Impressum
  4. Inhaltsverzeichnis
  5. Vorwort
  6. Einleitung
  7. 1 Altern als soziale und räumliche Dimension
  8. 2 Erfolgreich Altern in ländlichen Lebensräumen
  9. 3 Voraussetzungen für soziale Teilhabe älterer Menschen
  10. 4 Lebensraum als Teilhaberaum
  11. 5 Formen sozialer Teilhabe
  12. 6 Erweiterte Teilhaberäume
  13. 7 Teilhabepotentiale durch Bildung und Lernen
  14. 8 Teilhabepotentiale durch Engagement
  15. 9 Qualität als Schlüsselfaktor in der sozialräumlichen Teilhabe
  16. 10 Ausblicke: Altern. Soziale Teilhabe. Praxiskonsequenzen
  17. Literatur
  18. Anmerkungen
  19. Fragebogen